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Eingehungsbetrug bei Vorleistungspflicht des Täuschenden

AG Villingen-Schwenningen – Az.: 6 Ds 33 Js 26790/18 – Beschluss vom 04.04.2019

Die Eröffnung des Hauptverfahrens wird abgelehnt (§ 204 StPO).

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

Die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens erfolgt aus rechtlichen Gründen.

I.

Mit Anklageschrift vom 14.2.2019 legt die Staatsanwaltschaft Konstanz den Angeschuldigten folgenden Sachverhalt zur Last:

„Am 3.6.2018 schlossen die Angeschuldigten, gemäß gemeinsam gefassten Tatplanes, auf der S-Messe mit der Firma F, vertreten durch den Geschäftsführer K, unter Vortäuschung ihrer Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit einen Kaufvertrag über eine Messe-Einbauküche der Marke Bicaralux Pro samt Lieferung und Möbelmontage zum Preis von 18.747,60 €, sowie ein Bosch Geräte-Set 2 zum Preis von 4993 €, mithin zum Gesamtpreis von 23.680,60 €. Im Rahmen dieses schriftlich geschlossenen Kaufvertrages vom 3.6.2018 vereinbarten die Parteien ferner eine fällige Anzahlung i.H.v. 4000 € bis zum 10.6.2018. Bei Abschluss des Kaufvertrages war den Angeschuldigten bewusst, dass sie diesen Betrag für die Küche bzw. Anzahlung nicht würden leisten können.

Entsprechend Ihrer vorgefassten Absicht bezahlten die Angeschuldigten die vereinbarte Anzahlung nicht. Zu einer Auslieferung und dem Einbau der Küche kam es nicht.

Der Beschuldigte (gem. ist Angeschuldigter, Klarstellung des Gerichts) H gab bereits am 22.3.2017 unter dem Az in N die eidesstattliche Versicherung ab. Im Schuldnerverzeichnis der Beschuldigten (gem. ist Angeschuldigte, Klarstellung des Gerichts) S ist die Nichtabgabe der Vermögensauskunft mit Datum vom 19.9.2018 verzeichnet.“

Dieser Sachverhalt sei strafbar als versuchter Betrug gemäß §§ 263 Abs. 1, Abs. 2, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB.

II.

Eine Strafbarkeit ist aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen. Es fehlt unter Zugrundelegung des Sachverhalts an einer verwirklichten Strafnorm.

Der vorliegende Sachverhalt ist nicht gemäß § 263 Abs. 1 StGB als (vollendeter) Eingehungsbetrug strafbar.

Voraussetzung der Strafbarkeit wegen Betruges wäre auf objektiver Ebene ein Vermögensschaden, der aus einer konkreten Vermögensverfügung resultiert. Grundsätzlich kann die Eingehung einer vertraglichen Verpflichtung einen Vermögensschaden herbeiführen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass bei lebensnaher wirtschaftlicher Betrachtungsweise bereits durch den Vertragsschluss eine Vermögensminderung auf Seiten des Geschädigten eingetreten ist Gedanke strich also bereits der Vertragsschluss zu einer Wertminderung führt (BeckOK StGB/Beukelmann § 263 Rn. 65 mwN). Dies liegt beim Abschluss eines Kaufvertrags schon dann nicht vor, wenn vereinbart wird, die Leistung Zug-um-Zug gegen die Gegenleistung zu erbringen (st. Rspr. BGH, Beschluss vom 9.2.2005 – 4 StR 539/04 = NStZ-RR 2005, 180, 181). Anders kann dies allerdings sein, wenn eine Partei des Vertrages vorleistungspflichtig ist. Hierbei kommt es auf die Vorleistungspflicht des Getäuschten an – nur soweit eine solche vorliegt, ist ein vollendeter Eingehungsbetrug gegeben (BGH, Beschluss vom 6.3.2018 – 3 StR 552/17 = NJW 2018, 3040; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 20. 12. 2007 – 2 Ss 409/07 = NStZ-RR 2008, 240; MüKo StGB/Hefendehl § 263 Rn. 643; Lackner/Kühl/Kühl § 263 Rn. 44). Ein vollendeter Betrug liegt dementsprechend erst recht dann nicht vor, wenn der Getäuschte auf Vorleistung des Täuschenden bestehen kann und dadurch gesichert ist (BGH, Urteil vom 02.03.1994 – 2 StR 620/93 = NJW 1994, 1745, 1746 mwN).

Im vorliegenden Fall ist eine Strafbarkeit wegen vollendeten Betruges dementsprechend schon nach Anklageschrift ausgeschlossen. Die Anklage verweist ausdrücklich darauf, dass eine Anzahlung durch die Angeschuldigten erfolgen sollte. Nachdem eine Anzahlung unterblieb, kam es auch nicht zum Austausch von Leistungen. Dementsprechend ist hier ein Vermögensschaden ausgeschlossen.

Auch eine Strafbarkeit wegen versuchten Betruges gemäß §§ 263 Abs. 1, Abs. 2, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB ist vorliegend ausgeschlossen. Für einen versuchten Leistungsbezug fehlen hier Anhaltspunkte. Nur in Ausnahmefällen kann die Eingehung eines Kaufvertrages in Leistung Zug-um-Zug als Versuchsdelikt strafbar sein, wenn sich der Täter (in irriger Annahme) bei Vertragsabschluss vorstellte, eine Leistungserbringung des Getäuschten würde auch dann erfolgen, wenn er seine eigene Leistung nicht erbrächte (BGH, Beschluss vom 9.2.2005 – 4 StR 539/04 = NStZ-RR 2005, 180, 181). Hierfür fehlt es vorliegend an Anhaltspunkten und einer entsprechenden Konkretisierung in der Anklageschrift; dies ist vor dem Hinblick der vereinbarten Vorleistungspflicht für die Angeschuldigten auch fernliegend. Zwar lässt sich die Angeklagte S dahingehend ein, dass sie der Auffassung gewesen sei, „dass die Anzahlung fällig wird, sobald vom Küchenbauer eine Leistung erbracht wird, d.h. wenn jemand zum Ausmessen kommt.“ (AS 56). Dies ist allerdings Ausdruck einer laienhaften Vorstellung von Leistung und Gegenleistung – vielmehr wäre dies Ausdruck der Vorstellung einer Leistungserbringung Zug um Zug in der Laiensphäre. Im Übrigen kann nicht davon ausgegangen werden, dass mit dieser Auffassung zugleich die Vorstellung verbunden wäre, die vollständige oder eine eigenständige Teilleistung, der bereits ein messbarer Vermögenswert zukommt (vgl. OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 20. 12. 2007 – 2 Ss 409/07 = NStZ-RR 2008, 240), des Getäuschten zu erhalten.

III.

Die Kostenentscheidung erging gemäß §§ 464, 467 StPO.

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