Körperverletzung – Eine kleine Einführung in die Körperverletzungsdelikte des StGB
I. Einleitung
Laut der Polizeilichen Kriminalstatistik des Bundeskriminalamtes für das Jahr 2016 wurden insgesamt 573.450 Fälle von Körperverletzung registriert (Quelle: PKS Jahrbuch 2016, Band 4, 64. Ausgabe, V 1.0, S. 32 ff.). Ihr Anteil an der Gesamtkriminalität beträgt somit 9,0 %. Das oftmals in der Bevölkerung empfundene und angesichts ausführlicher medialer Berichterstattung zudem geschürte Unsicherheitsgefühl vieler Bürger wird allerdings ein Stück weit durch die Kriminalitätsstatistik gestützt, da sowohl bei „gefährliche und schwere Körperverletzung“ als auch bei „(vorsätzliche einfache) Körperverletzung“ die Anzahl der Fälle – wie auch im Vorjahr – stieg (Quelle: PKS Jahrbuch 2016, Band 4, 64. Ausgabe, V 1.0, S. 32). Da jedoch andererseits nicht bereits jede (subjektiv) gefühlte Bedrohung eine reale Bedrohung darstellt und nicht jedes tatbestandsmäßige Verhalten auch zu einer Strafbarkeit führt (so stellt beispielsweise die ärztliche Heilbehandlung nach überwiegender Ansicht eine tatbestandsmäßige Körperverletzung dar, s.a. Exkurs: „Die ärztliche Heilbehandlung als Körperverletzung?“), präsentieren Ihnen die Rechtsanwälte für Strafrecht der Rechtsanwaltskanzlei Kotz aus Kreuztal bei Siegen nachfolgend einen kleinen Überblick über die Körperverletzungsdelikte des Strafgesetzbuches (StGB).
II. § 223 StGB: Die (vorsätzliche einfache) Körperverletzung
Im übertragenen Sinne die „Mutter“ der Körperverletzungsdelikte stellt als Grundtatbestand der § 223 StGB dar, schlicht übertitelt mit „Körperverletzung“. Dort heißt es:
(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
Der Gesetzestext ist im Vergleich zu dem anderer Delikte ziemlich kurz und knackig, durch die Verwendung ausfüllungsbedürftiger Formulierungen jedoch nicht zwangsläufig selbsterklärend. Der objektive Tatbestand des § 223 StGB verlangt zunächst einmal eine „körperliche Misshandlung“ oder aber eine „Gesundheitsschädigung“. Während man sich als juristischer Laie unter der Tathandlung einer „körperlichen Misshandlung“ durchaus noch eine gewisse Vorstellung machen kann, so sieht das bei der Frage, was man denn im Einzelnen wohl unter einer „Gesundheitsschädigung“ zu verstehen hat, mitunter schon ganz anders aus. Beide Tatmodalitäten stehen selbstständig nebeneinander, überschneiden sich aber häufig. Doch der Reihe nach; der Tatbestand des § 223 StGB schützt das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit. Dabei ist sowohl das körperliche als auch das gesundheitliche Wohlbefinden einbezogen, nicht jedoch ein seelisches Übel. Die Tathandlung kann durch eine „körperliche Misshandlung“ oder durch eine „Gesundheitsschädigung“ erfolgen.
Definitionsgemäß versteht man unter einer körperlichen Misshandlung jede üble, unangemessene Behandlung, durch die die körperliche Unversehrtheit oder das körperliche Wohlbefinden des Opfers nicht nur unerheblich beeinträchtigt wird (BGH, Urt. vom 03.05.1960 – Az. 1 StR 131/60). Als körperliches Wohlbefinden gilt der Zustand, der vor der Einwirkung vorhanden war. Auch wenn das Opfer vor der Einwirkung bereits krank oder verletzt war oder sich unwohl gefühlt hat, kann dieses „Wohlbefinden“ zusätzlich negativ beeinträchtigt werden (m.a.W.: auch ein Verletzter kann noch körperlich misshandelt werden). Das körperliche Wohlbefinden ist regelmäßig beeinträchtigt beim Hervorrufen oder Aufrechterhalten von Schmerzzuständen sowie ohne Schmerzempfinden auch bei der Beeinträchtigung des Nervensystems durch z.B. extreme Schalleinwirkung. Da ein Schmerzempfinden eben dabei nicht zwingend vorausgesetzt wird, ist nach herrschender Meinung sogar das Abschneiden der Haare tatbestandsmäßig (BGH, Urt. v. 25.09.1952 – Az. 3 StR 742/51). Davon abgesehen kann in der Regel von einer körperlichen Misshandlung ausgegangen werden, wenn eine Person eine andere Person beispielsweise ohrfeigt, schlägt, boxt oder tritt. Bei der Frage nach der Erheblichkeit scheiden sich die Geister und somit auch die Rechtsprechung.
Während das OLG Zweibrücken über einen Spuckangriff auf einen Schiedsrichter zu entscheiden hatte und dieser Entgleisung die Tatbestandsqualität einer körperlichen Misshandlung und somit einer (einfachen) Körperverletzung im Ergebnis absprach (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 18.06.1990 – Az. 1 Ss 238/89), entschied das AG Erfurt in einem ähnlich gelagerten Fall anders. Das Opfer – eine in einer Diskothek jobbende Studentin – forderte einen Raucher auf, dies doch bitte vor der Türe zu tun. Der Raucher kam dieser Aufforderung nicht unmittelbar nach, der Studentin dafür jedoch in einer aggressiven Grundhaltung ziemlich nahe und blies ihr den Zigarettenqualm mit deutlich feuchter, d.h. mit Spuckeanteilen versetzter Atemluft ins Gesicht. Das AG Erfurt sah darin neben einer Beleidigung auch eine über die Bagatellgrenze hinausgehende Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens und bejahte somit im Ergebnis auch eine Körperverletzung gem. § 223 StGB (AG Erfurt, Urt. vom 18.09.2013 – Az. 910 Js 1195/13 – 48 Ds; Ähnlich entschied auch das LG Bonn in einem vergleichbaren Fall: LG Bonn, Urt. v. 09.12.2011 – Az. 25 Ns 555 Js 131/09-148/11).
Eine Gesundheitsschädigung liegt hingegen im Hervorrufen oder Steigern eines – wenn auch nur vorübergehenden – pathologischen Zustands. Rein psychische Beeinträchtigungen erfüllen bislang grundsätzlich nicht den Tatbestand des § 223 StGB, nach dem sog. somatologischen Krankheitsbegriff sind psychische Erkrankungen jedoch dann tatbestandsmäßig, sofern sie körperlich objektivierbar sind. Ein wichtiger Anwendungsfall der Gesundheitsschädigung ist die Übertragung von Krankheiten (z.B. eine Körperverletzung durch ungeschützten Geschlechtsverkehr und eine dadurch erfolgte Infektion mit dem HI-Virus; BGH, Urt. v. 04.11.1988 – Az. 1 StR 262/88).
Exkurs: Die ärztliche Heilbehandlung als Körperverletzung?
Es ist in der rechtswissenschaftlichen Diskussion nicht ganz unumstritten, ob bzw. inwiefern die ärztliche Heilbehandlung eine Körperverletzung darstellt. Es gibt Stimmen in der juristischen Literatur, die eine „lege artis“ (d.h. nach den Regeln der Kunst) zu Heilzwecken durchgeführte ärztliche Behandlung von vornherein nicht unter den Tatbestand der Körperverletzung i.S.d. § 223 StGB fallen lassen wollen, so dass in diesem Fall bereits der Tatbestand des § 223 StGB von vornherein nicht erfüllt wäre.
Die Rechtsprechung hingegen betont das Selbstbestimmungsrecht des Patienten, dem nur dann der diesem gebührende Stellenwert beigemessen werden kann, wenn man ausnahmslos in jedem ärztlichen Heileingriff auch eine tatbestandsmäßige Körperverletzung sieht (Vgl. BGH, Urt. v. 28.11.1957 – Az. 4 StR 525/57; BGH, Urt. 29.06.1995 – Az. 4 StR 760/94). Die Strafbarkeit des Arztes soll nur dann entfallen, wenn der Eingriff aufgrund einer wirksam erteilten Einwilligung, kraft mutmaßlicher Einwilligung oder im Rahmen eines rechtfertigenden Notstandes zulässig ist (Vgl. BGH, Urt. v. 01.02.1961 – Az. 2 StR 457/60).
Ausführlicher zu diesem Themenkomplex unser Beitrag unter Strafrecht-Infos: „Einführung in das Medizinstrafrecht“.
Der subjektive Tatbestand des § 223 StGB erfordert vorsätzliches Handeln, d.h. der Täter muss mit Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung gehandelt haben (zur fahrlässigen Begehungsweise, vgl. § 229 StGB). Erwähnenswert ist im Zusammenhang mit der einfachen Körperverletzung gem. § 223 StGB der Hinweis, dass es sich bei diesem Delikt um ein (relatives) Antragsdelikt handelt, d.h. die Tat wird nur dann strafrechtlich verfolgt, wenn der Geschädigte einen Strafantrag gem. § 230 StGB stellt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. Der Strafantrag gem. § 230 StGB ist von der Strafanzeige zu unterscheiden: der Strafantrag kann im Regelfall nur vom Geschädigten gestellt werden, die Strafanzeige kann jedoch grundsätzlich von jedermann erstattet werden.
III. § 224: Die gefährliche Körperverletzung
§ 224 StGB stellt einen sog. Qualifizierungstatbestand dar, d.h. der Täter verwirklicht einerseits den Grundtatbestand des § 223 StGB als Basisvoraussetzung, durch die bestimmte Art und Weise der Begehung dieser Körperverletzung jedoch mitunter auch den Qualifikationstatbestand der gefährlichen Körperverletzung gem. § 224 StGB.
(1) Wer die Körperverletzung
- durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
- mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
- mittels eines hinterlistigen Überfalls,
- mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
- mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
Bei näherer Betrachtung des Normtextes wird recht deutlich, was mit der o.g. Qualifikation gemeint ist. Um eine gefährliche Körperverletzung bejahen zu können, muss der Täter eine einfache Körperverletzung gem. § 223 StGB in einer der in § 224 Abs. 1 Nr. 1 – 5 umschriebenen Tatbestandsvarianten alternativ oder kumulativ begangen haben. Die Strafschärfung erfolgt wegen der besonderen Gefährlichkeit der Begehungsweise und der damit einhergehenden erhöhten Gefahr erheblicher Verletzungen. Unter einem Gift i.S.d. Abs. 1 Nr. 1 wird jeder anorganische oder organische Stoff verstanden, der die Gesundheit durch chemische oder chemisch-physikalische Wirkung zu beeinträchtigen vermag, mithin also alle giftigen, ätzenden, gesundheitsschädlichen und reizenden Stoffe und Zubereitungen, die nach Einführen in den Körper eines anderen gesundheitszerstörende Eigenschaften entfalten können. Dabei ist es gleichgültig, ob sie innerlich oder äußerlich (z.B. durch Salzsäurespritzer ins Gesicht) angewendet werden. Das sind klassische Gifte (Arsen, Zyankali), aber auch Pfefferspray, Salzsäure, Alkohol, starke Schlafmittel und unter Umständen Überdosen von Stoffen des täglichen Bedarfs (Kochsalz, Zucker). Andere gesundheitsschädigende Stoffe sind solche, die – obwohl sie kein Gift sind – dennoch die Eigenschaft haben, die Gesundheit eines Menschen i.S.v. § 223 StGB zu schädigen; sie wirken mechanisch oder thermisch, wie beispielsweise Glasscherben, Feuerzeuge, heißer Kaffee oder Viren (HIV).
Abs. 1 Nr. 2 setzt die Tatbegehung mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs voraus. Unter einer Waffe ist eine Waffe im technischen Sinn zu verstehen. Umfasst werden gebrauchsbereite Werkzeuge, die nach ihrer Art der Anfertigung nicht nur geeignet, sondern allgemein auch dazu bestimmt sind, Menschen durch ihre mechanische oder chemische Wirkung körperlich zu verletzen. Gefährliche Werkzeuge sind solche Gegenstände, die aufgrund ihrer objektiven Beschaffenheit und der konkreten Art ihrer Verwendung dazu geeignet sind, erhebliche Verletzungen zu verursachen (z.B. Steine, Schraubendreher, Autos oder Schuhe mit Stahlkappen). Nach Abs. 1 Nr. 3 liegt eine gefährliche Körperverletzung ebenfalls vor, wenn diese mittels eines hinterlistigen Überfalls erfolgt. Als hinterlistigen Überfall bezeichnet man einen Angriff, der planmäßig unter Verdeckung der wahren Absichten ausgeführt wird, sodass sich der Angegriffene nicht wehren kann.
Das heimliche Verabreichen von Betäubungsmitteln kann auch hierunter fallen. Die gemeinschaftliche Tatbegehung nach Abs. 1 Nr. 4 ist eine der häufigsten Formen einer gefährlichen Körperverletzung. Für eine gemeinschaftliche Begehung der Körperverletzung reicht es aus, dass mindestens zwei Personen am Tatort einvernehmlich zusammenwirken, wobei nicht zwingend erforderlich ist, dass beide Personen auch die Körperverletzung begehen. Vielmehr ist es ausreichend, dass Anstifter und Haupttäter bzw. Gehilfe und Haupttäter am Tatort zusammenwirken und sich die Gefährlichkeit mitunter daraus ergibt, dass der „Unterstützer“ jederzeit zum tätlichen Angriff übergehen könnte. Eine gem. Abs. 1 Nr. 5 „das Leben gefährdende Behandlung“ liegt dann vor, wenn durch die Körperverletzungshandlung eine abstrakte Lebensgefahr hervorgerufen wird. Dies wird beispielsweise bejaht beim Anfahren mit einem Auto, beim mehrfachen Stechen mit einem Messer in den Brustbereich, beim langen Würgen, bei der Ansteckung mit dem HI-Virus oder dem Wurf in eiskaltes Wasser.
IV. § 226: Die schwere Körperverletzung
Der Strafgrund der schweren Körperverletzung gem. § 226 StGB ist die besondere Schwere des Taterfolges.
(1) Hat die Körperverletzung zur Folge, daß die verletzte Person
- das Sehvermögen auf einem Auge oder beiden Augen, das Gehör, das Sprechvermögen oder die Fortpflanzungsfähigkeit verliert,
- ein wichtiges Glied des Körpers verliert oder dauernd nicht mehr gebrauchen kann oder
- in erheblicher Weise dauernd entstellt wird oder in Siechtum, Lähmung oder geistige Krankheit oder Behinderung verfällt,
so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
(2) Verursacht der Täter eine der in Absatz 1 bezeichneten Folgen absichtlich oder wissentlich, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. […]
Genannt sind damit vor allem Gesundheitsschädigungen, die dauerhaft sind. Sie müssen allerdings nicht zwingend irreversibel sein, um den Grad der Schwere zu begründen. Zu beachten ist, dass es sich bei § 226 Abs. 1 um eine sog. Erfolgsqualifikation handelt, d.h. hinsichtlich des Eintritts der schweren Folge reicht wenigstens Fahrlässigkeit gemäß § 18 StGB aus. Verursacht der Täter die schwere Folge hingegen wissentlich oder absichtlich (dolus directus 1. oder 2. Grades) so greift § 226 Abs. 2 als Qualifikation ein. Voraussetzung für eine Strafbarkeit ist zunächst, dass eine vorsätzliche Körperverletzung rechtswidrig und schuldhaft begangen wurde. Unter „Körperverletzung“ im Sinne des § 226 StGB versteht man Straftaten nach den §§ 223, 224 und § 340 StGB. Durch diese Körperverletzung muss dann bei der verletzten Person eine der o.g. schweren Folgen (Abs. 1 Nr. 1 – 3) hervorgerufen worden sein.
Abs. 1 Nr. 1:
- Verlust des Sehvermögens
Unter dem Verlust des Sehvermögens versteht man die Aufhebung der Fähigkeit, Gegenstände wahrzunehmen. Dafür ist ausreichend, wenn die Sehfähigkeit auf ca. 2 bis 10 % gemindert wurde. - Verlust des Hörvermögens
Das Gehör ist verloren, wenn die Fähigkeit, artikulierte Laute wahrzunehmen auf beiden Ohren wesentlich aufgehoben ist. - Verlust des Sprechvermögens
Unter dem Verlust des Sprechvermögens versteht man die Aufhebung der Fähigkeit zum artikulierten Reden. Es muss zwar keine vollständige Stimmlosigkeit eintreten, ein bloßes Stottern reicht aber nicht aus. - Verlust der Fortpflanzungsfähigkeit
Die Fortpflanzungsfähigkeit ist verloren, wenn die Fähigkeit, Nachkommen zu zeugen, zu empfangen und auszutragen im Wesentlichen verloren ist. Die Fortpflanzungsfähigkeit kann auch bei Kindern schon verloren gehen, da es insoweit lediglich darauf ankommt, dass sie in ihnen angelegt ist. Bei älteren Opfern kann diese Fähigkeit bereits schon entfallen sein, so dass eine entsprechende Strafbarkeit dann nicht in Betracht kommt.
Abs. 1 Nr. 2:
- Verlust oder dauernde Gebrauchsunfähigkeit eines wichtigen Körpergliedes
Unter einem „Körperglied“ ist nach herrschender Meinung dabei jedes nach außen hin in Erscheinung tretende Körperteil zu verstehen, das eine in sich abgeschlossene Existenz mit besonderer Funktion im Gesamtorganismus hat und mit dem Körper durch ein Gelenk verbunden ist. Innere Organe fallen demnach nicht unter diese Vorschrift. Ob es sich um ein „wichtiges“ Körperglied handelt, wird nach den Bedeutungen für den gesamten Menschen bestimmt. Verloren ist das Glied, wenn es vom Organismus abgetrennt ist. Dauernd nicht mehr gebrauchsfähig ist es, wenn es nicht mehr bestimmungsgemäß eingesetzt werden kann.
Abs. 1 Nr. 3:
- Dauernde Entstellung in erheblicher Weise, Verfallen in Siechtum, Lähmung oder geistige Krankheit und Behinderung
Erheblich entstellt ist das Opfer, wenn das Erscheinungsbild durch eine körperliche Verunstaltung wesentlich beeinträchtigt wurde (z.B. durch auffällige Narben im Gesicht oder dem Verlust eines Teils der Nase). Diese Entstellung ist dann dauerhaft, wenn sie mit einer ständigen oder unbestimmt langwierigen Beeinträchtigung verbunden ist. Unter Siechtum ist ein chronischer Krankheitszustand zu verstehen, der den Gesamtorganismus in Mitleidenschaft zieht und mit einem Schwinden der körperlichen und geistigen Kräfte einhergeht. Chronisch ist dieser Zustand, wenn er zeitlich nicht absehbar ist. Lähmung bedeutet eine erhebliche Beeinträchtigung eines Körperteils, die sich auf die Bewegungsfähigkeit des ganzen Körpers auswirkt. Geistige Krankheit sind alle endogenen und exogenen Psychosen i.S.v. § 20 StGB. Auch die Behinderung muss nach überwiegender Ansicht eine geistige sein.
Verursacht der Täter die schwere Folge hingegen wissentlich oder absichtlich (dolus directus 1. oder 2. Grades) so greift § 226 Abs. 2 als Qualifikation ein und erhöht bezüglich des Strafrahmens die zu erwartende Mindeststrafe auf drei Jahre.
V. § 229 StGB: Die fahrlässige Körperverletzung
Wird die Körperverletzung nicht vorsätzlich (s.o.), sondern fahrlässig (per gesetzlicher Definition lässt der Handelnde dabei die notwendige Sorgfaltspflicht außer Acht) begangen, so macht sich der Täter nach § 229 StGB strafbar. Dazu heißt es in § 229 StGB:
Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Eine fahrlässige Körperverletzung kann in sämtlichen Lebensbereichen vorkommen. Insbesondere bei Unfällen im Straßenverkehr wird der Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung häufig geprüft. Allerdings führt nicht jede ungewollte Körperverletzung auch automatisch zu einer Bestrafung wegen fahrlässiger Körperverletzung. Um diese zu bejahen bedarf es vielmehr des Vorliegens der folgenden Voraussetzungen:
- Körperverletzung
- durch ein fahrlässiges Verhalten (Pflichtverletzung)
- ein Pflichtwidrigkeitszusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schädigung
- Vorhersehbarkeit bei fahrlässiger Körperverletzung
- Vermeidbarkeit bei fahrlässiger Körperverletzung
Das Strafantragserfordernis des § 230 Abs.1 StGB (s.o. unter II.) gilt auch für die fahrlässige Körperverletzung gem. § 229 StGB.
VI. Fazit
Die Körperverletzungsdelikte des Strafgesetzbuches weisen einige Besonderheiten auf, die eine frühzeitige Konsultation eines erfahrenen Strafverteidigers erforderlich machen. Gerade bei Körperverletzungsdelikten besteht in der Regel zudem eine Schnittmenge zu zivilrechtlichen Schadenersatzansprüchen und Schmerzensgeldansprüchen. Darüber hinaus ist hinsichtlich des Strafantragserfordernisses bezüglich der einfachen vorsätzlichen und der fahrlässigen Körperverletzung (§§ 223 und 229 StGB) verteidigerseits im Rahmen einer effektiven Strafverteidigung stets zu prüfen, ob durch den Geschädigten rechtzeitig, d. h. innerhalb der gesetzlichen Frist von 3 Monaten ab Kenntnis von Tat und Täter (§ 77b StGB), Strafantrag gestellt wurde. Auch die für eine effiziente Verteidigungstaktik wesentliche Akteneinsicht kann nur durch die rechtzeitige Beauftragung eines Strafverteidigers gewährleistet werden. Zudem kann durch eine smarte Verteidigungsstrategie auch in schwierigen Fallkonstellationen der Körperverletzung ein für den Beschuldigten optimales Ergebnis, mitunter sogar eine Verfahrenseinstellung oder zumindest eine Regelung ohne Hauptverhandlung erreicht werden. Die Rechtsanwälte für Strafrecht der Rechtsanwaltskanzlei Kotz aus Kreuztal bei Siegen beraten und vertreten Sie bundesweit im gesamten Strafrecht. Vereinbaren Sie einfach einen Termin für ein Beratungsgespräch oder nutzen Sie die Möglichkeit unserer Online-Rechtsberatung.
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