OLG Braunschweig, Az.: 1 Ws 246/16, Beschluss vom 26.09.2016
Auf die Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss des Landgerichts Braunschweig vom 05. September 2016 – 7 Ns 70/16 – aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Angeklagten in diesem entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Gründe
I.
Mit Beschluss vom 27. Oktober 2015 erließ das Amtsgericht Wolfenbüttel gegen den Angeklagten einen auf den Haftgrund der Wiederholungsgefahr (§ 112a Abs. 1 Nr. 2 StPO) gestützten Haftbefehl, aufgrund dessen sich der Angeklagte ab dem 03. November 2015 in der JVA W. (Abt. B.) befand.
Mit Urteil des Amtsgerichts Wolfenbüttel vom 07. Januar 2016 (505 Ls 121 Js 11562/15) wurde der Angeklagte wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls in 2 Fällen, davon in einem Fall gemeinschaftlich handelnd, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt. Der Haftbefehl wurde aus den Gründen seines Erlasses nach Maßgabe des Ergebnisses der Hauptverhandlung aufrechterhalten.
Nachdem der Angeklagte Berufung eingelegt hatte, legte er mit Schreiben vom 29. März 2016 Haftbeschwerde verbunden mit dem Antrag ein, den Haftbefehl aufzuheben, äußerst hilfsweise diesen gegen Meldeauflagen außer Vollzug zu setzen.
Diese Beschwerde hat das Landgericht Braunschweig mit Beschluss vom 29. März 2016 als Haftprüfungsantrag ausgelegt, hat diesen zurückgewiesen und die Fortdauer der Untersuchungshaft beschlossen.
Die dagegen gerichtete Haftbeschwerde des Angeklagten hat der Senat mit Beschluss vom 09. Mai 2016 – 1 Ws 92/16 – als unbegründet verworfen (Bl. 30 ff. d. Beschwerdeheftes).
Die Kammer hat die Sache vom 17. August 2016 bis zum 5. September 2016 an insgesamt 4 Verhandlungstagen verhandelt. Am Ende des 1. Verhandlungstages hat die Kammer den Haftbefehl des Amtsgerichts Wolfenbüttel vom 27. Oktober 2015 aufgehoben, da die weitere Vollziehung der Untersuchungshaft nicht geboten sei, zumal auch keine Hinweise darauf vorlägen, dass der Angeklagte aktuell illegale Drogen konsumiere (Bl. 34 d. Beschwerdeheftes).
Der Angeklagte wurde daraufhin nach knapp 9-monatiger Untersuchungshaft entlassen und wohnte dann bei seinem Bruder. Zu den weiteren 3 Verhandlungstagen vor der Kammer ist der Angeklagte erschienen. Mit Urteil vom 05. September 2016 hat die Kammer die Berufung des Angeklagten verworfen. Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da der Angeklagte dagegen Revision eingelegt hat (Bl. 39 d. Beschwerdeheftes).
Durch nach der Urteilsverkündung ergangenen Beschluss vom 5. September 2016 hat die Kammer auf entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft erneut gegen den anwesenden Angeklagten Untersuchungshaft angeordnet. (Bl. 35 f. d. Beschwerdeheftes).
Der dringende Tatverdacht ergebe sich aufgrund der in der Berufungshauptverhandlung durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere aufgrund der an den Tatorten aufgefundenen DNA-Spuren an einer Mütze und an einer Taschenlampe und der Aussagen der in der Berufungshauptverhandlung vernommenen Zeugen.
Es bestehe der Haftgrund des § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO. Zur Begründung hat das Landgericht weiter ausgeführt:
„Aufgrund der einschlägigen Vorverurteilungen – der Angeklagte wurde am 26.09.2011 wegen gemeinschaftlichen Wohnungseinbruchsdiebstahls in 4 Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb und wegen gemeinschaftlichen schweren Bandendiebstahls in 12 Fällen, wobei es in 3 Fällen beim Versuch blieb, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren und 6 Monaten verurteilt und die Unterbringung nach § 64 StGB angeordnet. Die Strafe ist bislang nur teilweise vollstreckt und die Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt. Es droht die Erledigungserklärung der Maßregel und die Verbüßung des gesamten Strafrestes. Nunmehr ist der Angeklagte für zweifachen Wohnungseinbruchsdiebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt worden. Der Angeklagte hat daher eine insgesamt hohe Straferwartung. Er hat zurzeit keinen festen Wohnsitz, sondern wohnt lediglich bei seinem Bruder in B.. Einer geregelten Arbeitstätigkeit geht er nicht nach. Außerdem hat er familiäre Beziehungen in den Kosovo. Sein Neffe A. G. lebt dort. Er war auch während der Maßregelunterbringung zeitweise im Kosovo im Urlaub. Dagegen scheinen seine sozialen Bindungen in Deutschland, insbesondere zu seinem Bruder und zu seinem minderjährigen Sohn, der nicht bei ihm sondern bei der Kindsmutter lebt, nicht gefestigt genug. Es ist daher im Hinblick auf die hohe Straferwartung insgesamt zu befürchten, dass der Angeklagte sich dem weiteren Strafverfahren durch Flucht entziehen wird. Bei dieser Sachlage ist der Erlass des Haftbefehls nicht unverhältnismäßig.“
Der Angeklagte befindet sich seit dem 05. September 2016 (wieder) in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Braunschweig.
Gegen den genannten Beschluss vom 05. September 2016 hat der Angeklagte mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 06. September 2016, eingegangen beim Landgericht Braunschweig am selben Tag, Beschwerde eingelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung Bezug genommen (Bl. 40 ff. d. Beschwerdeheftes). Mit Beschluss vom 07. September 2016 hat das Landgericht Braunschweig der Beschwerde nicht abgeholfen und insoweit ausgeführt:
„Das Oberlandesgericht Braunschweig hat in seinem Beschluss vom 09.05.2016, Geschäftsnummer 1 Ws 92/16, den dringenden Tatverdacht bezüglich zweier Wohnungseinbruchsdiebstähle bejaht. Dieser dringende Tatverdacht hat sich aufgrund der durchgeführten Berufungshauptverhandlung noch weiter verfestigt. Neben den sich bereits aus der Akte ergebenden Beweistatsachen hat die Auswertung der retrograden Verbindungsdaten für den 22.03.2014 ergeben, dass das Handy des Angeklagten gegen 19:05 Uhr in einer Funkzelle in W., d.h. nahe der Autobahn zwischen H. und C. eingeloggt war und der Angeklagte sich daher kurz vor der Tat nicht weit vom Tatort aufgehalten hat.
Der Haftbefehl vom 05.09.2016 ist nicht auf den Haftgrund der Wiederholungsgefahr gestützt worden, wie dies noch bei dem Haftbefehl vom 27.10.2015 der Fall war, sondern auf den Haftgrund des § 112 Abs. 2 Nummer 2 StPO. Deshalb ist die Aufhebung des Haftbefehls vom 27.10.2015, die im Hinblick auf § 122 a StPO auf Unverhältnismäßigkeit gestützt wurde, auch kein Indiz für fehlende Haftvoraussetzungen des Haftbefehls vom 05.09.2016.
Nach Überzeugung der Kammer liegt jedenfalls seit Verkündung des Berufungsurteils Fluchtgefahr vor. Durch nicht rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Braunschweig ist die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Wolfenbüttel vom 07.01.2016 verworfen worden. Die hohe Straferwartung von 3 Jahren Freiheitsstrafe und der drohende Widerruf der Bewährungsstrafe rechtfertigt die Annahme von Fluchtgefahr. Soziale Bindungen in Deutschland sind demgegenüber eher zu vernachlässigen.“
Mit Schreiben vom 09. September 2016 hat die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Beschwerde des Angeklagten vom 06. September 2016 gegen den Haftbefehl des Landgerichts Braunschweig vom 05. September 2016 als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die nach § 304 Abs. 1 StPO zulässige Beschwerde des Angeklagten ist begründet.
Zwar ergibt sich der dringende Tatverdacht hinsichtlich des zweifachen Wohnungseinbruchsdiebstahls bereits aus der Verurteilung durch das Landgericht Braunschweig vom 5. September 2016; jedoch sind die Erwägungen der Kammer zum Haftgrund der Fluchtgefahr nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO im Ergebnis nicht geeignet, die (erneute) Anordnung der Untersuchungshaft zu rechtfertigen.
Untersuchungshaft im Sinne des § 112 StPO dient nicht der Vorwegnahme künftiger Strafhaft (Graf in KK, StPO, 7. Aufl., Rn. 12 vor § 112). Sie hat ausschließlich den Zweck, die Durchführung eines geordneten Strafverfahrens zu gewährleisten und die spätere Strafvollstreckung sicherzustellen (BVerfGE 32, 87, 93).
Zwar ist der Strafkammer darin beizupflichten, dass von einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren zuzüglich des zu erwartenden Widerrufs der Reststrafenaussetzung ein erheblicher Fluchtanreiz ausgeht. Diese hohe Straferwartung kann aber grundsätzlich nicht allein die Fluchtgefahr begründen (Graf, a.a.O., § 112, Rn. 19). Sie ist bei der Beurteilung der Fluchtgefahr vielmehr nur Ausgangspunkt für die Erwägung, ob der in ihr liegende Anreiz zur Flucht auch unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände so erheblich ist, dass die Annahme gerechtfertigt ist, der Angeklagte werde ihm wahrscheinlich nachgeben und flüchtig werden; dabei mögen diese weiteren Umstände ihr Gewicht verlieren, je höher die Strafe ist. Insgesamt müssen jedoch, wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes ergibt, „bestimmte Tatsachen“ vorliegen, die den Schluss rechtfertigen, der Angeklagte werde dem in der Straferwartung liegenden Fluchtanreiz nachgeben (OLG Köln, StV 1995, 419; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 112, Rn. 24 m.w.N.). Solche konkreten Tatsachen lassen sich in der Gesamtschau vorliegend indessen nicht feststellen.
Die Beurteilung der Fluchtgefahr erfordert insbesondere die Berücksichtigung der Lebensverhältnisse des Angeklagten und seines bisherigen Verhaltens während des Verfahrens (OLG Dresden, Beschluss vom 3. März 2009, 2 Ws 84/09, Rn. 9, zitiert nach juris); insoweit ist hier maßgeblich darauf abzustellen, dass sich der Angeklagte dem Verfahren auch vor dem Landgericht, also nach seiner Haftentlassung, gestellt hat.
In der Rechtsprechung besteht Einigkeit, dass die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 116 Abs. 4 Nummer 3 StPO entsprechende Anwendung findet, wenn erneut die Untersuchungshaft angeordnet wird, nachdem ein zuvor erlassener Haftbefehl zunächst gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt und danach aufgehoben wurde (OLG Dresden, NStZ- RR 2009,292; OLG Nürnberg, StV 2013, 519).
Diese Rechtsprechung zu § 116 Abs. 4 StPO verbietet es nicht nur, unter Aufhebung des außer Vollzug gesetzten Haftbefehls gleichzeitig einen neuen zu vollziehenden Haftbefehl wegen der alten prozessualen Tat zu erlassen (Graf a.a.O., § 116, Rn. 33), sondern auch, nach Aufhebung eines außer Vollzug gesetzten Haftbefehls, zeitlich später einen neuen Haftbefehl zu erlassen (OLG Dresden, a.a.O.).
Nach dieser Rechtsprechung gehört das in § 116 Abs. 4 StPO zum Ausdruck kommende Gebot, die Aussetzung des Vollzugs eines Haftbefehls nur dann zu widerrufen, wenn sich die Umstände im Vergleich zu der Beurteilungsgrundlage zur Zeit der Gewährung der Verschonung verändert haben, zu den bedeutsamsten (Verfahrens-) Garantien, deren Beachtung Art. 104 Abs. 1 Satz 1GG fordert und mit grundrechtlichem Schutz versieht. Ist ein Haftbefehl einmal unangefochten außer Vollzug gesetzt worden, so sei jede neue haftrechtliche Entscheidung, die den Wegfall der Haftverschonung zur Folge habe, nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des §§ 116 Abs. 4 StPO möglich. Der erneute Vollzug des Haftbefehls durch den Richter komme nach Nummer 3 jener Vorschrift nur dann in Betracht, wenn neu hervorgetreten Umstände die Verhaftung erforderlich machen. Dagegen könne eine lediglich andere Beurteilung des unverändert gebliebenen Sachverhalts einen Widerruf nicht rechtfertigen (BVerfG, StV 2006, 139ff.).
Demnach sind in entsprechender Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf den Fall des Neuerlasses eines Haftbefehls nach vorangegangener Aufhebung die Grenzen, innerhalb derer erneut Untersuchungshaft wegen neu hervorgetretener Umstände angeordnet werden kann, eng gesteckt. Denn das Gericht ist an seine Beurteilung der Umstände, auf denen die Aussetzung, vorliegend die Aufhebung, beruht, grundsätzlich gebunden (BVerfG, a.a.O.). Dabei sind „neu“ in diesem Sinne nachträglich eingetretene oder nach Erlass der Aufhebung des früheren Haftbefehls bekannt geworden Umstände nur dann, wenn sie die Gründe des Aufhebungsbeschlusses in einem so wesentlichen Punkt erschüttern, dass eine Aufhebung nicht erfolgt wäre, wenn sie bei der Entscheidung bereits bekannt gewesen wären; maßgeblich ist, ob die Vertrauensgrundlage der Aussetzung- oder Aufhebungsentscheidung erschüttert ist (BVerfG, a.a.O.; Meyer-Goßner, a.a.O., § 116 Rn. 28; OLG Nürnberg, Beschl. vom 20.03.2013, 2 Ws 127/13, Rn. 23, zitiert nach juris).
Zwar bezieht sich die genannte Rechtsprechung jeweils auf Fälle, bei denen sowohl der erste Haftbefehl als auch der zweite neu erlassene Haftbefehl auf dem Haftgrund der Fluchtgefahr beruhte. Die Rechtsprechung ist aber auch auf den hier vorliegenden Fall zu übertragen. Denn der Haftgrund der Wiederholungsgefahr gemäß § 112 a StPO ist subsidiärer Natur, so dass ein Haftbefehl darauf nur dann gestützt werden kann, wenn keiner der Haftgründe des § 112 StPO vorliegt oder der Vollzug eines nach dieser Vorschrift ergangenen Haftbefehls auszusetzen ist. Damit sind zunächst also immer die Voraussetzungen eines Haftbefehls nach § 112 zu prüfen. (Graf, a.a.O, § 112a StPO, Rn. 25). Es ist daher davon auszugehen, dass die Kammer am 17. August 2016 bei ihrer Entscheidung, den Haftbefehl des Amtsgerichts Wolfenbüttel aufzuheben, zu der Auffassung gelangt ist, dass sich der Angeklagte dem Verfahren stellen werde. Dieses in ihn gesetzte Vertrauen hat der Angeklagte nicht enttäuscht.
Die zweitinstanzliche Verurteilung des Angeklagten zu (erneut) einer Gesamtheitsstrafe von 3 Jahren als alleinigem nach der mit Beschluss vom 17. August 2016 erfolgten Aufhebung des Haftbefehls neu eingetretenen Umstand, rechtfertigt die Anordnung der neuen Untersuchungshaft gemäß der genannten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht nicht. Hierdurch haben sich die Umstände, die die Kammer ihrer Entscheidung vom 17. August 2016 zugrunde legte und mit der sie den Haftbefehl aufgehoben hat, nicht entscheidungserheblich geändert. Auch wenn der Angeklagte im Hinblick auf sein erklärtes Berufungsziel auf einen Freispruch hoffte und sich diese Hoffnung mit der Urteilsverkündung für diese Instanz zerschlagen hat, musste er trotz der Aufhebung des Haftbefehls am 17. August 2016 konkret mit einer Verurteilung rechnen. Denn sowohl die Kammer als auch der Senat hatten bei den vorangegangenen dargelegten Entscheidungen stets den dringenden Tatverdacht bejaht. Dennoch ist der Angeklagte zu allen Verhandlungsterminen und auch noch zur Urteilsverkündung erschienen, nachdem die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer bereits den Erlass eines Haftbefehls beantragt hatte.
Die Kammer hat durch ihre Beschlüsse vom 29. März 2016 und vom 17. August 2016 dokumentiert, dass nach ihrer Ansicht zu diesen Zeitpunkten keine Fluchtgefahr bestand, da sie andernfalls den Haftbefehl des Amtsgerichts Wolfenbüttel nicht aufrechterhalten (am 29. März 2016) bzw. aufgehoben (am 17. August 2016) sondern den Haftgrund ausgetauscht hätte. Zu diesen Zeitpunkten war der Kammer aber bereits bewusst, dass der Angeklagte über persönliche Beziehungen in den Kosovo verfügte, seinen dort lebenden Neffen während seiner Unterbringung im Maßregelvollzug besucht hat – und von dort jeweils wieder zurückgekehrt ist – und er auch keinen festen Wohnsitz bzw. feste Arbeitsstelle innehat. Diese Umstände sind somit nicht neu und können die Fluchtgefahr nicht begründen.
Neu hervorgetretene Umstände können sich auch nicht auf den dringenden Tatverdacht beziehen. Dieser ist bereits Grundvoraussetzung für Erlass- und Aufrechterhaltung jeden Haftbefehls (§ 112 Abs. 1 StPO). Demgemäß ist ohne Bedeutung, dass sich der der Anklage zugrunde gelegte dringende Tatverdacht durch eine Verurteilung bestätigt hat und somit noch „dringender“ geworden ist (BVerG, a.a.O., OLG Frankfurt, StraFO 2001, 144; OLG Nürnberg, a.a.O, Rn. 28).
Auch die Tatsache, dass der Angeklagte gegen das Urteil Revision eingelegt hat, erlaubt nicht den Schluss, der Angeklagte werde nunmehr dem Fluchtanreiz nachgeben und flüchtig werden. Im übrigen kann das Revisionsverfahren ohne Anwesenheit des Angeklagten durchgeführt werden (vergleiche §§ 349,350 StPO), weshalb es zu seiner Sicherung nicht der Inhaftierung des Angeklagten bedarf.
Damit weicht weder die Prognose der Kammer, die sowohl im Rahmen der Haftprüfung am 29. März 2016 als auch bei der Aufhebung des Haftbefehls am 17. August 2016 selbst als Haftgericht tätig war, bezüglich der Straferwartung zum Zeitpunkt der Aufhebung des Haftbefehls von ihrem späteren Rechtsfolgenausspruch ab, noch ist im Verhalten des Angeklagten eine Veränderung in dieser Zeit eingetreten, die zu einer anderen Beurteilung der Fluchtgefahr als der von der Strafkammer im Beschluss vom 17. August 2016 inzident zugrundegelegten führen könnte.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 467 StPO.