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Rücknahme Einspruch gegen Strafbefehl – Adhäsionsverfahrens – Absehensentscheidung

LG Heilbronn – Az.: 8 Qs 5/20 – Beschluss vom 23.11.2020

1. Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss des Amtsgerichts Vaihingen an der Enz vom 7. Januar 2020 aufgehoben, soweit darin dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen der Adhäsionsklägerin auferlegt werden.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die diesbezüglich entstandenen notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

I.

Das Amtsgericht Vaihingen an der Enz hat auf Antrag der Staatsanwaltschaft Heilbronn am 7. Januar 2020 einen Strafbefehl erlassen, mit welchem der Beschwerdeführer wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 20 Euro verurteilt worden ist.

Hiergegen hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Einspruch eingelegt, weshalb das Amtsgericht einen Termin zur Hauptverhandlung bestimmt hat.

Mit Schriftsatz ihres anwaltlichen Vertreters hat die Nebenklägerin sodann ihren Anschluss erklärt und beantragt die Nebenklage zuzulassen.

Mit weiterem Schriftsatz hat sie Antrag auf Durchführung eines Adhäsionsverfahrens gestellt und einen entsprechenden vermögensrechtlichen Anspruch geltend gemacht.

Mit Beschluss vom 6. Juni 2019 hat das Amtsgericht die Nebenklage zugelassen und ferner den Adhäsionsantrag dem Angeklagten zugestellt.

Dem nachfolgend hat der Beschwerdeführer den Einspruch gegen den Strafbefehl zurückgenommen.

Daraufhin hat der Nebenklagevertreter beantragt, über die Kosten der Nebenklage und des Adhäsionsverfahrens zu entscheiden.

Mit Beschluss vom 7. Januar 2020 hat das Amtsgericht entschieden, dass der Angeklagte die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin sowie die durch den Adhäsionsantrag entstandenen gerichtlichen Kosten und die notwendigen Auslagen der Adhäsionsklägerin zu tragen hat. Gleichzeitig hat es von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag abgesehen.

Dieser Beschluss ist dem Verteidiger am 9. Januar 2020 zugestellt worden. Hiergegen hat der Beschwerdeführer mit Verteidigerschriftsatz vom 16. Januar 2020 insoweit sofortige Beschwerde eingelegt, „als das Gericht dem Angeklagten auferlegt hat, dass er im Adhäsionsverfahren die notwendigen Auslagen der Adhäsionsklägerin zu tragen hat“.

Zur Begründung hat er vorgetragen, dass § 472a Abs. 2 Satz 2 StPO nicht anzuwenden sei. Ferner habe die Entscheidung der Rücknahme des Einspruchs gegen den Strafbefehl nichts mit dem Adhäsionsverfahren zu tun, sondern vielmehr ausschließlich mit dem Strafverfahren.

II.

Die gemäß § 464 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 StPO statthafte und insgesamt zulässige sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Zu Unrecht hat das Amtsgericht Vaihingen an der Enz dem Beschwerdeführer auch die Auslagen der Adhäsionsklägerin auferlegt.

Für die Kosten und notwendigen Auslagen des Adhäsionsverfahrens ist einzig § 472a StPO einschlägig. Wird dem Kläger sein geltend gemachter Anspruch nicht zuerkannt, sondern stattdessen von einer Entscheidung über den Antrag abgesehen, sieht § 472a Abs. 2 StPO in der Tat eine Ermessensentscheidung über die Kosten und notwendigen Auslagen vor. Ferner hat das Amtsgericht vorliegend auch von einer Entscheidung über den Antrag abgesehen; dies jedoch zu Unrecht.

Der gestellte Antrag war nach Einspruchsrücknahme nicht lediglich unzulässig i.S.v. § 406 Abs. 1 S. 3 StPO, sondern hat sich vielmehr erledigt, ohne dass dies eines gerichtlichen Ausspruches bedurfte (LG Dortmund, Beschluss vom 16. April 2018 – 32 Qs – 269 Js 1213/16 V A – 45/18 –, juris). Denn gemäß § 403 StPO setzt ein bescheidungsfähiger Adhäsionsantrag ein bei Gericht anhängiges Strafverfahren voraus. Erlangt ein Strafbefehl wegen nicht eingelegten oder nach Einlegung zurückgenommenen Einspruchs Rechtskraft, ist für ein Adhäsionsverfahren kein Raum (mehr). Die Einspruchsrücknahme beendet vielmehr das strafrechtliche Erkenntnisverfahren und entzieht dem angebrachten Adhäsionsantrag die Grundlage.

Die Absehensentscheidung nach § 406 Abs. 1 StPO ist demgegenüber allein für den Fall vorgesehen, dass das Strafverfahren seinen Fortgang nimmt, jedoch der Adhäsionsantrag – aus den gesetzlichen Gründen – nicht beschieden wird.

Daher hätte weder eine Absehensentscheidung nach § 406 StPO, noch eine Kostenentscheidung nach § 472a StPO ergehen dürfen.

Dass bezüglich der Nebenklage eine nachträgliche, isolierte Kostenentscheidung nach § 472 StPO möglich ist (LG Braunschweig StraFo 2015, 524; LG Gießen NStZ-RR 2013, 391), ergibt sich demgegenüber allein aus dem Umstand, dass die im Strafbefehl enthaltene Kostenentscheidung sich zu den Auslagen des Nebenklägers nicht verhalten kann, da diese dem Angeklagten erst dann auferlegt werden können, wenn die Anschlussberechtigung gemäß § 398 Abs. 2 StPO gerichtlich festgestellt ist, was im Strafbefehlsverfahren erst nach Anberaumung eines Hauptverhandlungstermins erfolgen kann (§ 398 Abs. 1 S. 3 StPO). Überdies dient die Nebenklage nicht der Verfolgung eines zivilrechtlichen Anspruches, sondern der Erlangung strafprozessualer Beteiligungsrechte, weshalb entsprechende Auslagen nur über § 472 StPO geltend gemacht werden können. Zuletzt ergibt sich die Kostentragungspflicht bezüglich der Nebenklage ohne weiteres aus der bloßen Verurteilung des Angeklagten, während die Erfolgsaussichten des Adhäsionsantrages, über die strafrechtliche Schuld hinaus, das Vorhandensein eines zivilrechtlichen Anspruchs voraussetzen. Die diesbezüglich in § 472a Abs. 2 StPO vorgesehene Ermessensentscheidung kann das Strafgericht jedoch nicht mehr treffen, da ihm die Grundlage hierfür entzogen ist.

Da die Auslagen für den Adhäsionsantrag jedoch der Erlangung eines zivilrechtlichen Vollstreckungstitels dienen, ist der Adhäsionskläger – anders als der Nebenkläger – zu deren Geltendmachung nicht auf § 472a StPO beschränkt. Vielmehr handelt es sich um Rechtsverfolgungskosten, die in dem ohnehin anzustrengenden Zivilverfahren geltend gemacht werden können.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.

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