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Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln – Zeugenaussage eines „Aussagegehilfen“

OLG München – Az.: 5 St RR (I) 32/12 – Beschluss vom 31.07.2012

I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 15. März 2012 mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

II. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Augsburg zurückverwiesen.

Gründe

Die zulässige Revision des Angeklagten hat bereits mit der allgemeinen Sachrüge Erfolg, so dass der Senat über die Verfahrensrügen nicht mehr zu befinden hat. Die Beweiswürdigung ist lückenhaft, sie leidet an wesentlichen Erörterungsmängeln (§ 349 Abs. 4 StPO).

1. In einem Fall, in dem ein Angeklagter zwar nicht allein, aber doch überwiegend durch die Angaben eines anderen Tatbeteiligten überführt werden soll, müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass das Tatgericht alle entscheidungserheblichen Umstände erkannt, in seine Überlegungen einbezogen und im Rahmen einer Gesamtwürdigung gewürdigt hat (BGH NStZ-RR 2012, 148, 149; 2010, 352, 353; Senat, Beschluss vom 17. Februar 2010 – 5 St RR (I) 5/10 = BeckRS 2010 Nr. 30571).

Ein wesentlicher Gesichtspunkt hierbei ist, ob sich der tatbeteiligte Zeuge im Hinblick auf § 31 BtMG von seiner Aussage Vorteile versprochen hat. Bei einer „Aufklärungshilfe“ besteht nämlich die nicht fern liegende Gefahr, das der „Aufklärungsgehilfe“, der sich durch seine Aussage Vorteile verspricht, den nicht geständigen Angeklagten zu Unrecht belastet (BGH NStZ-RR 2003, 245; 2005, 88, 89; Senat aaO).

2. Diesen Anforderungen genügt die Beweiswürdigung der Strafkammer nicht.

a) Der Zeuge N. ist von der Polizei über die Möglichkeit einer Strafmilderung oder des Absehens von Strafe nach § 31 BtMG belehrt worden. Bei der Polizei habe er seinen Lieferanten benannt, bei der Haftbefehlseröffnung Abnehmer angegeben. Nach seiner Inhaftierung und einem Anwaltswechsel habe er dem neuen Anwalt zwei oder drei weitere Namen von Abnehmern genannt, darunter auch den Angeklagten. Er habe dem Anwalt auch mitgeteilt, dass er dem Angeklagten 10 g Amphetamin verkauft habe. Eigentlich habe der Anwalt den Namen des Angeklagten nicht weitergeben sollen, da er ihn schon ewig kenne (UA S. 5).

Diese Umstände hätten der Strafkammer Anlass geben müssen, zu prüfen, ob sich der Angeklagte durch eine wahrheitswidrige Belastung des Angeklagte Vorteile nach  § 31 BtMG verschaffen wollte. Dies umso mehr als die von dem Zeugen N. ebenfalls belasteten S. und L. (UA S. 5) freigesprochen worden waren (UA S. 6). Einer derartigen Überprüfung war die Strafkammer auch nicht deshalb enthoben, weil der Anwalt des Zeugen den Namen des Angeklagten eigentlich nicht hätte weitergeben sollen. Eine Weitergabe des Namens des Angeklagten an die Ermittlungsbehörden hat der Zeuge nicht sicher ausgeschlossen.

b) Eine Auseinandersetzung mit der Einlassung des Angeklagten, der die Tat nicht nur pauschal bestritten hat (UA S. 4), lässt die Beweiswürdigung der Strafkammer gänzlich vermissen (zu diesem Erfordernis BayObLGSt 2003, 94, 96, 97; OLG München, Beschluss vom 30. September 2009 – 4 St RR 132/09 = BeckRS 2010 Nr. 30555).

c) Die Strafkammer wäre schließlich gehalten gewesen, festzustellen, aus welchen Gründen L. und S. freigesprochen worden waren, um daraus ggf. Rückschlüsse auf die Glaubwürdigkeit des Zeugen N. ziehen zu können.

3. Das angefochtene Urteil kann deshalb keinen Bestand haben; es war mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufzuheben (§§ 337, 353 StPO). Die Sache war zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Augsburg zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 Satz 2 StPO).

 

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