Perfide Betrugsmasche: Vor allem ältere oder auch hilflose Personen als Ziel
Der Enkeltrick, oder manchmal auch als Neffentrick bezeichnet, ist eine Form des Betruges, bei dem die Täter vorgeben, Verwandte oder Bekannte des Geschädigten und in einer Notlage zu sein. Sie bitten den Geschädigten um finanzielle Unterstützung oder um die Herausgabe von sensiblen Informationen, wie Bankdaten.
In Deutschland wird der Enkeltrick als Betrug gemäß § 263 StGB geahndet. Die Strafe bei Enkeltrickbetrug hängt von der Höhe des Schadens ab, den der Geschädigte erlitten hat. Im Fall eines geringfügigen Schadens kann eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr verhängt werden. Bei schwerem Betrug, bei dem der Schaden hoch ist, kann die Strafe bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe betragen.
Der Enkeltrick ist eine in Deutschland weitverbreitete Masche
Wenn bei älteren Menschen das Telefon klingelt, verbinden diese Menschen stets die Hoffnung damit, dass am anderen Ende der Leitung ein Familienmitglied sich meldet. Viele ältere Menschen leben in ihren eigenen vier Wänden und haben zwar eine große Familie, allerdings kann diese Familie aufgrund von beruflichen oder privaten Verpflichtungen nicht immer regelmäßig bei den älteren Menschen vorbeischauen. Es ist ein Faktum, dass zahllose Menschen in Deutschland einsam sind. Klingelt nunmehr das Telefon und ein vermeintlicher Enkel ist am anderen Ende der Leitung, so sollten die älteren Menschen eine besondere Vorsicht an den Tag legen. Hierzulande ist der „Enkeltrick“ bei Betrügern überaus beliebt und eben jene Betrugsmasche kann älteren Menschen sehr viel Schaden zufügen.
Das Hauptziel der Betrüger sind stets ältere und hilflose Menschen. Die Betrüger geben sich als Verwandte (Enkel oder auch Neffe) aus und geben vor, dass sie in eine besondere Notsituation geraten sind. Aus dieser Notsituation können sie, natürlich, nur mithilfe von Geld herausgeraten. Eben jenes Geld versuchen die Betrüger von den älteren Menschen zu erhalten.
Die strafrechtliche Definition von dem Enkeltrick
Aus rein strafrechtlicher Sicht heraus betrachtet, ist der „Enkeltrick“ als solcher nicht namentlich definiert. Das Grundprinzip, welches hinter diesem Trick steht, erfüllt jedoch den Straftatbestand des Betruges im Sinne des § 263 Strafgesetzbuch (StGB). Strafrechtlich gewürdigt wird dies gem. § 263 Abs. 5 StGB als Betrug in besonders schwerer Form respektive gewerbsmäßiger Bandenbetrug. Der Gesetzgeber hat hierfür ein Strafmaß im Rahmen 1 – 10 Jahren Freiheitsstrafe festgelegt. Gem. § 263 Abs. 3 StGB muss ein Täter, der alleinig handelt, ein Strafmaß von 6 Monaten bis maximal 10 Jahren Freiheitsstrafe befürchten.
Bandenmäßiger und gewerbsmäßiger Betrug
In der gängigen Praxis wird der Enkeltrick für gewöhnlich bandenmäßig sowie gewerbsmäßig durchgeführt. Dementsprechend erwartet die Täter ein Strafmaß in Höhe von 1 bis 10 Jahren Freiheitsstrafe befürchten. Würde jedoch lediglich eines dieser beiden Straftatmerkmale „bandenmäßig“ oder „gewerbsmäßig“ vorliegen, so müsste der Täter gem. § 136 Abs. 3 „lediglich“ ein Strafmaß von 6 Monaten bis 10 Jahren befürchten.
Der Enkeltrick ist bedauerlicherweise ein Erfolgsmodell
Durch den Enkeltrick werden in Deutschland jedes Jahr aufs neue Millionen erbeutet. Der Grund hierfür liegt in dem Umstand, dass die Opfer für gewöhnlich hilflos und sehr alt sind. Mitunter sind die Opfer sogar dement, während hingegen die Betrüger rigoros, organisiert und jung sind. Dementsprechend ist es nicht weiter verwunderlich, dass der Enkeltrick so erfolgreich ist. Für gewöhnlich wird diese Betrugsmasche aus dem Ausland heraus durchgeführt. Bei den Tätern handelt es sich dabei sowohl um Männer als auch um Frauen gleichermaßen, welche in Callcentern platziert werden und von dort heraus in deutscher Sprache agieren. Für gewöhnlich suchen sich die Betrüger altmodisch klingende Namen inklusive der Telefonnummern heraus und arbeiten diese ab.
Wie ist die Vorgehensweise?
Es handelt sich bei dem Enkeltrick um eine regelrechte Gießkannenmethode. Sollten bei 100 durchgeführten Anrufen lediglich fünf Personen sich auf das Gespräch mit den Betrügern einlassen, so haben die Betrüger bereits einen großen Schritt in Richtung des Ziels getan. In der gängigen Praxis sagt der Anrufer, dass das Telefonat aus einem Zug oder einem Fahrzeug heraus geführt wird und dass aus diesem Grund die Stimme ein wenig anders als normal klingt. Der wahre Name wird nicht genannt, es wird lediglich auf das Verwandtschaftsverhältnis mit der älteren Person hingewiesen. Auf diese Weise wird dann versucht, das Vertrauen des Opfers zu gewinnen. Ist dies erreicht, so verlangen die Betrüger Geld. Hierbei wird keine genaue Summe genannt. Es wird vielmehr alles Geld gefordert, welches das Opfer aufbringen kann. Auch Wertgegenstände werde nicht selten gefordert.
Wer steckt dahinter?
Die wahren Hinterleute, welche den Enkeltrick inszenieren, werden in der gängigen Praxis fast niemals gefasst. Für gewöhnlich sitzen diese Hinterleute im Ausland. Nicht selten sind es Clans, in welchen eine sehr strenge Hierarchie vorherrscht. Zwar werden viele Telefonate von den Hinterleuten selbst geführt, allerdings wird das Geld in der gängigen Praxis lediglich von den „Läufern“ abgeholt. Hierbei handelt es sich um die viel berühmten „kleinen Fische“, welche für ihre Dienste nur einen kleinen Pauschalbetrag erhalten. Diese Läufer werden auf gar keinen Fall die wahren Identitäten der Hinterleute bekannt geben, da sie von den Hinterleuten bedroht werden. Es kommt nur sporadisch vor, dass ein Hintermann der Enkeltrick-Mafia von den Ermittlungsbehörden gefasst wird. Ein großer Erfolg hierbei gelang den Behörden im Jahr 2016, als mit „Lolli“ einer der bedeutendsten Hintermänner im ungarischen Budapest verhaftet wurde. Jahrelang konnte der Hintermann regelrecht königsgleich in Ungarn und Polen leben und hat sich entsprechend auch in den sozialen Netzwerken präsentiert. Der Vater von „Lolli“ gilt weltweit als der Erfinder von dem Enkeltrick. Er lebte für lange Zeit in Hamburg, bevor der Enkeltrick erfunden wurde. Berühmtheit erlangte „Lolli“, als er 2015 einer Seniorin aus der Alpenrepublik rund 640.000 EUR durch den Enkeltrick abnahm. Hierfür erfand „Lolli“ eine dubiose und windige Immobilienkaufgeschichte, welche die betagte Seniorin dem Betrüger bedauerlicherweise abnahm.
Auf diese Weise können sich Senioren schützen
- immer eine besondere Vorsicht am Telefon an den Tag legen
- in dem Telefonbuch den Vornamen nicht vollständig ausschreiben lassen
- im Zweifel lieber sofort auflegen, auf gar keinen Fall lange Diskussionen oder Gespräche zulassen
- unter gar keinen Umständen am Telefon persönliche Informationen über die eigene Person preisgeben
- Ratespielchen am Telefon „wer ist wohl hier“ oder „weißt Du nicht, wer ich bin?“ nicht mitspielen.
Der Enkeltrick wird für gewöhnlich häufiger am Telefon durchgeführt. Nur in selteneren Fällen versuchen es die Täter persönlich vor Ort bei den Opfern. Sollte es jedoch dennoch ein Betrüger auf diese Weise versuchen, sollte im Zweifel die Tür lieber verschlossen bleiben. Auf gar keinen Fall sollte eine ältere Person einen Fremden einfach so in die eigenen vier Wände hineinlassen.
Die Schritte, wenn der Enkeltrick funktioniert hat
In dem Display des Telefons sollte auf jeden Fall die Telefonnummer notiert werden. Im nächsten Schritt sollte dann die Polizei unter der Telefonnummer „110“ kontaktiert und der Sachverhalt geschildert werden. Die notierte Telefonnummer kann der Polizei zu Ermittlungszwecken dienlich sein. Sollten Vorbehalte bestehen, die Polizei zu kontaktieren, kann ein nahestehender Verwandter kontaktiert und mit der Kontaktaufnahme der Polizei betraut werden. Ist der Kontakt zu der Polizei erst einmal hergestellt, so wird die Polizei auf jeden Fall die geschädigte Person vor Ort aufsuchen. Notizen mit dem Datum sowie der Uhrzeit des Anrufs und einer möglichen Täterbeschreibung im Fall eines Telefonats in Form der Täterstimme bzw. Auffälligkeiten in Bezug auf die Aussprache etc. – nebst einer etwaig notierten Telefonnummer werden der Polizei übergeben.
Jeder noch so kleine und unbedeutend wirkende Hinweis kann den Ordnungshütern der Polizei dabei helfen, den möglichen Täter zu fassen. In der gängigen Praxis ist die Verhaftungsrate in Bezug auf den Enkeltrick bedauerlicherweise sehr gering, allerdings sollte dies nicht von der Übergabe wichtiger Informationen an die Ermittlungsbehörden abhalten.
Wer Opfer von einer Straftat geworden ist, hat die Möglichkeit, sich der Hilfe eines erfahrenen Rechtsanwalts für Strafrecht zu bedienen. Dieser Rechtsanwalt kann dann die Akteneinsicht der Ermittlungsakte nehmen und das Opfer über den aktuellen Stand der Ermittlungen respektive dem Ermittlungsergebnis berichten. Bedauerlicherweise erhält die geschädigte Person auch in dem Fall, wenn die Ermittlungsbehörden den Täter fassen können, nicht automatisch ihr Geld zurück. Sollte es zu einer Verhaftung des Täters kommen, so muss das Opfer zu einem späteren Zeitpunkt im Zuge eines Zivilverfahrens das Geld von dem Täter zurückfordern und gegebenenfalls eine Klage einreichen. Diese Klage wird dann separat von dem Strafverfahren, welches den Täter erwartet, geführt.
Wenn Sie oder ein Familienmitglied Opfer eines Enkeltricks geworden sind, sollten Sie keine Zeit verlieren und schnell professionelle juristische Beratung in Anspruch nehmen. Unser erfahrenes Team von Rechtsanwälten für Strafrecht steht Ihnen bei jedem Schritt des Weges zur Seite, damit Sie nach dem schrecklichen Erlebnis wieder normal weiterleben können. Wir unterstützen und beraten Sie in allen denkbaren Fragen rund um die juristische Verfolgung des Täters. Nehmen Sie Kontakt auf.