Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Anspruch auf Dolmetscher im Strafprozess: Ein wegweisendes Urteil für Beschuldigte
- Der Fall vor Gericht
- Russischsprachige Beschuldigte scheitert mit Antrag auf kostenlosen Dolmetscher für TKÜ-Protokolle
- Kein Anspruch auf zusätzlichen Dolmetscher
- Gemeinsames Anhören der Aufzeichnungen als Alternative
- Kein Anspruch auf vollständige Übersetzung aller Gespräche
- Keine Verletzung der Waffengleichheit
- Kostenentscheidung zu Lasten der Beschuldigten
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Welche Dolmetscherleistungen stehen mir als fremdsprachigem Beschuldigten im Strafverfahren kostenlos zu?
- Habe ich ein Recht auf vollständige Übersetzung aller Beweismittel, einschließlich Telefonüberwachungsprotokollen?
- Wie kann ich als fremdsprachiger Beschuldigter mein Recht auf Akteneinsicht effektiv nutzen?
- Welche Möglichkeiten habe ich, um die Kosten für zusätzliche Übersetzungen zu beantragen?
- Wie kann ich sicherstellen, dass meine Verteidigungsrechte trotz Sprachbarrieren gewahrt bleiben?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Die Beschwerdeführerin befand sich wegen Betrugsverdachts in Untersuchungshaft und hatte Schwierigkeiten aufgrund von Sprachbarrieren.
- Telefonüberwachungsmaßnahmen wurden gegen die Beschwerdeführerin angeordnet, wobei Gespräche in russischer Sprache aufgezeichnet und teilweise ins Deutsche übersetzt wurden.
- Die übersetzten Protokolle lagen meist nur als Inhaltszusammenfassungen vor, was die Verständlichkeit für die Beschwerdeführerin beeinträchtigte.
- Ein Antrag auf Kostenübernahme für die Übersetzung der Originaltonaufnahmen wurde abgelehnt.
- Das Gericht entschied, dass die Kostenübernahme nicht notwendig sei, da die wesentlichen Informationen bereits durch Inhaltsprotokolle bereitgestellt wurden.
- Die Entscheidung wurde damit begründet, dass die bestehenden Übersetzungen die Verteidigung nicht erheblich benachteiligten.
- Die Beschwerdeführerin muss die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen.
- Die Entscheidung hat Auswirkungen auf die Rechte von Angeklagten mit Sprachbarrieren, insbesondere hinsichtlich der Übersetzungskosten.
- Es gibt kein generelles Recht auf vollständige und wortgenaue Übersetzung von Gesprächsprotokollen im Rahmen solcher Verfahren.
- Die Entscheidung könnte Einfluss auf zukünftige Fälle haben, in denen Angeklagte um Übersetzungen bitten.
Anspruch auf Dolmetscher im Strafprozess: Ein wegweisendes Urteil für Beschuldigte
Im deutschen Rechtssystem ist der Anspruch auf einen Dolmetscher für Beschuldigte von grundlegender Bedeutung, insbesondere in Strafverfahren. Diesem Anspruch wird durch § 187 Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) Rechnung getragen, der regelt, dass Personen, die der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig sind, das Recht haben, einen Dolmetscher bei den Verhandlungen und Anhörungen hinzuzuziehen. Dieser Beschuldigtenanspruch auf Beiordnung eines Dolmetschers stellt sicher, dass Sprachbarrieren nicht zu einer Ungleichheit im Rechtsprozess führen und die Parteien ihre Rechte und Pflichten angemessen verstehen können.
Die Sicherstellung der Kommunikationsfähigkeit im Strafprozess ist essenziell, um ein faires Verfahren zu gewährleisten. Durch die Bereitstellung eines Dolmetscherdienstes werden Verstehensschwierigkeiten überwunden, die bei Verhören oder anderen rechtlichen Auseinandersetzungen auftreten können. Damit wird nicht nur die Verfahrensgarantie für Beschuldigte gewahrt, sondern auch die Qualität der Rechtsberatung sowie der Zugang zu wichtigen Informationen und Entscheidungsgrundlagen sichergestellt.
Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Anwendung dieses wichtigen Rechtsprinzips beleuchtet und analysiert.
Der Fall vor Gericht
Russischsprachige Beschuldigte scheitert mit Antrag auf kostenlosen Dolmetscher für TKÜ-Protokolle
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat die Beschwerde einer russischsprachigen Beschuldigten gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Beiordnung eines Dolmetschers für die Übersetzung von Telefonüberwachungsprotokollen zurückgewiesen. Die Frau steht unter Verdacht des Betrugs und befindet sich in Untersuchungshaft.
Kein Anspruch auf zusätzlichen Dolmetscher
Die Beschuldigte hatte beantragt, ihrem nicht russischsprachigen Verteidiger einen Dolmetscher auf Staatskosten zur Verfügung zu stellen. Dieser sollte die in russischer Sprache geführten und aufgezeichneten Telefongespräche übersetzen, damit der Anwalt deren Inhalt verstehen und für die Verteidigung nutzen könne.
Das Gericht sah hierfür jedoch keine Notwendigkeit. Zur Ausübung ihrer strafprozessualen Rechte sei die Beiordnung eines zusätzlichen Dolmetschers nicht erforderlich. Der Beschuldigten stehe bereits ein Dolmetscher für Gespräche mit ihrem Verteidiger zur Verfügung.
Gemeinsames Anhören der Aufzeichnungen als Alternative
Als sachgerechte Vorgehensweise empfahl das Gericht, dass die Beschuldigte die Aufnahmen gemeinsam mit ihrem Verteidiger und dem bereits beigeordneten Dolmetscher anhört. So könnten die Inhalte direkt besprochen und für die Verteidigung aufbereitet werden.
Kein Anspruch auf vollständige Übersetzung aller Gespräche
Das Gericht stellte zudem klar, dass weder die Beschuldigte noch ihr Verteidiger einen Anspruch darauf haben, sämtliche aufgezeichneten russischsprachigen Telefonate in übersetzter Form zu erhalten. Ein solcher Anspruch ergebe sich weder aus der Strafprozessordnung noch aus der Europäischen Menschenrechtskonvention.
Keine Verletzung der Waffengleichheit
Die Ablehnung des zusätzlichen Dolmetschers stelle auch keine Verletzung des Grundsatzes der Waffengleichheit dar. Die Ermittlungsbehörden verfügten selbst nur über die Originalaufzeichnungen und Gesprächszusammenfassungen, in die der Verteidiger bereits Einblick erhalten habe. Ein Anspruch auf Anfertigung zusätzlicher Wortprotokolle bestehe nicht.
Kostenentscheidung zu Lasten der Beschuldigten
Die Kosten des erfolglosen Beschwerdeverfahrens muss die Beschuldigte tragen. Das Gericht sah keinen Grund, von diesem Grundsatz abzuweichen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Die Entscheidung verdeutlicht, dass der Anspruch auf unentgeltliche Dolmetscherleistungen im Strafverfahren Grenzen hat. Ein zusätzlicher Dolmetscher für die Übersetzung von Telefonüberwachungsprotokollen ist nicht erforderlich, wenn bereits ein Dolmetscher für Verteidigergespräche zur Verfügung steht. Das gemeinsame Anhören der Aufzeichnungen mit Beschuldigter, Verteidiger und vorhandenem Dolmetscher genügt zur Wahrung der Verteidigungsrechte. Ein genereller Anspruch auf vollständige Übersetzung aller fremdsprachigen Telefonate besteht nicht.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie als fremdsprachiger Beschuldigter in einem Strafverfahren stehen, haben Sie zwar Anspruch auf kostenlose Dolmetscherleistungen, aber in begrenztem Umfang. Bei Telefonüberwachungsprotokollen müssen Sie nicht erwarten, dass alle Gespräche vollständig übersetzt werden. Stattdessen können Sie die Aufnahmen gemeinsam mit Ihrem Anwalt und einem Dolmetscher anhören. Dies gilt als ausreichend, um Ihre Verteidigungsrechte zu wahren. Beachten Sie, dass Sie keinen Anspruch auf zusätzliche Übersetzungen oder Wortprotokolle haben. Um Ihre Rechte bestmöglich zu nutzen, sollten Sie eng mit Ihrem Verteidiger zusammenarbeiten und die vorhandenen Dolmetscherleistungen effektiv einsetzen.
FAQ – Häufige Fragen
In unserer FAQ-Rubrik finden Sie wichtige Informationen und Antworten zu grundlegenden rechtlichen Fragen. Besonders im Fokus steht der Anspruch auf Dolmetscher im Strafverfahren, der entscheidend für eine faire Verteidigung und das Verständnis des Verfahrens ist. Tauchen Sie ein in unsere Antworten, um Ihr Wissen zu erweitern und Ihre Rechte besser zu verstehen.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Welche Dolmetscherleistungen stehen mir als fremdsprachigem Beschuldigten im Strafverfahren kostenlos zu?
- Habe ich ein Recht auf vollständige Übersetzung aller Beweismittel, einschließlich Telefonüberwachungsprotokollen?
- Wie kann ich als fremdsprachiger Beschuldigter mein Recht auf Akteneinsicht effektiv nutzen?
- Welche Möglichkeiten habe ich, um die Kosten für zusätzliche Übersetzungen zu beantragen?
- Wie kann ich sicherstellen, dass meine Verteidigungsrechte trotz Sprachbarrieren gewahrt bleiben?
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie spezielle Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Welche Dolmetscherleistungen stehen mir als fremdsprachigem Beschuldigten im Strafverfahren kostenlos zu?
Als fremdsprachiger Beschuldigter haben Sie im Strafverfahren Anspruch auf unentgeltliche Hinzuziehung eines Dolmetschers oder Übersetzers. Dieser Anspruch gilt für das gesamte Strafverfahren, vom Ermittlungsverfahren bis zur Revision.
Umfang der kostenlosen Dolmetscherleistungen
Mündliche Übersetzung: Ein Dolmetscher wird Ihnen für alle wesentlichen Verfahrenshandlungen zur Verfügung gestellt. Dies umfasst polizeiliche Vernehmungen, Gerichtsverhandlungen und Gespräche mit Ihrem Verteidiger.
Schriftliche Übersetzung: In der Regel erhalten Sie kostenlose schriftliche Übersetzungen von freiheitsentziehenden Anordnungen, Anklageschriften, Strafbefehlen und nicht rechtskräftigen Urteilen.
Besonderheiten und Einschränkungen
Bei Dokumenten kann in bestimmten Fällen eine auszugsweise Übersetzung ausreichen, wenn dadurch Ihre strafprozessualen Rechte gewahrt bleiben. Wenn Sie einen Verteidiger haben, kann eine mündliche Übersetzung oder Zusammenfassung der Unterlagen genügen.
Sie können auf eine schriftliche Übersetzung verzichten, müssen aber zuvor über Ihr Recht auf Übersetzung und die Folgen eines Verzichts belehrt werden.
Rechtliche Grundlage
Der Anspruch auf kostenlose Dolmetscherleistungen basiert auf § 187 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) und Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Diese Regelungen sollen sicherstellen, dass Sie Ihre strafprozessualen Rechte effektiv ausüben können.
Wenn Sie als fremdsprachiger Beschuldigter in ein Strafverfahren involviert sind, steht Ihnen diese Unterstützung zu, unabhängig von Ihren finanziellen Verhältnissen. Die Kosten trägt die Staatskasse, und Sie dürfen im Falle einer Verurteilung kostenmäßig nicht schlechter gestellt werden als ein deutschsprachiger Verurteilter.
Habe ich ein Recht auf vollständige Übersetzung aller Beweismittel, einschließlich Telefonüberwachungsprotokollen?
Nein, Sie haben kein generelles Recht auf eine vollständige Übersetzung aller Beweismittel. Der Anspruch auf Übersetzung im Strafverfahren ist begrenzt und richtet sich nach § 187 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG).
Umfang des Übersetzungsanspruchs
Der Übersetzungsanspruch umfasst in der Regel nur wesentliche Unterlagen, die für Ihre Verteidigung erforderlich sind. Dazu gehören üblicherweise:
- Freiheitsentziehende Anordnungen
- Anklageschriften
- Strafbefehle
- Nicht rechtskräftige Urteile
Telefonüberwachungsprotokolle fallen normalerweise nicht unter diese Kategorie, es sei denn, sie enthalten für Ihre Verteidigung besonders wichtige Informationen.
Einschränkungen und Alternativen
Statt einer vollständigen schriftlichen Übersetzung kann das Gericht auch eine mündliche Übersetzung oder Zusammenfassung der Unterlagen anordnen. Dies ist besonders wahrscheinlich, wenn Sie einen Verteidiger haben.
Wenn Sie der Meinung sind, dass bestimmte Beweismittel für Ihre Verteidigung wichtig sind, können Sie beim Gericht eine Übersetzung beantragen. Das Gericht entscheidet dann, ob die Übersetzung zur Wahrung Ihrer Verfahrensrechte notwendig ist.
Praktische Handhabung
In der Praxis wird oft wie folgt vorgegangen:
- Sie oder Ihr Verteidiger können Einsicht in die Akten nehmen.
- Wichtige Passagen können Sie sich von einem Dolmetscher mündlich übersetzen lassen.
- Für besonders relevante Teile können Sie eine schriftliche Übersetzung beantragen.
Beachten Sie: Auch wenn nicht alles übersetzt wird, haben Sie das Recht, den Inhalt der gegen Sie verwendeten Beweismittel zu verstehen. Das Gericht muss sicherstellen, dass Sie sich effektiv verteidigen können.
Wie kann ich als fremdsprachiger Beschuldigter mein Recht auf Akteneinsicht effektiv nutzen?
Als fremdsprachiger Beschuldigter haben Sie das Recht, einen Dolmetscher oder Übersetzer für die Akteneinsicht in Anspruch zu nehmen. Dies ermöglicht Ihnen, den Inhalt der Ermittlungsakte vollständig zu verstehen und Ihre Verteidigungsrechte effektiv wahrzunehmen.
Beantragung eines Dolmetschers
Stellen Sie einen Antrag auf Beiordnung eines Dolmetschers bei der zuständigen Behörde. Das Gericht ist verpflichtet, Ihnen einen Dolmetscher zur Verfügung zu stellen, soweit dies zur Ausübung Ihrer strafprozessualen Rechte erforderlich ist. Dies gilt für das gesamte Strafverfahren, einschließlich der Akteneinsicht.
Umfang der Übersetzung
In der Regel erhalten Sie eine schriftliche Übersetzung wichtiger Dokumente wie freiheitsentziehender Anordnungen, Anklageschriften, Strafbefehle und nicht rechtskräftiger Urteile. Für andere Aktenteile kann eine mündliche Übersetzung ausreichend sein, wenn dadurch Ihre Verteidigungsrechte gewahrt bleiben.
Vorbereitung auf die Akteneinsicht
Bereiten Sie sich auf die Akteneinsicht vor, indem Sie wichtige Fragen und Anliegen notieren. Der Dolmetscher kann Ihnen helfen, diese Punkte während der Einsicht zu klären. Wenn Sie bestimmte Dokumente für besonders wichtig halten, können Sie um eine detailliertere Übersetzung bitten.
Kostenübernahme
Die Kosten für den Dolmetscher trägt in der Regel der Staat. Sie müssen für diese Leistung nicht selbst aufkommen, da dies Teil Ihres Rechts auf ein faires Verfahren ist.
Durch die Nutzung eines Dolmetschers für die Akteneinsicht stellen Sie sicher, dass Sie alle relevanten Informationen verstehen und somit Ihre Verteidigungsrechte umfassend wahrnehmen können. Dies ist ein wichtiger Schritt, um trotz Sprachbarrieren aktiv an Ihrem Verfahren teilzunehmen und Ihre Position bestmöglich zu vertreten.
Welche Möglichkeiten habe ich, um die Kosten für zusätzliche Übersetzungen zu beantragen?
Für zusätzliche Übersetzungen über die kostenlose Beiordnung eines Dolmetschers hinaus haben Sie mehrere Möglichkeiten, finanzielle Unterstützung zu beantragen:
Antrag beim Gericht
Sie können beim zuständigen Gericht einen Antrag auf Kostenübernahme für weitere Übersetzungen stellen. Begründen Sie dabei die Notwendigkeit der zusätzlichen Übersetzungen für die Ausübung Ihrer strafprozessualen Rechte. Das Gericht prüft dann im Einzelfall, ob die beantragten Übersetzungen erforderlich sind.
Prozesskostenhilfe
Wenn Sie die Kosten für einen Rechtsanwalt und weitere Verfahrenskosten nicht selbst tragen können, besteht die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu beantragen. Diese kann auch die Kosten für notwendige Übersetzungen umfassen. Für die Bewilligung müssen Sie Ihre Bedürftigkeit nachweisen und darlegen, dass die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Jobcenter oder Sozialamt
In bestimmten Fällen können Sie beim Jobcenter oder Sozialamt einen Antrag auf Kostenübernahme für Übersetzungen stellen. Dies gilt insbesondere, wenn die Übersetzungen für Ihre soziale oder berufliche Integration notwendig sind. Bereiten Sie sich darauf vor, die Notwendigkeit der Übersetzungen detailliert zu begründen.
Voraussetzungen für die Kostenübernahme
Für eine erfolgreiche Beantragung der Kostenübernahme müssen Sie in der Regel folgende Punkte erfüllen:
- Nachweis der finanziellen Bedürftigkeit: Legen Sie Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse offen.
- Begründung der Notwendigkeit: Erklären Sie, warum die zusätzlichen Übersetzungen für Ihre Verteidigung oder Integration unerlässlich sind.
- Keine ausreichende Abdeckung durch § 187 GVG: Zeigen Sie auf, dass die beantragten Übersetzungen über den gesetzlichen Anspruch hinausgehen.
Beachten Sie, dass die Erfolgsaussichten Ihres Antrags von den spezifischen Umständen Ihres Falls abhängen. Je detaillierter und überzeugender Sie die Notwendigkeit der zusätzlichen Übersetzungen darlegen können, desto höher sind Ihre Chancen auf eine Bewilligung.
Wie kann ich sicherstellen, dass meine Verteidigungsrechte trotz Sprachbarrieren gewahrt bleiben?
Als fremdsprachiger Beschuldigter haben Sie einen gesetzlichen Anspruch auf sprachliche Unterstützung im Strafverfahren, um Ihre Verteidigungsrechte effektiv wahrnehmen zu können. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 187 Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG).
Dolmetscherleistungen
Sie haben das Recht, für das gesamte Strafverfahren unentgeltlich einen Dolmetscher hinzuzuziehen. Dies gilt nicht nur für die Hauptverhandlung, sondern auch für Gespräche mit Ihrem Verteidiger und für die Überwachung von Besuchen durch die Strafverfolgungsbehörden.
Übersetzung wesentlicher Dokumente
Wichtige Dokumente wie freiheitsentziehende Anordnungen, Anklageschriften, Strafbefehle und nicht rechtskräftige Urteile müssen Ihnen in der Regel schriftlich übersetzt zur Verfügung gestellt werden. In bestimmten Fällen kann eine mündliche Übersetzung oder Zusammenfassung ausreichen, wenn dadurch Ihre Verteidigungsrechte gewahrt bleiben.
Beantragung der Unterstützung
Um Ihre Rechte zu wahren, sollten Sie aktiv die Beiordnung eines Dolmetschers beantragen. Dies können Sie beim zuständigen Gericht oder der Staatsanwaltschaft tun. Im Ermittlungsverfahren ist der Ermittlungsrichter zuständig, nach Anklageerhebung das mit der Sache befasste Gericht.
Qualität der Sprachmittlung
Achten Sie auf die Qualität der Dolmetscherleistungen. Bei Zweifeln an der Eignung des Dolmetschers haben Sie das Recht, dies zu beanstanden. Unzureichende Dolmetscherleistungen können einen Revisionsgrund darstellen.
Verzicht auf Übersetzung
Sie können auf eine schriftliche Übersetzung verzichten, aber nur, wenn Sie zuvor über Ihr Recht auf Übersetzung und die Folgen eines Verzichts belehrt wurden. Diese Belehrung und Ihr Verzicht müssen dokumentiert werden.
Durch die aktive Wahrnehmung dieser Rechte können Sie sicherstellen, dass Ihre Verteidigungsmöglichkeiten trotz Sprachbarrieren nicht eingeschränkt werden und Sie ein faires Verfahren erhalten.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Untersuchungshaft: Untersuchungshaft ist eine Art des Freiheitsentzugs, der während der Ermittlungen und des Gerichtsverfahrens angeordnet wird, um sicherzustellen, dass der Beschuldigte nicht flieht, keine weiteren Straftaten begeht oder die Ermittlungen nicht behindert. Sie kann nur vom Gericht unter bestimmten Bedingungen angeordnet werden, beispielsweise bei Fluchtgefahr oder Verdunkelungsgefahr (Gefahr der Beweisvereitelung).
- Dolmetscherbeiordnung: Dies bezieht sich auf das Recht von Personen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, einen Dolmetscher zur Unterstützung im Gerichtsverfahren zu erhalten. Dies gewährleistet, dass sie den Prozess verstehen und sich effektiv verteidigen können. Ein rechtlicher Anspruch darauf ergibt sich aus § 187 Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG).
- Strafprozessuell: Dieses Adjektiv beschreibt alles, was mit dem Verfahren der Strafverfolgung zusammenhängt. Dazu gehören die Regeln und Abläufe, wie Ermittlungen durchgeführt werden, wie Beweise gesammelt werden und wie das Gericht über Schuld oder Unschuld entscheidet. Es umfasst alle Phasen von der Anklage bis zur Urteilsverkündung.
- Waffengleichheit: Dieser Grundsatz besagt, dass beide Parteien eines Gerichtsverfahrens die gleichen Möglichkeiten zur Information und Verteidigung haben sollen. Dies ist wichtig, um ein faires Verfahren zu garantieren. Im Kontext des Falles bedeutet das, dass die Möglichkeit zur Verteidigung der Beschuldigten nicht durch Sprachbarrieren beeinträchtigt werden darf.
- Telefonüberwachung (TKÜ): Die Telefonüberwachung ist eine Maßnahme der Strafverfolgungsbehörden, bei der Telefonate abgehört und aufgezeichnet werden, um Beweise zu sammeln. Dabei handelt es sich um einen tiefen Eingriff in die persönliche Privatsphäre, weshalb sie nur unter strengen gesetzlichen Voraussetzungen durchgeführt werden darf. Die abgehörten Gespräche werden protokolliert und können im Strafverfahren verwendet werden.
- Akteneinsicht: Das Recht auf Akteneinsicht erlaubt es Beschuldigten in Strafverfahren, die gegen sie vorliegenden Beweise und Ermittlungsakten einzusehen. Dieses Recht sichert, dass sie sich über den Stand der Ermittlungen informieren und eine angemessene Verteidigungsstrategie entwickeln können. Anwälte können bei der Einsichtnahme helfen und die relevanten Dokumente erläutern.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB (Betrug): Der Betrugstatbestand nach § 263 StGB erfasst Verhaltensweisen, bei denen durch Täuschung über Tatsachen ein Irrtum erregt oder aufrechterhalten wird, der zu einem Vermögensschaden bei einem anderen führt. Besonders schwere Fälle sind in Absatz 3 geregelt, die mit einer höheren Strafe bedroht sind. Hierunter fällt beispielsweise der gewerbsmäßige Betrug.Im vorliegenden Fall steht die Beschwerdeführerin unter dem Verdacht, durch Täuschung Dritte geschädigt zu haben, was zur Anordnung der Untersuchungshaft geführt hat. Der Betrugsvorwurf bildet die Grundlage für die Ermittlungen und die richterlichen Maßnahmen.
- § 100a StPO (Telekommunikationsüberwachung): Nach § 100a StPO kann die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation angeordnet werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine in der Norm aufgeführte schwere Straftat, wie zum Beispiel schweren Betrug, begangen hat. Diese Maßnahme muss durch einen Richter angeordnet werden und ist nur zulässig, wenn andere Ermittlungsmaßnahmen weniger erfolgversprechend erscheinen.Im Fall der Beschwerdeführerin wurden solche Maßnahmen aufgrund des Verdachts des Betruges angeordnet, wodurch Gesprächsaufzeichnungen entstanden, die auch in einer Fremdsprache erfolgten und später teilweise übersetzt wurden.
- § 147 StPO (Akteneinsicht): Gemäß § 147 StPO hat der Verteidiger eines Beschuldigten das Recht auf Einsicht in die Ermittlungsakten, um die Verteidigung wirksam vorbereiten zu können. Dies umfasst auch den Zugang zu den bei den Ermittlungen gewonnenen Beweismitteln.Im vorliegenden Fall beantragte der Verteidiger der Beschwerdeführerin ergänzende Akteneinsicht und Zugang zu den übersetzten Gesprächsprotokollen der Überwachung, was zur Überprüfung des Haftgrundes und zur Vorbereitung einer Haftbeschwerde dient.
- § 185 GVG (Beeidigung von Dolmetschern): Der § 185 GVG stellt sicher, dass für die Verständigung fremdsprachiger Beschuldigter im Strafprozess beeidigte Dolmetscher zugezogen werden. Dies gewährleistet, dass die Beschuldigten ihre Rechte vollumfänglich wahrnehmen können und ihre Verteidigung strategisch sinnvoll vorbereiten können.Im vorliegenden Fall wurde der Beschwerdeführerin ein Dolmetscher für die russische Sprache zu Gesprächen mit ihrem Verteidiger beigeordnet, um sicherzustellen, dass sie die Vorgänge und Rechtsanweisungen vollständig versteht.
- EU-Richtlinie 2010/64/EU (Recht auf Dolmetschleistungen): Diese EU-Richtlinie garantiert, dass Verdächtige oder Beschuldigte in Strafverfahren, die die Sprache des Verfahrens nicht verstehen oder sprechen, das Recht auf kostenfreie Sprachmittlung und Übersetzungen wesentlicher Unterlagen haben. Dies soll einen fairen Prozess und die Wahrung der Verteidigungsrechte sichern.Die Verteidigung der Beschwerdeführerin forderte auf Grundlage dieser Richtlinie die kostenfreie Übersetzung der aufgezeichneten Gespräche ins Deutsche, um effektiv überprüfen zu können, ob durch die Übersetzungen wesentliche Inhalte korrekt wiedergegeben wurden und zur Grundlage der Haftentscheidung gemacht werden können.
Das vorliegende Urteil
LG Nürnberg-Fürth – Az.: 18 Qs 41/24 – Beschluss vom 02.09.2024
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