Übersicht
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Brandenburg
- Datum: 08.08.2024
- Aktenzeichen: 2 Ws 88/24
- Verfahrensart: Antrag auf gerichtliche Entscheidung
- Rechtsbereiche: Strafprozessordnung
Beteiligte Parteien:
- Antragsteller: Die Person, die den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg gestellt hat. Der Antragsteller versuchte, eine gerichtliche Prüfung bezüglich der Ablehnung der Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens zu erwirken, indem sie spezifische Tatsachen und Beweismittel zur Anregung einer öffentlichen Klage anführte.
- Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg: Diese Behörde erließ den angegriffenen Bescheid, der die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens ablehnte. Der Bescheid vom 22. April 2024 wurde vom Antragsteller angefochten.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Antragsteller erhob einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen einen Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg, der die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens ablehnte. Der Antrag sollte die Aufnahme von Ermittlungen oder eine öffentliche Klage anregen.
- Kern des Rechtsstreits: Der Kern des Rechtsstreits war, ob der Antrag auf gerichtliche Entscheidung den gesetzlichen Formvorschriften entsprach, um die Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft gerichtlich überprüfen zu lassen.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wurde als unzulässig verworfen.
- Begründung: Der Antrag entsprach nicht den gesetzlich erforderlichen Formvorschriften gemäß § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO. Die Begründung des Antrags war unzureichend, da sie nicht die notwendige geschlossene Sachdarstellung bot, die eine Schlüssigkeitsprüfung des Senats ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten ermöglicht hätte. Außerdem war unklar, ob die notwendigen Fristen gewahrt worden waren.
- Folgen: Da der Antrag unzulässig war, bleibt der Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft bestehen. Es wurde keine Kostenentscheidung getroffen.
Klageerzwingungsverfahren: Ein Blick auf Rechte und Fristen im Behördenstreit
Das Klageerzwingungsverfahren ist ein wichtiger Bestandteil der Verwaltungsgerichtsbarkeit und ermöglicht es Bürgern, gegen Entscheidungen und Untätigkeit von Behörden vorzugehen. In bestimmten Fällen, wenn eine Behörde ihrer Pflicht nicht nachkommt, können Betroffene einen Rechtsbehelf einlegen, um die gerichtliche Überprüfung der Angelegenheit zu erwirken. Dieses Verfahren hat seine eigenen Antragsvoraussetzungen, die es zu berücksichtigen gilt, um die Erfolgsaussichten einer Klage zu maximieren.
Im Rahmen dieses Verfahrens müssen Fristen eingehalten und gegebenenfalls ein Vorverfahren durchlaufen werden, bevor die Klageeinreichung beim zuständigen Gericht erfolgen kann. Die Beweisführung sowie die Unterstützung durch einen Rechtsanwalt spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle, um die Mandantenrechte zu wahren. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt und analysiert, um die Anwendung des Klageerzwingungsverfahrens zu verdeutlichen.
Der Fall vor Gericht
Formfehler bei Klageerzwingungsantrag führt zur Verwerfung
Das Oberlandesgericht Brandenburg hat einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid des Generalstaatsanwalts vom 22. April 2024 als unzulässig verworfen. Der zentrale Mangel lag in der unzureichenden Beachtung der gesetzlichen Formvorschriften nach § 172 StPO.
Mangelhafte Darstellung des Sachverhalts verhindert Prüfung
Die Antragsteller scheiterten an mehreren formellen Hürden. In ihrer Antragsschrift fehlte eine aus sich selbst heraus verständliche Schilderung des zugrundeliegenden Sachverhalts. Das Gericht bemängelte insbesondere die nur oberflächliche Darstellung der Vorermittlungen und der Gründe für die Ablehnung eines Tatverdachts. Wesentliche Beweismittel wie die Aussagen der Polizisten „Name 01“ und „Name 02“, die Auswertung des Funkverkehrs sowie ein Bericht über waffen- und munitionstechnische Untersuchungen vom 12. April 2023 wurden nur unzureichend wiedergegeben.
Strikte Anforderungen an Klageerzwingungsverfahren missachtet
Das Gericht betonte die strengen Formvorgaben für Klageerzwingungsanträge: Eine bloße Bezugnahme auf beigefügte Schriftstücke reicht nicht aus, wenn erst durch deren Inhalt eine geschlossene Sachdarstellung erreicht wird. Der Antrag muss vielmehr den Gang der Ermittlungen, den Inhalt der angegriffenen Bescheide und die Gründe deren behaupteter Unrichtigkeit in groben Zügen wiedergeben. Diese Informationen müssen es dem Senat ermöglichen, ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten eine Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen.
Fristwahrung nicht nachvollziehbar dargelegt
Ein weiterer formeller Mangel betraf die Darlegung der Fristwahrung. Zwar enthielt die Antragsschrift das Datum eines staatsanwaltschaftlichen Bescheids (22. Januar 2024) und den Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung (10. Februar 2024). Diese Angaben reichten dem Gericht jedoch nicht aus, um die Einhaltung der zweiwöchigen Beschwerdefrist nach § 172 StPO zu überprüfen. Das Oberlandesgericht betonte, dass die rechtzeitige Einlegung der Vorschaltbeschwerde vollständig im Antrag dargelegt werden muss.
Umfassende Darstellung des Ermittlungsergebnisses erforderlich
Das Gericht stellte klar, dass bei der Darstellung des Verfahrensgangs nicht nur einzelne, das Antragsbegehren stützende Erkenntnisse ausreichen. Vielmehr muss das gesamte Ermittlungsergebnis einschließlich aller für die objektive und subjektive Tatseite bedeutsamen Tatsachen mitgeteilt werden – auch solche, die dem Antragsbegehren möglicherweise entgegenstehen könnten. Dieser umfassenden Darstellungspflicht wurden die Antragsteller nicht gerecht.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht die strengen formalen Anforderungen an Klageerzwingungsverfahren: Ein erfolgreicher Antrag muss eine vollständige, aus sich selbst heraus verständliche Darstellung des Sachverhalts, der Ermittlungen und aller relevanten Beweismittel enthalten. Die bloße Bezugnahme auf Anlagen oder die selektive Darstellung von Ermittlungsergebnissen reicht nicht aus. Besonders wichtig ist auch der Nachweis der Fristwahrung – die reine Angabe von Daten genügt nicht, wenn die Einhaltung der Fristen daraus nicht zweifelsfrei hervorgeht.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie gegen die Einstellung eines Strafverfahrens vorgehen möchten, müssen Sie bei der Antragstellung äußerst sorgfältig vorgehen. Ihr Antrag muss wie ein eigenständiges Dokument lesbar sein und alle wichtigen Informationen enthalten – von der lückenlosen Beschreibung des Vorfalls bis hin zu sämtlichen Beweisen. Verlassen Sie sich nicht darauf, dass das Gericht Ihre beigefügten Unterlagen durchsieht. Achten Sie besonders auf die Fristen: Dokumentieren Sie genau, wann Sie welche Schreiben erhalten und verschickt haben. Lassen Sie sich am besten von einem Anwalt beraten, um keine formalen Fehler zu machen, die Ihre Erfolgschancen zunichtemachen.
Benötigen Sie Hilfe?
Bei einem Klageerzwingungsverfahren entscheiden oft juristische Details und formale Anforderungen über den Erfolg. Unsere erfahrenen Rechtsanwälte haben bereits zahlreiche Mandanten erfolgreich durch diesen komplexen Prozess begleitet und kennen die kritischen Erfolgsfaktoren. In einem persönlichen Gespräch analysieren wir Ihre individuelle Situation und zeigen Ihnen gangbare Wege auf. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche formalen Anforderungen muss ein Klageerzwingungsantrag erfüllen?
Ein Klageerzwingungsantrag unterliegt strengen formalen Voraussetzungen, die zwingend eingehalten werden müssen.
Form und Frist
Der Antrag muss schriftlich beim zuständigen Oberlandesgericht eingereicht werden. Die Antragsfrist beträgt einen Monat nach Bekanntgabe der Beschwerdeentscheidung durch die Generalstaatsanwaltschaft.
Anwaltliche Vertretung
Zwingend erforderlich ist die Unterzeichnung durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt. Eine Vertretung durch andere juristische Fachkräfte, wie etwa Rechtslehrer an Hochschulen, ist nicht ausreichend.
Inhaltliche Anforderungen
Die Antragsschrift muss eine vollständige und aus sich heraus verständliche Sachverhaltsdarstellung enthalten. Diese muss:
- Den kompletten Ermittlungsverlauf chronologisch darstellen
- Alle relevanten Tatsachen und Beweismittel aufführen
- Die Tatbestandsmerkmale der behaupteten Straftat in objektiver und subjektiver Hinsicht darlegen
- Den wesentlichen Inhalt der angegriffenen Bescheide wiedergeben
- Eine juristische Auseinandersetzung mit den Erwägungen der Strafverfolgungsbehörden enthalten
Darstellungsanforderungen
Die Sachverhaltsdarstellung muss so präzise und umfassend sein, dass das Gericht ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten eine Entscheidung treffen kann. Wenn Sie einen solchen Antrag stellen, müssen Sie jeden relevanten Verfahrensschritt konkret mit Datum angeben, etwa wann die Staatsanwaltschaft das Verfahren eingestellt hat und wann Sie die Beschwerde eingelegt haben.
Antragsberechtigung
Sie können einen Klageerzwingungsantrag nur stellen, wenn Sie als Verletzter der Straftat gelten und bereits zuvor einen Strafantrag gestellt haben. Dabei müssen Sie Ihre Verletzteneigenschaft im Antrag konkret darlegen und begründen.
Welche Fristen gelten beim Klageerzwingungsverfahren?
Im Klageerzwingungsverfahren müssen Sie mehrere wichtige Fristen beachten, die strikt einzuhalten sind. Das Verfahren läuft in mehreren Stufen ab, für die jeweils eigene Fristen gelten.
Frist für die Beschwerde
Nach Erhalt des Einstellungsbescheids der Staatsanwaltschaft haben Sie zwei Wochen Zeit, um Beschwerde einzulegen. Diese Frist beginnt mit der Bekanntmachung des Einstellungsbescheids. Die Beschwerde können Sie bei der Generalstaatsanwaltschaft oder mit fristwahrender Wirkung auch bei der Staatsanwaltschaft einreichen, die das Verfahren eingestellt hat.
Frist für den Klageerzwingungsantrag
Wenn die Beschwerde erfolglos bleibt, haben Sie einen Monat Zeit, um einen Klageerzwingungsantrag beim zuständigen Oberlandesgericht zu stellen. Diese Frist beginnt mit der Bekanntmachung der Beschwerdeentscheidung der Generalstaatsanwaltschaft.
Fristberechnung und Zustellung
Bei der Fristberechnung gilt § 43 StPO. Wenn der Einstellungsbescheid nur formlos mitgeteilt wurde, richtet sich der Fristbeginn nach § 130 BGB – entscheidend ist dann der Zeitpunkt, zu dem die Mitteilung in Ihren Machtbereich gelangt. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie tatsächlich von dem Schreiben Kenntnis genommen haben.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Falls Sie eine Frist unverschuldet versäumt haben, können Sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 44 ff. StPO beantragen. Über diesen Antrag entscheidet nach überwiegender Meinung das Oberlandesgericht. Eine Wiedereinsetzung kommt beispielsweise in Betracht, wenn Sie ohne eigenes Verschulden nicht in der Lage waren, von der Einstellungsentscheidung Kenntnis zu nehmen.
Besonderheiten bei wiederholter Einstellung
Bei einer wiederholten Einstellung nach Aufhebung der ersten Einstellungsverfügung beginnen die Fristen erneut zu laufen. Für die Zulässigkeit des Klageerzwingungsverfahrens kommt es dann nur darauf an, ob die formellen Voraussetzungen für die Beschwerde gegen die letzte Einstellungsverfügung erfüllt sind.
Wie muss der Sachverhalt im Klageerzwingungsantrag dargestellt werden?
Der Sachverhalt im Klageerzwingungsantrag muss in sich geschlossen und aus sich heraus verständlich dargestellt werden. Das bedeutet, dass das Oberlandesgericht allein aufgrund Ihres Antrags – ohne Einsicht in die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten – eine Entscheidung treffen können muss.
Inhaltliche Anforderungen
Sie müssen eine vollständige und in Einzelheiten reichende Sachverhaltsdarstellung vorlegen, die sämtliche Tatbestandsmerkmale der behaupteten Straftat sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht durch konkrete Lebensvorgänge ausfüllt. Wenn Sie beispielsweise einen Betrug anzeigen, müssen Sie nicht nur die Täuschungshandlung beschreiben, sondern auch den eingetretenen Vermögensschaden und die Bereicherungsabsicht des Täters darlegen.
Verfahrensablauf
In Ihrer Darstellung müssen Sie auch den Gang des Ermittlungsverfahrens schildern. Dazu gehört:
- Der wesentliche Inhalt der angegriffenen Bescheide
- Eine Auseinandersetzung mit den tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen der Strafverfolgungsbehörden
Eigenständige Verständlichkeit
Die Sachverhaltsdarstellung muss konkret und substantiiert sein. Verweise auf den Akteninhalt oder andere Schriftstücke reichen nicht aus. Stattdessen müssen Sie alle relevanten Informationen direkt im Antrag aufführen, damit das Gericht eine Schlüssigkeitsprüfung vornehmen kann.
Beweismittel
Neben der Sachverhaltsdarstellung müssen Sie auch die erforderlichen Beweismittel angeben. Führen Sie konkret auf, welche Beweise den von Ihnen geschilderten Sachverhalt stützen. Das können etwa Zeugenaussagen, Dokumente oder andere Beweismittel sein, die den Tatverdacht begründen.
Wie müssen Beweismittel im Klageerzwingungsantrag dargelegt werden?
Die Darlegung der Beweismittel im Klageerzwingungsantrag erfordert eine präzise und vollständige Dokumentation. Der Antrag muss eine eigenständige und aus sich heraus verständliche Darstellung aller relevanten Beweismittel enthalten.
Inhaltliche Anforderungen
Die Beweismittel müssen konkret jedem einzelnen Tatbestandsmerkmal zugeordnet werden. Eine bloße Auflistung oder ein pauschaler Verweis auf den Akteninhalt genügt nicht. Für jedes vorgebrachte Beweismittel muss erkennbar sein, welcher konkrete Umstand damit bewiesen werden soll.
Darstellung der Beweiskette
Der Antrag muss eine nachvollziehbare Verknüpfung zwischen den Beweismitteln und den zu beweisenden Tatsachen herstellen. Dabei ist eine kritische Auseinandersetzung mit der Beweiswürdigung der Staatsanwaltschaft erforderlich.
Formelle Gestaltung
Die Beweismitteldarstellung muss folgende Elemente beinhalten:
- Eine detaillierte Beschreibung jedes einzelnen Beweismittels
- Die Beweiskraft und Bedeutung für den Tatnachweis
- Eine Würdigung der Beweisqualität im Kontext des Gesamtgeschehens
Besondere Sorgfaltspflichten
Bei der Darstellung der Beweismittel ist zu beachten, dass das Oberlandesgericht ausschließlich auf Grundlage des Antrags entscheiden können muss. Eine lückenhafte oder unzureichende Darstellung der Beweismittel führt zur Unzulässigkeit des Antrags.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Klageerzwingungsverfahren
Ein besonderes Verfahren im deutschen Strafprozessrecht, das es Bürgern ermöglicht, die Erhebung einer Anklage gerichtlich durchzusetzen, wenn die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren eingestellt hat. Geregelt in § 172 Strafprozessordnung (StPO). Betroffene können damit die Entscheidung der Staatsanwaltschaft überprüfen lassen. Wichtig ist die Einhaltung strenger Formvorschriften und Fristen. Beispiel: Ein Einbruchsopfer ist mit der Einstellung der Ermittlungen nicht einverstanden und möchte eine Anklageerhebung erzwingen.
Vorverfahren
Eine dem eigentlichen Gerichtsverfahren vorgeschaltete Phase, in der zunächst Widerspruch gegen eine behördliche Entscheidung eingelegt werden muss. Dies dient der Selbstkontrolle der Verwaltung und der Entlastung der Gerichte. Gesetzlich geregelt in § 68 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Ein Beispiel wäre der Widerspruch gegen einen Bußgeldbescheid, bevor Klage erhoben werden kann.
Vorschaltbeschwerde
Ein notwendiger Zwischenschritt im Klageerzwingungsverfahren vor dem eigentlichen Antrag. Sie muss bei der übergeordneten Staatsanwaltschaft (Generalstaatsanwaltschaft) eingelegt werden. Geregelt in § 172 Abs. 1 StPO. Die Frist beträgt zwei Wochen nach Bekanntgabe der Einstellungsentscheidung. Erst nach Ablehnung dieser Beschwerde ist der Weg zum Oberlandesgericht möglich.
Sachverhaltsdarstellung
Die vollständige und nachvollziehbare Schilderung aller relevanten Tatsachen und Umstände eines Rechtsstreits. Sie muss aus sich selbst heraus verständlich sein und darf nicht nur auf andere Dokumente verweisen. Im Klageerzwingungsverfahren muss sie den kompletten Ermittlungsverlauf und alle wichtigen Beweise umfassen. Beispiel: Bei einem Verkehrsunfall müssen Unfallhergang, Beteiligte, Schäden und Zeugenaussagen detailliert beschrieben werden.
Schlüssigkeitsprüfung
Eine rechtliche Vorabprüfung durch das Gericht, ob der vorgetragene Sachverhalt – seine Richtigkeit unterstellt – den geltend gemachten Anspruch rechtfertigen würde. Das Gericht prüft dabei nur den Vortrag des Antragstellers, ohne bereits Beweise zu erheben. Beispiel: Bei einer Schadensersatzklage muss schlüssig dargelegt werden, dass der Beklagte eine Pflicht verletzt hat und dadurch ein Schaden entstanden ist.
Formvorschriften
Gesetzlich festgelegte Anforderungen an die äußere Form und den Inhalt von Rechtshandlungen und Schriftsätzen. Im Klageerzwingungsverfahren nach § 172 StPO besonders streng. Dazu gehören Fristen, Schriftform, notwendige Angaben und Begründungen. Bei Nichteinhaltung droht die Verwerfung als unzulässig. Beispiel: Ein Antrag muss schriftlich eingereicht werden und eine eigenständige, vollständige Sachverhaltsdarstellung enthalten.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 172 StPO (Antrag auf gerichtliche Entscheidung): Diese Vorschrift regelt, unter welchen Voraussetzungen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen einen Bescheid der Staatsanwaltschaft zulässig ist. Der Antrag muss die Fakten, die für die Erhebung der öffentlichen Klage oder die Anordnung von Ermittlungen sprechen, sowie die entsprechenden Beweismittel darlegen. Die Norm betont die Notwendigkeit einer klaren und nachvollziehbaren Schilderung des Sachverhalts, um dem Gericht die Prüfung der Schlüssigkeit zu ermöglichen.
Im vorliegenden Fall wurde der Antrag auf gerichtliche Entscheidung von dem Oberlandesgericht als unzulässig verworfen, da die Antragsschrift nicht die erforderlichen Informationen nach § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO beinhaltete und somit die gesetzlich geforderte Form nicht erfüllte. - § 173 StPO (Frist für die Beschwerde gegen Einstellungsbescheide): Dieses Gesetz legt fest, dass die Fristen für die Einlegung von Beschwerden gegen Bescheide der Staatsanwaltschaft strikt einzuhalten sind. Eine Beschwerde muss fristgerecht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Einstellungsbescheides eingereicht werden, um wirksam zu sein.
Im Fall wurde bemängelt, dass Antragsschrift nicht konkret darlegte, ob die Frist für die Beschwerde gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 StPO gewahrt wurde, was zur Unzulässigkeit des Antrags führte. - Meyer-Goßner/Schmitt, StPO: Dieses Standardkommentarwerk zur Strafprozessordnung bietet eine ausführliche Erläuterung der relevanten Vorschriften und deren Auslegung durch die Rechtsprechung. Es dient der Veranschaulichung, wie die Normen in der Praxis angewandt werden und welche Anforderungen an die Darstellung von Anträgen und deren Begründung zu stellen sind.
Das OLG bezieht sich in seiner Entscheidung auf die Ausführungen des Kommentars, um den Mangel an Schlüssigkeit und Vollständigkeit in der Antragsbegründung zu verdeutlichen und zu begründen, warum die Anforderungen nicht erfüllt wurden. - BVerfG, NJW 1988, 1773: Diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bestätigt die Notwendigkeit, dass die gesetzlichen Formvorschriften für Anträge zur Wahrung des rechtlichen Gehörs und zur Sicherstellung einer fundierten gerichtlichen Überprüfung eingehalten werden müssen. Sie stellt klar, dass ein Antrag nur dann berücksichtigt werden kann, wenn er alle erforderlichen Informationen enthält, um eine informierte Entscheidung zu ermöglichen.
Im vorliegenden Beschluss wurde verdeutlicht, dass die fristgerechte Einlegung und die angemessene Darlegung des Sachverhalts Voraussetzung für die Zulässigkeit des Antrags sind, was nicht hinreichend geschehen ist. - OLG Düsseldorf, StV 1983, 498: Diese Entscheidung befasst sich mit der Bedeutung der Formvorschriften des § 172 StPO und unterstreicht, dass eine bloße Bezugnahme auf weitere Dokumente nicht ausreicht, um die Formvorschrift zu erfüllen. Der Antrag muss in sich geschlossen und verständlich sein, ohne dass das Gericht auf externe Schriftstücke zurückgreifen muss.
Im konkreten Fall wurde kritisiert, dass der Antrag nur unzureichend die notwendigen Informationen enthielt und sich auf externe Quellen bezog, was eine Umgehung der gesetzlichen Formerfordernisse darstellt und zur Unzulässigkeit des Antrags führte.
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Das vorliegende Urteil
OLG Brandenburg – Az.: 2 Ws 88/24 – Beschluss vom 08.08.2024
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