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Versuchsstrafbarkeit von Cybergrooming

Versuch des sexuellen Missbrauchs von Kindern: Strafbarkeit von Cybergrooming

Kinderpornografie sowie auch der sexuelle Missbrauch über das Internet sind in den vergangenen Jahren zu einem Problem geworden, welches der Gesetzgeber seit jeher bekämpft. Dass hierfür sämtliche zur Verfügung stehenden Mittel genutzt werden ist durchaus sinnvoll, da speziell auch die jüngeren Mitglieder unserer Gesellschaft das weltweite Netz nutzen. Dementsprechend ist die Angriffsfläche seitens Krimineller, die mittels Cybergrooming die Nähe zu den jüngeren Internetnutzern suchen, breitflächiger geworden. Chaträume sowie auch Foren werden für das Cybergrooming genutzt, doch nunmehr möchte der Gesetzgeber mit der Versuchsstrafbarkeit von Cybergrooming dieser Entwicklung einen Riegel vorschieben.

Die Ermittlungsbehörden werden im Rahmen der Gesetzesänderung auch weitere Befugnisse im Kampf gegen die Kinderpornografie sowie dem sexuellen Missbrauch minderjähriger Personen erhalten. Künftig dürfen die Ermittler auch Kinderpornografie, welche von Computern generiert wurde, im Rahmen ihrer Onlineermittlung verwenden.

Versuchsstrafbarkeit von Cybergrooming
(Symbolfoto: Von Georgios Tsichlis/Shutterstock.com)

Was wird eigentlich unter Cybergrooming verstanden?

Der Begriff Cybergrooming bezeichnet die gezielte Ansprache minderjähriger Internetnutzer seitens erwachsener Internetnutzer mit der Zielsetzung, einen entsprechenden Kontakt mit dem Ziel des Aufbaus sexueller Kontakte. Unzählige erwachsene Internetzer besuchen mit dieser Zielsetzung Internetforen, welche mutmaßlich überwiegend von Kindern oder Minderjährigen genutzt werden.

Beispiele hierfür können

  • Onlinespiele
  • Jugendforen
  • Chaträume für Jugendliche

sein. In diesen Stellen erfolgt dann die Kontaktaufnahme der erwachsenen Internetnutzer zu den Kindern mit der Bitte um Fotos oder Handynummern. Der Grund dafür, dass dieser Weg gewählt wird, liegt in dem Umstand der einfachen Durchführung und der ungestörten Atmosphäre.

Cybergrooming an sich ist bereits seit längerer Zeit gem. § 176 IV Nr. 3 Strafgesetzbuch strafbar. Diejenige Person, welche ein Kind mithilfe Kommunikations- oder Informationstechnologie bzw. Schriften zu sexuellen Taten bewegen möchte, muss mit einer Freiheitsstrafe im Rahmen von drei Monaten bis maximal fünf Jahren rechnen.

Das Problem bei dem Cybergrooming war bislang lediglich der Umstand, dass die Tat von dem erwachsenen Internetnutzer vollendet werden musste, damit eine Strafbarkeit des Handelns vorliegt. Überdies gab es auch die Strafbarkeitslücke, dass seitens der Ermittler „Schein-Kind-Operationen“ im Internet durchgeführt wurden. Bei diesen Operationen gaben sich Polizisten im Internet als Kinder aus, um Tätern auf die Spur zu kommen. Das Problem jedoch war, dass die Ermittler keine Anklage gegen die Täter erheben konnten. Gem. § 176 VI StGB war die Versuchsstrafbarkeit des Cybergrooming bislang gesetzlich ausgeschlossen.

Diese Strafbarkeitslücke wurde nunmehr seitens des Gesetzgebers jedoch geschlossen. Der Gesetzgeber vertritt dementsprechend die Auffassung, dass ein Täter den Versuch mit der festen Absicht unternimmt, ein Kind zu sexuellen Taten zu bewegen. Allein aus dem Versuch heraus ist bereits eine kriminelle Energie bei dem Täter erkennbar, weshalb die Versuchsstrafbarkeit auch sachgerecht erscheint.

Das Justizministerum befürwortet die Versuchsstrafbarkeit des Cybergroomings, da allein schon das Kindswohl sowie die Schutzwürdigkeit eine derartige Gesetzesänderung per se rechtfertigt.

Neufassung § 176 Abs. 6 StGB, der die Versuchsstrafbarkeit enthält:

(6) Der Versuch ist strafbar; dies gilt nicht für Taten nach Absatz 4 Nummer 4 und Absatz 5. Bei Taten nach Absatz 4 Nummer 3 ist der Versuch nur in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.

Kindesmissbrauch stoppen
(Symbolfoto: Von Tanja Esser/Shutterstock.com)

Auch wenn Eltern und Kinderschutzbauftragte sicherlich über die Gesetzesänderung jubilieren werden, so ist die Gesetzesänderung nicht gänzlich unumstritten. Der Grund hierfür liegt in dem Umstand, dass das Strafgesetzbuch die sogenannten Vorbereitungshandlungen nur in Ausnahmefällen als Straftatbestand werten. Diese Ausnahmen sind in den §§ 30 sowie 89a Absatz 2a StGB als Versuch einer Beteiligung aufgeführt. Während der § 30 StGB mehrere Personen für die Versuchsstrafbarkeit voraussetzt ist die Voraussetzung für die Versuchsstrafbarkeit bei dem § 89a Absatz 2a StGB daran geknüpft, dass eine Person die Bundesrepublik Deutschland mit dem Vorsatz verlässt, im Ausland schwere Gewalttaten gemeinschaftlich mit anderen Personen zu begehen oder eine Ausbildung hierfür zu erlangen. Allein diese beiden Paragrafen sind juristisch betrachtet nicht gänzlich unproblematisch, da sie die Straftat in ein sehr frühes „Vorstadium“ verlegt.

Auch im Zusammenhang mit der Versuchsstrafbarkeit des Cybergrooming wird eine sehr emotionale Debatte geführt. Obgleich sich alle Beteiligten in dem Umstand einig sind, dass sexueller Missbrauch von Kindern und Minderjährigen sehr schlimm ist und zu Recht unter Strafe steht, so wird bei der Versuchsstrafbarkeit auch so manches Gegenargument ins Feld geführt. Eines der Hauptargumente gegen die Versuchsstrafbarkeit ist der Umstand des abstrakten Gefährdungsdeliktes. Die Gegner der Versuchsstrafbarkeit führen an, dass durch den Versuch des Cybergroomings kein Rechtsgut verletzt wird. Eine Beeinträchtigung der sexuellen Selbstbestimmung des Kindes würde laut Meinung der Gegner der Versuchsstrafbarkeit nicht erfolgen. Vielmehr würde der Gesetzgeber durch die Versuchsstrafbarkeit des Cybergroomings eine Handlung im Vorbereitungsstadium mit einer vollendeten Straftat gleichsetzen.

Das Cybergrooming mag neu sein, bei dem Grooming jedoch handelt es sich um ein sehr altbekanntes Phänomen. Mit diesem Begriff werden sämtliche strategischen Maßnahmen beschrieben, mit welchem auch offline schrittweise das Vertrauen zu einem Kind in der Opferrolle aufgebaut wird. Die Zielsetzung des Grooming ist dabei, ebenso wie bei dem Cybergrooming, der sexuelle Übergriff des erwachsenen Täters auf das kindliche Opfer.

Im Gegensatz zu dem Cybergrooming ist das altbekannte Offline-Grooming als reine Vorbereitungshandlung ausdrücklich nicht strafbar.

Die Gesetzesänderung ist in der Tat juristisch betrachtet sehr umstritten, da sie Angriffsfläche bietet. Die Gleichsetzung einer Vorbereitungshandlung mit einer vollendeten Straftat setzt voraus, dass die genauen Handlungsabsichten eines Täters bekannt sind. Dies ist jedoch überaus schwierig und kann zu einer verpauschalisierten Kriminalisierung von Bürgern führen. In Deutschland wurde mit der nunmehr bestehenden Regelung gem. § 176 Absatz 4 StGB sogar noch ein Schritt über die bestehenden europarechtlichen Anforderungen getan. Anders als im benachbarten Österreich ist für die Versuchsstrafbarkeit des Cybergroomings nicht zwingend eine Verabredung mit dem kindlichen Opfer erforderlich. Auch das reale Treffen mit dem kindlichen Opfer ist für die Versuchsstrafbarkeit nicht erforderlich. Gegner der Versuchsstrafbarkeit des Cybergroomings werden ins Feld führen, dass durch diese fehlenden Merkmale nunmehr alle erwachsenen Internetnutzer, die Kontakt mit einem Kind im Internet haben, im Vorfeld alleinig durch diese Kontaktaufnahme kriminalisiert werden. Dies widerspricht dem Grundgedanken des Strafgesetzbuches dahingehend, als dass eine Versuchshandlung lediglich in eng definierten Ausnahmefällen als strafbar gewertet werden kann.

Strafbarkeit: Versuch des sexuellen Missbrauchs von Kindern
(Symbolfoto: Von helenos/Shutterstock.com)

Auch die Strafbarkeitslücke durch die Handlungen der Ermittlungsbehörden im Internet werden von Gegnern der Versuchsstrafbarkeit des Cybergrooming kritisch betrachtet. Bedingt durch den Umstand, dass Ermittlungsbehörden nunmehr computergenerierte Kinderpornografie in diversen Foren sozusagen als Eintrittskarte nutzen dürfen, wird der Befugnisrahmen der Ermittler merklich ausgeweitet. Bislang galt in Deutschland die gesetzliche Regelung, dass Ermittler im Internet selbst keine Straftat begehen dürfen. Als Ausnahme von dieser Regelung galten lediglich die sogenannten Urkundsdelikte zur Aufdeckung von Betrug etc. Es stellt sich jedoch jetzt die Frage, inwieweit die Ermittler seitens des Gesetzgebers noch kontrolliert werden können. Wenn Ermittler selbst computergenerierte Kinderpornografie ins Netz als Eintrittskarte für diverse Foren im Darknet stellen dürfen kommt die Frage auf „who watches the Watchmen?“. Fälle von sexuellem Missbrauch bzw. dem Besitz von realer Kinderpornografie gab es in der Vergangenheit auch in den Reihen der Ermittlungsbehörden, sodass der Umstand der erweiterten Befugnisse in diesem Zusammenhang auch kritisch betrachtet werden muss.

Es ist keine Frage, dass die Kinder und minderjährigen Jugendlichen im Netz wirksam und effektiv vor Missbrauch geschützt werden müssen. Aus rechtlicher Sicht heiligt der Zweck jedoch ausdrücklich nicht die Mittel, sodass der Gesetzgeber hier selbst ein Vorbild darstellen muss. Die Versuchsstrafbarkeit von Cybergrooming muss daher auf jeden Fall sowohl mit den Argumenten der Befürworter als auch mit den Argumenten der Gegner betrachtet werden und es muss dabei auch die Frage erlaubt sein, warum das normale Grooming im realen Leben als Versuchshandlung nicht unter Strafe gestellt wird. Anders als bei dem Cybergrooming kommen die Täter bei dem altbekannten Grooming mit den kindlichen Opfern real in Kontakt, sodass die Gefährdungslage der Kinder und jugendlichen hier als erheblich höher eingestuft werden muss. Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen ist sicherlich ein Problem und es gibt mit Sicherheit auch eine hohe Dunkelziffer von Tätern, allerdings darf hieraus keine Vorverurteilung jedes erwachsenen Internetnutzers heraus erwachsen. Es gibt im Internet nicht nur Täter, es gibt auch ganz normale unbescholtene Bürger. Nicht jeder erwachsene Internetnutzer, der Kontakt mit einem Kind oder einem jugendlichen Internetnutzer aufnimmt, ist alleinig aus diesem Umstand heraus auch bereits ein Krimineller. Durch die Versuchsstrafbarkeit von Cybergrooming ist die Grenze zwischen der normalen Kontaktaufnahme und der kriminellen Tat jedoch fließend geworden. Im Zusammenhang mit der emotionalen Debatte hängt es sehr stark von dem Standpunkt ab, welcher von einer jeweiligen Person vertreten wird. Im Zusammenhang mit der rechtlichen Wertung jedoch ist das Strafgesetzbuch entscheidend. Das Strafgesetzbuch ist jedoch auf der Maxime aufgebaut, dass jeder Mensch solange als unschuldig angesehen werden muss, bis die Schuld zweifelsfrei bewiesen ist.

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