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Gaffen als Straftatbestand – Härtere Strafen bis Schmerzensgeld für Opfer

Schaulustige Gaffer bei Unfällen und Behinderung der Einsatzkräfte

Es lieg in der Natur des Menschen, dass der Mensch neugierig ist. Dies betrifft, auch wenn es viele Menschen überhaupt nicht gerne zugeben möchten, wahrhaft jeden Menschen. Der Grund hierfür liegt in der Struktur des Gehirns, welches insbesondere auf neue und ungewohnte Situationen reagiert. In gewissen Situationen ist eine gewisse Form der Neugier ja auch nicht verkehrt. Es gibt jedoch auch Situationen, in denen die Neugier des Menschen für andere Menschen lebensgefährlich werden kann. Die Rede ist an dieser Stelle von dem deutschen Straßenverkehr, in welchem sich jährlich unzählige Verkehrsunfälle mit lebensbedrohlichen Folgen für die Unfallbeteiligten ereignen. Die neugierigen Menschen, die als Gaffer vor Ort verharren, die Opfer und Verletzten filmen und die Arbeit der Sicherheitskräfte behindern, sind in Deutschland zu einem echten Problem geworden. Ein Problem, welches der Gesetzgeber nunmehr jedoch per Gesetz angehen möchte.

Schaulustige Gaffer bei Verkehrsunfällen
Wann ist gaffen strafbar? (Symbolfoto: Von Eugen Thome/Shutterstock.com)

Fast jeder Autofahrer hat schon einmal eine Situation erlebt, dass es auf einer Autobahn plötzlich zu einem Stau kommt. In vielen Fällen ist ein Autounfall der Grund für den Stau. Nun hat jeder verantwortungsbewusste Autofahrer in der Fahrschule gelernt, welches Verhalten in einer solchen Situation zwingend erforderlich ist: Es wird eine Rettungsgasse gebildet, damit die Hilfskräfte schnell und problemlos zu der Unfallstelle gelangen können. Diejenigen Autofahrer, welche in der Lage dazu sind, sollten möglichst mit verringerter Geschwindigkeit weiterfahren, um die Staubildung einzudämmen. In der Realität sieht es jedoch leider ein wenig anders aus. Es gibt tatsächlich Menschen, die an der Unfallstelle verharren und aus blanker Neugier oder Sensationslust heraus lieber das Geschehen vor Ort beobachten. Die so genannten Gaffer riskieren dabei nicht nur ihr eigenes Leben, sondern auch das der Unfallopfer, da die Einsatzkräfte behindert werden. Wenn sie Rettungseinsatz oder Polizeieinsatz filmen oder Fotos machen gehen die meisten Gaffern in ihrer Sensationslust nicht nur einen Schritt zu weit, darüber hinaus verletzten sie die Persönlichkeitsrechte der Verletzten und Beteiligten, was eine weitere Relevanz hineinbringt.

Die Definition des Gaffens

Viele Menschen wissen überhaupt nicht, was genau sich hinter dem „Gaffen“ verbirgt. Als Gaffen wird in abwertender Weise das Verhalten der Schaulustigen bzw. Zuschauer bezeichnet, die das Geschehen an einer Unfallstelle ausgiebig und in aller Seelenruhe beobachten. Diese Menschen greifen weder helfend in das Geschehen ein noch verlassen sie die Unfallstelle. Diesen Menschen ist in der Regel auch überhaupt nicht bewusst, dass ihr Verhalten in solch einer Situation eben nicht gänzlich normal ist und dass das Gaffen entweder eine Ordnungswidrigkeit oder im schlimmeren Fall unter ganz bestimmten Umständen auch eine Straftat darstellen kann.

Im Normalfall ist das Betrachten einer Unfallstelle in Deutschland strafrechtlich nicht relevant. Jeder Mensch sollte sich jedoch stets des Umstandes bewusst sein, dass es bei einem Unfall nicht selten auf jede einzelne Sekunde ankommt und dass die Unfallbeteiligten dementsprechend sehr schnell professionelle Hilfe benötigen.

Das Gaffen von unbeteiligten Menschen kann für die Unfallbeteiligten sehr wohl sehr schnell lebensbedrohlich werden. Dies ist dann der Fall, wenn die Zuschauer eben keine Rettungsgasse bilden und dementsprechend die Rettungskräfte nicht ungehindert zu der Unfallstelle gelangen können. Überdies vergessen die Zuschauer bei einem Unfall nicht selten auch den Umstand, dass sie sich selbst auch in Lebensgefahr begeben können, wenn sie beispielsweise die Autobahn zu Fuß überqueren, um eine bessere Sicht auf das Unfallgeschehen zu bekommen.

Gaffen als Ordnungswidrigkeit oder als Straftat

Die Straßenverkehrsordnung betrachtet das Gaffen unter gewissen Umständen entweder als Ordnungswidrigkeit oder auch als Straftat. Die einzelnen Umstände der jeweiligen Situation sind für die Bewertung des Verhaltens maßgeblich. Hierbei muss jedoch gesagt werden, dass nicht alleinig das Gaffen bewertet wird. Auch das Folgeverhalten des „Gaffers“, welches sich in der Regel aus dem Gaffen heraus ergibt, spielt bei der Bewertung eine wichtige Rolle. Die Folgen für den Gaffer sind dabei nicht unerheblich. Wird das Gaffen sowie das Folgeverhalten als Ordnungswidrigkeit bewertet, so können folgende Sanktionen drohen.

Sanktionen für schaulustige Gaffer:

  • Bußgelder
  • Punkte im Verkehrszentralregister in Flensburg
  • etwaig Fahrverbot

Als Folgetaten aus dem Gaffen heraus können folgende Verhaltensmuster durchaus relevant werden:

  • keine Rettungsgasse gebildet gem. § 11 Absatz 2 StVO
  • der Seitenstreifen wurde befahren gem. § 2 Absatz 1 StVO
  • das Parken des Fahrzeugs am Seitenstreifen gem. § 12 Absatz 4 StVO
  • die Behinderung der Rettungskräfte gem. § 49 Absatz 3 Nr. 3 StVO

Derartiges Folgeverhalten wird noch als Ordnungswidrigkeit gewertet.

Unterlassene Hilfeleistung §  323c StGB

Wird das Verhalten des Gaffers als Straftat gewertet, so ist das Strafgesetzbuch (StGB) für die Bestrafung dieses Verhaltens relevant. In der gängigen Praxis ist in der Regel die unterlassene Hilfeleistung gem. § 323c StGB der gängigste Straftatbestand, welcher einem Gaffer zur Last gelegt wird. Ein derartiges Verhalten sollte nicht unterschätzt werden, denn es kann im schlimmsten Fall sogar eine Freiheitsstrafe in einer Justizvollzugsanstalt nach sich ziehen. Der Straftatbestand der unterlassenen Hilfeleistung ist bereits dann erfüllt, wenn die unbeteiligte Person die Schaulust bevorzugt und stattdessen keine erste Hilfe leistet.

In Deutschland ist jeder Mensch zum Leisten der ersten Hilfe gesetzlich verpflichtet. Diese Verpflichtung gilt allerdings unter der Einschränkung, dass sich der Ersthelfer dabei nicht selbst in Gefahr bringen muss, um der Verpflichtung nachzukommen. Sollte es allerdings aufgrund des Gaffens zu einer Behinderung von Rettungskräften kommen, beispielsweise weil die Straße durch das Gaffen blockiert wird, ist der Straftatbestand gem. § 323c StGB bereits erfüllt.

Können Opfer gegenüber Gaffern Schmerzensgeld geltend machen?

Persönlichkeitsrechtsverletzung bei hilflosen Unfallopfer
Persönlichkeitsrechtsverletzung: Gefilmte Opfer können durchaus Schmerzensgeld gegenüber dem Gaffer verlangen. (Symbolfoto: Von Kzenon/Shutterstock.com)

Es kommt bedauerlicherweise nicht selten vor, dass Gaffern nicht nur die Befriedigung ihrer Schaulust ausreicht. Nicht selten werden von dem Unfall auch noch Fotos bzw. Videos mittels eines Smartphones erstellt. Den wenigsten Menschen ist dabei der Umstand bewusst, dass diese Handlung an sich bereits eine Straftat darstellt. Dies gilt auch dann, wenn die Aufnahmen nicht ihren Weg in das Internet finden. Die gesetzliche Grundlage für die Strafbarkeit dieser Handlung findet sich in dem § 201a StGB wieder, welche die Aufnahme eines Opfers in Verbindung mit der Hilflosigkeit des Opfers als Straftatbestand ansieht. Ein derartiges Verhalten wird in Deutschland mit einer Freiheitsstrafe von maximal 2 Jahren in Verbindung mit einer empfindlich hohen Geldstrafe bestraft. Auf diese Weise möchte der Gesetzgeber die Persönlichkeitsrechte derjenigen Person, die in einem Verkehrsunfall zum Opfer wurde, schützen.

Sollte dementsprechend ein Opfer Foto- oder Videoaufnahmen von dem Verkehrsunfall sowie der beteiligten Personen erstellen, so können die Opfer sowie auch alle anderen beteiligten Personen auf dem zivilrechtlichen Weg Schmerzensgeld gegen den Gaffer geltend machen.

Die Verletzung der Persönlichkeitsrechte ist nicht alleinig auf das Gesicht der Person beschränkt. Auch alle anderen Körperteile eines Verkehrsunfallopfers dürfen nicht aufgenommen werden. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass das Opfer auf dem Foto identifiziert werden könnte. Ist die Identifikation möglich, so ist ein Verstoß gegen die Persönlichkeitsrechte gegeben.

Da für die Foto- bzw. Videoaufnahmen zuvor eine ausdrückliche Erlaubnis der abgebildeten bzw. aufgenommenen Person erforderlich ist und diese Erlaubnis bei einem Verkehrsunfall schlecht eingeholt werden kann, ist die Verletzung der Persönlichkeitsrechte überaus wahrscheinlich. Die gaffende Person, welche die Aufnahmen erstellt hat, ist daher auf dem zivilrechtlichen Wege überaus angreifbar. Zwar handelt es sich hierbei stets um eine Einzelfallentscheidung allerdings ist die Durchsetzung von Schmerzensgeld für einen erfahrenen und kompetenten Rechtsanwalt in der Regel überhaupt kein Problem. Haben Sie weitergehende Fragen zu der Thematik können Sie sich gern an uns wenden.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

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