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Strafbefehlsverfahrens nach Ablehnung des beschleunigten Verfahrens durch Amtsgericht

Wegen eines Formfehlers wurde ein Nötigungsverfahren gegen einen Mann vor dem Landgericht Flensburg eingestellt, doch das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein hob diese Entscheidung nun auf und verwies den Fall zurück. Der Angeklagte war ursprünglich zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil er sein Opfer genötigt haben soll. Nun muss sich das Landgericht erneut mit dem Fall befassen und prüfen, ob der Mann tatsächlich eine Straftat begangen hat.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Schleswig-Holstein
  • Datum: 08.11.2024
  • Aktenzeichen: 1 ORs SRs 67/24
  • Verfahrensart: Revision im Strafverfahren
  • Rechtsbereiche: Strafprozessrecht

Beteiligte Parteien:

  • Staatsanwaltschaft: Diese hat gegen die Entscheidung der III. Kleinen Strafkammer des Landgerichts Flensburg Revision eingelegt. Die Staatsanwaltschaft argumentierte, dass ein Eröffnungsbeschluss im Strafbefehlsverfahren nicht notwendig sei, selbst wenn zuvor ein Beschleunigtes Verfahren abgelehnt wurde.
  • Angeklagter: Vom Amtsgericht Flensburg wegen Nötigung zu einer Geldstrafe verurteilt. Er legte gegen dieses Urteil Berufung ein, die zur Einstellung des Verfahrens durch das Landgericht führte.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Das Amtsgericht Flensburg verurteilte den Angeklagten in erster Instanz wegen Nötigung. Nach Ablehnung eines beschleunigten Verfahrens entschied das Amtsgericht ohne Eröffnungsbeschluss im Strafbefehlsverfahren. Diese Entscheidung wurde durch die Berufung des Angeklagten vom Landgericht als verfahrensfehlerhaft eingestellt.
  • Kern des Rechtsstreits: Ob im Strafbefehlsverfahren nach der Ablehnung eines beschleunigten Verfahrens ein Eröffnungsbeschluss notwendig ist.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Urteil des Landgerichts Flensburg wurde aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an eine andere Kammer zurückverwiesen.
  • Begründung: Das Landgericht hat die Gesetzeslage falsch interpretiert. Im Strafbefehlsverfahren ist kein Eröffnungsbeschluss erforderlich, auch nicht nach der Ablehnung eines beschleunigten Verfahrens. Die Staatsanwaltschaft hat die Verfahrenshoheit und kann selbst entscheiden, wie sie mit dem Ermittlungsverfahren fortfährt.
  • Folgen: Das Verfahren muss neu verhandelt werden, die Kostenentscheidung wird ebenfalls neu getroffen. Das Urteil stärkt die Verfahrenshoheit der Staatsanwaltschaft und klärt den Ablauf bei Verfahrensarten im Strafrecht.

Komplexe Herausforderungen im Strafbefehlsverfahren: Ein exemplarischer Fall

Das Strafbefehlsverfahren ist ein wichtiges Instrument im deutschen Strafprozessrecht, das darauf abzielt, Gerichtsverfahren zu beschleunigen und zu vereinfachen. Es ermöglicht Staatsanwaltschaften und Gerichten, bei weniger schweren Strafen ein effizientes Verfahren durchzuführen, ohne eine vollständige Hauptverhandlung durchzuführen.

Die Strafprozessordnung (StPO) bietet verschiedene Möglichkeiten, wie ein beschleunigtes Verfahren oder ein Strafbefehlsverfahren ablaufen kann. Dabei spielen Faktoren wie die Schwere der Straftat, vorliegende Beweise und die Einschätzung des zuständigen Amtsgerichts eine entscheidende Rolle für den weiteren Verfahrensablauf und mögliche rechtliche Schritte der Verteidigung.

Der folgende Fall zeigt exemplarisch, wie kompliziert solche Rechtswege sein können und welche Herausforderungen sich bei der gerichtlichen Entscheidungsfindung ergeben können.

Der Fall vor Gericht


Oberlandesgericht korrigiert Verfahrenseinstellung im Fall einer Nötigung

Mann im Flur eines deutschen Wohnhauses, hält Gerichtsbrief, wirkt angespannt und besorgt.
Strafbefehlsverfahren und rechtliche Auseinandersetzung | Symbolfoto: Flux gen.

Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein hat ein Urteil des Landgerichts Flensburg aufgehoben, das ein Strafverfahren wegen eines vermeintlichen Verfahrenshindernisses eingestellt hatte. Der ursprünglich wegen Nötigung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 30 Euro verurteilte Angeklagte hatte gegen das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Flensburg Berufung eingelegt.

Rechtliche Auseinandersetzung um Verfahrensweg

Das Landgericht Flensburg hatte das Verfahren eingestellt, weil es einen Formfehler vermutete: Das Amtsgericht hatte nach Ablehnung eines beschleunigten Verfahrens im Strafbefehlsverfahren ohne Eröffnungsbeschluss entschieden. Die Staatsanwaltschaft legte daraufhin Revision ein und argumentierte, dass im Strafbefehlsverfahren kein Eröffnungsbeschluss erforderlich sei – auch nicht nach einer zuvor abgelehnten Durchführung des beschleunigten Verfahrens.

Stellung der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren

Das Oberlandesgericht bestätigte die Position der Staatsanwaltschaft und betonte deren Rolle als Herrin des Ermittlungsverfahrens. Die Staatsanwaltschaft behalte nach Ablehnung eines beschleunigten Verfahrens ihre volle Entscheidungsfreiheit über das weitere Vorgehen. Sie könne zwischen verschiedenen Optionen wählen: reguläre Anklageerhebung, erneuter Antrag im beschleunigten Verfahren oder Beantragung eines Strafbefehls. Diese Dispositionsbefugnis ende erst mit der Eröffnung des Hauptverfahrens oder – im Strafbefehlsverfahren – mit dem Erlass des Strafbefehls.

Korrektur der landgerichtlichen Rechtsauffassung

Das Oberlandesgericht stellte klar, dass die vom Landgericht angenommene Doppelte Beschleunigung des Verfahrens nicht vorliege. Nach Ablehnung des beschleunigten Verfahrens kehre der Fall in das Ermittlungsverfahren zurück, wodurch die Staatsanwaltschaft eine neue Sachentscheidung treffen könne. Die Rechte des Angeklagten seien dabei nicht beschnitten, da er nach Erlass eines Strafbefehls durch Einspruch eine Hauptverhandlung erwirken könne. Das Oberlandesgericht verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts Flensburg zurück.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil stellt klar, dass die Staatsanwaltschaft nach Ablehnung eines beschleunigten Verfahrens weiterhin die volle Entscheidungsgewalt über das weitere Vorgehen behält. Sie kann frei wählen, ob sie einen Strafbefehl beantragt, Anklage erhebt oder das Verfahren einstellt. Das Gericht kann der Staatsanwaltschaft nicht vorschreiben, welchen Verfahrensweg sie nach einer Ablehnung des beschleunigten Verfahrens wählen muss. Diese Entscheidung bleibt bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens in der Hand der Staatsanwaltschaft.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie von einem Strafverfahren betroffen sind, bedeutet dies für Sie mehr Flexibilität im Verfahrensablauf. Auch wenn zunächst ein beschleunigtes Verfahren gegen Sie beantragt wurde und dieses abgelehnt wird, kann die Staatsanwaltschaft noch einen Strafbefehl beantragen. Dies könnte für Sie vorteilhaft sein, da Sie bei einem Strafbefehl die Möglichkeit haben, durch einfachen Einspruch eine normale Hauptverhandlung zu erreichen. Sie müssen sich aber darauf einstellen, dass die Staatsanwaltschaft verschiedene Verfahrenswege wählen kann und diese Entscheidung allein bei ihr liegt.

Benötigen Sie Hilfe?

Verunsichert durch ein Strafbefehlsverfahren?

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig-Holstein zeigt, wie komplex Strafverfahren sein können und welche Möglichkeiten die Staatsanwaltschaft hat. Gerade bei der Wahl des Verfahrensweges ist es wichtig, die eigenen Rechte zu kennen und strategisch klug vorzugehen.

Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Situation im Strafverfahren richtig einzuschätzen und die für Sie optimale Verteidigungsstrategie zu entwickeln. Dabei stehen wir Ihnen mit unserer Expertise zur Seite und beraten Sie umfassend über Ihre Handlungsoptionen.

Sprechen Sie uns an, um Ihre individuellen Fragen zu klären und gemeinsam die bestmögliche Lösung für Ihren Fall zu finden.

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist der Unterschied zwischen einem normalen Strafverfahren und einem Strafbefehlsverfahren?

Das Strafbefehlsverfahren unterscheidet sich grundlegend vom normalen Strafverfahren durch seinen vereinfachten, schriftlichen Ablauf ohne mündliche Hauptverhandlung.

Wesentliche Unterschiede im Verfahrensablauf

Im normalen Strafverfahren erfolgt nach Abschluss der Ermittlungen eine Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft, gefolgt von einer öffentlichen Hauptverhandlung mit Beweisaufnahme und mündlicher Verhandlung.

Im Strafbefehlsverfahren hingegen stellt die Staatsanwaltschaft einen schriftlichen Strafbefehlsantrag beim zuständigen Amtsgericht. Der Richter kann dann ohne Hauptverhandlung eine Entscheidung treffen.

Anwendungsbereich

Das Strafbefehlsverfahren ist nur bei Vergehen möglich, also bei Straftaten, die im Mindestmaß mit weniger als einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht sind. Typische Fälle sind:

  • Verkehrsdelikte wie Trunkenheit im Verkehr
  • Ladendiebstähle
  • Einfache Körperverletzung
  • Sachbeschädigung
  • Leistungserschleichung („Schwarzfahren“)

Besonderheiten der Rechtsfolgen

Im Strafbefehlsverfahren können nur bestimmte Strafen verhängt werden:

  • Geldstrafe ohne Begrenzung
  • Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, wenn diese zur Bewährung ausgesetzt wird und der Beschuldigte einen Verteidiger hat
  • Fahrverbot oder Entziehung der Fahrerlaubnis

Rechtliche Besonderheiten

Ein wichtiger Unterschied besteht in der Beweisanforderung: Während im normalen Strafverfahren die Schuld zur Überzeugung des Gerichts feststehen muss, genügt im Strafbefehlsverfahren ein hinreichender Tatverdacht.

Wenn Sie einen Strafbefehl erhalten, haben Sie zwei Wochen Zeit, um Einspruch einzulegen. Legen Sie keinen Einspruch ein, wird der Strafbefehl rechtskräftig und hat die gleiche Wirkung wie ein Urteil.

Verfahrensgarantien

Im normalen Strafverfahren haben Sie umfangreichere Verteidigungsmöglichkeiten durch:

  • Persönliche Anhörung
  • Unmittelbare Beweisaufnahme
  • Mündliche Verhandlung
  • Direktes Fragerecht

Im Strafbefehlsverfahren entfallen diese Verfahrensgarantien zunächst, können aber durch Einspruch nachgeholt werden.


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Welche Handlungsmöglichkeiten habe ich nach Erhalt eines Strafbefehls?

Nach Erhalt eines Strafbefehls stehen Ihnen zwei grundlegende Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung:

Akzeptanz des Strafbefehls

Wenn Sie den Strafbefehl akzeptieren, müssen Sie nichts weiter unternehmen. Der Strafbefehl wird nach Ablauf der Einspruchsfrist automatisch rechtskräftig. Dies bedeutet:

  • Die festgesetzte Geldstrafe muss bezahlt werden
  • Ein Eintrag ins Bundeszentralregister erfolgt
  • Eventuelle Nebenfolgen wie Fahrverbote oder Führerscheinentzug treten in Kraft

Einspruch gegen den Strafbefehl

Wenn Sie mit dem Strafbefehl nicht einverstanden sind, können Sie Einspruch einlegen. Dabei gilt:

  • Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen ab Zustellung des Strafbefehls
  • Der Einspruch muss schriftlich beim zuständigen Gericht eingehen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden
  • Ein Anruf oder eine E-Mail genügen nicht
  • Der Einspruch muss nicht begründet werden

Folgen des Einspruchs

Nach einem Einspruch gibt es verschiedene mögliche Entwicklungen:

Beschränkter Einspruch: Sie können den Einspruch auf bestimmte Punkte beschränken, etwa nur auf die Höhe der Tagessätze.

Unbeschränkter Einspruch: Bei einem vollumfänglichen Einspruch kommt es zu einer Hauptverhandlung vor Gericht. Dabei ist wichtig zu wissen, dass das Gericht auch eine höhere Strafe verhängen kann als im ursprünglichen Strafbefehl vorgesehen.

Wichtige Fristen und Termine

Die Zwei-Wochen-Frist ist besonders wichtig:

  • Sie beginnt mit dem Tag der Zustellung (Datum auf dem gelben Umschlag)
  • Fällt das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, verlängert sich die Frist bis zum nächsten Werktag
  • Der Einspruch muss vor Ablauf der Frist beim Gericht eingegangen sein – der Poststempel reicht nicht aus

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Welche Rolle spielt die Staatsanwaltschaft im Strafbefehlsverfahren?

Die Staatsanwaltschaft nimmt im Strafbefehlsverfahren eine zentrale Position ein und verfügt über weitreichende Kompetenzen. Sie ist die alleinige Antragstellerin für den Erlass eines Strafbefehls beim zuständigen Amtsgericht.

Initiativrecht und Antragstellung

Die Staatsanwaltschaft entscheidet nach Abschluss der Ermittlungen, ob sie einen Strafbefehlsantrag stellt. Der Antrag muss schriftlich erfolgen und bereits alle wesentlichen Inhalte des späteren Strafbefehls enthalten. Wenn Sie als Beschuldigter mit einem Strafverfahren konfrontiert sind, ist die Staatsanwaltschaft Ihre erste Ansprechpartnerin im Verfahren.

Entscheidungsfreiheit der Staatsanwaltschaft

Die Staatsanwaltschaft hat verschiedene Handlungsoptionen:

  • Sie kann einen Strafbefehlsantrag stellen
  • Sie kann Anklage erheben
  • Sie kann das Verfahren einstellen

Besondere Kompetenzen nach Ablehnung des beschleunigten Verfahrens

Wenn das Gericht ein beschleunigtes Verfahren ablehnt, erhält die Staatsanwaltschaft ihre volle Entschließungsfreiheit zurück. Sie kann dann:

  • Ein Strafbefehlsverfahren einleiten
  • Ein normales Hauptverfahren durchführen
  • Das Verfahren einstellen

Rechtsmittelbefugnis

Die Staatsanwaltschaft hat das Recht der sofortigen Beschwerde, wenn das Gericht den Erlass eines Strafbefehls ablehnt. Allerdings ist die Entscheidung des Gerichts für die Staatsanwaltschaft unanfechtbar, wenn der Strafbefehl antragsgemäß erlassen wurde.


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Ab welchem Zeitpunkt benötige ich einen Rechtsanwalt im Strafbefehlsverfahren?

Frühzeitiger Handlungsbedarf

Sobald Sie von einem möglichen Strafverfahren gegen Sie erfahren, ist der optimale Zeitpunkt für rechtlichen Beistand gekommen. Dies gilt insbesondere bei der ersten Kontaktaufnahme durch Ermittlungsbehörden oder dem Erhalt einer polizeilichen Vorladung.

Bedeutung der Akteneinsicht

Die Kenntnis der Ermittlungsakte ist für eine effektive Verteidigung fundamental wichtig. Nur ein Rechtsbeistand hat nach § 147 StPO das Recht auf Akteneinsicht. Ohne diese Information können Sie nicht wissen, welche Aussagen gegen Sie vorliegen und welche Beweise existieren.

Strategische Vorteile der frühen Intervention

Eine frühzeitige rechtliche Unterstützung ermöglicht es, bestimmte rechtliche Probleme rechtzeitig zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Dies kann dazu beitragen, dass das Verfahren bereits in einem frühen Stadium – unter Umständen gegen Auflagen – eingestellt wird. Im Strafbefehlsverfahren können viele Verfahrensziele auch ohne Hauptverhandlung erreicht werden, etwa die Reduzierung der Geldstrafe oder die Einstellung des Verfahrens gegen Auflagen.

Schutz vor Nachteilen

Die Tatsache, dass dem Richter im Strafbefehlsverfahren nur die Erkenntnisse aus der Ermittlungsakte zur Verfügung stehen, kann zu Fehlern im Strafbefehl führen. Eine frühzeitige Intervention kann verhindern, dass Sie sich durch unbedachte Äußerungen selbst belasten. Dies ist besonders wichtig, da im Strafbefehlsverfahren die Schuld des Täters nicht zur Überzeugung des Gerichts feststehen muss – es genügt bereits ein hinreichender Tatverdacht.


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Welche Folgen hat ein rechtskräftiger Strafbefehl?

Ein rechtskräftiger Strafbefehl steht einem rechtskräftigen Urteil gleich und hat mehrere bedeutende Konsequenzen.

Unmittelbare rechtliche Folgen

Der Strafbefehl wird sofort vollstreckbar. Wenn eine Geldstrafe verhängt wurde, muss diese bezahlt werden. Bei Nichtzahlung droht die Ersatzfreiheitsstrafe. Wurde ein Fahrverbot oder eine Fahrerlaubnisentziehung ausgesprochen, treten diese mit der Rechtskraft in Kraft.

Eintragung in Register

Jeder rechtskräftige Strafbefehl wird im Bundeszentralregister eingetragen. Die Eintragung im Führungszeugnis hängt von der Höhe der verhängten Strafe ab:

  • Bei einer erstmaligen Verurteilung zu einer Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen erfolgt keine Eintragung im Führungszeugnis.
  • Bei Geldstrafen über 90 Tagessätze wird die Verurteilung im Führungszeugnis eingetragen.
  • Bei einer zweiten Verurteilung wird auch eine niedrigere Strafe eingetragen.

Neue Regelungen ab April 2024

Ab dem 1. April 2024 gelten neue Regelungen für das Führungszeugnis:

Geldstrafen bis zu 60 Tagessätzen erscheinen grundsätzlich nicht mehr im Führungszeugnis, außer bei schweren Straftaten. Verurteilungen zu Geldstrafen von maximal 90 Tagessätzen oder Freiheitsstrafen bis zu drei Monaten werden nach drei Jahren aus dem Führungszeugnis getilgt.

Weitere Auswirkungen

Ein rechtskräftiger Strafbefehl kann Auswirkungen auf behördliche Genehmigungen haben. Bei Beamten wird der Dienstherr informiert und leitet in der Regel ein Disziplinarverfahren ein. In Zivilverfahren kann der Strafbefehl als Beweismittel verwendet werden.

Die Verurteilung durch Strafbefehl kann auch die berufliche Zukunft beeinflussen, da viele Arbeitgeber bei der Einstellung ein Führungszeugnis verlangen. Bei bestimmten Berufsgruppen oder Tätigkeiten, die eine behördliche Erlaubnis erfordern, kann ein Eintrag im Führungszeugnis zur Verweigerung oder zum Widerruf der Erlaubnis führen.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Strafbefehlsverfahren

Ein vereinfachtes Strafverfahren ohne Hauptverhandlung, bei dem das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft eine Strafe per schriftlichem Bescheid (Strafbefehl) festsetzt. Es ist in §§ 407 ff. StPO geregelt und kommt bei leichteren Straftaten in Betracht, bei denen keine höhere Strafe als ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung zu erwarten ist. Der Beschuldigte kann den Strafbefehl durch Einspruch anfechten, wodurch es zur regulären Hauptverhandlung kommt. Beispiel: Bei einem Ladendiebstahl kann statt einer Gerichtsverhandlung ein Strafbefehl mit einer Geldstrafe erlassen werden.


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Beschleunigtes Verfahren

Ein besonders schnelles Strafverfahren nach §§ 417 ff. StPO für einfach gelagerte Fälle mit klarer Beweislage. Es soll zeitnah zur Tat stattfinden und verzichtet auf bestimmte Förmlichkeiten des normalen Strafverfahrens. Die Staatsanwaltschaft kann es beim Amtsgericht beantragen, wenn eine Strafe von maximal einem Jahr Freiheitsstrafe zu erwarten ist. Beispiel: Ein Taschendieb wird auf frischer Tat ertappt und kann innerhalb weniger Tage vor Gericht gestellt werden.


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Nötigung

Eine Straftat nach § 240 StGB, bei der jemand einen anderen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zwingt. Die Gewalt kann sowohl körperlich als auch psychisch sein. Die Tat wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. Beispiel: Jemand droht einem anderen Schläge an, wenn dieser nicht sein Handy herausgibt.


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Herrin des Ermittlungsverfahrens

Eine zentrale Eigenschaft der Staatsanwaltschaft im Strafverfahren. Sie hat gemäß § 152 StPO die Leitung des Ermittlungsverfahrens inne und entscheidet eigenständig über das weitere Vorgehen, wie Anklageerhebung oder Verfahrenseinstellung. Die Staatsanwaltschaft kann Ermittlungsmaßnahmen anordnen und die Polizei mit Ermittlungen beauftragen. Beispiel: Die Staatsanwaltschaft entscheidet nach Abschluss der Ermittlungen, ob sie Anklage erhebt oder das Verfahren einstellt.


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Doppelte Beschleunigung

Ein rechtlicher Fachbegriff, der eine unzulässige Kombination zweier beschleunigter Verfahrensarten bezeichnet. Nach der Rechtsprechung dürfen vereinfachte Verfahrensarten wie das beschleunigte Verfahren und das Strafbefehlsverfahren nicht in einer Weise kombiniert werden, die die Verteidigungsrechte des Beschuldigten übermäßig einschränkt. Ein typisches Beispiel wäre der Versuch, nach Ablehnung eines beschleunigten Verfahrens automatisch in ein Strafbefehlsverfahren überzugehen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • §407 Absatz 1 StPO: Dieser Paragraph regelt die öffentliche Klage durch den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls im Strafbefehlsverfahren. Ein Strafbefehl ist eine vereinfachte Form des Urteils, bei dem das Gericht ohne Hauptverhandlung über die Schuld des Angeklagten entscheidet. Der Strafbefehl wird insbesondere bei geringfügigen Straftaten angewendet und ermöglicht eine schnellere Verfahrensabwicklung.Im vorliegenden Fall beantragt die Staatsanwaltschaft gemäß §407 Abs. 1 StPO den Erlass eines Strafbefehls nach der Ablehnung des beschleunigten Verfahrens. Die zentrale Streitfrage ist, ob hierfür ein Eröffnungsbeschluss erforderlich ist oder ob der Strafbefehl direkt erlassen werden kann.
  • §408 Absatz 2 StPO: Dieser Abschnitt beschreibt die Voraussetzungen und den Ablauf des Strafbefehlsverfahrens. Ein Strafbefehl kann erlassen werden, wenn keine Hauptverhandlung erforderlich ist, das heißt, wenn keine unbestrittenen Tatsachen vorliegen und keine Verfahrenshindernisse bestehen. Der Strafbefehl enthält die Anklagepunkte sowie die zu verhängende Sanktion.Im vorliegenden Urteil wurde die Frage geprüft, ob der Strafbefehl ohne einen Eröffnungsbeschluss im Anschluss an die Ablehnung des beschleunigten Verfahrens zulässig ist. Die Staatsanwaltschaft argumentierte, dass der Strafbefehl direkt nach Rücknahme des beschleunigten Verfahrens möglich sei.
  • §260 Absatz 3 StPO: Dieser Paragraph behandelt die Einstellung des Verfahrens aus formalen Gründen, auch bekannt als Prozesshindernis. Ein Verfahren kann gemäß §260 Abs. 3 StPO eingestellt werden, wenn rechtliche oder tatsächliche Hindernisse bestehen, die eine Fortsetzung des Verfahrens ausschließen.Das Landgericht Flensburg stellte das Verfahren nach §260 Abs. 3 StPO ein, da es der Ansicht war, dass ohne Eröffnungsbeschluss das Strafbefehlsverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Die Revisionsinstanz hob diese Entscheidung auf und wies das Verfahren zurück.
  • §333 StPO: Dieser Paragraph regelt die Zulässigkeit von Revisionen gegen Entscheidungen der Strafgerichte. Eine Revision kann vom Angeklagten oder der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, um eine gerichtliche Überprüfung der angefochtenen Entscheidung zu erreichen.In dem vorliegenden Fall wurde die Revision der Staatsanwaltschaft als zulässig anerkannt und mit Erfolg bewertet, wodurch die vorherige Entscheidung des Landgerichts Flensburg aufgehoben wurde.
  • §417 ff. StPO: Diese Paragraphen umfassen das beschleunigte Verfahren, welches dazu dient, Strafverfahren bei geringfügigen Straftaten schneller abzuwickeln. Das beschleunigte Verfahren beinhaltet die Möglichkeit eines Strafbefehls, erfordert jedoch eine formelle Ablehnung durch das Gericht, bevor ein reguläres Verfahren eingeleitet werden kann.Das Amtsgericht Flensburg lehnte die Durchführung des beschleunigten Verfahrens ab und leitete gemäß §408 Abs. 3 StPO ein Strafbefehlsverfahren ohne Eröffnungsbeschluss ein. Das Landgericht sah dies als Verfahrensfehler an, während die Revision darlegte, dass der Strafbefehl auch nach Rücknahme des beschleunigten Verfahrens zulässig ist.

Das vorliegende Urteil


Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – Az.: 1 ORs SRs 67/24 – Urteil vom 08.11.2024


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