AG München, Az.: 942 Cs 412 Js 230288/15, Urteil vom 06.12.2016
I. Der Angeklagte T. G. ist schuldig der Nötigung in Tatmehrheit mit Beleidigung.
II. Der Angeklagte wird zur Gesamtgeldstrafe von 80 Tagessätzen zu je EUR 20,00 verurteilt.
III. Dem Angeklagten wird für die Dauer von 1 Monat verboten, Kraftfahrzeuge aller Art auf öffentlichen Straßen zu führen.
IV. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen.
Angewendete Vorschriften: §§ 185, 194, 240 I, II, 44, 53 StGB.
Gründe
I.
Der 72-jährige Angeklagte ist Rentner. Er lebt allein und hat erwachsene Kinder. Er bezieht EUR 308,73 Rente und verdient sich ca. 450,00 – 500,00 EUR pro Monat mit Überführungsfahrten hinzu. Seine Miete beläuft sich auf EUR 467,00.
Im Bundeszentralregister sind hinsichtlich des Angeklagten folgende Eintragungen enthalten:
1. Amtsgericht München, Entscheidung vom 05.10.2010, Rechtskraft: 13.10.2010, Nötigung in Tatmehrheit mit Beleidigung, Datum der Tat: 01.04.2009, 55 Tagessätze zu je EUR 25,00 Geldstrafe.
2. Amtsgericht München, Entscheidung vom 10.09.2013, Rechtskraft: 18.09.2013, Nötigung in zwei tatmehrheitlichen Fällen, Datum der Tat: 27.07.2012, 90 Tagessätze zu je EUR 20,00 Geldstrafe.
Im Verkehrszentralregister ist eine Eintragung wegen Nichteinhaltung des erforderlichen Abstands enthalten.
II.
Der Angeklagte fuhr am 06.08.2015 gegen 14.30 Uhr mit dem Pkw Audi, amtliches Kennzeichen M-… auf der Baaderstraße in München. Als auf seiner Fahrbahn auf Höhe des Anwesens Nr. 57 ein unbekannter Pkw BMW in zweiter Reihe parkte, wechselte der Angeklagte auf die Gegenfahrspur um an dem BMW vorbeizufahren, obwohl sich zur gleichen Zeit R. F. mit dem Fahrrad auf der Gegenfahrbahn annäherte. Der Angeklagte und R. F. kamen neben dem parkenden BMW in einem Abstand ca. 1,5 Metern zum Stehen. Um R. F. dazu zu zwingen, mit dem Fahrrad auszuweichen und zurückzusetzen, damit der Angeklagte auf der Gegenfahrspur den BMW passieren konnte, fuhr der Angeklagte mit dem Pkw auf R. F. zu, bis zwischen der Stoßstange des Angeklagten und dem Fahrrad des R. F. ein Abstand von ca. 10 cm bestand. Anschließend drohte der Angeklagte, er werde R. F. umfahren, wenn dieser nicht zur Seite weiche, worauf dieser nach links zur Seite ging.
Die Tat wurde bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen.
Als der Angeklagte sodann an R. F. vorbeifuhr, äußerte er diesem gegenüber aufgrund eines neuen Tatanschlusses: „Du altes Arschloch“ um seine Missachtung auszudrücken.
Strafantrag wurde form- und fristgerecht gestellt.
III.
Der unter I. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Angaben des Angeklagten sowie auf der Verlesung der Registerauszüge.
Der unter II. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Angaben der Zeugen F., B. und Gu. sowie auf der Einlassung des Angeklagten, soweit dieser gefolgt werden konnte.
Der Angeklagte hat eingeräumt, dass es am 06.08.2015 in der Baaderstraße eine verbale Auseinandersetzung mit dem Zeugen F. gegeben habe, als sich der Angeklagte und der Zeuge F. an der Engstelle in der Baaderstraße getroffen hatten. Der Angeklagte jedoch weiter angegeben, er habe den Fahrradfahrer zunächst gar nicht gesehen, er habe auch keine Kraftausdrücke gebraucht und er sei nicht auf den Zeugen F. zugefahren.
Der Zeuge F. hat den Sachverhalt entsprechend Ziffer II. des Urteils geschildert.
Der Zeuge B., welcher den Vorfall zufällig beobachten konnte, gab an, der Angeklagte sei aggressiv gewesen, habe zwischendurch immer wieder Gas gegeben, wobei sich das Auto des Angeklagten auch bewegt habe. Die beiden seien ziemlich dicht bei einander gestanden. Er habe zudem gehört, wie der Angeklagte „Arschloch“ aus dem Auto gerufen habe, als er am Zeugen F. vorbeifuhr.
Die Zeugin Gu., welche den Vorfall aus ihrem Büro beobachten konnte, hat geschildert, dass der Angeklagte gereizt und aggressiv gewirkt habe und den Motor immer wieder habe Aufheulen lassen. Sie habe auch gehört, wie der Angeklagte „Arschloch“ geäußert habe.
An den Aussagen der Zeugen F., B. und Gu. bestanden seitens des Gericht seitens keine Zweifel. Alle Zeugen habe ihre Aussage ohne Widersprüche und nachvollziehbar gemacht, die Zeugen B. und Gu. stehen zudem in keinerlei Beziehung zum Angeklagten oder zum Zeugen F.. Zwar hat der Zeuge F. in seiner Aussage gewisse Belastungstendenzen gegenüber dem Angeklagten gezeigt. Aufgrund dessen, dass die Angaben des Zeugen F. in den wesentlichen Punkten von den Aussagen der neutralen Zeugen B. und Gu. bestätigt wurden, ist das Gericht überzeugt, dass auch die Angaben des Zeugen F. glaubhaft sind. Angesichts der glaubhaften Angaben der Zeugen erachtet das Gericht die Einlassung des Angeklagten als Schutzbehauptung.
IV.
Der Angeklagte ist daher schuldig der Nötigung in Tatmehrheit mit Beleidigung gern. §§ 240 Abs. 1 und Abs. 2, 185, 194, 53 StGB und war entsprechend zu verurteilen.
Der Angeklagte hat den Zeugen F. mit Gewalt durch Versperren des Wegs dahin gehindert, weiter zu fahren und hat durch das Zufahren auf den Zeugen F. und die Äußerung, ihn umzufahren, mit einem empfindlichen Übel gedroht. Dies war völlig anlasslos und verwerflich.
V.
Zu Grunde zu legen waren die Strafrahmen des § 240 Abs. 1 StGB, der von Geldstrafe bis zu Freiheitsstrafe von 3 Jahren reicht, sowie des § 185 StGB, welcher von Geldstrafe bis zu Freiheitsstrafe von 1 Jahr reicht.
Bei der Strafzumessung war zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass sich die Situation vor Ort aufgeschaukelt hat und der Zeuge F. seinerseits gegenüber dem Angeklagten belehrend aufgetreten ist. Zu Lasten des Angeklagten waren jedoch die beiden Vorstrafen zu werten, welche jeweils einschlägig sind. Zudem war zu Lasten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass er sich in seinem Pkw in einer dem Zeugen F. auf dem Fahrrad gegenüber überlegenen Position befand.
Unter Abwägung dieser Gesichtspunkte hielt das Gericht für die Nötigung eine Geldstrafe von 70 Tagessätzen, für die Beleidigung eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen für tat- und schuldangemessen.
Unter nochmaliger Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte hielt das Gericht eine Gesamt-Geldstrafe von 80 Tagessätzen für tat- und schuldangemessen.
Angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse war eine Tagessatzhöhe von EUR 20,00 festzusetzen.
VI.
Angesichts der Tat und den Voreintragungen im Bundeszentralregister hält das Gericht ferner die Verhängung eines Fahrverbots für erforderlich, § 44 StGB. Die Voreintragungen lassen ebenso wie auch die vorliegende Tat darauf schließen, dass der Angeklagte immer wieder nachlässig mit den straßenverkehrsrechtlichen Regelungen umgeht. Zur Einwirkung auf den Angeklagten war daher die Verhängung eines Fahrverbotes von 1 Monat erforderlich aber auch ausreichend.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1, 464 StPO.