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Beleidigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte – Strafe

AG Aachen – Az.: 421 Cs-199 Js 331/18-125/18 – Urteil vom 25.03.2019

Der Angeklagte wird wegen Beleidigung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 110,00 € verurteilt.

Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens und die eigenen Auslagen zu tragen.

Angewendete Vorschriften: §§ 113, 185, 194, 53 StGB

Gründe

I.

Der zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung … Jahre alte Angeklagte ist von Beruf Arzt. Er hat … Abitur gemacht und sein Medizinstudium begonnen. Das Studium hat er in G. angefangen und auch beendet. Seinen Abschluss legte er im Jahr …ab. Seitdem ist er berufstätig. Er ist Facharzt für Radiologie. Er arbeitet in einer Praxis für Radiologie und verdient 3.500 € netto. Die Wohnung kostet 660,00 € kalt. Er hat keine Unterhaltsverpflichtungen, … hat keine nennenswerten Schulden und hat keine Probleme mit Drogen oder Alkohol.

Der Angeklagte ist ausweislich des Bundeszentralregisterauszuges vom 15.05.2018, der in der Hauptverhandlung erörtert und von ihm als richtig anerkannt worden ist, vorbestraft wegen Beleidigung sowie Sachbeschädigung. Durch Strafbefehl des Amtsgerichts Aachen vom 23.05.2014, rechtskräftig seit dem 12.06.12014, wurde er zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 40 Euro verurteilt.

II.

In der Hauptverhandlung hat das Gericht zu den dem Angeklagten zur Last gelegten Taten folgende Feststellungen getroffen:

Fall 1:

Nachdem der Angeklagte am frühen Morgen des 08.03.2018 aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden waren, randalierte er auf der Zufahrt zum Gewahrsam des Polizeipräsidiums in Aachen. Vergeblich versuchte der Zeuge POK H. den Angeklagten zu beruhigen und mit ihm ein ruhiges Gespräch zu führen, um die vom Angeklagten gewünschte Strafanzeige, die er gegen Kollegen des Zeugen H. richten wollte, aufzunehmen. Der Angeklagte brachte seine Missachtung gegenüber dem Zeugen H. dadurch zum Ausdruck, dass er ihn in ehrverletzender Weise – und deutlich hörbar für Passanten – zurief: „Was willst Du Spasti von mir, Du asoziales wesen.“

Fall 2:

Nachdem der Angeklagte rund 2 Stunden im Polizeigewahrsam verbracht hatte, wurde er dem Polizeiarzt zwecks Entnahme einer richterlich angeordneten Blutprobe vorgeführt, wobei der Zeuge POK T. ihn am rechten Arm und der Zeuge PK H. ihn am linken Arm haltend durch das Polizeipräsidium führten und PK T. hinter dem Angeklagten ging. Kurz vor der Tür zum polizeiärztlichen Dienst riss der Angeklagte seinen linken Arm los, um sich aus der Umklammerung der Beamten zu lösen. Dabei bewegte der Angeklagte seinen Ellenbogen ruckartig nach hinten in Richtung des Kopfes des Beamten T. Der Beamte konnte die Bewegung abwehren, indem er den in seiner Kopfhöhe befindlichen Arm des Angeklagten mit beiden Händen abfing und herunterdrückte.

III.

Beleidigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte - Strafe
(Symbolfoto: Von mattomedia KG/Shutterstock.com)

Der Angeklagte hat sich dahingehend eingelassen, dass er an dem Tattag erheblich alkoholisiert gewesen sei und einen Streit mit seiner damaligen Lebensgefährtin gehabt habe. Auf den Streit seien Passanten aufmerksam geworden und hätten die Polizei verständigt. Er sei dann ins Polizeipräsidium gebracht worden. Als er das Polizeipräsidium wieder verlassen hat, hätten Polizeibeamte seine persönlichen Dinge auf die Straße geworfen, was ihn sehr verärgert habe. Es sei dann zu Diskussionen und Entgleisungen gekommen, die ihm heute leidtäten. Im Einzelnen könne er sich jedoch aufgrund seiner damaligen Alkoholisierung nur bruchstückhaft an die Vorgänge erinnern könne.

IV.

Die unter Ziffer I. getroffenen Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten beruhen auf seinen Angaben, denen das Gericht insoweit folgt, und auf dem mit ihm erörterten und als richtig bestätigten Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 15.05.2018.

Die unter Ziffer II. getroffenen Sachverhaltsfeststellungen beruhen auf der Einlassung des Angeklagten, den Bekundungen der Zeugen T. und H. sowie auf den sonstigen Beweismitteln, die ausweislich der Sitzungsniederschrift Gegenstand der Hauptverhandlung gewesen sind.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur vollen Überzeugung des Gerichts fest, dass der Angeklagte die Taten so begangen hat, wie es in den getroffenen Feststellungen im Einzelnen dargelegt ist.

Das Gericht stützt sich hierbei zum Tatkerngeschehen auf die Bekundungen der Zeugen T. und H., die das Geschehen, soweit sie es nach ihren Bekundungen miterlebt und wahrgenommen haben, so geschildert haben, wie es in den getroffenen Feststellungen seinen Niederschlag gefunden hat.

Der Zeuge H. hatte noch präsente Erinnerungen an das Geschehen auf dem Besucherparkplatz vor dem Polizeipräsidium. So konnte er sich noch an das Bild der verstreuten Sachen erinnern und daran, dass der Angeklagte sein Telefon in der Hand hielt, nach Alkohol roch und durch Worte nicht zu beruhigen war. Was den Wortlaut der Beleidigung, die durch den Angeklagten an ihn gerichtet wurde, angeht, hat der Zeuge offen Erinnerungslücken eingeräumt und dargelegt, dass er in insoweit auf den unmittelbar nach dem Vorfall verschriftlichten Anzeigentext zurückgreifen musste.

Der Zeuge T. hatte ebenfalls präsente Erinnerungen an das Geschehen im Polizeipräsidium (Fall 2). Er hat bekundet, dass der Angeklagte wild geschimpft und Beleidigungen in Richtung der Polizei geäußert hat. Hintergrund für das Verhalten des Angeklagten sei seiner Erinnerung nach gewesen, dass man dem Angeklagten Blut abnehmen wollte. Er und die Kollegen H. und T. hätten den Angeklagten zum Raum für die Entnahme einer Blutprobe geführt, wobei die Arme des Angeklagten von beiden Seiten festgehalten wurden. Der Angeklagte habe sich dann ganz plötzlich aus dem Griff befreien wollen. Dazu dabei dieser seinen Ellbogen zurück und dann hochgezogen. Der Ellenbogen habe nur knapp sein und das Gesicht des Kollegen T. verfehlt. Direkt danach habe man dem Angeklagten Handschellen angelegt, um weitere Eskalationen zu verhindern.

Sowohl der Zeuge H. als auch der Zeuge T. haben ihre Aussagen ruhig, sachlich und ohne Belastungstendenz gemacht. Die Aussagen waren geschlossen, enthielten keine Widersprüche und waren erlebnisorientiert. Das Gericht hat keinen Anlass gesehen – auch unter Berücksichtigung der Einlassung des Angeklagten – den Wahrheitsgehalt der Aussagen der Zeugen in Zweifel zu ziehen. Die Aussagen waren glaubhaft, die Zeugen – selber glaubwürdig. Es ist kein durchgreifender Anhaltspunkt erkennbar geworden, dass die Zeugen den Angeklagten wider besseres Wissen oder irrtümlich der Tat falsch bezichtigt haben können.

V.

Nach den getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte der Beleidigung und des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte gemäß §§ 113, 185 StGB schuldig gemacht. Soweit dem Angeklagten vorgeworfen wurde, einen Amtsträger tätlich angegriffen zu haben, konnte dieser Vorwurf im Rahmen der Hauptverhandlung nicht nachgewiesen werden.

VI.

Im Rahmen der Strafzumessung hat sich das Gericht von folgenden Erwägungen leiten lassen:

Für Fall 1 war der Strafrahmen des § 185 Abs. 1 – Freiheitsstrafe bis zu 1 Jahr oder Geldstrafe – zugrunde zu legen.

Für Fall 2 war der Strafrahmen des § 113 Abs. 1 – Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe – zugrunde zu legen.

Bei der Bestimmung des Strafrahmens hat das Gericht eine Strafrahmenverschiebung über §§ 21, 49 StGB vorgenommen aufgrund nicht auszuschließender verminderter Schuldfähigkeit des Angeklagten. Zwar hat der Zeuge T. angegeben, dass nach seiner Einschätzung der Angeklagte nur noch minimal alkoholisiert gewesen sei. Gleichwohl haben die zuständigen Polizeibeamten und auch der richterliche Bereitschaftsdienst die Anordnung einer Blutentnahme für erforderlich gehalten, was im Falle einer zu erwartenden sehr geringen Alkoholisierung nicht verhältnismäßig wäre. Zudem war der Angeklagte nur für ca. anderthalb Stünden in der Gewahrsamszelle, sodass eine vollständige Ausnüchterung sicher noch nicht vorlag. Der Umstand, dass der zuständige Arzt – trotz richterlichen Beschluss – eine Blutentnahme mangels Freiwilligkeit des Angeklagten ablehnte, kann im Ergebnis nicht zu Lasten des Angeklagten gehen.

Im Rahmen der Strafzumessung war zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass er Einsicht und Reue hinsichtlich seines Fehlverhaltens gezeigt und sich entschuldigt hat. Soweit der Angeklagte noch Erinnerungen an das Geschehen hatte, zeigte er sich auch geständig. Zudem fiel ins Gewicht, dass der Angeklagte aufgrund des vorangegangenen Alkoholkonsums enthemmt handelte und durch das Handeln der Polizeibeamten selber Verletzungen davonzog.

Straferschwerend wirkte sich hingegen aus, dass der Angeklagte bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten ist.

Angesichts dieser Umstände sowie unter Berücksichtigung der weiteren in § 46 StGB aufgeführten Strafzumessungsgesichtspunkte hält das Gericht für Fall 1 eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 110 Euro und für Fall 2 als Einsatzstrafe eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 110 Euro für tat- und schuldangemessen. Aus den vorgenannten Einzelstrafen hat das Gericht unter Erhöhung der höchsten Einzelstrafe und nochmaliger Abwägung sämtlicher für und gegen den Angeklagten sprechender Strafzumessungskriterien sowie unter zusammenfassender Würdigung seiner Persönlichkeit gem. §§ 53, 54 StGB eine Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 110 Euro gebildet. Die Höhe der Tagessätze bemisst sich nach den Angaben des Angeklagten zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen. Das Gericht ist der Meinung, dass die Verhängung einer derartigen Gesamtgeldstrafe erforderlich ist, um den Unrechtsgehalt der strafbaren Verfehlung des Angeklagten und seine Schuld genügend zu ahnden, andererseits aber auch ausreicht, um hinreichend auf ihn einzuwirken.

VII.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 StPO.

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