LG Zweibrücken – Az.: Qs 71/12 – Beschluss vom 19.07.2012
Die Sache wird zur Bewirkung einer ordnungsgemäßen Zustellung des die Erzwingungshaft anordnenden Beschlusses an das Amtsgericht Zweibrücken zurückgegeben.
Gründe
Das Amtsgericht … hat gegen den Betroffenen Erzwingungshaft von vier Tagen angeordnet, weil er eine Geldbuße von 160.- Euro wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung nicht zahlte und keine Zahlungsunfähigkeit vorlag.
Der die Erzwingungshaft anordnende Beschluss ist dem Betroffenen nach einem Vermerk der Geschäftsstelle mit Zustellungsurkunde zugestellt worden.
Dagegen wendet sich der Betroffene mit seiner sofortigen Beschwerde.
An einer Sachentscheidung sieht sich die Kammer gehindert, weil die Zustellung der angefochtenen Entscheidung an den Betroffenen unwirksam ist.
Das ergibt sich aus § 36 Abs. 1 StPO, der nach § 46 OWiG auch im Bußgeldverfahren gilt. Nach dieser Vorschrift ordnet der Vorsitzende die Zustellung von Entscheidungen an und die Geschäftsstelle sorgt dafür, dass die Zustellung bewirkt wird. Entscheidungen, die einer Zustellung bedürfen, sind solche, durch deren Bekanntmachung eine Frist in Lauf gesetzt wird (vgl. LR-Graalmann-Scheerer, StPO 26. Auflage § 36 Rn. 3). Darunter entfällt die Anordnung der Erzwingungshaft, wogegen sofortige Beschwerde zulässig ist (§§ 96, 104 Abs. 3 Nr. 1 OWiG, § 311 Abs. 2 StPO). Diese Entscheidung hat der Bußgeldrichter des Amtsgerichts getroffen, so dass er auch selbst zur Anordnung der Zustellung berufen ist (vgl. Meyer-Goßner, StPO 55. Auflage § 36 Rn. 2). Die Anordnung muss in jedem Einzelfall schriftlich getroffen werden (Meyer-Goßner a.a.O. Rn. 3) woran es hier fehlt. Lässt man eine mündliche Anordnung genügen, muss diese im Zeitpunkt der Zustellung aktenkundig sein (LR-Graalmann-Scheerer a.a.O. Rn. 11), was auch nicht gegeben ist. Nach überwiegender Meinung muss der Vorsitzende nicht nur anordnen, dass die Entscheidung zugestellt werden soll, sondern aus Gründen der Rechtsklarheit und –sicherheit auch an wen und in welcher Form die Zustellung zu erfolgen hat (vgl. OLG Koblenz NStZ 1992, 194; OLG Düsseldorf NStZ-RR 1997, 332; LR-Graalmann-Scheerer a.a.O. Rn. 12 und Meyer-Goßner a.a.O. Rn. 4 m.w.N.). Der vom Amtsgericht nachgereichte Vermerk, es bestehe in Erzwingungshaftverfahren eine allgemeine richterliche Anordnung, Beschlüsse zuzustellen, genügt danach ebenfalls nicht. Die Übertragung richterlicher Befugnisse auf die Geschäftsstelle entspricht nicht dem Gesetzeszweck, wonach der Geschäftsstelle lediglich die Ausführung der Anordnung obliegt (vgl. Graalmann-Scheerer .a.a.O. Rn. 13; Meyer-Goßner a.a.O. Rn. 3). Nach alledem ist die Zustellung des die Erzwingungshaft anordnenden Beschlusses unwirksam. Die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde ist nicht in Lauf gesetzt worden.
Die Unwirksamkeit der Zustellung wird auch nicht durch den tatsächlichen Zugang der Entscheidung an den Betroffenen geheilt (OLG Celle NStZ-RR 2011, 45).
Die Sache war deshalb an das Amtsgericht zur ordnungsgemäßen Zustellung zurückzugeben.