AG Rudolstadt, Az.: 790 Js 24932/18 1 Ls, Urteil vom 19.11.2018
Die Angeklagte wird wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.
Die Vollstreckung der Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt.
Die Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
§ 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG; §§ 27, 56 Abs. 1 StGB.
Gründe
I.
Die heute 26 Jahre alte Angeklagte, die, nachdem sie einen qualifizierten Hauptschulabschluß erlangt hatte, eine Lehre als Hörgeräteakustikerin begonnen, jedoch vorzeitig abgebrochen hatte, durchlief anschließend eine solche als Frisörin. Die junge Volljährige, welche unterdessen mit Erfolg ihre Meisterprüfung absolviert hat, ist seit November 2018 auf Teilzeitbasis in dem Friseursalon „S.“ des Inhabers T. H. in B. beschäftigt, wo sie ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.000,00 Euro erzielt. Sie ist Mutter eines Sohnes im Alter von 8 Jahren, den sie bereits im Alter von 17 Jahren geboren hat und der bei einer Pflegefamilie lebt.
Die Angeklagte, die mit ihrem inhaftierten, 31jährigen Lebensgefährten M. J. verlobt ist und welche jetzt in dessen Einfamilienhaus wohnt, ist nicht vorbestraft.
II.
Bis zum 21.12.2017 zogen die beiden Haupttäter J. R. und M. J., die den Entschluß gefaßt hatten, Marihuana in großem Stil anzubauen, um das aus der Aufzucht gewonnene Rauschgift anschließend gewinnbringend zu verkaufen, im Kellergeschoß des Fabrikgebäudes …straße … in L., welches der Haupttäter J. R. mit notariellem Kaufvertrag vom 23.07.2015 für 10.500,00 Euro erworben hatte, Cannabispflanzen auf. Spätestens Anfang April 2017 wurde nach vorangegangener, gemeinsamer Planung die Marihuanaplantage, zu deren Errichtung das für die Aufzucht der Pflanzen notwendige Equipment unter anderem von der Firma F. G. GmbH in Wien bezogen worden war, in den Kellerräumen von dem Haupttäter M. J. technisch eingerichtet. Nachdem die für den Betrieb der Indoor-Plantage erforderlichen Gerätschaften herbeigeschafft und installiert worden waren, um ideale Licht-, Boden,- Temparatur-, Bewässerungs- und Belüftungsverhältnisse zu schaffen, wurde diese Cannabisaufzucht von den Tatbeteiligten mit 150 Pflanztöpfen, Wasserrohren und -schläuchen, regelbaren Wärmelampen nebst Lüftern und Ventilatoren sowie weiterem Zubehör zur Bewässerung und Belüftung betrieben. In der Folgezeit pflegten und versorgten sie die Pflanzen in zwei Anbauvorgängen. Hierbei rechneten die Tatbeteiligten, die die Entwicklung und das Wachstum ihrer Pflanzen ständig beobachteten, damit, daß die Cannabispflanzen aufgrund ihrer Größe und ihres Entwicklungsstandes ein Vielfaches der nicht geringen Menge an THC enthielten und nahmen dies billigend in Kauf. Die Aufzuchtanlage samt den gedeihenden Cannabispflanzen mit einer Wuchshöhe bis zu 1,5 m wurde in den Abendstunden des 21.12.1017 bei einer durchgeführten Durchsuchung des Anwesens von der Polizei, die in den Mittagsstunden des 20.12.2017 einen anonymen Hinweis aus der Bevölkerung erhalten hatte, entdeckt. Ferner bewahrten die Tatbeteiligten in dem Gebäude nach Erreichung der Erntereife getrennte und getrocknete Pflanzenteile aus dem ersten Anbauzyklus auf, welche ebenfalls zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmt waren. Das Marihuana besaß nach vollständiger Trennung und Trocknung sämtlichen Blattmaterials ein Gesamtgewicht von 17.929,0 g mit einem Wirkstoffgehalt von 1.833,3 g THC. Bei der Aufzucht der Pflanzen wurden die Tatbeteiligten durch die Angeklagte unterstützt, die bei der Pflege und Ernte der Cannabispflanzen half. Eine DNA-Analyse führte zu dem Ergebnis, daß die auf einer Vielzahl von Zigarettenresten, die in den Pflanzräumen im Tatobjekt gefundenen worden waren, gesicherten DNA-Spuren der Angeklagten zuzuordnen sind und deren Identifizierungsmuster seltener als einmal unter einer Billion nicht blutsverwandter Personen vorkommt.
III.
Die Feststellungen zur Person der Angeklagten beruhen auf ihren eigenen Angaben in der Hauptverhandlung.
Die Feststellungen zum Tatgeschehen fußen auf dem umfassenden Geständnis der Angeklagten, an dessen Richtigkeit keine Zweifel bestehen. Die Angeklagte hat den ihr gemachten Tatvorwurf durch eine Erklärung ihres Verteidigers, der klargestellt hat, daß die vorgetragene Erklärung als Äußerung der Angeklagten zur Sache gelten sollte, wobei diese selbst auf Nachfrage des Gerichts bestätigt hat, daß sie das Vorgetragene als ihre mündliche Sacheinlassung verstanden wissen will, eingestanden und zugegeben, die Haupttäter J. R. und M. J. beim Betrieb der entdeckten Cannabisaufzuchtanlage durch Hilfstätigkeiten unterstützt zu haben. Ihr Geständnis, welches sie auf zugelassene Nachfragen des Gerichts widerspruchsfrei präzisiert hat, ist auch glaubhaft, da es in sich stimmig ist und hinsichtlich seiner Substanz im Hinblick auf die im Ermittlungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse keinen Glaubhaftigkeitsbedenken unterliegt, zumal es durch die Bekundungen der vernommenen Polizeibeamten A. C. und V. Ch. sowie durch das DNA-Gutachten des Landeskriminalamts Thüringen vom 17.04.2018 untermauert wurde.
Zum Gewicht und Wirkstoffgehalt des sichergestellten Marihuanas folgt das Gericht dem Gutachten des Landeskriminalamts Thüringen vom 03.04.2018.
IV.
Die Angeklagte hat sich somit wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, § 27 StGB strafbar gemacht.
Der Grenzwert der nicht geringen Menge für Cannabis beträgt 7,5 Gramm des Wirkstoffs THC (BGHSt 33, 8, 10; 42, 1, 13; BGH, NStZ-RR 2006, 350; K/P/V-Patzak, BtMG, 8. Aufl., § 29 a Rn. 64; Joachimski/Haumer, BtMG, 7. Aufl., § 29 a Rn. 18), so daß die Haupttäter J. R. und M. J. das Tatbestandsmerkmal der nicht geringen Menge im Sinne des § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG erfüllt haben. Der Anbau ist bereits Teil des Handeltreibens und geht als unselbständiger Teilakt darin auf (vgl. BGHR BtMG § 29 a Abs. 1 Nr. 2 Handeltreiben 5; Weber, BtMG, 5. Aufl., § 29 Rn. 121).
Der Begriff des Handeltreibens im Sinne von §§ 29 ff. BtMG ist weit auszulegen (BGHSt 51, 219, 221). Danach ist Handeltreiben im Sinne der §§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG jede eigennützige, auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (vgl. BGHSt 50, 252, 256; BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 85). Dabei ist es rechtlich unerheblich, ob es zu eigenen Umsatzgeschäften oder auch nur zur Anbahnung bestimmter Geschäfte gekommen ist (BGHR BtMG § 29 a Abs. 1 Nr. 2 Handeltreiben 1). Eine nach außen erkennbare, auf die Veräußerung des Betäubungsmittels gerichtete Tätigkeit oder gar dessen tatsächliches Absetzen ist demgemäß nicht erforderlich. Die bloße Verwertungsabsicht reicht aus (vgl. BGHSt 30, 359, 361; Franke/Wienroeder, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 56). Es ist deshalb anerkannt, daß der unerlaubte Anbau von Cannabispflanzen in Form der Aufzucht bis in das Stadium, in dem sie eine nicht geringe Menge THC enthalten, den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge erfüllt, wenn der Anbau auf die gewinnbringende Veräußerung der herzustellenden Betäubungsmittel zielt (BGHR BtMG § 29 a Abs. 1 Nr. 2 Handeltreiben 4).
Durch die Unterstützung der Haupttäter J. R. und M. J. beim Betrieb der Cannabisaufzuchtanlage hat sich die Angeklagte der Beihilfe zu deren Handeltreiben mit Betäubungsmitteln schuldig gemacht.
Gemäß § 27 Abs. 1 StGB macht sich als Gehilfe strafbar, wer (vorsätzlich) einem anderen zu dessen (vorsätzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet. Als Hilfeleistung in diesem Sinne ist grundsätzlich jede Handlung anzusehen, welche die Herbeiführung des Taterfolges durch den Haupttäter objektiv fördert oder erleichtert (BGH, NJW 2007, 384, 388).
Die Tatbeiträge der Angeklagten tragen nicht die Annahme von Mittäterschaft. Mittäterschaft erfordert zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst; ausreichen kann auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muß sich diese Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen (BGH, Urt. v. 02.12.2015 – 2 StR 258/15). Für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme gelten auch im Betäubungsmittelstrafrecht die Grundsätze des allgemeinen Strafrechts. Maßgebliche Kriterien für die Bewertung, ob ein Beteiligter lediglich fremdes Tun fördert oder eine Tat gemeinschaftlich mit einem anderen als eine auch für ihn eigene begeht, sind, welcher Art der Tatbeitrag ist und mit welcher Willensrichtung er geleistet wird. Dabei können wesentliche Anhaltspunkte sein der Grad des eigenen Interesses am Erfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft, so daß die Tat maßgeblich auch von seinem Willen abhängt, oder ob nur eine ganz untergeordnete Tätigkeit vorliegt (vgl. BGH, NStZ 2006, 578, 579). Beschränkt sich die Beteiligung des Täters am Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf einen Teilakt des Umsatzgeschäfts wie hier auf die Aufzucht der Pflanzen, so kommt es jedenfalls nicht allein oder entscheidend darauf an, welches Maß an Selbständigkeit und Tatherrschaft der Beteiligte hinsichtlich dieses isolierten Teilakts innehat. Abzustellen ist vielmehr darauf, welche Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des Gesamtgeschäfts zukommt (BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 77). Wer ohne eigene Anbauinteressen die Bemühungen Dritter, Betäubungsmittelpflanzen aufzuziehen, durch Hilfstätigkeiten unterstützt, macht sich deshalb lediglich wegen Beihilfe zum Anbau strafbar.
Daß die Angeklagte die beiden Haupttäter bei der von diesen organisierten Aufzucht von Cannabispflanzen zur gewinnbringenden Weiterveräußerung unterstützte, liegt auf der Hand. Es ist offensichtlich, daß niemand eine aufwändige Plantage mit hunderten von Pflanzen betreibt, um Marihuana lediglich zum Eigenverbrauch zu gewinnen (BGHR BtMG § 29 a Abs. 1 Nr. 2 Besitz 6). Darauf, daß die Angeklagte zur Tatzeit die Lebensgefährtin des Haupttäters M. J. war, die demzufolge über entsprechendes Sonderwissen verfügte, kommt es daher gar nicht mehr an.
Zwar ist es im Tatzeitraum zu zwei Anbauvorgängen in der Plantage gekommen, so daß es sich bei den beiden Anbauvorgängen um jeweils rechtlich selbständige Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge handelt (BGH, Urt. v. 20.12.2012 – 3 StR 407/12). Indes ist bei einer Mehrzahl von Straftaten für jeden Beteiligten gesondert zu prüfen, ob diese in seiner Person tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen. Leistet ein Beteiligter für alle oder einige Einzeltaten einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten – soweit nicht natürliche Handlungseinheit vorliegt – als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Erbringt er dagegen im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktsserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeldelikte anderer Beteiligter gleichzeitig gefördert werden, so sind ihm diese als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden (vgl. BGH, NStZ-RR 2003, 265, 267). An diesem Maßstab gemessen haben sich die Haupttäter J. R. und M. J. des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei tateinheitlichen Fällen schuldig gemacht. Denn sie haben zu den beiden Anbauvorgängen keine individuellen, jeweils nur einen Anbau fördernde Tatbeiträge erbracht. Die Tatbeiträge beider Haupttäter haben sich vielmehr jeweils auf beide Anbauvorgänge gleichermaßen fördernd ausgewirkt (vgl. BGH, Urt. v. 28.03.2018 – 2 StR 176/17).
Auch mehrere Beihilfehandlungen zu ein und derselben Haupttat führen grundsätzlich nur zur Annahme einer Beihilfe, da sich aus Gründen der Akzessorietät der Teilnahme das vom Gehilfen begangene Unrecht nur aus dem Unrecht der Haupttat ableiten läßt (BGH, NStZ 1999, 513, 514; LK-Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 27 Rn. 67). Der Umstand, daß sich die Unterstützungshandlungen der Angeklagten auf zwei Anbauvorgänge bezogen, spielt demgegenüber konkurrenzrechtlich keine Rolle, weil diese beiden Anbauvorgänge sich lediglich als eine Tat im Rechtssinne darstellen, so daß diese Haupttat auch die Zahl der Beihilfen begrenzt (vgl. BGH, NStZ-RR 2008, 386; MK StGB-Joecks, 3. Aufl., § 27 Rn. 124). Es widerspräche dem Gerechtigkeitsprinzip vielmehr, bei den Haupttätern Tateinheit hinsichtlich beider Anbauzyklen anzunehmen, bei ihnen mithin nur eine Strafe festzusetzen, bei der Gehilfin des Handeltreibens dagegen mehrere Einzelstrafen zu verhängen (vgl. BGH, NStZ-RR 2013, 147, 149). Die fortlaufende Förderung der beiden Anbauvorgänge stellt sich deshalb hier in der Gesamtschau als nur eine – dauerhafte – Beihilfehandlung der Angeklagten zu einer einzigen Haupttat dar (vgl. BGH, Beschl. v. 06.12.2006 – 1 StR 556/06).
V.
Bei der Strafzumessung hat sich das Gericht insbesondere von folgenden Überlegungen leiten lassen:
Die gegen die Angeklagte zu verhängende Strafe war aus § 29 a BtMG zu entnehmen. Es liegt allerdings ein minder schwerer Fall des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vor, so daß dem Strafausspruch der Sonderstrafrahmen des § 29 a Abs. 2 BtMG zugrundezulegen war, der Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vorsieht. Entscheidend für das Vorliegen eines minder schweren Falles ist, ob das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle in einem so erheblichen Maße abweicht, daß die Anwendung des milderen Strafrahmens geboten erscheint. Für die Prüfung dieser Frage ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich, bei der alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen sind, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen (Franke/Wienroeder, BtMG, 3. Aufl., § 29 a Rn. 49; K/P/V-Patzak, BtMG, 8. Aufl., § 29 a Rn. 121). Sieht das Gesetz den Sonderstrafrahmen eines minder schweren Falles vor und ist – wie hier gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB – auch ein gesetzlich vertypter Milderungsgrund gegeben, so muß bei der Strafrahmenwahl zunächst geprüft werden, ob der mildere Sonderstrafrahmen zur Anwendung kommt. Dabei ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung vorab auf die allgemeinen Strafzumessungsgründe abzustellen. Vermögen bereits diese die Annahme eines minder schweren Falles allein zu tragen, stehen die den gesetzlich vertypten Milderungsgrund verwirklichenden Umstände noch für eine (weitere) Strafrahmenmilderung nach § 49 StGB zur Verfügung. Ist jedoch nach einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungsumstände das Vorliegen eines minder schweren Falles abzulehnen, so sind zusätzlich die den gesetzlich vertypten Strafmilderungsgrund verwirklichenden Umstände in die gebotene Gesamtabwägung einzubeziehen (BGH, Beschl. v. 05.08.2014 – 3 StR 138/14; BGH, Beschl. v. 22.01.2015 – 3 StR 535/14). Ob von dem Regelstrafrahmen des § 29 a Abs. 1 BtMG auszugehen ist oder ob ein minder schwerer Fall nach § 29 a Abs. 2 BtMG vorliegt, ist aufgrund einer eigenen Gesamtwürdigung für jeden Tatbeteiligten gesondert zu untersuchen. Bei einem Gehilfen hängt das Ergebnis dieser Prüfung vor allem von dem Gewicht der Beihilfehandlung ab, wenn auch die Schwere der Haupttat mitzuberücksichtigen ist (BGH, Beschl. v. 11.02.2003 – 5 StR 402/02). Ist die Haupttat nicht als minder schwerer Fall einzustufen, folgt hieraus nicht ohne weiteres, daß dies auch für die Tat des Gehilfen gilt (BGH, Beschl. v. 30.03.2011 – 5 StR 12/11). Bei der Bewertung der Beihilfehandlung kommt es auf die Schwere der Tat des Gehilfen, mithin auf das Maß seiner Schuld, und nicht auf diejenige des Haupttäters an. Bei der erforderlichen Gesamtwürdigung ist zwar die Kenntnis des Gehilfen von Art und Umfang der Haupttat zu berücksichtigen; ebenso wesentlich sind jedoch auch die Art und der Umfang seiner Gehilfentätigkeit.
Entscheidend für die Annahme eines minder schweren Falles war hier gerade die Tatsache, daß die Angeklagte sich nur der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gemacht hat. Der Tatbeitrag der Angeklagten erschöpfte sich in einer Mithilfe beim Betrieb der Cannabisaufzuchtanlage. Die allgemein zugunsten der Angeklagten sprechenden Umstände hätten für sich trotz ihrer Geständigkeit und Unbestraftheit die Bejahung eines minder schweren Falles indes nicht gerechtfertigt, weil bei der vorzunehmenden Gesamtabwägung zu beachten war, daß bei dem aufgefundenen Marihuana nach vollständiger Trennung und Trocknung des Blattmaterials der Grenzwert der nicht geringen Menge um das 244fache überschritten wurde. Erforderlich war ungeachtet der erfolgten Sicherstellung des angebauten Rauschgifts, bei dem es sich um eine sogenannte weiche Droge handelte, vielmehr das Hinzutreten eines vertypten Milderungsgrundes. Ohne die Heranziehung dieses vertypten Milderungsgrundes gemäß §§ 27 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB hätte ein minder schwerer Fall nicht bejaht werden können, da nur unter Einschluß auch dieses Umstandes die Gesamtwürdigung ergibt, daß die Tat sich unter Berücksichtigung des Gewichts der Beihilfehandlung, des Geständnisses der Angeklagten und des Scheiterns der von den Haupttätern in Aussicht genommenen Geschäfte so deutlich von den gewöhnlich vorkommenden Fällen abhebt, daß die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint.
Ausgehend von dem so gefundenen Strafrahmen hat das Gericht bei seiner konkreten Strafzumessung vor allem folgende Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe beachtet:
Für die Angeklagte sprach, daß sie zur Tatzeit nicht vorbestraft war und sie ein vollumfängliches, den gesamten ihr gemachten Tatvorwurf umfassendes Geständnis abgelegt hat. Strafmildernd wirkte weiter, daß das für den Absatz bestimmte Rauschgift sichergestellt und aus dem Verkehr gezogen werden konnte, so daß es nicht zu einer Gefährdung von Drogenkonsumenten kommen konnte (vgl. BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 10; BGH, NStZ-RR 2012, 153, 154; BGH, NStZ 2013, 50; BGH, StraFo 2017, 117). Strafschärfend war hingegen insbesondere zu berücksichtigen, daß die festgestellte Wirkstoffmenge den Grenzwert der nicht geringen Menge um ein Vielfaches überschritt.
Unter Abwägung dieser und aller übrigen gemäß § 46 StGB maßgeblichen, für und wider die Angeklagte streitenden Strafzumessungsgesichtspunkte, welche sich aus Naivität und Kritiklosigkeit von ihrem Lebensgefährten in das Tatgeschehen verstricken ließ, erschien dem Gericht danach eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten als tat- und schuldangemessen, zur Erreichung aller Strafzwecke erforderlich, aber auch – noch – ausreichend.
VI.
Die Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe konnte gemäß § 56 Abs. 1 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden.
Das Gericht hat die begründete Erwartung, daß die nicht vorbestrafte, noch verhältnismäßig junge Angeklagte bereits durch den Verlauf dieses Verfahrens und die Verhängung der Strafe, deren Vollstreckung zu einer Vernichtung ihrer beruflichen und sozialen Existenz führen könnte, so stark beeindruckt ist, daß sie sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird.
Auch gebietet hier nicht die Verteidigung der Rechtsordnung die Vollstreckung der erkannten Strafe.
Strafaussetzung zur Bewährung kann nach § 56 Abs. 3 StGB nur versagt werden, wenn sie im Hinblick auf die schwerwiegenden Besonderheiten des Einzelfalles für das allgemeine Rechtsempfinden unverständlich erscheinen müßte und dadurch das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts und den Schutz der Rechtsordnung vor kriminellen Angriffen erschüttert werden könnte (vgl. BGH, NStZ 1987, 21; Fischer, StGB, 65. Aufl., § 56 Rn. 14). Mit Rücksicht auf die angeführten, gravierenden Milderungsgründe ist auszuschließen, daß die Rechtstreue der über die Besonderheiten des Einzelfalls unterrichteten Bevölkerung ernsthaft beeinträchtigt und es von der Allgemeinheit als ungerechtfertigtes Zurückweichen vor der Kriminalität angesehen wird, daß die Vollstreckung der Strafe im vorliegenden Fall zur Bewährung ausgesetzt wird. Generalpräventive Erwägungen dürfen nicht dazu führen, bestimmte Tatbestände oder Tatbestandsgruppen (Rauschgiftdelikte) unter diesem Gesichtspunkt generell von der Möglichkeit auszuschließen, die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen (BGH, NStE Nr. 27 zu § 56 StGB). Erforderlich ist vielmehr stets eine dem Einzelfall gerecht werdende Abwägung, bei der Tat und Täter umfassend zu würdigen sind (vgl. BGH, NStZ 2001, 319).
VII.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 Abs. 1 StPO.
Nach dem Veranlassungsprinzip hat ein Verurteilter regelmäßig die Kosten des Verfahrens sowie seine eigenen verfahrensbedingten Auslagen zu tragen.