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Notwendige Auslagen im Adhäsionsverfahren

LG Osnabrück – Az.: 2 Qs 313 Js 36318/09 – 19/11 – Beschluss vom 22.03.2011

Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Lingen (Ems) vom 1. März 2011 wird auf seine Kosten als unbegründet zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer ist vom Amtsgericht Lingen (Ems) am 9. November 2009 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Ferner wurde er verurteilt, an den Adhäsionskläger, den verletzten Nebenkläger, ein Schmerzensgeld von 1.250 Euro zu zahlen.

Gegen dieses Urteil legte der Verurteilte Berufung ein. Im Rahmen der Berufungshauptverhandlung – dort wurde ihm sein Verteidiger gemäß §§ 140 Abs. 2, 141 StPO beigeordnet – nahm der Verurteilte den Adhäsionsausspruch von seinem Rechtsmittel aus. Er wurde mit Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 8. März 2010 wegen (vorsätzlicher) Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Dem Verurteilten wurden die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Nebenklägers auferlegt, wobei die Gebühr für das Berufungsverfahren um 3/4 ermäßigt wurde. In diesem Umfang hat die Landeskasse die notwendigen Auslagen des Verurteilten zu tragen, soweit sie in der Berufungsinstanz erwachsen sind.

Der Verurteilte beantragte unter dem 20. April 2010 u.a. die Festsetzung einer Gebühr für das Adhäsionsverfahren (VV-RVG Nr. 4144) im Berufungsrechtszug gegen die Staatskasse. Diese ist ihm mit der angefochtenen Entscheidung nicht gewährt worden. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde vom 3. März 2011.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig; insbesondere ist auch der Beschwerdewert erreicht.

In der Sache bleibt dem Rechtmittel der Erfolg indes versagt.

Die Kostenentscheidung des Landgerichts verhält sich nicht ausdrücklich zu den Kosten des Adhäsionsverfahrens. Die vorzunehmende Auslegung ergibt, dass notwendige Auslagen hierfür – nach Maßgabe der Quotelung – nicht festzusetzen sind:

Das Adhäsionsverfahren (§§ 403 bis 406c StPO) bietet dem Verletzten die Möglichkeit, seine zivilrechtlichen Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld, die normalerweise vor den Zivilgerichten zu verfolgen wären, bereits im Strafverfahren geltend zu machen (Weiner/Ferber, Handbuch des Adhäsionsverfahrens, 2008, Rn. 1). Der Staat stellt mithin eine Möglichkeit zur Verfügung, sachnah eine zivilrechtliche Entscheidung zu erlangen. Die Kosten dieses Verfahrens sollen – wie in Zivilverfahren auch – die Beteiligten tragen. Entsprechend § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, nach dem die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der dem Gegner erwachsenen Kosten zu tragen hat, statuiert § 472a Abs. 1 StPO eine entsprechende Kostentragungspflicht für einen Angeklagten (Adhäsionsbeklagten). Die entsprechenden gerichtlichen Kostenentscheidungen lauten auf „die besonderen Kosten und die notwendigen Auslagen“ des Verletzten. Eine Kostentragungspflicht der Staatskasse ist – wie im Zivilprozess auch – zunächst nicht vorgesehen.

Da den Strafgerichten mit § 406 Abs. 1 Sätze 3 und 4 StPO – anders als den Zivilgerichten – die Möglichkeit eröffnet ist, von einer Entscheidung in der Sache (auch teilweise) abzusehen, eine Kostenentscheidung gleichwohl veranlasst ist, regelt § 472a Abs. 2 Satz 1 StPO, dass in diesem Fall nach pflichtgemäßem Ermessen über die Kosten und Auslagen zu entscheiden ist. Diese Regelung wird insoweit durch § 472a Abs. 2 Satz 2 StPO klargestellt, als dass (allein!) die gerichtlichen Auslagen – gemeint sind die Verfahrenskosten – der Staatskasse auferlegt werden können, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. In keinem Fall jedoch können die notwendigen Auslagen eines Beteiligten der Staatskasse auferlegt werden (Löwe-Rosenberg/Hilger, StPO, 26. Aufl., Band 9, § 472a, Rn. 3; vgl. dazu Weiner/Ferber, Handbuch des Adhäsionsverfahrens, 2008, Rn. 185/186; siehe auch LG Wiesbaden, Beschluss vom 6.12.2004 – 16 Qs 72/04 D, juris) – wie dies auch im Zivilprozess ausgeschlossen ist. Nichts anderes gilt für ein Rechtsmittelverfahren.

In diesem Lichte betrachtet erschließt sich, dass die Auslagenentscheidung des Landgerichts Osnabrück in seinem Urteil vom 8. März 2010 nicht auf die Adhäsionsentscheidung bezogen sein kann; angesichts der eindeutigen gesetzlichen Regelung erschiene es auch gänzlich unangezeigt, die Kosten des Adhäsionsverfahrens ausdrücklich – jedoch nur klarstellend – aus den notwendigen Auslagen auszunehmen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 stopp.

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