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Verwahrungskosten eines nach § 94 StPO sichergestellten oder beschlagnahmten Pkw

Brandstifter legen Feuer an Citroën C5 – doch der Fall nimmt eine unerwartete Wendung, als der Besitzer gegen die Verwahrungskosten seines sichergestellten Fahrzeugs vorgeht. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht stellt klar: Kostenbescheid rechtswidrig, da keine Ermächtigungsgrundlage für Erhebung der Verwahrungskosten per Verwaltungsakt besteht. Ein wegweisendes Urteil, das die Rechte von Fahrzeughaltern stärkt und die Grenzen behördlichen Handelns aufzeigt.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 6 A 714/20 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Hilfe anfordern


✔ Der Fall: Kurz und knapp

  • Das Gericht befasste sich mit der Frage, wer die Kosten für die Verwahrung eines sichergestellten oder beschlagnahmten Pkw tragen muss.
  • Hintergrund des Falls ist ein Fahrzeug, das zur Beweissicherung nach einem Brand beschädigt und verwahrt wurde.
  • Der Kläger wurde ursprünglich für die Kosten der Verwahrung verantwortlich gemacht.
  • Das Gericht entschied zugunsten des Klägers und hob den Kostenbescheid der Behörde auf.
  • Die Entscheidung basiert darauf, dass die Behörde keine ausreichende rechtliche Grundlage für die Kostenübertragung an den Kläger nachweisen konnte.
  • Diese Entscheidung bedeutet, dass Verwahrungskosten nicht automatisch dem Fahrzeugnutzer oder Besitzer auferlegt werden können.
  • Betroffenen bietet das Urteil eine Klarstellung, dass sie die Kostenlast anfechten können.
  • Die Behörde muss in vergleichbaren Fällen eine klare gesetzliche Grundlage darlegen können.
  • Für betroffene Fahrzeughalter ist dies eine wichtige Information, um rechtliche und finanzielle Schritte abzuwägen.
  • Es zeigt auch die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung der behördlichen Bescheide und deren rechtlicher Begründung auf.

Brandstifter vernichten Citroën C5 – Gericht stoppt umstrittene Verwahrungskosten

In vielen Fällen, in denen Straftaten begangen werden, spielen Kraftfahrzeuge eine wichtige Rolle. Die Strafprozessordnung sieht in solchen Fällen die Möglichkeit der Sicherstellung oder Beschlagnahme dieser Fahrzeuge vor. Damit einher gehen allerdings oftmals Fragen zur Übernahme der Verwahrungskosten. Wer muss diese Kosten letztendlich tragen? Und wie hoch können sie ausfallen? Diese und weitere Fragen werden im vorliegenden Beitrag anhand eines aktuellen Gerichtsurteils näher beleuchtet.

In einem kürzlich ergangenen Urteil hat sich ein Gericht eingehend mit der Problematik der Verwahrungskosten eines nach § 94 StPO sichergestellten Pkw auseinandergesetzt. Die wesentlichen Aspekte und Erkenntnisse dieses Urteils sollen im Folgenden zusammengefasst und analysiert werden.

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✔ Der Fall vor dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht


Kläger wehrt sich erfolgreich gegen Verwahrungskosten für sichergestellten PKW

Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hatte über folgenden Fall zu entscheiden: Der Kläger nutzte einen auf seine Mutter zugelassenen PKW Citroën C5. Dieser wurde am 18. März 2014 von unbekannten Tätern in Brand gesetzt. Die ermittelnden Polizeibeamten stellten das ausgebrannte Fahrzeug gemäß § 94 StPO sicher und ließen es zur Beweissicherung und anschließenden Verwahrung abschleppen. Am 20. März 2014 gab der Beklagte, die zuständige Polizeidirektion, das Fahrzeug frei und forderte den Kläger zur Abholung auf.

Kläger konnte Fahrzeug zunächst nicht abholen

Ein Abholversuch des Klägers am selben Tag scheiterte jedoch, da das noch „ausblutende“ Fahrzeug nicht auf eine Gartenparzelle transportiert werden konnte. Zudem gab der Kläger bei seiner Zeugenvernehmung am 2. April 2014 an, er habe vorerst keinen Zugriff auf das Fahrzeug, da die finanzierende Bank noch den Fahrzeugbrief besitze. Erst nach Erhalt des Fahrzeugbriefs Mitte Mai 2014 ließ der Kläger den mittlerweile schrottreifen PKW abholen.

Beklagter verlangt Verwahrungskosten per Kostenbescheid

Für die Standzeit zwischen Freigabe und Abholung des Fahrzeugs stellte die verwahrende Firma dem Beklagten 551,80 € in Rechnung. Diese Kosten verlangte der Beklagte wiederum vom Kläger per Kostenbescheid vom 20. November 2017. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte zurück.

Das Verwaltungsgericht wies die daraufhin vom Kläger erhobene Klage ab. Es sah die Rechtsgrundlage für die Erhebung der Verwahrungskosten in § 693 BGB analog. Danach habe der Beklagte aus dem durch die Sicherstellung fortbestehenden öffentlich-rechtlichen Verwahrungsverhältnis einen Anspruch auf Aufwendungsersatz gegen den Kläger als Nutzer und letzten Gewahrsamsinhaber des PKW. Dass dieser aufgrund der Sicherungsübereignung an die Bank vorerst nicht frei über das Fahrzeug verfügen konnte, ändere daran nichts.

Oberverwaltungsgericht gibt Kläger Recht

Auf die Berufung des Klägers änderte das Oberverwaltungsgericht nun das erstinstanzliche Urteil und hob den Kostenbescheid auf. Zwar wandte es ebenfalls § 693 BGB analog auf das öffentlich-rechtliche Verwahrungsverhältnis an. Daraus ergebe sich jedoch keine Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung der Kosten per Verwaltungsakt.

Das durch die Sicherstellung begründete Verwahrungsverhältnis sei nach Freigabe des PKW zwar faktisch fortbestehend, aber nicht subordinationsrechtlich ausgestaltet. Es fehle an öffentlich-rechtlichen Normen, aus denen sich eine Verwaltungsaktbefugnis herleiten ließe. Vielmehr seien zur Schließung einer Regelungslücke die zivilrechtlichen Verwahrungsvorschriften heranzuziehen. Da dem Zivilrecht aber die Durchsetzung von Erstattungsansprüchen per Leistungsbescheid fremd sei, scheide eine darauf gestützte Verwaltungsaktbefugnis aus.

Auch aus verwaltungskostenrechtlichen Vorschriften ergebe sich keine Rechtsgrundlage für den Kostenbescheid. Selbst wenn man eine solche bejahe, habe der Beklagte jedenfalls sein Auswahlermessen bei mehreren Kostenschuldnern fehlerhaft ausgeübt. Bei der hier vorliegenden Sachlage mit einer Sicherungsübereignung des PKW hätte er zumindest Ermessenserwägungen zur Auswahl zwischen Kläger und Sicherungseigentümerin (Bank) anstellen und begründen müssen.

✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall


Das Urteil stellt klar, dass die analoge Anwendung zivilrechtlicher Verwahrungsvorschriften auf ein nach Sicherstellung fortbestehendes öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis keine ausreichende Grundlage für die Erhebung von Verwahrungskosten per Verwaltungsakt darstellt. Bei mehreren potentiellen Kostenschuldnern muss die Behörde ihr Auswahlermessen fehlerfrei ausüben und die Auswahl zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer begründen. Die Entscheidung stärkt die Rechte von Bürgern gegenüber ungerechtfertigten Kostenforderungen der Verwaltung in vergleichbaren Konstellationen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Ihr Fahrzeug sichergestellt wird, müssen Sie nicht automatisch für die Verwahrungskosten aufkommen. Das Gericht hat entschieden, dass die Polizei nicht einfach per Bescheid die Kosten auf Sie abwälzen kann. Es müssen klare rechtliche Grundlagen für die Kostenforderung vorliegen.

Haben Sie bereits Verwahrungskosten bezahlt? Dann prüfen Sie, ob diese rechtmäßig erhoben wurden. Möglicherweise können Sie sich wehren und Ihr Geld zurückfordern.

Besitzen Sie ein finanziertes Fahrzeug? Das Urteil könnte für Sie besonders relevant sein. Die Polizei muss bei der Entscheidung über die Kostentragung auch die Interessen der finanzierenden Bank berücksichtigen.

Wichtig: Lassen Sie sich im Zweifel rechtlich beraten, um Ihre Rechte zu wahren und unberechtigte Kostenforderungen abzuwehren.


✔ FAQ – Häufige Fragen

Haben Sie Fragen rund um Verwahrungskosten für Ihr sichergestelltes Fahrzeug? Unsere umfassende FAQ-Sektion gibt Ihnen wertvolle Einblicke und Antworten, die Ihnen helfen, Ihre Rechte und Pflichten in dieser Situation besser einzuordnen. Erfahren Sie, wer letztendlich für die Kosten aufkommen muss, wann Sie sich gegen eine Kostenübernahme wehren können und welche speziellen Aspekte wie eine Fahrzeugfinanzierung dabei zu berücksichtigen sind. Informieren Sie sich jetzt, um bestmöglich auf Ihre individuelle Situation vorbereitet zu sein.


Wer muss für die Verwahrungskosten eines sichergestellten Fahrzeugs aufkommen?

Die Verwahrungskosten eines nach § 94 StPO sichergestellten oder beschlagnahmten Fahrzeugs trägt grundsätzlich der Fahrzeughalter. Dies ergibt sich aus der Regelung, dass die Sicherstellung oder Beschlagnahme von Gegenständen, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können, in Verwahrung zu nehmen oder in anderer Weise sicherzustellen sind. Wenn sich die Gegenstände im Gewahrsam einer Person befinden und nicht freiwillig herausgegeben werden, bedarf es der Beschlagnahme (§ 94 Abs. 2 StPO).

Die Kosten für die Verwahrung eines sichergestellten Fahrzeugs werden bis zur Entscheidung der Justiz-, Ordnungs- oder Polizeibehörde über die Freigabe des Fahrzeugs von der Polizei getragen. Ab dem folgenden Tag nach dieser Entscheidung trägt der Betroffene die Kosten. Dies bedeutet, dass der Fahrzeughalter für die Verwahrungskosten aufkommen muss, sobald die Freigabe des Fahrzeugs durch die zuständige Behörde erfolgt ist.

Ein Beispiel verdeutlicht dies: Wenn die Polizei ein Fahrzeug zur Beweissicherung sicherstellt und die Justizbehörde später die Freigabe des Fahrzeugs anordnet, trägt die Polizei die Verwahrungskosten bis zu diesem Zeitpunkt. Ab dem Tag der Freigabeentscheidung muss der Fahrzeughalter die weiteren Verwahrungskosten übernehmen.

In Fällen, in denen das Fahrzeug zur Gefahrenabwehr sichergestellt wurde, trägt die Polizeibehörde die Kosten der Sicherstellung. Bei der Herausgabe des Fahrzeugs sollte die Zahlung der entstandenen Kosten erfolgen. Werden die Kosten nicht bei der Herausgabe entrichtet, kann die verwahrende Stelle den Betrag entgegennehmen.

Zusätzlich hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass die Pflicht zur Erstattung der Verwahrungskosten nur bis zum Herausgabeverlangen des Halters gilt. Sobald der Halter die Herausgabe des Fahrzeugs verlangt, dienen die Verwahrungskosten nicht mehr der Abwicklung des Abschleppvorgangs, sondern der Durchsetzung des Kostenerstattungsanspruchs. Daher sind diese Kosten nicht mehr vom Anspruch auf Aufwendungsersatz umfasst.

Die Regelungen zur Sicherstellung und Beschlagnahme von Fahrzeugen nach § 94 StPO und die damit verbundenen Kostenpflichten sind klar definiert. Der Fahrzeughalter trägt die Verwahrungskosten ab dem Zeitpunkt der Freigabeentscheidung durch die zuständige Behörde.


Gibt es eine Obergrenze für die Verwahrungskosten und wie werden diese berechnet?

Es gibt keine explizite gesetzliche Obergrenze für die Verwahrungskosten von nach § 94 StPO sichergestellten oder beschlagnahmten Gegenständen, einschließlich Kraftfahrzeugen. Die Berechnung der Verwahrungskosten hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Dauer der Verwahrung und der Art des Fahrzeugs.

Verwahrungskosten entstehen, wenn ein Fahrzeug im Rahmen eines Strafverfahrens sichergestellt oder beschlagnahmt wird und in amtliche Verwahrung genommen wird. Diese Kosten umfassen die Aufwendungen für die sichere Lagerung und den Schutz des Fahrzeugs vor Wertminderung. Die Höhe der Kosten kann variieren und wird in der Regel durch die zuständige Behörde festgelegt.

Ein Beispiel aus der Rechtsprechung zeigt, dass Verwahrungskosten für ein abgeschlepptes Fahrzeug bis zu dem Zeitpunkt anfallen, an dem der Halter die Herausgabe des Fahrzeugs verlangt. Danach sind keine weiteren Verwahrungskosten mehr zu berechnen. In einem anderen Fall wurden Verwahrungskosten von 7 bis 21,50 Euro pro Tag als angemessen betrachtet, wobei die Gesamtkosten im Einzelfall als unverhältnismäßig hoch angesehen werden können, wenn sie über einen längeren Zeitraum anfallen.

Die Berechnung der Verwahrungskosten berücksichtigt die Dauer der Verwahrung und die spezifischen Umstände des Einzelfalls. Bei geringwertigen Gegenständen, wie einem Kfz-Kennzeichen, können die Kosten als unverhältnismäßig hoch angesehen werden, wenn sie über einen längeren Zeitraum anfallen, ohne dass eine Verwertung oder Vernichtung erfolgt.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Verwahrungskosten variieren und von den spezifischen Umständen des Einzelfalls abhängen. Eine starre Obergrenze existiert nicht, jedoch müssen die Kosten verhältnismäßig und angemessen sein.


Kann ich mich gegen die Erhebung von Verwahrungskosten wehren und wenn ja, wie?

Gegen die Erhebung von Verwahrungskosten für ein nach § 94 StPO sichergestelltes oder beschlagnahmtes Fahrzeug kann sich der Betroffene wehren. Zunächst ist zu klären, ob die Verwahrungskosten rechtmäßig erhoben wurden. Dies hängt davon ab, ob die Sicherstellung oder Beschlagnahme des Fahrzeugs rechtmäßig war und ob die Kosten ordnungsgemäß berechnet wurden.

Wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestehen, kann der Betroffene Widerspruch gegen den Kostenbescheid einlegen. Der Widerspruch muss schriftlich und innerhalb einer bestimmten Frist, die in der Regel einen Monat beträgt, bei der zuständigen Behörde eingereicht werden. In diesem Widerspruch sollte der Betroffene die Gründe darlegen, warum er die Kosten für unrechtmäßig hält.

Falls der Widerspruch abgelehnt wird, besteht die Möglichkeit, Klage vor dem Verwaltungsgericht zu erheben. In der Klageschrift muss der Betroffene detailliert darlegen, warum die Erhebung der Verwahrungskosten unrechtmäßig ist. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Sicherstellung oder Beschlagnahme des Fahrzeugs nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprach oder die Kosten unangemessen hoch sind.

Ein wichtiger Aspekt ist das öffentlich-rechtliche Verwahrungsverhältnis, das durch die Sicherstellung oder Beschlagnahme entsteht. Dieses Verhältnis verpflichtet die Behörde, die verwahrten Gegenstände ordnungsgemäß zu behandeln und vor Wertminderung zu schützen. Wenn die Behörde diese Pflichten verletzt, kann dies ein weiterer Grund für die Anfechtung der Kosten sein.

Die Rechtsprechung hat klargestellt, dass die Kosten für die Verwahrung eines sichergestellten Fahrzeugs grundsätzlich vom Betroffenen zu tragen sind, sofern die Sicherstellung rechtmäßig war. Allerdings müssen die Kosten transparent und nachvollziehbar sein. Der Betroffene hat das Recht, eine detaillierte Aufschlüsselung der Kosten zu verlangen und diese auf ihre Angemessenheit zu überprüfen.


Welche Rolle spielt die Sicherungsübereignung an eine Bank bei der Kostentragungspflicht?

Die Sicherungsübereignung eines Fahrzeugs an eine Bank spielt eine zentrale Rolle bei der Frage der Kostentragungspflicht, insbesondere wenn das Fahrzeug nach § 94 StPO sichergestellt oder beschlagnahmt wurde. Bei der Sicherungsübereignung wird das Eigentum an dem Fahrzeug zur Sicherung eines Kredits auf die Bank übertragen, während der Kreditnehmer weiterhin den Besitz und die Nutzung des Fahrzeugs behält.

Im Fall einer Sicherstellung oder Beschlagnahme des Fahrzeugs durch die Polizei entsteht ein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis. Dieses verwaltungsrechtliche Schuldverhältnis führt dazu, dass die Polizei das Fahrzeug in Besitz nimmt und den Berechtigten von Einwirkungen ausschließt. Die Kosten für die Verwahrung des Fahrzeugs können erheblich sein und werfen die Frage auf, wer diese Kosten zu tragen hat.

Die Bank als Sicherungseigentümerin hat grundsätzlich ein Interesse daran, dass das Fahrzeug in einem verwertbaren Zustand bleibt, um im Falle eines Zahlungsausfalls des Kreditnehmers ihre Forderungen decken zu können. Dennoch ist die Bank nicht automatisch für die Verwahrungskosten verantwortlich. Die Verantwortung für die Kosten hängt von den spezifischen vertraglichen Vereinbarungen und den Umständen des Einzelfalls ab.

Wenn der Kreditnehmer seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt und die Bank das Fahrzeug verwerten muss, kann sie die Kosten der Verwahrung möglicherweise vom Kreditnehmer zurückfordern. Dies setzt jedoch voraus, dass entsprechende Regelungen im Sicherungsvertrag enthalten sind. Fehlen solche Regelungen, könnte die Bank auf den Kosten sitzen bleiben, es sei denn, sie kann nachweisen, dass der Kreditnehmer für die Kosten verantwortlich ist.

Ein weiterer Aspekt ist das Vermieterpfandrecht, das bei der Sicherungsübereignung von Fahrzeugen relevant werden kann. Wenn das Fahrzeug in einer gemieteten Garage steht, hat der Vermieter ein Pfandrecht an den dort befindlichen Sachen. Die Bank muss dieses Pfandrecht respektieren und vor einer Verwertung des Fahrzeugs den Vermieter kontaktieren. Wird diese Pflicht verletzt, haftet die Bank auf Schadensersatz.

Die Bank als Sicherungseigentümerin ist nicht automatisch für die Verwahrungskosten eines sichergestellten oder beschlagnahmten Fahrzeugs verantwortlich. Die Verantwortung hängt von den vertraglichen Vereinbarungen und den spezifischen Umständen ab. Die Bank muss jedoch die Interessen anderer Sicherungsberechtigter, wie Vermieter, berücksichtigen und entsprechende Maßnahmen ergreifen, um Haftungsrisiken zu vermeiden.


Was passiert, wenn ich das sichergestellte Fahrzeug nicht abholen kann?

Wenn ein sichergestelltes Fahrzeug nicht abgeholt wird, entstehen verschiedene Konsequenzen. Zunächst fallen Verwahrungskosten an, die der Fahrzeughalter tragen muss. Diese Kosten können erheblich sein und steigen mit der Dauer der Verwahrung. Die Polizei oder die zuständige Behörde informiert den Halter in der Regel schriftlich über die Sicherstellung und fordert zur Abholung auf. Wird das Fahrzeug nicht innerhalb der gesetzten Frist abgeholt, kann die Behörde das Fahrzeug verwerten, also versteigern oder verschrotten.

Die rechtliche Grundlage für die Sicherstellung und Beschlagnahme von Fahrzeugen findet sich in § 94 StPO. Gegenstände, die als Beweismittel von Bedeutung sein können, sind in Verwahrung zu nehmen oder sicherzustellen. Befinden sich die Gegenstände im Gewahrsam einer Person und werden sie nicht freiwillig herausgegeben, bedarf es der Beschlagnahme. Diese Regelung gilt auch für Führerscheine, die der Einziehung unterliegen.

Wenn der Halter das Fahrzeug nicht abholt, kann die Behörde nach einer bestimmten Frist die Verwertung anordnen. Dies bedeutet, dass das Fahrzeug versteigert oder verschrottet wird. Die entstehenden Kosten für die Sicherstellung und Verwahrung werden dem Halter in Rechnung gestellt. Diese Kosten umfassen die Abschleppgebühren, die Verwahrgebühren und eventuell anfallende Verwaltungsgebühren.

In Fällen, in denen der Halter das Fahrzeug aus finanziellen Gründen nicht abholen kann, besteht die Möglichkeit, bei der zuständigen Behörde eine Reduzierung oder den Erlass der Gebühren zu beantragen. Dies ist jedoch von den individuellen Umständen abhängig und muss im Einzelfall geprüft werden.

Zusätzlich kann der Halter, wenn er das Fahrzeug nicht abholen kann, eine Vollmacht erteilen, sodass eine andere Person das Fahrzeug abholen kann. Hierfür sind entsprechende Dokumente wie der Fahrzeugschein und ein gültiger Ausweis erforderlich.

Die rechtlichen und finanziellen Folgen der Nichtabholung eines sichergestellten Fahrzeugs sind erheblich. Es ist daher ratsam, sich frühzeitig mit der zuständigen Behörde in Verbindung zu setzen, um mögliche Lösungen zu besprechen und weitere Kosten zu vermeiden.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils


  • § 94 Strafprozessordnung (StPO): Dieser Paragraph regelt die Sicherstellung und Beschlagnahme von Gegenständen, die als Beweismittel in einem Strafverfahren dienen können. Im vorliegenden Fall wurde der Pkw des Klägers nach einem Brand zur Beweissicherung sichergestellt und beschlagnahmt.
  • Verwaltungskostengesetz (VwKostG): Nach diesem Gesetz können Behörden für ihre Amtshandlungen Gebühren und Auslagen erheben. Im Fall des sichergestellten Fahrzeugs wurden dem Kläger die Kosten der Verwahrung in Rechnung gestellt.
  • Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig, 3 K 1406/16: In diesem Urteil wurde zunächst entschieden, dass der Kläger die Kosten tragen muss, was durch das Berufungsurteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts geändert wurde.
  • Berufungsurteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts, Az.: 6 A 714/20: Dieses Urteil hob das vorherige Urteil auf und entschied, dass der Kläger die Kosten nicht tragen muss. Der Beklagte, in diesem Fall die Behörde, trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
  • Verwahrungskosten: Diese wurden aufgrund der Sicherstellungsmaßnahme nach § 94 StPO erhoben. Das Berufungsurteil entschied, dass der Kläger diese Kosten nicht tragen muss.
  • Problematik der Besitzverhältnisse (Bank als Sicherungseigentümer): Der Kläger konnte das Fahrzeug nicht sofort abholen, weil die Bank den Fahrzeugbrief wegen ausstehender Raten behalten hatte. Dies zeigt, wie Finanzierungsverträge und Bankforderungen die Verfügung über das Fahrzeug beeinflussen können.
  • Zeugenvernehmung und Freigabebescheide: Der Kläger konnte das Fahrzeug erst nach Klärung durch die Bank und die Versicherung abholen. Trotz mehrfacher Aufforderung durch die Behörde war eine sofortige Abholung nicht möglich, was letztlich zur Verfahrensaufhebung führte. Diese Umstände wurden im Verfahren berücksichtigt, um die Kostenpflicht des Klägers zu verneinen.

⇓ Das vorliegende Urteil vom Sächsischen Oberverwaltungsgericht

Sächsisches Oberverwaltungsgericht  – Az.: 6 A 714/20 – Urteil vom 31.03.2022

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 9. Juli 2020 – 3 K 1406/16 – geändert. Der Bescheid des Beklagten vom 20. November 2017 in Gestalt seines Widerspruchsbescheids vom 6. Juni 2018 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu den Kosten der Verwahrung seines nach § 94 StPO sichergestellten oder beschlagnahmten Pkw.

Der vom Kläger genutzte, auf seine Mutter zugelassene Pkw Citroën C5 wurde von unbekannten Tätern am 18. März 2014 in Brand gesetzt. Die vor Ort ermittelnden Polizeibeamten unterzogen das ausgebrannte Fahrzeug einer Maßnahme nach § 94 StPO und ließen es zu Beweissicherungszwecken und zur anschließenden Verwahrung auf das Gelände der Firma A. L. abschleppen. Am 20. März 2014 gab der Beklagte das Fahrzeug frei und forderte den Kläger zur Abholung auf. Am selben Tag scheiterte ein Abholversuch des Klägers, weil der von ihm beauftragte A.-Verein es ablehnte, das noch „ausblutende“ Fahrzeug auf eine Gartenparzelle zu transportieren. Im Rahmen seiner Zeugenvernehmung am 2. April 2014 gab der Kläger an, er habe vorerst keinen Zugriff auf das Fahrzeug, da die Bank „S.“ wegen ausstehender Raten noch den Fahrzeugbrief besitze. Er erwarte in den nächsten Tagen eine Entscheidung. Mit Schreiben vom 10. April 2014 forderte der Beklagte den Kläger erneut zur Abholung bis spätestens 24. April 2014 auf; anderenfalls würden ihm „zusätzliche Kosten“ in Rechnung gestellt. Mit Schreiben vom 15. April 2014 teilte der Kläger mit, dass er nach wie vor weder über das Fahrzeug verfügen noch es abmelden könne, da es an der Freigabe durch die Versicherung und die Bank fehle. Nach Erhalt des Fahrzeugbriefs ließ der Kläger das Fahrzeug am 19. Mai 2014 abholen. Laut Gutachten hatte es einen Restwert von 500,00 € und war schrottreif.

Mit Rechnungen vom 30. April 2014 und 20. Mai 2014 machte die Firma A. GmbH gegenüber der beklagten Polizeidirektion Standgebühren bis zum 29. April 2014 i. H. v. 382,70 € (43 Tage à 8,90 €) und für den Zeitraum bis 18. Mai 2014 i. H. v. 169,10 € (19 Tage à 8,90 €) geltend.

Der Beklagte erließ gegenüber der Mutter des Klägers unter dem 17. September 2014 einen Kostenbescheid, der später aufgehoben wurde, nachdem sie zur Begründung ihres Widerspruchs darauf hingewiesen hatte, dass das Fahrzeug vom Kläger für ihre Versorgung genutzt würde.

Auf Anfrage teilte die S. Bank AG der beklagten Polizeidirektion mit Schreiben vom 9. Oktober 2017 mit, dass das Fahrzeug an sie sicherheitsübereignet gewesen sei und dass der Abschluss der Finanzierung und die Freigabe des Kfz-Briefs im Mai 2014 erfolgt seien. Der Kläger sei seinerzeit aufgefordert worden, das Fahrzeug abzuholen und es wieder in seinen Besitz zu bringen. Hierzu sei er aus Sicht der Bank auch vor der Aufforderung berechtigt gewesen.

Mit Bescheid vom 20. November 2017 zog der Beklagte den Kläger zu Kosten i. H. v. 624,87 € heran (59 Tage zu je 8,90 € zuzügl. Umsatzsteuer). Den dagegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2018, zugegangen am 18. Juni 2018, zurück.

Das Verwaltungsgericht hat die am 13. Juli 2018 erhobene Anfechtungsklage mit Urteil vom 9. Juli 2018 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

Rechtsgrundlage für die Geltendmachung der Verwahrungskosten gegenüber dem Kläger sei § 693 BGB in entsprechender Anwendung. Danach habe der Beklagte aus dem durch Beschlagnahme nach § 94 Abs. 2 StPO entstandenen und nach der Freigabe am 20. März 2014 fortbestehenden öffentlich-rechtlichen Verwahrungsverhältnis einen Anspruch auf Aufwendungsersatz. Die Aufhebung der Beschlagnahme sei geboten, sobald der beschlagnahmte Gegenstand nicht mehr für Zwecke des Strafverfahrens benötigt werde. Aus dem öffentlich-rechtlichen Verwahrungsverhältnis folge dann die Verpflichtung des Beklagten zur unverzüglichen Rückgabe an dem Ort der Aufbewahrung. Zugleich sei der Betroffene gehalten, den Gegenstand unverzüglich abzuholen. Komme er dem nicht nach, so habe er für die dadurch entstehenden Kosten einzustehen, da der Betroffene grundsätzlich nicht davon ausgehen könne, dass das Fahrzeug unentgeltlich abgestellt werde. Dieser Verpflichtung sei der Kläger nicht rechtzeitig nachgekommen, weshalb weitere Standgebühren in Höhe von 624,87 € angefallen seien. Die Höhe der geltend gemachten Kosten, denen der Kläger auch nicht entgegengetreten sei, unterliege keinen rechtlichen Bedenken.

Die Verpflichtung zur Abholung habe dem Kläger als tatsächlichem Nutzer sowie Besitzer und damit als „Hinterleger“ im Sinn des 693 BGB oblegen. Auch wenn es aufgrund des Fahrzeugzustands für den Kläger schwierig gewesen sei, dieser Pflicht zu genügen, sei ihm die Abholung rechtlich möglich gewesen. Die Sicherungsübereignung des Fahrzeugs an die S. Bank habe dem nicht entgegengestanden. Denn der Pkw selbst sei dem Kläger zur Nutzung überlassen worden. Auch die Haltereigenschaft der Mutter ändere daran nichts, denn sie habe unwidersprochen vorgetragen, dass das Fahrzeug von dem Kläger für ihre Versorgung genutzt worden sei. Unerheblich sei weiter, ob der Kläger über das Fahrzeug vor Erhalt des Kfz-Briefes habe frei verfügen können. Die Situation sei bezogen auf die Verfügungsbefugnis über das Fahrzeug nicht anders als vor dem Brand und der Sicherstellung. Unerheblich sei auch, dass das Fahrzeug aufgrund seines Zustandes weder im öffentlichen Verkehrsraum noch privat habe abgestellt werden können. Es sei Aufgabe des Klägers gewesen, nach der Freigabe für die weitere Aufbewahrung und Verwendung des Pkws Sorge zu tragen.

Der Beklagte habe den Kläger auch im Wege des Kostenbescheids in Anspruch nehmen können. Zwar sei anerkannt, dass die Verwaltung im Rahmen von verwaltungsvertraglichen Ansprüchen gehalten sei, ihre Kosten bei Fehlen einer anderweitigen Rechtsgrundlage im Wege der Leistungsklage durchzusetzen. Von dem öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinn des § 54 VwVfG sei jedoch das verwaltungsrechtliche Schuldverhältnis im weiteren Sinn zu unterscheiden. Nicht jedes öffentlich-rechtliche Schuldverhältnis entstehe durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, in dem sich die Vertragspartner gleichrangig gegenüberstünden. Bei einseitiger Begründung des Schuldverhältnisses wie dem öffentlich-rechtlichen Verwahrungsverhältnis fehle daher die Waffengleichheit, die ansonsten als Ausdruck der spezifisch vertraglichen Gleichordnung der Vertragsparteien der Geltendmachung von Ansprüchen durch Verwaltungsakt entgegenstehe und deren Fehlen hier zugleich die Geltendmachung von Stand- und Verwahrkosten als Aufwendungsersatz entsprechend § 693 BGB mittels Leistungsbescheids ermögliche.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung, die der Senat auf Antrag des Klägers mit ihm am 3. August 2021 zugestellten Beschluss vom 5. Juli 2021 wegen ernstlicher Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen hat und die der Kläger mit Schriftsatz vom 11. August 2021 im Wesentlichen wie folgt begründet: Die vom Verwaltungsgericht angegebene Rechtsgrundlage für die Erhebung der Standgebühr (§ 693 BGB) sei nicht einschlägig. Der Beklagte habe die Aufwendungen den Umständen nach nicht für erforderlich halten dürfen. Grund und Höhe der geltend gemachten Kosten seien nicht nachvollziehbar. Problematisch sei auch, dass der Beklagte nicht im Wege der Leistungsklage vorgehe. Das Verwaltungsgericht habe nicht fehlerfrei berücksichtigt, dass das Fahrzeug an die S. Bank sicherungsübereignet gewesen sei.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 9. Juli 2020 – 3 K 1406/18 – zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 20. November 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Juni 2018 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angegriffene Urteil und führt ergänzend aus, es sei nicht ersichtlich, warum die vorliegende Fallkonstellation wie ein Vertragsverhältnis behandelt werden sollte. Die weitere Verwahrung des Kraftfahrzeuges nach der Freigabe habe vorrangig dem Eigentums- und Besitzschutz des Klägers bzw. dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gedient. Das Fahrzeug habe durch den Beklagten weder an den Ort der Sicherstellung zurückgebracht werden müssen noch habe es tatsächlich dort abgestellt werden können, ohne dass erneut die Voraussetzungen einer Sicherstellung eingetreten wären (auslaufendes Öl, fahruntüchtiger und stark beschädigter Zustand). Die vorliegende Konstellation ähnele daher einem subordinationsrechtlichen Rechtsverhältnis und keinem Begegnen „auf Augenhöhe“. Sie sei mit anderen öffentlich-rechtlichen Verwahrverhältnissen, wie etwa einer auf Grundlage des § 16a Abs. 1 TierSchG angeordneten Unterbringung eines Tieres in einem Tierheim, zu vergleichen, bei welchem außer Frage stehe, dass es sich um eine hoheitliche Maßnahme handele, aufgrund derer die Kosten der Verwahrung (bei Dritten) gegenüber dem Kostenschuldner als Auslagen im Sinne des § 13 SächsVwKG erhoben werden könnten.

Die vom Verwaltungsgericht offen gelassene Frage, ob sich eine Rechtsgrundlage für den Erlass des Kostenbescheids – daneben oder vorgelagert – aus dem Sächsischen Verwaltungskostengesetz ergebe, sei zu bejahen. Denn als normative Grundlage für die Verwahrung des Kraftfahrzeuges seien die Vorschriften über die Sicherstellung und Verwahrung (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 32 SächsPVDG bzw. vormals § 26 Abs. 1 SächsPolG und § 27 Abs. 1 Nr. 1 SächsPolG sowie § 29 SächsPolG) – auch wenn diese nicht ausdrücklich genannt worden seien – heranzuziehen. Daher liege nach § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 und 2, § 9, § 13 Abs. 1, § 17 SächsVwKG eine hinreichende Rechtsgrundlage für den Erlass eines Kostenbescheids vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und den Verwaltungsvorgang des Beklagten (1 Aktenordner), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klage ist begründet. Der angefochtene Kostenbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Der Senat folgt nicht der Auffassung des Beklagten und des Verwaltungsgerichts, wonach der Erlass des angefochtenen Kostenbescheids auf § 693 BGB in analoger Anwendung gestützt werden kann. Nach dieser Norm ist der Hinterleger zum Ersatz der Kosten verpflichtet, die der Verwahrer für Aufwendungen zum Zwecke der Aufbewahrung den Umständen nach für erforderlich halten darf.

Zwar nimmt das Verwaltungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend an, dass die am 18. März 2014 aus Gründen der Beweissicherung angeordnete Beschlagnahme oder Sicherstellung nach § 94 StPO zu einem öffentlich-rechtlichen Verwahrungsverhältnis an dem vom Kläger genutzten Fahrzeug führte, das über die Freigabe des Fahrzeugs hinaus bis zu dessen Abholung am 18. Mai andauerte und auf das die Vorschrift des § 693 BGB über den Aufwendungsersatz entsprechend anwendbar ist (a). Daraus folgt aber keine Ermächtigungsgrundlage für die Geltendmachung der Aufwendungen durch Verwaltungsakt (b).

a) Durch Maßnahmen der Beweissicherung in einem Strafverfahren nach § 94 StPO (Beschlagnahme oder Sicherstellung) wird an der betroffenen Sache amtlicher Gewahrsam der Strafverfolgungsbehörde und damit ein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis begründet. Dabei handelt es sich um ein verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis, das nicht durch Vertrag, sondern dadurch zustande kommt, dass ein Verwaltungsträger (hier: die ermittelnde Polizei) bei Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch einseitigen Zugriff fremde bewegliche Sachen in Besitz nimmt und den Berechtigten von Einwirkungen ausschließt, insbesondere an eigenen Sicherungs- und Obhutsmaßnahmen hindert (vgl. BGH, Urt. v. 16. Mai 2019 – III ZR 6/18 -, juris Rn. 14). Der mit einer Anordnung nach § 94 StPO begründete hoheitliche Gewahrsam an einer Sache endet nicht bereits mit deren Freigabe durch Aufhebung der Beschlagnahme oder Sicherstellung, sondern dauert faktisch bis zur Herausgabe der Sache fort (vgl. BGH a. a. O. Rn. 19; VGH BW, Urt. v. 22. August 1977 – I 2555/76 -, BWVPr 78, 150, 151). Das bedeutet im Streitfall, dass das infolge der Beschlagnahme oder Sicherstellung nach § 94 StPO am 18. März 2014 an dem vom Kläger genutzten Fahrzeug begründete öffentlich-rechtliche Verwahrungsverhältnis über die Aufhebung der Maßnahme am 20. März 2014 hinaus bis zur Abholung des Fahrzeugs am 18. Mai 2014 andauerte.

Auf dieses öffentlich-rechtliche Verwahrungsverhältnis sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die bürgerlich-rechtlichen Verwahrungsvorschriften der §§ 688 ff. BGB entsprechend anzuwenden. In § 94, § 111n und § 111o StPO wird das öffentlich-rechtliche Verwahrungsverhältnis nur lückenhaft geregelt, ohne dass es Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Gesetzgeber von näheren Regelungen bewusst hätte absehen wollen. So fehlt es an einer Bestimmung zum Rückgabeort für den Herausgabeanspruch nach Beendigung der Maßnahme nach § 94 StPO ebenso wie an einer Regelung für den Ersatz der Aufwendungen, die dem Verwahrer danach bis zur Herausgabe entstehen. Für den erstgenannten Fall begründet der Bundesgerichtshof die analoge Anwendung der §§ 688 ff. BGB und insbesondere des § 697 BGB damit, dass die Rechtmäßigkeit der Maßnahme nach § 94 StPO eine sachliche Rechtfertigung für das öffentlich-rechtliche Verwahrungsverhältnis darstellt, die in ihrem Gewicht dem vertraglichen Konsens bei einem privatrechtlichen Verwahrungsvertrag mindestens gleichkommt. Dies rechtfertigt es, die gesetzlichen Regelungen für die Abwicklung eines beendeten Verwahrungsverhältnisses auch auf die Beendigung einer Beschlagnahme oder Sicherstellung anzuwenden (vgl. BGH, Urt. v. 16. Mai 2019 a. a. O. Rn. 16 und 20; Urt. v. 3. Februar 2005 – III ZR 271/04 -, juris Rn. 9). Aus demselben Grunde erscheint die analoge Anwendung der Regelung des § 693 BGB über den Aufwendungsersatzanspruch des Verwahrers für Kosten, die er für notwendig erachten durfte, gerechtfertigt. In der überwiegenden Verwaltungsrechtsprechung ist die entsprechende Anwendung dieser Norm auf öffentlich-rechtliche Verwahrungsverhältnisse deshalb auch unabhängig davon anerkannt, ob sie durch Beschlagnahme oder Sicherstellung von Gegenständen im Rahmen der Strafverfolgung nach § 94 StPO (vgl. VGH BW, Urt. v. 22. August 1977 – I 2555/76 -, BWVPr 78, 150, 151 zur entsprechenden Anwendung des § 689 BGB) oder im Anschluss an eine präventive Maßnahme nach Polizei- oder Ordnungsrecht (vgl. zum Abschleppen eines Kfz im Wege der Ersatzvornahme: HessVGH, Urt. v. 27. November 1990 – 11 UE 2350/90 -, juris 19 m. w. N.; VGH BW, Urt. v. 15. Januar 1990 – 1 S 3625/88 -, juris Rn. 32; zur Sicherstellung nach § 26 SächsPolG: SächsOVG, Urt. v. 12. Oktober 1995 – 3 S 111/95 -, SächsVBl. 1995, 252, 254) begründet wurden.

Demgegenüber überzeugt es nicht, zur Ermittlung des Rechts auf Aufwendungsersatz in dem durch Beschlagnahme oder Sicherstellung nach § 94 StPO begründeten öffentlich-rechtlichen Verwahrungsverhältnis nach Beendigung dieser Maßnahme die entsprechende Anwendung des § 693 BGB mit der Erwägung zu verneinen, dass es näher liege, vorrangig auf die öffentlich-rechtlichen Vorschriften zur Kostenerstattung bei präventiv-polizeirechtlicher Beschlagnahme oder Sicherstellung zurückzugreifen (so aber in der Tendenz VGH BW, Urt. v. 28. August 2006 – 5 S 2497/05 -, juris Rn. 37). Denn die im Polizei- und Ordnungsrecht geregelten Kostenerstattungsansprüche beziehen sich neben den Gebühren und Auslagen für die (präventive) Sicherstellung oder Beschlagnahme auf die während der Rechtmäßigkeit dieser Maßnahmen entstehenden Verwahrungskosten (vgl. § 34 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 31 und § 32 Abs. 1 Satz 1 SächsPVDG, früher § 29 Abs. 1 Satz 1 und 3, Abs. 3 i. V. m. § 26 und § 27 SächsPolG). Insoweit scheidet die analoge Anwendung für den Zeitraum, während dessen die Sache nach § 94 StPO rechtmäßig beschlagnahmt oder sichergestellt war, aber bereits mangels einer Regelungslücke in der Strafprozessordnung aus. Dort sind die Kosten bis zur Beendigung der Maßnahme nach § 94 StPO abschließend dergestalt geregelt, dass ein Kostenerstattungsanspruch nur gegen den Verurteilten besteht (vgl. § 464a StPO, Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG i. d. Fassung vom 5. Juli 2017 Nr. 9015 i. V. m. Nr. 9009 Nr. 1 Alt. 2), nicht aber gegen den Hinterleger, wenn es sich – wie hier beim Kläger – um einen nicht beschuldigten Dritten handelt. Kommt demnach für die Verwahrung bis zur Aufhebung der Maßnahme nach § 94 StPO – im Unterschied zur polizeirechtlichen Verwahrung – kein Kostenersatz durch den nicht beschuldigten Eigentümer oder rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt analog den polizeirechtlichen Vorschriften über die Verwahrungskosten in Betracht, so ist es wenig naheliegend, den Aufwendungsersatz für den Zeitraum danach auf eine Analogie zu ebendiesen Vorschriften zu stützen. Vielmehr erscheint es sachgerechter, auf die allgemeinen verwahrungsrechtlichen Grundsätze des bürgerlichen Rechts in §§ 688 ff. BGB einschließlich der Regelung über den Aufwendungsersatz nach § 693 BGB zurückzugreifen, jedenfalls wenn es – wie hier – für andere Fälle öffentlich-rechtlicher Verwahrung als den speziellen Fall im Anschluss an polizeiliche Maßnahmen zur Schließung einer Kostenregelungslücke einer Analogie bedarf.

b) Der Beklagte und ihm folgend das Verwaltungsgericht nehmen aber zu Unrecht eine Befugnis der Polizeidirektion an, den Aufwendungsersatz im Antrag durch Anwendung des § 693 BGB mittels Kostenbescheids geltend zu machen.

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 7. Dezember 2011 – 6 C 39.10 -, juris Rn. 14 m. w. N.) ist anerkannt, dass die Befugnis der Verwaltung, sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben des Mittels des Verwaltungsakts zu bedienen (sog. Verwaltungsaktbefugnis), nicht ausdrücklich in der gesetzlichen Grundlage erwähnt sein muss, die in materieller Hinsicht zu einem Eingriff ermächtigt. Denn als Handlungsform, in der die Verwaltung Privatpersonen in der Regel gegenübertritt, ist der Verwaltungsakt allseits bekannt. Es reicht deshalb aus – ist aber auch notwendig -, dass sich die Verwaltungsaktbefugnis dem Gesetz im Wege der Auslegung entnehmen lässt. Dies gilt namentlich auch für Kostenerstattungsansprüche, die sich aus Vorschriften des öffentlichen Rechts ergeben (vgl. BVerwG, Urt. v. 24. November 1998 – 1 C 33.97 -, juris Rn. 22 zu § 84 Abs. 1 AuslG; Urt. v. 6. Mai 1964 – 8 C 10.65 -, zu § 24 Soldatengesetz; Urt. v. 17. September 1964 – 2 C 147.61 -, juris; Urt. v. 28. September 1967 – 2 C 37.67 -, juris jeweils zu beamtenrechtlichen Erstattungspflichten). Soweit das Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsaktbefugnis zur Heranziehung des Beamten zu Erstattungspflichten mit dem Charakter des Beamtenverhältnisses als einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis begründet, in dem der Dienstherr dem Beamten hoheitlich übergeordnet ist und deshalb seine Rechtsbeziehungen zu dem Beamten grundsätzlich durch Verwaltungsakte regeln kann, lässt sich diese Begründung nach dem dargelegten Maßstab nur dann auf andere öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnisse übertragen, wenn sich den auf diese anwendbaren Rechtsvorschriften durch Auslegung ein Subordinationsverhältnis zwischen Bürger und Verwaltung entnehmen lässt. Zudem entfällt die Verwaltungsaktbefugnis auch in öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnissen dort, wo Gesetz oder besonderes Gewohnheitsrecht sie ausschließen (vgl. BVerwG, Urt. v. 17. September 1964 a. a. O. Rn. 10).

Entgegen der Auffassung des Beklagten und des Verwaltungsgerichts ergibt die Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall keine Befugnis des Beklagten, den Aufwendungsersatz in entsprechender Anwendung des § 689 BGB durch Erlass eines Leistungsbescheids geltend zu machen (so aber VGH BW, Urt. v. 22. August 1977 a. a. O. S. 151). Das im Anschluss an eine Maßnahme nach § 94 StPO begründete amtliche Verwahrungsverhältnis ist nach deren Aufhebung faktisch fortbestehend, aber nicht subordinationsrechtlich ausgestaltet. Denn dafür reicht es nicht aus, dass dem Verwahrungsverhältnis kein Vertrag, sondern mit der Beschlagnahme oder Sicherstellung nach § 94 StPO eine hoheitliche Maßnahme vorausgegangen ist. Wie oben (1.a) gezeigt, finden hier keine öffentlich-rechtlichen Normen der Strafprozessordnung oder des Polizeirechts Anwendung, aus deren Auslegung sich eine Verwaltungsaktbefugnis ergeben könnte, sondern es bedarf zur Schließung einer Regelungslücke der entsprechenden Heranziehung bürgerlich-rechtlicher Verwahrungsvorschriften, hier des § 693 BGB. Da dem bürgerlichen Recht die Regelung der Rechtsbeziehungen gleichgeordneter Parteien wesenseigen und die Durchsetzung von Erstattungsansprüchen durch Leistungsbescheid fremd ist, ist schon deshalb die Annahme einer darauf gestützten Verwaltungsaktbefugnis des Beklagten ausgeschlossen (vgl. im Ergebnis ebenso: VGH BW, Urt. v. 28. August 2006 a. a. O. Rn. 40).

Offen bleiben kann, ob sich im Fall der Entstehung eines öffentlich-rechtlichen Verwahrungsverhältnisses durch präventiv-polizeiliche Maßnahmen ein anderes Ergebnis mit dem Gedanken der Konnexität bzw. eines engen systematischen Zusammenhangs zwischen dem im Polizeirecht geregelten Kostenerstattungsanspruch und dem nach Aufhebung der polizeilichen Maßnahmen auf § 693 BGB analog gestützten Aufwendungsersatzanspruch begründen lässt (so HessVGH, Urt. v. 27. November 1990 – 11 UE 2350/90 -, juris Rn. 20; vgl. auch SächsOVG, Urt. v. 12. Oktober 1995 a. a. O. zu § 29 Abs. 1 Satz 3 SächsPolG). Denn zum einen hat der Beklagte nach Aufhebung der Maßnahme nach § 94 StPO das Verwahrungsverhältnis bloß faktisch fortgesetzt und nicht durch eine präventiv-polizeiliche Maßnahme neu begründet. Zum anderen lässt sich der Konnexitätsgedanke auf die vorliegende Konstellation deshalb nicht übertragen, weil – anders als bei der durch eine präventiv-polizeiliche Maßnahme begründeten Verwahrung – während der Dauer der Sicherstellung oder Beschlagnahme aufgrund § 94 StPO kein Kostenerstattungsanspruch gegen den nicht beschuldigten Eigentümer oder rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt besteht (vgl. oben 1.a).

2. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Kostenbescheids ergibt sich auch nicht aus verwaltungskostenrechtlichen Vorschriften. § 1 i. V. m. §§ 2 und 12 SächsVwKG in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. September 2003 (SächsGVBl. S. 698), zuletzt geändert durch Art. 31 des Gesetzes vom 27. Januar 2012 (SächsGVBl. S. 130), scheidet als Rechtsgrundlage für den angefochtenen Kostenbescheid aus.

Allerdings steht dem nicht bereits § 1 Abs. 3 des Sächsischen Verwaltungskostengesetzes vom 5. April 2019 (SächsGVBl. S. 245) – SächsVwKG n. F. – entgegen, wonach dieses Gesetz im Bereich der Justizverwaltung keine Anwendung findet. Denn nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SächsVwKG n. F. ist für individuell zurechenbare öffentlich-rechtliche Leistungen, die – wie hier – vor dem 27. April 2019 beendet wurden, das Verwaltungskostengesetz in der bis zum 26. April 2019 geltenden Fassung weiter anzuwenden.

Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 SächsVwKG a. F. findet der Abschnitt 1 dieses Gesetzes (Kosten für Amtshandlungen) für den Bereich der Justizverwaltung nur insoweit Anwendung, als dieses in Gesetzen oder Rechtsverordnungen ausdrücklich bestimmt ist. Der Senat lässt dahingestellt, ob die öffentlich-rechtliche Verwahrung, die nach Beendigung der Beschlagnahme oder Sicherstellung nach § 94 StPO mit der Freigabeerklärung und Abholungsaufforderung an den Berechtigten bis zur Abholung fortdauert, noch dem Bereich der Justizverwaltung zuzurechnen ist. Bejahendenfalls fehlt es an einer Verweisung in Gesetzen oder Rechtsverordnungen auf Abschnitt 1 des Sächsischen Verwaltungskostengesetzes. Sofern es sich bei der fortdauernden Verwahrung nicht mehr um eine Amtshandlung im Bereich der Justizverwaltung handelt, kommt eine Kostenerhebung aus folgenden Gründen ebenfalls nicht in Betracht.

Versteht man § 1 i. V. m. §§ 2 und 12 SächsVwKG als allgemeine Rechtsgrundlage für die Erhebung von Auslagen, die im Zusammenhang mit einer Amtshandlung i. S. v. § 1 entstehen, die nicht zur Voraussetzung hat, dass mit der Amtshandlung ein Gebührentatbestand verwirklicht wird (anders zu § 10 VwKG M-V: OVG M-V, Urt. v. 30. Januar 2013 – 3 L 93/09 -, juris Rn. 63 ff.), dann scheitert die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Kostenbescheids zwar nicht bereits daran, dass das Neunte Sächsische Kostenverzeichnis keinen Gebührentatbestand für die Verwahrung im Anschluss an die Aufhebung der Sicherstellung oder Beschlagnahme von Sachen nach § 94 StPO vorsieht. Der angefochtene Kostenbescheid ist aber deshalb rechtswidrig, weil der Beklagte das ihm bei der Auswahl mehrerer Kostenschuldner i. S. v. § 2 SächsVwKG eingeräumte Auswahlermessen nicht (fehlerfrei) ausgeübt hat.

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SächsVwKG ist zur Zahlung der Kosten verpflichtet, wer die Amtshandlung veranlasst, im Übrigen derjenige, in dessen Interesse die Amtshandlung vorgenommen wird. Mehrere Kostenschuldner haften nach § 2 Abs. 4 SächsVwKG als Gesamtschuldner. Hier wurde die Verwahrung nach Aufhebung der Maßnahme nach § 94 StPO im Interesse der S. Bank als Sicherungseigentümerin des vom Kläger genutzten Fahrzeugs, der Mutter des Klägers als der Fahrzeughalterin sowie des Klägers als des berechtigten Besitzers und letzten Gewahrsamsinhabers fortgesetzt. Die Auswahl eines der jeweils gesamtschuldnerisch haftenden Kostenschuldner nach § 2 Abs. 4 SächsVwKG steht im pflichtgemäßen Ermessen Behörde. Das folgt aus dem – mangels einer abweichenden Ausgestaltung des Gesamtschuldverhältnisses in dieser Norm – ergänzend heranzuziehenden § 421 BGB, wonach der Gläubiger einer Gesamtschuld die Leistung nach seinem Belieben – im öffentlichen Recht: nach seinem Ermessen – von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern kann, der Gläubiger sich seinen Schuldner mithin aussuchen darf (BVerwG, Urt. v. 10. September 2015 – 4 C 3.14 -, juris Rn. 17; Urt. v. 22. Januar 1993 – 8 C 57.91 -, juris Rn. 20).

Die Ermessensentscheidung ist hinsichtlich der Auswahl unter mehreren Kostenschuldnern nicht zur Zeit der Verwahrung, sondern erst bei Erlass des Leistungsbescheides zu treffen und bei Erlass des Widerspruchsbescheides zu überprüfen, so dass es letztlich auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides ankommt (OVG NRW, Beschl. v. 26. April 1993 – 19 A 761/92 -, juris Rn. 14). Umstritten ist, ob die Auswahl zwischen mehreren Gesamtschuldnern im öffentlichen Recht regelmäßig nur aufgrund einer Ermessensentscheidung unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu treffen und je nach den Umständen des Einzelfalls zum Zwecke der gerichtlichen Kontrolle zu begründen ist (vgl. für das Abgabenrecht BFH, Urt. v. 2. Dezember 2003 – VII R 17/03 -, juris Rn. 24; BSG, Urt. v. 23. Januar 2018 – B 2 U 4/16 R -, juris Rn. 23). Demgegenüber wird in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung von einem sehr weiten behördlichen Ermessen ausgegangen, das nur durch das Willkürverbot und offenbare Unbilligkeit begrenzt ist und in der Regel, zumal wenn die Auswahl unter dem Blickwinkel der Verwaltungspraktikabilität erfolgt und sich keine Fragen der Billigkeit stellen, keiner Begründung bedarf (vgl. BVerwG, Urt. v. 10. September 2015 a. a. O.; Urt. v. 22. Januar 1993 a. a. O.; VGH BW, Urt. v. 29. September 2020 – 1 S 2999/19 -, juris Rn. 122; SächsOVG, Urt. v. 16. Oktober 2019 – 5 A 83/16 -, juris Rn. 25; vgl. aber zweifelnd: BVerwG, Urt. v. 29. März 2019 – 9 C 4.18 -, juris Rn. 98). Selbst nach diesem engeren Maßstab leidet der angefochtene Bescheid des Beklagten an einem der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterworfenen (vgl. § 114 Satz 1 VwGO) Ermessensfehler. Denn es ist mangels einer Begründung nicht erkennbar – und wird von dem Beklagten auch nicht vorgetragen – dass er im Streitfall überhaupt Ermessenserwägungen angestellt hat. Unter den besonderen Umständen des Streitfalls waren aber Ermessenserwägungen zur Gesamtschuldnerauswahl zumindest zwischen dem Kläger und der Sicherungseigentümerin veranlasst, um einen Verstoß gegen das Willkürverbot und die Billigkeit zu vermeiden. Ob es angesichts des vom Kläger nicht bestrittenen Widerspruchsvorbringens seiner Mutter ermessensfehlerfrei war, ohne nähere Begründung von deren Heranziehung abzusehen, kann dahinstehen.

Regelmäßig erscheint es weder willkürlich noch unbillig, von weiteren Ermittlungen zur Vermeidung größeren Verwaltungsaufwands abzusehen und die Gesamtschuldner auf den Ausgleich im Innenverhältnis zu verweisen. Dies gilt zumal dann, wenn der Halter oder berechtigte Inhaber der tatsächlichen Gewalt und letzte Gewahrsamsinhaber ein unmittelbares Interesse an der Wiedererlangung der Nutzungsmöglichkeit hat und zweifelsfrei bekannt ist, hinsichtlich der Rechte eines Sicherungseigentümers aber Zweifel bestehen. Der Streitfall weist aber die Besonderheit auf, dass sich der Kläger bereits während der Verwahrung und in seinem Widerspruchsverfahren darauf berufen hatte, dass das Fahrzeug – da aufgrund des Ausbrennens schrottreif – nicht mehr nutzungsbereit war und die S. Bank als Sicherungseigentümerin das Fahrzeug (bis zum Zeitpunkt der Abholung durch den Kläger) noch nicht zur Verwertung freigegeben hatte. Zudem hatte der Beklagte diesen Vortrag von sich aus zum Anlass für weitere Ermittlungen genommen, indem er sich von der Bank seine Auffassung bestätigen ließ, dass es dem Kläger „möglich gewesen wäre, eine Entscheidung dahingehend zu treffen, den Pkw Citroen an einen anderen Abstellplatz zu bringen, als ihn auf dem der Abschleppfirma zu belassen, um die täglich anfallenden Standgebühren zu vermeiden bzw. zu reduzieren“ (vgl. die Anfrage des Beklagten vom 24. August 2017). Spätestens als die Bank in ihrem Antwortschreiben vom 9. Oktober 2017 zugleich mitteilte, dass eine „Erledigung der Finanzierung und eine Freigabe des KfZ-Briefes … im Mai 2014“ erfolgte, stand fest, dass der Vortrag des Klägers zur ausstehenden Freigabe zur Verwertung des Fahrzeugs durch die Bank der Wahrheit entsprach. Dem Beklagten war damit bekannt, dass an dem Fahrzeug kein Nutzungs-, sondern nur noch ein Verwertungsinteresse bestand, und dass der Kläger das Fahrzeug umgehend nach der Freigabe hatte abholen lassen. Bei einer solchen Sachlage muss die Behörde erkennen, dass sie eine Auswahl zwischen dem bisherigen Nutzer und dem bis zur Freigabe zur Verwertung alleinberechtigten Sicherungseigentümer zu treffen hat, und ihre Auswahl näher begründen. Beides lässt sich dem angefochtenen Kostenbescheid nicht entnehmen. Im Widerspruchsbescheid werden die vom Kläger mit Bezug auf die Sicherungsübereignung geltend gemachten Verwertungsschwierigkeiten vielmehr ausdrücklich für „nicht beachtlich“ erklärt. Außerdem wird zur Begründung der Abholberechtigung des Klägers auf das erwähnte Schreiben der Bank vom 9. Oktober 2017 verwiesen, ohne dass damit erkennbar wird, dass der Beklagte die Bank als mögliche Kostenschuldnerin überhaupt in Erwägung gezogen hat. Mit Bedenken, die die Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung gegen die Realisierbarkeit eines Kostenanspruchs gegen einen Sicherungseigentümer geäußert hat, ist die Ermessenentscheidung jedenfalls nicht begründet worden und regelmäßig auch nicht zu begründen (vgl. zu einem Fall der Heranziehung des Sicherungseigentümers auch VGH BW, Urt. v. 22. August 1977 – I 2555/76 -, BWVPr 78, 150).

Die vorstehenden Ausführungen zur mangelhaften Auswahl des Klägers gelten im Übrigen sinngemäß auch dann, wenn man mit dem Verwaltungsgericht und anders als hier (vgl. 1 b) eine Verwaltungsaktbefugnis des Beklagten nach § 693 BGB analog bejaht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10 Satz 1, § 711 ZPO. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

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