Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Verkehrsunfallflucht: Drastische Konsequenzen und rechtliche Folgen im Blick
- Der Fall vor Gericht
- Landgericht Dresden hebt Führerscheinbeschlagnahme nach Unfallflucht auf
- Streit um Bedeutung der Schadenshöhe für Führerscheinentzug
- Landgericht passt Wertgrenze für bedeutenden Schaden an Inflation an
- Mathematische Herleitung der neuen Wertgrenze
- Keine Grundlage für Führerscheinentzug bei geringerem Schaden
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Ab welcher Schadenshöhe droht bei Unfallflucht der Führerscheinentzug?
- Welche Rolle spielt die Inflation bei der Bewertung des Unfallschadens?
- Was passiert nach einer Unfallflucht mit meinem Führerschein?
- Wie wird die Schadenshöhe bei einem Verkehrsunfall rechtlich ermittelt?
- Was kann ich gegen eine Führerscheinbeschlagnahme unternehmen?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Dresden
- Datum: 15.09.2023
- Aktenzeichen: 17 Qs 66/23
- Verfahrensart: Beschwerdeverfahren gegen Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis
- Rechtsbereiche: Strafprozessrecht, Straßenverkehrsrecht
Beteiligte Parteien:
- Angeklagter: Der Angeklagte legte Beschwerde gegen einen Beschluss des Amtsgerichts Dresden ein, der die vorläufige Entziehung seiner Fahrerlaubnis und die Beschlagnahme seines Führerscheins anordnete. Der Angeklagte argumentierte, dass der durch den Unfall entstandene Schaden mit 1.700 EUR Netto unterhalb der Schwelle von 1.800 EUR liege, die für einen bedeutenden Schaden notwendig wäre.
- Amtsgericht Dresden: Das Gericht rechtfertigte ursprünglich die Entziehung der Fahrerlaubnis durch die Annahme, dass im Sinne der bisherigen Kommentierung ein Schaden von 1.700 EUR netto als bedeutend anzusehen sei.
- Staatsanwaltschaft: Diese beantragte, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
- Geschädigte: Plant eine Reparatur des Schadens, der noch nicht durchgeführt wurde.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Angeklagte erhielt einen Strafbefehl wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort, woraufhin das Amtsgericht Dresden die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis und die Beschlagnahme seines Führerscheins anordnete. Der Netto-Sachschaden wurde auf 1.700 EUR geschätzt. Der Angeklagte legte Einspruch gegen die Anordnung ein.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob der entstandene Sachschaden von 1.700 EUR als bedeutend anzusehen ist, um die Fahrerlaubnis vorläufig zu entziehen. Hierbei waren wirtschaftliche Entwicklungen, insbesondere die Inflation und die daraus resultierende Anpassung der Wertgrenze für Schadenhöhe, ausschlaggebend.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Beschwerde des Angeklagten wurde zugelassen und der Beschluss des Amtsgerichts Dresden hinsichtlich der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis wurde aufgehoben.
- Begründung: Das Gericht stellte fest, dass die gesetzliche Voraussetzung eines bedeutenden Schadens nicht erfüllt ist, da nach Berücksichtigung der Inflation ein Schaden unterhalb 1.800 EUR nicht als bedeutend anzusehen ist und daher die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ungerechtfertigt war.
- Folgen: Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Die Entscheidung klärt, dass bei der Beurteilung eines bedeutenden Schadens die Anpassung an die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung notwendig ist. Der Angeklagte erhält seine Fahrerlaubnis zurück, da die rechtliche Grundlage für die vorläufige Entziehung nicht gegeben war.
Verkehrsunfallflucht: Drastische Konsequenzen und rechtliche Folgen im Blick
Verkehrsunfallflucht, oft auch als Fahrerflucht bezeichnet, stellt ein ernstes problematisches Verhalten im Straßenverkehr dar. Wer nach einem Unfall den Ort des Geschehens verlässt, macht sich nicht nur strafbar, sondern riskiert auch schwerwiegende rechtliche Konsequenzen. Insbesondere die gesetzliche Regelung bezüglich der Wertgrenze von 1.800 Euro spielt eine zentrale Rolle: Übersteigt der verursachte Schadenshöhe diesen Betrag, zieht die Unfallflucht oftmals drastische Strafen nach sich, die von Bußgeldern bis hin zu Freiheitsstrafen reichen können.
In der Praxis bedeutet dies, dass Betroffene sich in einem derartigen Fall nicht nur mit Verwarnungen, sondern auch möglichen Strafanzeigen auseinandersetzen müssen. Zudem kann die Frage der Haftung und die Rolle der Versicherung bei der Schadensregulierung entscheidend sein. Im Folgenden wird ein konkreter Fall beleuchtet, der die verschiedenen Aspekte von Verkehrsunfallflucht und deren rechtliche Konsequenzen anschaulich präsentiert.
Der Fall vor Gericht
Landgericht Dresden hebt Führerscheinbeschlagnahme nach Unfallflucht auf
Bei einem Verkehrsunfall am 20. Januar 2023 entstand ein Sachschaden von 1.700 Euro netto (2.023 Euro brutto). Der Unfallverursacher entfernte sich unerlaubt vom Unfallort, woraufhin das Amtsgericht Dresden einen Strafbefehl wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort erließ. Gleichzeitig ordnete das Gericht die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis an und verfügte die Beschlagnahme des Führerscheins.
Streit um Bedeutung der Schadenshöhe für Führerscheinentzug
Der Angeklagte legte durch seinen Verteidiger Beschwerde gegen die Führerscheinbeschlagnahme ein. Die zentrale Frage des Verfahrens war, ob ein Bedeutender Schaden im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB vorlag. Der Verteidiger argumentierte, dass bei der Bewertung der Schadenshöhe die wirtschaftliche Entwicklung und insbesondere die Inflation zu berücksichtigen sei. Das Amtsgericht Dresden verwies in seiner Nichtabhilfeentscheidung auf aktuelle Kommentierungen und sah einen bedeutenden Schaden als gegeben an.
Landgericht passt Wertgrenze für bedeutenden Schaden an Inflation an
Das Landgericht Dresden gab der Beschwerde statt und hob den Beschluss zur vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis auf. In seiner Begründung verwies das Gericht auf die Notwendigkeit der Anpassung der Wertgrenzen an die wirtschaftliche Entwicklung. Unter Berücksichtigung der Teuerungsraten der vergangenen Jahre – 8,7 % im Januar 2023, 7,9 % im Jahr 2022, 3,1 % im Jahr 2021 und 0,5 % im Jahr 2020 – setzte das Gericht die aktuelle Wertgrenze für einen bedeutenden Schaden auf 1.800 Euro fest.
Mathematische Herleitung der neuen Wertgrenze
Das Landgericht Dresden nahm eine detaillierte Berechnung vor: Ausgehend von einer Grenze von 1.500 Euro aus dem Jahr 2019 wurde der Wert entsprechend der jährlichen Inflationsraten bis 2023 fortgeschrieben. Alternativ bestätigte auch die Berechnung ausgehend von der 2005 vom Oberlandesgericht Dresden festgelegten Wertgrenze von 1.300 Euro unter Berücksichtigung aller seitdem erfolgten Teuerungsraten den neuen Grenzwert von 1.800 Euro.
Keine Grundlage für Führerscheinentzug bei geringerem Schaden
Da der im vorliegenden Fall festgestellte Netto-Sachschaden von 1.700 Euro unter der neu festgelegten Wertgrenze von 1.800 Euro lag, fehlte es nach Auffassung des Landgerichts an den Voraussetzungen für eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis. Das Gericht berücksichtigte dabei auch, dass zum Entscheidungszeitpunkt noch keine Reparatur erfolgt war. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden der Staatskasse auferlegt.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Landgericht Dresden hat die Wertgrenze für einen „bedeutenden Schaden“ bei Unfallflucht auf 1.800 Euro angehoben und dabei erstmals die Inflation systematisch berücksichtigt. Damit wurde klargestellt, dass die Grenze für den Führerscheinentzug nicht statisch ist, sondern regelmäßig an die wirtschaftliche Entwicklung angepasst werden muss. Diese Entscheidung schafft mehr Rechtssicherheit bei der Beurteilung, wann nach einer Unfallflucht der Führerschein entzogen werden kann.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie einen Verkehrsunfall verursachen und sich unerlaubt vom Unfallort entfernen, droht Ihnen nicht automatisch der Führerscheinentzug – selbst wenn der Schaden erheblich erscheint. Bei einem Sachschaden unter 1.800 Euro kann Ihnen die Fahrerlaubnis nicht allein wegen der Schadenshöhe entzogen werden. Beachten Sie dabei, dass es auf den Netto-Schaden ankommt, also den Betrag ohne Mehrwertsteuer. Wenn Sie von einer vorläufigen Führerscheinentziehung betroffen sind, lohnt es sich, die genaue Schadenshöhe prüfen zu lassen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einzuleiten.
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Die konkrete Schadenshöhe bei einer Unfallflucht kann über den Erhalt Ihrer Fahrerlaubnis entscheiden – gerade im Grenzbereich um 1.800 Euro ist eine präzise rechtliche Bewertung ausschlaggebend. Unsere Anwälte prüfen für Sie, ob die Voraussetzungen für einen Führerscheinentzug tatsächlich vorliegen und entwickeln eine maßgeschneiderte Strategie zum Erhalt Ihrer Mobilität. Mit langjähriger Erfahrung im Verkehrsrecht unterstützen wir Sie bei der Durchsetzung Ihrer Rechte. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Ab welcher Schadenshöhe droht bei Unfallflucht der Führerscheinentzug?
Bei einer Unfallflucht droht der Führerscheinentzug ab einer Schadenshöhe von 1.300 Euro. Dieser Wert wurde jedoch von einigen Gerichten aufgrund der allgemeinen Preisentwicklung angepasst. So setzen manche Gerichte die Grenze mittlerweile bei 1.500 Euro oder sogar bei 1.800 Euro an.
Rechtliche Grundlagen und Voraussetzungen
Der Führerscheinentzug erfolgt nicht automatisch. Zwei wichtige Voraussetzungen müssen erfüllt sein: Sie müssen sich unerlaubt vom Unfallort entfernt haben und dabei wissen oder hätten wissen müssen, dass ein bedeutender Schaden entstanden ist.
Aktuelle Schadensgrenzen und Konsequenzen
Die Konsequenzen staffeln sich nach der Schadenshöhe:
- Bei Schäden bis 600 Euro erfolgt in der Regel kein Führerscheinentzug.
- Bei Schäden zwischen 601 und 1.300 Euro droht ein Fahrverbot von maximal drei Monaten.
- Ab 1.300 Euro kann die Fahrerlaubnis für sechs bis zwölf Monate entzogen werden.
Besondere Faktoren
Die Entscheidung über den Führerscheinentzug hängt nicht allein von der Schadenshöhe ab. Das Gericht berücksichtigt auch die Erkennbarkeit des Schadens für Sie als Unfallverursacher. Bei Personenschäden droht unabhängig von der Schadenshöhe immer der Führerscheinentzug für mindestens zwölf Monate.
Welche Rolle spielt die Inflation bei der Bewertung des Unfallschadens?
Die Inflation hat einen direkten Einfluss auf die Bewertung von Unfallschäden, da sie sich unmittelbar auf Reparaturkosten und Schadenersatzleistungen auswirkt. Bei der Beurteilung eines „bedeutenden Schadens“ berücksichtigen Gerichte die allgemeine Preis- und Einkommensentwicklung.
Aktuelle Wertgrenzen und Inflationsanpassung
Die Wertgrenze für einen bedeutenden Schaden wurde auf 1.800 Euro angehoben, um der allgemeinen Preissteigerung Rechnung zu tragen. Diese Anpassung berücksichtigt die steigenden Kosten für Reparaturen, Ersatzteile und Arbeitsleistungen in den Werkstätten.
Auswirkungen auf Reparaturkosten
Die Schadeninflation zeigt sich besonders deutlich bei:
- Ersatzteilpreisen und Werkstattkosten mit einem Anstieg von etwa 8 Prozent im dritten Quartal 2023
- Lohnkosten, die im gleichen Zeitraum um 6,3 Prozent gestiegen sind
- Reparaturkosten, die sich von durchschnittlich 2.400 Euro im Jahr 2013 auf 3.700 Euro im Jahr 2023 erhöht haben
Praktische Bedeutung
Bei einem Verkehrsunfall müssen Sie beachten, dass die tatsächlichen Reparaturkosten durch inflationsbedingte Preissteigerungen deutlich höher ausfallen können als ursprünglich angenommen. Die Versicherungen passen ihre Schadenberechnungen entsprechend an und berücksichtigen dabei sowohl die allgemeine Inflation als auch die spezifische Schadeninflation in der jeweiligen Versicherungssparte.
Was passiert nach einer Unfallflucht mit meinem Führerschein?
Nach einer Unfallflucht droht die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, wenn ein dringender Tatverdacht für ein Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort nach § 142 StGB besteht.
Voraussetzungen für den Führerscheinentzug
Die Entziehung der Fahrerlaubnis hängt maßgeblich von der Schadenshöhe ab. Nach aktueller Rechtsprechung des Landgerichts Bielefeld liegt die Grenze für einen bedeutenden Schaden bei 1.800 Euro. Bei Schäden unterhalb dieser Grenze ist eine Entziehung der Fahrerlaubnis in der Regel nicht gerechtfertigt.
Ablauf der Führerscheinentziehung
Der Führerschein kann bereits am Unfallort von der Polizei sichergestellt oder beschlagnahmt werden. Die Sicherstellung erfolgt bei freiwilliger Herausgabe, die Beschlagnahme bei Verweigerung der Herausgabe. Das Gericht bestätigt diese Maßnahme dann durch einen Beschluss zur vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis.
Möglichkeit der tätigen Reue
Bei Unfällen außerhalb des fließenden Verkehrs mit nicht bedeutendem Sachschaden besteht die Möglichkeit der tätigen Reue durch nachträgliche Meldung des Unfalls. In solchen Fällen kann das Gericht die Strafe mildern oder von ihr absehen.
Rechtliche Folgen
Während der Beschlagnahme oder Sicherstellung des Führerscheins dürfen Sie kein Kraftfahrzeug führen. Ein Verstoß dagegen stellt eine weitere Straftat dar. Die endgültige Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis trifft das Gericht im Hauptverfahren, wobei es prüft, ob Sie zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet sind.
Wie wird die Schadenshöhe bei einem Verkehrsunfall rechtlich ermittelt?
Die rechtliche Ermittlung der Schadenshöhe basiert auf dem Grundsatz der Naturalrestitution nach § 249 BGB. Dabei wird der Zustand, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde, mit dem tatsächlichen Zustand verglichen.
Grundlegende Berechnungsmethoden
Bei der Schadensberechnung kommen zwei zentrale Methoden zum Einsatz: Die Differenzmethode und die konkrete Schadensberechnung. Die Differenzmethode vergleicht das Vermögen vor und nach dem Unfall, während die konkrete Schadensberechnung auf tatsächlich nachweisbaren Kosten basiert.
Berücksichtigung der Mehrwertsteuer
Wenn Sie Ihr Fahrzeug reparieren lassen, können Sie die Bruttoreparaturkosten einschließlich Mehrwertsteuer geltend machen. Bei einer fiktiven Abrechnung ohne tatsächliche Reparatur sind nur die Nettoreparaturkosten erstattungsfähig.
Wirtschaftlicher Totalschaden
Ein wirtschaftlicher Totalschaden liegt vor, wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert um mindestens 30% übersteigen. In diesem Fall erhalten Sie den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwertes Ihres Fahrzeugs.
Wertminderung
Neben den reinen Reparaturkosten wird auch der merkantile Minderwert berücksichtigt. Dies ist der Wertverlust, den ein Fahrzeug allein durch die Tatsache erleidet, dass es in einen Unfall verwickelt war. Diese Wertminderung wird auch bei fiktiver Abrechnung berechnet.
Gutachterkosten
Die Kosten für ein Sachverständigengutachten sind erstattungsfähig, wenn der Schaden über der Bagatellgrenze liegt. Diese Grenze wird aktuell bei etwa 1.000 Euro angesetzt. Bei geringeren Schäden genügt in der Regel ein Kostenvoranschlag.
Aktuelle Rechtsprechung
Das Landgericht Hamburg hat 2023 entschieden, dass bei der Schadensermittlung die wirtschaftlichen Entwicklungen durch die Inflation zu berücksichtigen sind. Dies betrifft insbesondere die steigenden Reparaturkosten und veränderten Einkommensverhältnisse.
Was kann ich gegen eine Führerscheinbeschlagnahme unternehmen?
Gegen eine Führerscheinbeschlagnahme können Sie Beschwerde einlegen. Die Beschlagnahme muss aufgehoben werden, wenn der Grund dafür weggefallen ist oder das Gericht im Urteil die Fahrerlaubnis nicht entzieht.
Voraussetzungen für eine erfolgreiche Beschwerde
Bei einer Unfallflucht ist die Schadenshöhe entscheidend. Die Beschlagnahme ist nicht gerechtfertigt, wenn der entstandene Schaden unter 1.800 Euro liegt. Diese Wertgrenze wurde aufgrund der allgemeinen Preissteigerung und der Entwicklung der Reparaturkosten neu festgelegt.
Ablauf des Beschwerdeverfahrens
Die Beschwerde muss beim zuständigen Gericht eingereicht werden. Bei der Berechnung des Schadens werden nur zivilrechtlich erstattungsfähige Positionen berücksichtigt. Das Gericht prüft dann, ob die Voraussetzungen für eine Beschlagnahme noch vorliegen.
Rückgabe des Führerscheins
Der beschlagnahmte Führerschein ist zurückzugeben, wenn:
- der Richter die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ablehnt
- die Beschlagnahme aufgehoben wird
- das Gericht im Urteil die Fahrerlaubnis nicht entzieht
Bei einer Beschlagnahme ohne richterliche Entscheidung muss diese unverzüglich nachgeholt werden. Die Beschlagnahme ist nur bei Gefahr im Verzug ohne richterlichen Beschluss zulässig.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort
Eine Straftat nach § 142 StGB, die vorliegt, wenn sich ein Unfallbeteiligter vom Unfallort entfernt, ohne die erforderlichen Feststellungen seiner Person und seines Fahrzeugs zu ermöglichen. Die Wartezeit beträgt dabei mindestens „eine angemessene Zeit“ – in der Regel etwa 30 Minuten. Bei einem Parkrempler genügt meist das Hinterlassen einer Nachricht mit Kontaktdaten. Der Strafrahmen reicht von Geldstrafe bis zu 3 Jahren Freiheitsstrafe.
Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis
Eine behördliche Sofortmaßnahme nach § 111a StPO, bei der dem Beschuldigten vorläufig die Fahrerlaubnis entzogen wird, wenn dringende Gründe für die Annahme vorliegen, dass die Fahrerlaubnis später dauerhaft entzogen wird. Sie dient der Sicherheit im Straßenverkehr. Beispiel: Bei schweren Verkehrsdelikten wie Trunkenheitsfahrten oder Unfallfluchten mit bedeutendem Schaden.
Bedeutender Schaden
Ein unbestimmter Rechtsbegriff aus § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB, der eine Wertgrenze für die Schwere eines Schadens definiert. Übersteigt der verursachte Schaden diese Grenze, kann dies zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen. Die Grenze wird von Gerichten unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Entwicklungen regelmäßig angepasst – aktuell liegt sie bei etwa 1.800 Euro.
Beschwerde
Ein Rechtsmittel gegen gerichtliche Entscheidungen nach §§ 304 ff. StPO, mit dem die Überprüfung einer richterlichen Entscheidung durch das nächsthöhere Gericht erreicht werden kann. Die Beschwerde muss in der Regel binnen einer Woche eingelegt werden. Sie hat meist keine aufschiebende Wirkung, kann aber wie im vorliegenden Fall zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 111a StPO: Dieser Paragraph regelt die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis durch den Richter. Die Entziehung kann angeordnet werden, wenn dringende Gründe vorliegen, die darauf hindeuten, dass die Fahrerlaubnis dauerhaft entzogen wird. Hierbei handelt es sich um einen präventiven Schutzmechanismus, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu wahren. Im vorliegenden Fall wurde die Fahrerlaubnis zunächst vorläufig entzogen, da der Angeklagte des unerlaubten Entfernens vom Unfallort beschuldigt wurde.
- § 69 StGB: Dieser Paragraph beschäftigt sich mit der Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund von Straftaten. Er legt fest, dass jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen gilt, wenn er durch bestimmte Handlungen gravierende Verstöße begeht, die die Verkehrssicherheit gefährden. Der Fall behandelt die Frage, ob der Sachschaden von 1.700 EUR als „bedeutend“ zu werten ist, was eine Grundlage für die Annahme der Ungeeignetheit darstellt.
- § 467 Abs. 1 StPO: Dieser Paragraph regelt die Kostenentscheidung im Strafverfahren. Er legt fest, dass die Kosten des Verfahrens derjenigen Partei auferlegt werden, die unterliegt. Im vorliegen Fall wurden die Kosten der Rechtsmittelverfahren der Staatskasse auferlegt, nachdem die Beschwerde des Angeklagten aufgrund unzureichender Grundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis erfolgreich war.
- OLG Dresden, Beschluss v. 12.05.2005: Dieser Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden ist relevant, da er eine Wertgrenze für die Annahme eines bedeutenden Schadens festlegt, die in außergewöhnlichen Situationen angepasst werden kann. Der Beschluss impliziert, dass die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung, insbesondere die Inflation, bei der Bestimmung einer solchen Grenze berücksichtigt werden muss. Im Kontext des Falls argumentierte der Beschwerdeführer, dass der ermittelte Schaden von 1.700 EUR nicht die benötigte Grenze von 1.800 EUR überschreitet, um die Fahrerlaubnis vorläufig zu entziehen.
- Statistische Daten zur Inflation: Die Berücksichtigung der aktuellen Inflationsraten ist für die Festlegung der Grenze des bedeutenden Schadens entscheidend. Sie stellt sicher, dass die juristischen Bewertungen der Schadenshöhe realistisch und zeitgemäß bleiben. Im vorliegenden Fall war das Gericht der Ansicht, dass aufgrund der Inflation und der dadurch gestiegenen Werte eine neue Grenze von 1.800 EUR zu beachten ist, wodurch das vorliegende Schadensniveau von 1.700 EUR unterhalb dieser Grenze liegt.
Das vorliegende Urteil
LG Dresden – Az: 17 Qs 66/23 – Beschluss vom 15. September 2023
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