Rechtsbeistand eines Zeugen im deutschen Strafprozessrecht
I. Einleitung
Was die Stellung eines Zeugen in einem Strafverfahren angeht, so ließe sich ein bekanntes Sprüchlein aus dem Volksmund sinngemäß umwandeln: „Zeuge werden ist nicht schwer, Zeuge sein dagegen sehr“. Ehe man sich versieht, gerät man in die Position eines Zeugen ohne eigentlich genau zu wissen, welche Rechte einem als Zeugen überhaupt zustehen und welche juristischen Fallstricke in dieser Verfahrensrolle mitunter drohen. Die Strafrechtsexperten der Rechtsanwaltskanzlei Kotz klären Sie im folgenden Beitrag über den sog. Zeugenbeistand auf, erläutern eine geplante Gesetzesänderung, die weitreichende Folgen für künftige Zeugen in Strafverfahren haben wird und geben Ihnen wertvolle Tipps, was Sie als Zeuge zu beachten haben und wie Sie Ihre Rechte am besten wahrnehmen und ggf. auch durchsetzen können.
II. Zeuge – was bedeutet das genau?
Der Zeuge ist eines von vier Beweismitteln, auf die im Strafverfahren zurückgegriffen werden kann. Zeuge i.S.d. §§ 48 ff. StPO ist eine Person, die in einer nicht gegen sie selbst gerichteten Strafsache ihre Wahrnehmung über Tatsachen durch Aussage kundgeben soll. Zeugnisfähig ist dabei grundsätzlich jeder lebende Mensch, unabhängig vom Alter und Geisteszustand.
III. Welche Pflichten hat ein Zeuge?
Der Zeuge hat u.a. eine Erscheinungspflicht, §§ 48, 51,161a Abs. 1 S. 1 StPO, eine Aussage- und Wahrheitspflicht, §§ 153 ff. StGB sowie unter gewissen Voraussetzungen eine Eidespflicht, § 59 Abs. 1 S. 1 StPO. Nach der noch geltenden Rechtslage ist es so, dass der Zeuge einer Vorladung der Polizei nicht folgen muss und somit gegenüber der Polizei auch nicht zu einer Aussage verpflichtet ist. Vorladungen der Staatsanwaltschaft bzw. des Ermittlungsrichters muss er jedoch stets Folge leisten. Durch das Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens sind einige Gesetzesänderungen der Strafprozessordnung geplant, die u.a. auch die Erscheinungspflicht der Zeugen betreffen (ausführlich dazu unser Beitrag unter Strafrecht-Infos: „StPO Änderung – Vorladung der Polizei“). Die uns in diesem Zusammenhang besonders interessierende Änderung betrifft den § 163 StPO, der die Aufgaben der Polizei im Ermittlungsverfahren regelt. Dabei soll der bisherige Absatz 3 der Norm durch die neuen Absätze 3 bis 7 ersetzt werden. Dazu heißt es in § 163 Abs. 3 StPO-E: „Zeugen sind verpflichtet, auf Ladung vor Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft zu erscheinen und zur Sache auszusagen, wenn der Ladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt.“ Somit werden Zeugen künftig verpflichtet sein, bereits polizeilichen Vorladungen zur Zeugenvernehmung Folge zu leisten, sofern sie sich nicht der Gefahr der Verhängung eines Ordnungsgeldes oder gar der Verhängung von Ordnungshaft bzw. der zwangsweisen Vorführung ausgesetzt sehen wollen. Dass die Verlagerung der Zeugenvernehmung damit von den Staatsanwaltschaften bzw. den Ermittlungsrichtern hin zu den Polizei erfolgt, birgt in jedem Fall für den „gefährdeten Zeugen“ (so bezeichnet man einen Zeugen, der Gefahr läuft, vom Zeugen zum Beschuldigten zu werden), als auch für einen „ungefährdeten Zeugen“ (ein Zeuge, dem unter keinen Gesichtspunkt eine Strafverfolgung droht) ein nicht zu unterschätzendes Risiko und eine gewisse Gefahr. Inwiefern Ihnen bereits an dieser Stelle die Strafrechtsexperten der Rechtsanwaltskanzlei Kotz behilflich sein können, erläutern wir Ihnen ausführlicher unter dem Gliederungspunkt V. Der Rechtsanwalt als Zeugenbeistand.
IV. Welche Rechte hat ein Zeuge?
Der Zeuge hat einerseits unter gewissen Voraussetzungen Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrechte (§§ 52 ff. StPO) sowie das Recht auf einen Rechtsbeistand. Die Zeugnisverweigerungsrechte können insofern unterschieden werden, als dass § 52 StPO ein Zeugnisverweigerungsrecht aufgrund naher Verbundenheit mit dem Beschuldigten (Verwandtschaft, Verlöbnis, etc.) gewährt, wohingegen sich die Zeugnisverweigerungsrechte der §§ 53, 53a StPO auf Zeugen beziehen, denen aus beruflichen Gründen ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht (z.B. Ärzten, Rechtsanwälten, Psychologen, etc.). Das Zeugnisverweigerungsrecht führt dazu, dass der Zeuge überhaupt keine Aussage zu machen braucht. Das Auskunftsverweigerungsrecht des § 55 StPO beinhaltet das Recht eines Zeugen, die Auskunft auf solche Fragen zu verweigern, mit denen er sich selbst oder einen nahen Angehörigen der Gefahr der Strafverfolgung aussetzen würde. Im Gegensatz zum (vollumfänglichen) Zeugnisverweigerungsrecht, gewährt das Auskunftsverweigerungsrecht dem Zeugen nur die Möglichkeit auf einzelne Fragen die Auskunft zu verweigern. Ferner hat der Zeuge das Recht auf einen Rechtsbeistand, genauer: den sog. Zeugenbeistand.
V. Der Rechtsanwalt als Zeugenbeistand
Jeder Zeuge kann zu seiner Vernehmung einen Rechtsanwalt seines Vertrauens als Rechtsbeistand beizuziehen.
Darüber hinaus gibt es für einige Zeugen gemäß § 68b stopp die Möglichkeit, sich einen Zeugenbeistand auf Staatskosten beiordnen zu lassen. Dabei unterscheidet das Gesetz zwischen der fakultativen Beiordnung i.S. d. § 68b Satz 1 StPO und der obligatorischen i.S. d. § 68b Satz 2 StPO. Davon unabhängig ist die Hinzuziehung eines Zeugenbeistands ist also immer dann sinnvoll, wenn der Zeuge Gefahr läuft, sich durch seine Aussage selbst zu belasten. Aber auch bei Vorliegen eines Zeugnisverweigerungsrechtes ist es sinnvoll, sich von einem Rechtsanwalt vertreten oder zumindest beraten zu lassen. Denn allzu schnell kann der Zeuge (zu Unrecht) zum Beschuldigten werden. Dies gilt beispielsweise im Medizinstrafrecht (dazu ausführlich unser Beitrag unter Strafrecht-Infos: „Einführung in das Medizinstrafrecht“) für den Anästhesisten, der an einer missglückten Operation mitgewirkt hat oder im Wirtschaftsstrafrecht (dazu ausführlich unser Beitrag unter Strafrecht-Infos: „Wirtschaftsstrafrecht – Einführung und Definition“), wenn Mitarbeiter bei einer Durchsuchung der Firmenräume zunächst als Zeugen befragt werden und mitunter durch eine unbedachte Äußerung plötzlich als Beschuldigte in den Fokus der Ermittlungsbehörden geraten. Nach herrschender Meinung hat der Zeugenbeistand kein Akteneinsichtsrecht (dazu ausführlicher unser Beitrag unter Strafrecht-Infos: „Die Akteneinsicht im Strafverfahren“), da seine Befugnisse nicht weiter gehen können als die des Zeugen, der eben über kein Akteneinsichtsrecht verfügt. Die Wahrung der Rechte des Zeugen ist von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Kontaktieren Sie uns und wir prüfen dann umgehend, wie wir Ihnen in Ihrem Fall als Zeugenbeistand weiterhelfen können.
VI. Fazit
Der Zeuge ist in einer Vernehmungssituation einer ungewohnten Rolle und Erwartungshaltung ausgesetzt. Darüber hinaus weiß er meistens nicht genau, welche Rechte ihm in dieser Position überhaupt zustehen, geschweige denn, wie er sie gegenüber den Ermittlungsbehörden durchsetzen soll. Zudem droht permanent die Gefahr, sich durch unbedachte Äußerungen dem Risiko einer Selbstbelastung mit teilweise weitreichenden Folgen leichtfertig auszusetzen. Lassen Sie es erst gar nicht so weit kommen und verlassen Sie sich auf die erfahrenen Strafverteidiger der Rechtanwaltskanzlei Kotz aus Kreuztal bei Siegen. Vereinbaren Sie zeitnah einfach einen Beratungstermin in unserer Strafrechtskanzlei oder nutzen Sie die Möglichkeit der Online-Rechtsberatung. Gerne prüfen wir für Sie die Rechtslage, übernehmen Ihre Verteidigung oder aber begleiten Sie als Zeugenbeistand zu einer Vernehmung. Durch das bald in Kraft tretende Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens – mit den unter dem Gliederungspunkt III. Welche Pflichten hat ein Zeuge? aufgeführten Änderungen der Strafprozessordnung – wird die Bedeutung des Zeugenbeistandes zur Wahrung der Rechte des Zeugen eine noch größere Bedeutung als bisher erhalten.
Vertrauen Sie auf Erfahrung – Vertrauen Sie auf uns.
Ihr Team der Rechtsanwälte Kotz