LG Nürnberg-Fürth – Az.: 12 Ns 507 Js 2066/20 – Urteil vom 07.02.2022
1. Auf die Berufung des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 28. April 2021 insofern abgeändert, als der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt wird.
2. Die Berufung der Staatsanwaltschaft wird als unbegründet verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens sowie seine notwendigen Auslagen zu tragen. Soweit durch die Berufung der Staatsanwaltschaft ausscheidbare Kosten entstanden sind, fallen sie der Staatskasse zur Last.
Die Berufungsgebühr wird um ein Viertel ermäßigt.
Angewandte Vorschriften: § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB
Gründe
I.
Am 28. April 2021 verurteilte das Amtsgericht Nürnberg den Angeklagten wegen Subventionsbetrugs zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Gegen diese Verurteilung wandte sich der Angeklagte mit seiner unbeschränkt eingelegten Berufung. Darüber hinaus legte auch die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth eine auf die Rechtsfolgen beschränkte Berufung zu Ungunsten des Angeklagten ein. Das Rechtsmittel des Angeklagten führte zu der Herabsetzung der verhängten Strafe, wie aus dem Tenor ersichtlich. Die Berufung der Staatsanwaltschaft wurde als unbegründet verworfen.
II.
Der Angeklagte war zweimal verheiratet und ist geschieden. Aus erster Ehe entstammt sein volljähriger Sohn, der in … studiert. Nunmehr, seit etwa vier Jahren, lebt der Angeklagte mit seiner Lebensgefährtin, einer Ärztin, zusammen, die den wesentlichen Teil des Haushaltseinkommens erwirtschaftet. Der Angeklagte hatte nach Abitur und Ableistung des Wehrdienstes (er ist Leutnant der Reserve) Betriebswirtschaftslehre studiert und arbeitete sodann bei verschiedenen Unternehmen in unterschiedlicher, teils leitender Funktion und an unterschiedlichen Orten, darunter auch zwei Jahre in China. Schließlich machte er sich als Unternehmensberater im Bereich von Finanzanalysen und Sanierungen selbstständig. Hierbei geriet er im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts in eine finanzielle Schieflage, weil vereinbarte variable Vergütungsbestandteile entweder nicht erwirtschaftet werden konnten oder aber von den Auftraggebern nicht bezahlt wurden, sodass der Angeklagte aktuell noch vor dem Landgericht München wegen ausstehender Provisionen prozessiert. Infolge dessen konnte er seinen aufwendigen Lebensstil nicht mehr finanzieren, weswegen es im Jahr 2014 zur Trennung und anschließenden Scheidung von seiner zweiten Ehefrau kam. Aktuell hat der Angeklagte keine Schulden; auch die Geldstrafen aus den nachfolgend genannten Verurteilungen sind vollständig bezahlt. Seit Dezember 2021 steht der Angeklagte in einem zunächst auf ein Jahr befristeten Arbeitsverhältnis als Angestellter.
Der Angeklagte ist vorbestraft aufgrund:
1. …
…
4. des Urteils des Amtsgerichts Nürnberg vom 25. Juni 2012 wegen Betrugs. Hier wurde der Angeklagte zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Strafaussetzung wurde später widerrufen, der Strafrest wurde nach der Verbüßung von einem Jahr zur Bewährung ausgesetzt;
…
7. des Urteils des Amtsgerichts Nürnberg vom 23. Mai 2019 wegen Diebstahls und Betrugs in 33 Fällen. Hier verhängte das Amtsgericht eine unbedingte Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr. Dieser Verurteilung lag zugrunde, der Angeklagte habe am 10. Februar 2018 dem Geschädigten W. dessen Kreditkarte entwendet, um diese unberechtigt für sich zu behalten. In der Folgezeit habe er die Karte in 33 Fällen unberechtigt eingesetzt, um damit eigene Verbindlichkeiten zu begleichen. Dabei habe er seinen jeweiligen Vertragspartnern vorgetäuscht, der berechtigte Karteninhaber zu sein. Durch den Einsatz der Kreditkarte habe er sich einen Vermögensvorteil von insgesamt 2.356,38 € verschafft;
8. und schließlich aufgrund des Urteils des Amtsgerichts Nürnberg vom 12. August 2020, worin gegen den Angeklagten wegen des unbefugten Gebrauchs eines Fahrzeugs am 2. Februar 2020 eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen von 15 € verhängt wurde.
Der Angeklagte stand im Zeitpunkt der hier abgeurteilten Tat und auch zur Zeit der Berufungshauptverhandlung im hiesigen Verfahren unter zweifacher offener Reststrafenbewährung aus den vorgenannten Verurteilungen zu Nr. 4 und 7. Er hat wegen beider Verurteilungen jeweils nur die Halbstrafe verbüßt, d.h. es droht ihm ein Widerruf von insgesamt einem Jahr und sechs Monaten. Die Bewährungszeit im Fall Nr. 4 wurde insgesamt dreimal, im Fall Nr. 7 einmal wegen zwischenzeitlich begangener weiterer Straftaten verlängert. Aktuell ist die Bewährungszeit in beiden Fällen bis 17. Juni 2024 verlängert. Zuletzt wurde der Angeklagte am 10. Januar 2020 – also rund drei Monate vor der hier abgeurteilten Tat – aus der Strafhaft entlassen.
III.
Am 7. April 2020 um 8:06 Uhr beantragte der Angeklagte online bei der Regierung von Mittelfranken die Gewährung einer Überbrückungshilfe des Bundes für die von der Corona-Virus-Pandemie geschädigten Unternehmen und Soloselbständigen („Corona-Soforthilfe insbesondere für kleine Unternehmen und Soloselbständige“).
Die Online-Eingabemaske enthielt unter anderem folgenden, vom Angeklagten wahrgenommenen und verstandenen Hinweis: „Mir ist bekannt, dass es sich bei den Angaben zu Ziffer 1., 4., 5. und 6. um subventionserhebliche Tatsachen im Sinne des § 264 des Strafgesetzbuchs i.V.m. § 2 des Subventionsgesetzes vom 29. Juli 1976 … ggf. i.V.m. landesgesetzlichen Rechtsregelungen [erg.: handelt]. Mir ist bekannt, dass vorsätzlich oder leichtfertig falsche oder unvollständige Angaben … die Strafverfolgung wegen Subventionsbetrug (264 StGB) zur Folge haben können.“
In einem weiter unten stehenden Feld mit folgendem Begleittext „Ich bestätige, dass ich die oben genannten Bedingungen gelesen und akzeptiert habe“ gab der Angeklagte sodann ein „Ja“ ein.
Im Eingabefeld unter der Ziffer 1 hatte der Angeklagte zuvor bei der Rechtsform seines Unternehmens „e.K.“ eingetragen, also „eingetragener Kaufmann“. Im Eingabefeld unter Ziffer 4, in dem nach der Zahl der Beschäftigten gefragt wurde, hatte er in der Zeile „Beschäftigte in Vollzeit (ab 30 Stunden pro Woche)“ die Zahl „5“ eingegeben. Beide Angaben entsprachen, wie der Angeklagte wusste, nicht der Wahrheit. Er war vielmehr als Einzelgewerbetreibender ohne jeden Eintrag im Handelsregister tätig, auch beschäftigte er niemanden, erst recht nicht in Vollzeit.
Ob der Angeklagte darüber hinaus auch noch dadurch eine falsche Angabe gemacht haben könnte, dass er in dem Antrag möglicherweise unzutreffend einen Liquiditätsengpass behauptete – wozu das Amtsgericht breit ausgeführt hat –, hat die Kammer nach Erörterung des der Intention der Verfahrensvereinfachung des § 264 StGB (vgl. Fischer, StGB, 69. Aufl., § 264 Rn. 2) gegenläufigen Beweisaufwandes zur Prognose des Liquiditätsengpasses (vgl. dazu Rau/Sleiman, NZWiSt 2020, 373, 376; Trompke/Wortmann, COVuR 2020, 401, 402 f.) nicht vertieft. Vielmehr hat sie mit Einverständnis der Staatsanwaltschaft zugunsten des Angeklagten unterstellt, dass diese Angabe nicht unrichtig war.
Aufgrund der Angaben des Angeklagten gewährte ihm die Regierung von Mittelfranken mit Bescheid vom 29. Mai 2020 Soforthilfe in Höhe von 9.000 € und zahlte diese auf das von ihm angegebene Konto aus. Mit Bescheid vom 10. September 2021 widerrief die Regierung den Zuwendungsbescheid. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Angeklagte bereits 5.000 € an die Staatskasse zurückgezahlt (nämlich am 18. März 2021, also gut einen Monat vor der erstinstanzlichen Hauptverhandlung in dieser Sache). Die restlichen 4.000 € zahlte er im Januar 2022 zurück.
IV.
1. Die Feststellungen zu den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen des Angeklagten beruhen auf dessen Angaben vor der Berufungskammer. Zu den Vorstrafen wurde der Auszug aus dem Bundeszentralregister für den Angeklagten verlesen, ebenso wie der Sachverhalt aus dem Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 23. Mai 2019. Diese Angaben wurden vom Angeklagten als richtig bestätigt.
Daneben stützt sich die Kammer auf die Aussage der Bewährungshelferin des Angeklagten, der Zeugin K. Diese erteilte glaubhaft und detailliert Auskunft zu den beiden Halbstrafenaussetzungen und zum Bewährungsverlauf. Dabei beschrieb sie den Angeklagten als grundsätzlich kooperativ und seine persönlichen Lebensverhältnisse als einigermaßen geordnet. Wegen der letzten Verurteilung (vgl. oben II.8) – da habe sich der Angeklagte das von einem Münchener Autohaus für eine kurze Probefahrt zur Verfügung gestellte Fahrzeug über Nacht unbefugt „ausgeliehen“ – habe es zwischen ihr und ihrem Probanden allerdings Uneinigkeit gegeben. Er habe, so die Zeugin, ebenso wie im hier abgeurteilten Fall, das Unrechte seines Tuns nicht einsehen wollen. Auch habe der Angeklagte die Zeugin nicht über hiesiges Verfahren informiert, sie habe hiervon erst durch die Mitteilung des erstinstanzlichen Urteils erfahren.
2. Zur Sache hat der Angeklagte sich eingangs der Berufungshauptverhandlung geständig eingelassen und bestätigt, den Antrag vom 7. April 2020 gestellt zu haben. Ebenso sei zutreffend, dass er damals nicht als eingetragener Kaufmann firmiert und dass er keine fünf Personen beschäftigt habe. Er habe überhaupt keine Arbeitnehmer gehabt. Zutreffend sei weiterhin, dass das Geld von der Regierung von Mittelfranken bei ihm eingegangen sei. Er habe es auch zurückgezahlt.
Das Geständnis ist glaubhaft. Ergänzend stützt sich die Kammer auf folgende Beweismittel, die das Geständnis bestätigen, in Teilen ergänzen und so ein in sich konsistentes und die Kammer voll überzeugendes Bild ergeben: Die Einordnung der Falschangaben des Angeklagten zu Rechtsform und Beschäftigtenanzahl als subventionserheblich i.S.d. § 264 Abs. 9 StGB ergab sich aus den verlesenen Urkunden, nämlich aus dem Ausdruck des von dem Angeklagten ausgefüllten Onlineformulars und aus dem Ausdruck des Screenshots der Eingabemaske, aus dem sich die aus dem erstgenannten Ausdruck nicht erkennbare Zuordnung der Ziffern zu den einzelnen Eingabefeldern ergab, nämlich „1“ für „Antragsteller“ – hier wurde auch nach der Rechtsform gefragt – und „4“ für „Beschäftigte“, wo nach den Beschäftigten und deren Stundenzahl gefragt wurde.
Die Bewilligung, Auszahlung von 9.000 € und Rückzahlung von 5.000 € wird belegt durch die verlesenen Bescheide der Regierung von Mittelfranken, nämlich durch den Bewilligungsbescheid vom 29. Mai 2020 und den Widerrufsbescheid vom 10. September 2021. Die Rückzahlung der verbleibenden 4.000 € konnte der Angeklagte durch die Vorlage einer Online-Überweisungsbestätigung belegen, die in der Hauptverhandlung verlesen wurde.
Am kognitiven Element des Vorsatzes des Angeklagten hegt die Kammer auch aufgrund seiner betriebswirtschaftlichen Vorbildung und langjähriger Tätigkeit in verschiedenen Unternehmen, teils bei namhaften Unternehmensberatungen wie … und … und aufgrund seiner einschlägigen Vorverurteilungen wegen Betrugs, keinerlei Zweifel. Das Motiv des Angeklagten, die Subvention unberechtigt zu vereinnahmen, ist für die Kammer ebenso zweifelsfrei.
V.
Damit hat sich der Angeklagte wegen Subventionsbetrugs nach § 264 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 9 StGB strafbar gemacht. Bei den Corona-Soforthilfen handelt es sich um Subventionen i.S.d. § 264 Abs. 8 StGB (BGH, Beschluss vom 4. Mai 2021 – 6 StR 137/21, juris Rn. 5). Die subventionserheblichen Tatsachen waren durch den ziffernmäßigen Verweis auf bestimmte Punkte der Online-Eingabemaske dort als solche bezeichnet und damit für den Angeklagten klar erkennbar, was ausreichend ist (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Mai 2021 – 6 StR 137/21, juris Rn. 10; LG Hamburg, Beschluss vom 18. Januar 2021 – 608 Qs 18/20, juris Rn. 44; Höpfner/Bednarz, ZWH 2021, 91, 93). Die falschen Angaben – jedenfalls diejenige zur Zahl der Beschäftigten – waren für den Angeklagten vorteilhaft (§ 264 Abs. 1 Nr. 1 a.E. StGB; dazu Saliger in SSW-StGB, 5. Aufl., § 264 Rn. 26), weil sie sein Unternehmen als größer und damit als in größerem Umfang beihilfeberechtigt erscheinen ließen als es tatsächlich war. In Nr. 4 des Bewilligungsbescheides heißt es insoweit: „Aufgrund der im Antrag gemachten Angaben zur Mitarbeiterzahl (5) … wird die Höhe der Soforthilfe Corona auf 9.000 € festgesetzt“. Die Bezeichnung der Angaben als subventionserheblich erfolgte schließlich aufgrund eines Gesetzes durch den Subventionsgeber (§ 264 Abs. 9 Nr. 1 Alt. 2 StGB).
VI.
1. Den Strafrahmen hat die Kammer § 264 Abs. 1 StGB entnommen. Die Annahme eines besonders schweren Falles gemäß Abs. 2 der Vorschrift sah die Kammer nach Abwägung aller Umstände als nicht gerechtfertigt an. Sofern das Landgericht Stade einen besonders schweren Fall unter anderem dadurch begründet sah, dass der dortige Angeklagte ein unbürokratisches staatliches Angebot zur Rettung kleiner Wirtschaftsteilnehmer in einer in der Nachkriegszeit beispiellosen nationalen Notlage durch die Pandemie ausgenutzt hat (LG Stade, Urteil vom 16. Dezember 2020 – 600 KLs 141 Js 21934/20 (7/20), juris Rn. 112, gebilligt von BGH, Beschluss vom 4. Mai 2021 – 6 StR 137/21, juris Rn.12), so teilt die Kammer zwar die damit verbundene verschärfte Missbilligung. Allerdings muss man andererseits sehen, dass der Subventionsgeber es potenziellen Betrügern mangels wirksamer Kontrolle bei der Subventionsbewilligung leicht gemacht hat. Das Geld lag, um es bildhaft zu sagen, auf der Straße, und der Angeklagte hat sich danach gebückt. Die aufzuwendende kriminelle Energie war bei seinem einmaligen Antrag eher gering anzusetzen.
2. Bei der Strafzumessung im engeren Sinne hat die Kammer zugunsten des Angeklagten sein Geständnis gewertet. Zudem machte er den mit der Tatbegehung einhergehenden Schaden durch die inzwischen vollständige Rückzahlung der Subvention wieder gut. Die grundsätzlich gesamtstrafenfähige, hier aber schon vollständig bezahlte Geldstrafe von 90 Tagessätzen für den unbefugten Gebrauch eines Fahrzeugs (oben II.8), war zugunsten des Angeklagten durch einen sog. Härteausgleich zu berücksichtigen. Die Kammer hat im Übrigen gesehen, allerdings nicht bestimmend zugunsten des Angeklagten gewertet, dass ihm prognostisch infolge des hiesigen Urteils – aus der Sicht der Kammer unausweichlich und auch überfällig – die beiden noch offenen Reststrafenbewährungen von insgesamt einem Jahr und sechs Monaten widerrufen werden, sodass das gesamte Strafübel, mit dem er sich nunmehr konfrontiert sieht, dementsprechend erhöht ist. Das ist aber schlicht Folge des bewussten und wiederholten Bewährungsbruchs (vgl. Eschelbach in SSW-StGB, 5. Aufl., § 46 Rn. 161), die der Angeklagte zu tragen hat.
Zulasten des Angeklagten hat die Kammer insbesondere gewertet, dass er die Tat nur kurz nach der (Teil-)Verbüßung einer einschlägigen Vorstrafe und unter einschlägiger zweifacher offener Reststrafenbewährung stehend begangen hat. Insgesamt waren die einschlägigen Vorverurteilungen und die Rückfallgeschwindigkeit negativ zu vermerken. Weiterhin war der ursprüngliche Schaden mit 9.000 € Auszahlungssumme nicht unerheblich.
Unter Abwägung aller, auch der unter VI.1 genannten Umstände hält die Kammer für die festgestellte Straftat eine Freiheitsstrafe von einem Jahr für tat- und schuldangemessen.
3. Die Strafaussetzung zur Bewährung verbietet sich nach Lage der Dinge. Eine positive Sozialprognose (§ 56 Abs. 1 StGB) ist dem Angeklagten angesichts des bereits genannten wiederholten Bewährungsversagens und der Rückfallgeschwindigkeit nicht zu stellen. Sie ergibt sich insbesondere nicht aus den von der Zeugin K. referierten und vom Angeklagten bestätigten Umständen, an deren Vorliegen die Kammer keine Zweifel hegt: Weder die Kooperation mit der Bewährungshelferin im Laufe der seit 2012 durchgehend laufenden, nur durch den Strafvollzug unterbrochenen Bewährung, noch die durch die Beziehung zu seiner aktuellen Lebensgefährtin stabilisierten persönlichen Verhältnisse haben den Angeklagten allerdings von der Begehung der hier abgeurteilten Straftat abgehalten. Sie geben daher keine Grundlage für die Annahme, der Angeklagte würde sich künftig straffrei führen.
Weiterhin hat der Angeklagte gegenüber Kammer ausgeführt, er wolle künftig „kleinere Brötchen backen“. Das überzeugte die Kammer nicht. Denn die Zeugin K. hat ausgeführt, dass der Angeklagte aufgrund eines positiven Selbstbildes und seiner Kenntnisse sich rasch unterfordert fühle und immer wieder nach Selbstbestätigung suche. So sei die hiesige Tat nicht aus Not heraus geschehen, denn seine mit ihm zusammen lebende und wirtschaftende Lebensgefährtin verdiene mehr als 7.000 € netto monatlich. Er habe sich, obwohl gerade aus der Strafhaft entlassen, als Vermittler für die Lieferung von Schutzmasken an den Freistaat Bayern am Beginn der Corona-Pandemie ins Gespräch bringen wollen. Damit habe er, so führte er gegenüber der Kammer aus, der Gesellschaft in der Not helfen wollen. Ebenso wenig habe es, so die Zeugin weiter, für den unbefugten Gebrauch des Wagens aus einem Münchener Autohaus (oben II.8) einen zwingenden Anlass gegeben. Die Kammer sieht den in den Straftaten zu Tage tretenden Geltungsdrang und das Bewusstsein der eigenen Bedeutsamkeit als für den Angeklagten hinderlich, dauerhaft eine wirksame Selbstkontrolle auszuüben. Infolgedessen wäre es für die Kammer hinderlich, eine positive Sozialprognose zu bejahen, wenn sie nicht aus oben genannten Gründen ohnehin schon ausgeschlossen wäre. Insgesamt ist das Gericht vor diesem Hintergrund der Auffassung, dass sich der Angeklagte durch die wiederholte Gewährung und Verlängerung von Bewährungen zur Begehung weiterer Straftaten eher ermuntert gefühlt hat als dass er hiervon abgehalten worden ist.
VII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1, 4 StPO.