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Cannabisbeschlagnahme aus einer an Beschuldigten gerichteten Briefsendung

Cannabis-Beschlagnahme: Gericht rügt Briefgeheimnis-Verstoß

Das Amtsgericht Flensburg entschied, dass die Beschlagnahme von 7 Tütchen mit insgesamt 21g Cannabis, die in einer an den Beschuldigten gerichteten Briefsendung gefunden wurden, nicht bestätigt werden kann. Die Entscheidung beruht darauf, dass die Voraussetzungen für eine rechtmäßige Beschlagnahme nach § 99 Abs. 1 StPO nicht erfüllt waren, insbesondere weil die Postsendung nicht mehr im Gewahrsam des Postunternehmens war und ein Anfangsverdacht oder ein Verfahren gegen den Beschuldigten zum Zeitpunkt der Übergabe nicht vorlag. Zudem wurde das Post- und Briefgeheimnis verletzt, weshalb Beweismittel, die unter dessen Verletzung erlangt wurden, grundsätzlich nicht verwertet werden dürfen.

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✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Die Beschlagnahme von Cannabis in einer Postsendung wurde nicht bestätigt.
  2. Die Beschlagnahme erfüllte nicht die Bedingungen des § 99 Abs. 1 StPO.
  3. Die Postsendung war nicht mehr im Gewahrsam des Postunternehmens.
  4. Es lag kein Anfangsverdacht oder Verfahren gegen den Beschuldigten vor.
  5. Die Verletzung des Post- und Briefgeheimnisses verhinderte die Verwertung der Beweismittel.
  6. Es gab keine rechtliche Grundlage für die Übergabe der Sendung an die Polizei durch den Postzusteller.
  7. Ein richterlicher Beschluss für die Öffnung der Sendung fehlte.
  8. Der Kernbereich des Grundrechtes nach Art. 10 GG wurde verletzt.

Brisante Post: Cannabisfund in Briefsendung

Der Fund von Cannabis in einer an einen Beschuldigten adressierten Briefsendung wirft rechtliche Fragen auf. Darf eine solche Sendung beschlagnahmt werden, auch wenn das Postgeheimnis verletzt wurde? In einem aktuellen Urteil hat sich das Amtsgericht Flensburg mit dieser Problematik auseinandergesetzt und die Beschlagnahme abgelehnt.

Die rechtliche Behandlung von Postsendungen im Zusammenhang mit Betäubungsmitteldelikten ist komplex. Einerseits besteht ein berechtigtes Interesse der Strafverfolgungsbehörden an der Aufklärung solcher Straftaten. Andererseits muss das durch das Postgeheimnis geschützte Recht auf Privatsphäre gewahrt bleiben. Es gilt, eine sorgfältige Abwägung zwischen diesen Interessen vorzunehmen, um eine faire und rechtmäßige Strafverfolgung zu gewährleisten. Das Urteil des Amtsgerichts Flensburg liefert wichtige Anhaltspunkte für die zukünftige Behandlung ähnlicher Fälle und zeigt die Herausforderungen auf, mit denen Strafverfolgungsbehörden und Gerichte bei der Bekämpfung von Betäubungsmitteldelikten konfrontiert sind.

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Cannabis in Postsendungen: Urteil zur Beschlagnahme
(Symbolfoto: Miljan Zivkovic /Shutterstock.com)

Am 16. Februar 2023 kam es zu einem bemerkenswerten Vorfall, der die juristischen Grenzen des Postgeheimnisses und der Beschlagnahmungsrechte der Polizei auf die Probe stellte. Ein Zusteller der Deutschen Post übergab eine an einen Beschuldigten adressierte Briefsendung, die deutlich nach Cannabis roch, an einen Beamten des Polizeireviers S. Bei der Öffnung der Sendung durch die Polizei wurden insgesamt sieben Tütchen mit 21g Cannabis gefunden. Die Staatsanwaltschaft beantragte daraufhin die Bestätigung der Beschlagnahme des Cannabis als Beweismittel für das weitere Verfahren.

Rechtliche Rahmenbedingungen und ihre Grenzen

Die rechtliche Herausforderung in diesem Fall lag in der Anwendung des § 99 Abs. 1 StPO, der die Beschlagnahme von Postsendungen regelt, die sich im Gewahrsam von Post- oder Telekommunikationsdienstleistern befinden. Der Kern des Problems bestand darin, dass die Sendung zum Zeitpunkt der Übergabe an die Polizei nicht mehr im Gewahrsam des Postunternehmens war, wodurch die rechtliche Grundlage für eine Beschlagnahme nach § 99 Abs. 1 StPO entfiel. Zudem setzt die Norm voraus, dass bereits ein Anfangsverdacht oder ein Verfahren gegen einen bestimmten Beschuldigten besteht, was hier zum Zeitpunkt der Übergabe des Briefes nicht der Fall war.

Verletzung des Post- und Briefgeheimnisses

Ein weiterer entscheidender Aspekt dieses Falles ist die Verletzung des Post- und Briefgeheimnisses, die durch die Öffnung der Sendung durch die Polizei erfolgte. Nach § 39 Abs. 2 PostG sind Postbedienstete zur Wahrung des Postgeheimnisses verpflichtet. Die Übergabe der Sendung an die Polizei und deren anschließende Öffnung ohne richterlichen Beschluss stellten somit einen erheblichen Verstoß gegen dieses Grundrecht dar. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sehen vor, dass Beweismittel, die unter Verletzung des Postgeheimnisses erlangt werden, grundsätzlich nicht in einem Strafverfahren verwertet werden dürfen.

Die Entscheidung des Amtsgerichts Flensburg

Das Amtsgericht Flensburg entschied am 27. Februar 2023, dass die Beschlagnahme der Cannabisprodukte nicht bestätigt werden kann. Die Begründung stützte sich auf die fehlende rechtliche Grundlage für die Beschlagnahme und die Verwertung der in der Postsendung gefundenen Beweismittel. Insbesondere wurde hervorgehoben, dass der Vorgang einen Verstoß gegen das Post- und Briefgeheimnis darstellte und somit die Grundrechte des Beschuldigten verletzte. Darüber hinaus wurde betont, dass die Voraussetzungen für eine Öffnung der Sendung nach § 39 Abs. 4 PostG nicht vorlagen und somit auch kein rechtmäßiger Weg für die Ermittlungsbehörden bestand, die Sendung in Empfang zu nehmen und zu öffnen.

Schlüsselaspekte und juristische Feinheiten

Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung des Post- und Briefgeheimnisses als fundamentales Grundrecht und die Notwendigkeit einer klaren rechtlichen Grundlage für die Beschlagnahme und Verwertung von Beweismitteln. Sie zeigt auf, dass die Wahrung der Grundrechte auch in Zeiten effektiver Strafverfolgung eine zentrale Rolle spielt und dass Ermittlungsmaßnahmen stets innerhalb der gesetzlichen Vorgaben erfolgen müssen. Dieser Fall dient als Erinnerung an die juristischen Grenzen der Strafverfolgungsbehörden und die Notwendigkeit der Achtung der Privatsphäre und des Postgeheimnisses.

Das Fazit dieses Falles ist klar: Die Beschlagnahme von Cannabis in einer Postsendung ohne die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben und unter Verletzung des Post- und Briefgeheimnisses ist nicht zulässig. Die Entscheidung des Amtsgerichts Flensburg betont die Wichtigkeit des Schutzes der Bürgerrechte und der strengen Beachtung juristischer Verfahren.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was ist das Postgeheimnis und wie wirkt es sich auf die Beschlagnahme von Sendungen aus?

Das Postgeheimnis ist ein grundlegendes Recht, das in Deutschland durch Artikel 10 des Grundgesetzes (GG) geschützt wird. Es gewährleistet die Vertraulichkeit der Übermittlung von Nachrichten und Gütern per Post. Dieses Grundrecht schützt sowohl den Inhalt als auch den Übermittlungsvorgang von Postsendungen vor unbefugter Kenntnisnahme durch den Staat und private Akteure. Das Postgeheimnis umfasst Briefe, Pakete, Päckchen und elektronische Kommunikation, solange diese auf dem Postweg übermittelt wird.

Die Verletzung des Postgeheimnisses ist nach § 206 des Strafgesetzbuches (StGB) strafbar. Dienstleister und deren Angestellte, die zur Wahrung des Postgeheimnisses verpflichtet sind, können bei einem Verstoß gegen dieses Grundrecht mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft werden.

Die Beschlagnahme von Postsendungen ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich und in der Strafprozessordnung (StPO), insbesondere in § 99 StPO, geregelt. Diese Norm erlaubt die Beschlagnahme von Postsendungen, die an den Beschuldigten gerichtet sind oder von ihm herrühren, sofern sie sich im Gewahrsam von Post- oder Telekommunikationsdienstleistern befinden und ihr Inhalt für die Untersuchung von Bedeutung ist. Allerdings ist die Beschlagnahme von Postsendungen, die unter Verletzung des Postgeheimnisses erlangt wurden, grundsätzlich nicht verwertbar in einem Strafverfahren. Eine Ausnahme besteht nur, wenn die Interessen der effektiven Strafverfolgung in einer Gesamtabwägung den Verstoß gegen das Postgeheimnis deutlich überwiegen.

Das Postgeheimnis und die damit verbundenen Schutzmaßnahmen gelten auch innerhalb von Unternehmen. Wenn eine Postsendung explizit eine bestimmte Person als Empfänger nennt, darf diese Sendung nur mit Erlaubnis des Empfängers von anderen Personen geöffnet werden. Dies gilt auch für Sendungen, die neben einem bestimmten Mitarbeiter auch die Firma als Empfänger angeben.

Zusammenfassend schützt das Postgeheimnis die Vertraulichkeit der postalischen Kommunikation und setzt klare Grenzen für staatliche Eingriffe, wie die Beschlagnahme von Postsendungen. Verstöße gegen das Postgeheimnis können strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, und die unrechtmäßige Beschlagnahme von Postsendungen kann die Verwertbarkeit der so erlangten Beweismittel in einem Strafverfahren einschränken.

Wie wird der Anfangsverdacht definiert und welche Rolle spielt er bei der Beschlagnahme von Briefsendungen?

Der Anfangsverdacht ist eine der Verdachtsstufen im deutschen Strafverfahrensrecht und bildet die Grundlage für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch die Strafverfolgungsbehörden. Er ist definiert als die Stufe, bei der aufgrund konkreter Tatsachen die Möglichkeit besteht, dass eine Straftat begangen wurde. Diese Verdachtsstufe ist niedriger als der hinreichende und der dringende Tatverdacht, die weitere Schritte im Strafverfahren, wie die Anklageerhebung bzw. die Anordnung von Untersuchungshaft, rechtfertigen können.

Bei der Beschlagnahme von Briefsendungen spielt der Anfangsverdacht eine zentrale Rolle, da er die rechtliche Grundlage für die Durchführung dieser Maßnahme bildet. Gemäß § 99 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO) ist die Beschlagnahme von Postsendungen, die an den Beschuldigten gerichtet sind oder von ihm herrühren, unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Diese Voraussetzungen umfassen, dass die Postsendungen sich im Gewahrsam von Personen oder Unternehmen befinden, die geschäftsmäßig Post- oder Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken, und dass ihr Inhalt für die Untersuchung von Bedeutung ist. Für die Anordnung einer solchen Beschlagnahme muss zumindest ein Anfangsverdacht gegen einen bestimmten Beschuldigten vorliegen.

Die Rechtsprechung betont, dass die Beschlagnahme und Verwertung von Postsendungen einen Anfangsverdacht bzw. ein Verfahren gegen einen bestimmten Beschuldigten voraussetzt. Liegt ein solcher Verdacht nicht vor, ist die Beschlagnahme rechtlich nicht haltbar. Zudem dürfen unter Verletzung des Postgeheimnisses erlangte Postsendungen in einem Strafverfahren grundsätzlich nicht verwertet werden, es sei denn, die Interessen der effektiven Strafverfolgung überwiegen in einer Gesamtabwägung den Verstoß gegen das Postgeheimnis.

In der Praxis bedeutet dies, dass die Strafverfolgungsbehörden bei Vorliegen zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte, die den Anfangsverdacht einer Straftat begründen, die Beschlagnahme von Briefsendungen als Ermittlungsmaßnahme anordnen können. Diese Maßnahme dient der Sicherstellung von Beweismitteln, die für das weitere Verfahren von Bedeutung sein können. Die Wahrung des Postgeheimnisses und die Einhaltung der rechtlichen Voraussetzungen für die Beschlagnahme sind dabei von entscheidender Bedeutung, um die Rechtmäßigkeit der Maßnahme und die Verwertbarkeit der so erlangten Beweismittel zu gewährleisten.

Inwiefern ist die Zuständigkeit und Befugnis der Polizei bei der Entgegennahme und Öffnung von Postsendungen rechtlich geregelt?

Die Zuständigkeit und Befugnis der Polizei bei der Entgegennahme und Öffnung von Postsendungen sind in Deutschland durch spezifische gesetzliche Regelungen festgelegt. Diese Regelungen sollen einerseits die Vertraulichkeit der Post gewährleisten und andererseits die Möglichkeit bieten, im Rahmen von Ermittlungen unter bestimmten Voraussetzungen Postsendungen zu überprüfen.

Entgegennahme von Postsendungen

Die Polizei kann Postsendungen auf Anordnung eines Richters sicherstellen, wenn sich diese im Gewahrsam von Postdienstleistern befinden. Dies ist im Bayerischen Polizeiaufgabengesetz (Art. 35 PAG) und in der Strafprozessordnung (§ 99 StPO) geregelt. Die Sicherstellung ist möglich, wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht einer Straftat begründen. Eine wichtige Änderung im Postgesetz verpflichtet zudem Beschäftigte von Postdienstleistern, verdächtige Postsendungen unverzüglich bei der Polizei oder anderen Strafverfolgungsbehörden abzugeben.

Öffnung von Postsendungen

Die Öffnung von Postsendungen steht grundsätzlich dem Gericht zu. In Eilfällen kann diese Befugnis auf die Polizei übertragen werden. Die Übertragung dieser Befugnis ist nicht anfechtbar und kann jederzeit widerrufen werden. Die Polizei ist verpflichtet, die ihr ausgelieferten Postsendungen unverzüglich und ungeöffnet dem Gericht vorzulegen, sofern keine gerichtliche Anordnung zur Öffnung vorliegt.

Rechtliche Grundlagen und Grenzen

Die rechtlichen Grundlagen für die Entgegennahme und Öffnung von Postsendungen durch die Polizei sind in der Strafprozessordnung (§§ 99, 100 StPO) und in den Polizeiaufgabengesetzen der Länder (z.B. Art. 35 PAG in Bayern) festgelegt. Diese Regelungen definieren die Voraussetzungen, unter denen Postsendungen beschlagnahmt und geöffnet werden dürfen, und stellen sicher, dass die Maßnahmen verhältnismäßig sind und das Postgeheimnis gewahrt bleibt.

Die Entgegennahme und Öffnung von Postsendungen durch die Polizei sind somit streng reglementiert und nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Diese Regelungen dienen dem Schutz des Postgeheimnisses und der Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger, während gleichzeitig die Möglichkeit geschaffen wird, im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungen notwendige Maßnahmen durchzuführen.

Welche rechtlichen Konsequenzen hat die Verletzung des Post- und Briefgeheimnisses?

Die Verletzung des Post- und Briefgeheimnisses hat in Deutschland ernsthafte rechtliche Konsequenzen, die im Strafgesetzbuch (StGB) festgelegt sind. Gemäß § 202 StGB wird die unbefugte Öffnung eines verschlossenen Briefes oder eines anderen verschlossenen Schriftstücks, die nicht zur Kenntnis des Handelnden bestimmt sind, mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe geahndet. Dies gilt auch für den Fall, dass sich jemand vom Inhalt eines solchen Schriftstücks ohne dessen Öffnung unter Anwendung technischer Mittel Kenntnis verschafft. Ebenso wird bestraft, wer sich unbefugt vom Inhalt eines Schriftstücks, das durch ein verschlossenes Behältnis gegen Kenntnisnahme besonders gesichert ist, Kenntnis verschafft, nachdem er das Behältnis geöffnet hat.

Das Briefgeheimnis ist ein durch Artikel 10 des Grundgesetzes (GG) geschütztes Grundrecht, das die Vertraulichkeit der schriftlichen Kommunikation zwischen Sender und Empfänger schützt. Dies umfasst nicht nur verschlossene Briefe, sondern auch Postkarten, Pakete und elektronische Kommunikation, solange diese auf dem Postweg übermittelt wird. Die Verletzung dieses Geheimnisses stellt einen Eingriff in die Privatsphäre und das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen dar und wird daher strafrechtlich verfolgt.

Es ist zu beachten, dass die Verletzung des Briefgeheimnisses ein absolutes Antragsdelikt darstellt, was bedeutet, dass eine strafrechtliche Verfolgung nur auf Antrag des Geschädigten erfolgt. Der Antrag muss innerhalb von drei Monaten nach Kenntnis von der Tat und dem Täter gestellt werden.

Zusätzlich zu den individuellen rechtlichen Konsequenzen für den Täter kann die Verletzung des Post- und Briefgeheimnisses auch berufsrechtliche Folgen haben, insbesondere für Beschäftigte von Postdienstleistern oder anderen Unternehmen, die mit der Übermittlung von Nachrichten und Gütern betraut sind. Diese Personen sind zur Wahrung des Post- und Briefgeheimnisses verpflichtet, und Verstöße können zu arbeitsrechtlichen Maßnahmen führen.

Die rechtlichen Regelungen zum Schutz des Post- und Briefgeheimnisses dienen dem Schutz der Privatsphäre und der vertraulichen Kommunikation. Sie stellen sicher, dass die Vertraulichkeit der postalischen Kommunikation gewahrt bleibt und dass Verstöße gegen dieses Grundrecht entsprechend geahndet werden.


Das vorliegende Urteil

AG Flensburg – Az.: 480 Gs 261/23 – Beschluss vom 27.02.2023

Die Bestätigung der Beschlagnahme von 7 Tütchen mit insgesamt 21g Cannabis wird abgelehnt.

Gründe

I.

Am 16.02.2023 übergab der Zeuge K., ein Zusteller der Deutschen Post, einem Beamten des Polizeireviers S. eine an den Beschuldigten gerichtete Briefsendung mit dem Hinweis, dass diese stark nach Cannabis rieche. Bei der daraufhin erfolgten Öffnung der Briefsendung durch Polizeibeamte wurde festgestellt, dass diese den o.g. Inhalt, also 7 Tütchen mit insgesamt 21g Cannabis, enthielt.

Die Staatsanwaltschaft beantragt, die Beschlagnahme des Cannabis zu bestätigen, da dieses als Beweismittel für das weitere Verfahren von Bedeutung ist.

II.

Die Beschlagnahme war abzulehnen.

Eine Beschlagnahme nach § 99 Abs. 1 StPO kam nicht in Betracht, da diese Norm nur die Beschlagnahme von Postsendungen erfasst, die sich im Gewahrsam von Personen oder Unternehmen befinden, die geschäftsmäßig Post- oder Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken. Dies war hier nicht der Fall. Der Zeuge K. hatte die Briefsendung bereits der Polizei übergeben und diese damit dem Herrschaftsbereich des Postunternehmens entzogen. Ohnehin lagen die Voraussetzungen des § 99 Abs. 1 StPO nicht vor. Die Beschlagnahme und Verwertung der Postsendung setzt zumindest einen Anfangsverdacht, bzw. ein Verfahren gegen einen bestimmten Beschuldigten bereits voraus (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 12. Juni 2017 – 1 OLG 4 Ss 173/15 –, juris, Rn. 31). Ein solcher lag hier aber zum Zeitpunkt der Übergabe des Briefes nicht vor. § 99 StPO dient nicht dazu, eine unter Verstoß gegen das Post- und Briefgeheimnis vorgenommene Beweiserhebung, durch die eine mögliche Straftat erst bekannt wird, nachträglich zu legalisieren (vgl. OLG Koblenz, a.a.O.).

Eine Bestätigung der Beschlagnahme nach §§ 94, 98 Abs. 2 StPO kam ebenfalls nicht in Betracht. Wegen des Vorrangs der von §§ 99, 100 StPO geregelten Briefbeschlagnahme schied § 94 Abs. 1 StPO vorliegend als Grundlage für eine Sicherstellung aus (s. OLG Koblenz, a.a.O.). Beweismittel, die unter Verletzung des Postgeheimnisses erlangt werden, dürfen in einem Strafverfahren grundsätzlich nicht verwertet werden (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 99 Rn. 17; Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 9. Auflage 2023, § 99, Rn. 13 m.w.N.). Insbesondere bestand für die Übergabe des Briefes durch den Postzusteller an die Polizei keine rechtliche Grundlage. § 39 Abs. 2 PostG verpflichtet die Postbediensteten zu einer umfassenden Wahrung des Postgeheimnisses. Eine der Ausnahmen nach § 39 Abs. 4 oder 4a Postgesetz greift vorliegend nicht. Zwar erlaubt § 39 Absatz 4a Nummer 1 PostG der zuständigen Strafverfolgungsbehörde Mitteilung zu machen, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass mit der Postsendung eine strafbare Handlung nach § 29 BtMG begangen wird. Dies gilt aber nur in den Fällen, in denen sich ein Postverpflichteter zulässigerweise nach § 39 Abs. 4 Satz 1 vom Inhalt der Postsendung Kenntnis verschafft hat, also beispielsweise um den Inhalt beschädigter Postsendungen zu sichern. Dies war aber hier nicht der Fall. Weder war die Postsendung bereits geöffnet, noch lagen die Voraussetzungen für eine Öffnung nach § 39 Abs. 4 PostG vor.

Trotz Verstoßes gegen das Postgeheimnis kann zwar eine Verwertbarkeit des aufgefundenen Beweismittels angenommen und eine Bestätigung der Beschlagnahme nach §§ 94, 98 Abs. 2 StPO werden, wenn im Rahmen einer Gesamtabwägung der Verstoß deutlich geringer wiegt als das Interesse an einer effektiven Strafverfolgung oder wenn lediglich ein nicht schwerwiegender verfahrensrechtlicher Fehler, der auch nicht gezielt oder leichtfertig begangen wurde, vorliegt (vergleiche OLG Koblenz, a.a.O. Rn. 46). Das ist hier jedoch nicht der Fall. Zum einen handelt es sich vorliegend um eine Straftat geringeren Unrechtsgehaltes, zumal angesichts der eher geringen Menge von einer Bestellung des Cannabis zum Eigenbedarf auszugehen ist. Zum anderen liegt auch ein erheblicher Verstoß gegen § 99 StPO und 39 PostG vor. Insbesondere handelt es sich weder um eine bloße Fehlbeurteilung der Voraussetzungen der Maßnahme noch um einen verfahrensrechtlichen Fehler bei ihrer Durchführung, sondern um die Durchführung einer von den Vorschriften von vornherein nicht gedeckten Ermittlungsmaßnahmen, durch die der Kernbereich des Grundrechterechtes nach Art. 10 Grundgesetz verletzt wurde. Wie dargelegt bestand von vornherein keine Befugnis des Postzustellers, die Sendung den Strafverfolgungsbehörden zu überlassen oder eine Befugnis der Strafverfolgungsbehörden, eine entsprechende Sendung ohne richterlichen Beschluss in Empfang zu nehmen, zudem erfolgte die Öffnung der Sendung unter Verstoß gegen den in § 100 StPO normierten Richtervorbehalt.

 

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