AG Bocholt – Az.: 18 Ls – 540 Js 1158/15 – 41/15 – Beschluss vom 22.12.2015
Es wird der Nebenklägerin durch die Nebenklägervertreterin Akteneinsicht gewährt mit Ausnahme der Seiten 2 – 7 einschließlich, 10 – 16 einschließlich, 48 – 51 einschließlich, 62 – 65 einschließlich.
Gründe
Das Akteneinsichtsrecht war vorliegend nur beschränkt zu gewähren, um den Untersuchungszweck nicht zu gefährden (§ 406 e Abs. II S. 2 StPO). Grundsätzlich besteht die Versagungsmöglichkeit des Akteneinsichtsrechts entgegen dem ursprünglichen Gesetzentwurf auch nach Abschluss der Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft (vgl. OLG Naumburg, NStZ 2011, 118, 119). Allerdings ist die Versagung des Akteneinsichtsrechts auf diejenige Teile zu beschränken, bei denen eine Kontaminierung des Erinnerungsvermögens der Nebenklägerin mit Akteninhalten theoretisch besteht. Hierbei reicht allein die abstrakte Gefahr der Kontaminierung des Nebenklägers aus, um die Gefährdung des Untersuchungszwecks gemäß § 406 e Abs. II S. 2 StPO zu beschränken. Der Feststellung einer konkreten Gefährdung des Untersuchungszwecks beispielsweise dadurch, dass der Nebenklägervertreter unzuverlässig ist, bedarf es nicht. Allerdings ist dem Nebenklägervertreter auf Antrag ein unbeschränktes Akteneinsichtsrecht zu gewähren, nachdem die Nebenklägerin in der Hauptverhandlung ausgesagt hat und die Fragen von Verteidigung und Staatsanwaltschaft beantwortet hat. Dass der Nebenklägervertreterin danach noch Gelegenheit gegeben werden muss, ergänzende Fragen an ihre Mandantin zu stellen, versteht sich hierbei von selbst (vgl. Hilgert in Aussagepsychologische Gutachten im Strafprozess, der Aufsatz erscheint im I. Quartal 2016 in der NJW).
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Akteneinsichtsrecht Nebenkläger
Das Akteneinsichtsrecht ist ein individuelles Verfahrensrecht in Deutschland, das die Einsicht in Akten ermöglicht, welche die für ein Verfahren und dessen Ergebnis maßgeblichen Sachverhalte und behördlichen oder gerichtlichen Erwägungen dokumentieren. Im Kontext der Nebenklage kann das Akteneinsichtsrecht des Nebenklägers oder seines Vertreters jedoch eingeschränkt sein. Nach § 406e Abs. 2 Satz 2 der Strafprozessordnung (StPO) kann dem Nebenkläger die Akteneinsicht versagt werden, wenn der Untersuchungszweck gefährdet erscheint.
Eine solche Gefährdung des Untersuchungszwecks kann beispielsweise dann vorliegen, wenn durch die Akteneinsicht die Möglichkeit besteht, dass der Zeuge seine Aussage den Akteninhalten anpasst. Dies könnte die Erforschung des wahren Sachverhalts gefährden.
Trotzdem kann das Akteneinsichtsrecht des Nebenklägervertreters in bestimmten Fällen gewährt werden. Beispielsweise wenn der Nebenklägervertreter zusagt, die Akte der vertretenen Person nicht zugänglich zu machen. In diesem Fall kann eine Gefährdung des Untersuchungszwecks in der Regel ausgeschlossen werden.
Es ist auch möglich, gegen die Gewährung von Akteneinsicht an den Nebenklägervertreter Beschwerde einzulegen. Diese Entscheidung unterliegt dann einer vollständigen gerichtlichen Überprüfung.
Es ist zu erwähnen, dass das Akteneinsichtsrecht in der Regel durch einen Rechtsanwalt ausgeübt wird, der einen Antrag auf Akteneinsicht stellt und die Akten zur Einsicht in die Kanzlei erhält.