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Schwere Brandstiftung durch Inbrandsetzen einer abgeschlossenen Wohnung

LG Essen – Az.: 51 KLs 70 Js 86/20 – 34/20 – Urteil vom 19.04.2021

Der Angeklagte wird wegen schwerer Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

§§ 306a Abs. 1 Nr. 1, 21, 49 Abs. 1 StGB

Gründe

I.

Der im Zeitpunkt der Hauptverhandlung 22jährige Angeklagte wurde am … in F geboren. Er ist deutscher Staatsangehöriger und ledig.

Der Angeklagte hat drei ältere Geschwister und zwei Halbgeschwister väterlicherseits sowie zwei Halbgeschwister mütterlicherseits. Kurz nach der Geburt des Angeklagten verließ die Mutter des Angeklagten die Familie. Der Angeklagte wuchs bei seiner Großmutter väterlicherseits und seinem Vater, welcher im Gartenbau tätig war, auf. Als der Angeklagte etwa zwei oder drei Jahre alt war, ging der Vater eine neue Beziehung zu der Stiefmutter des Angeklagten ein, aus welcher die zwei Halbgeschwister des Angeklagten väterlicherseits hervorgingen. Zu seiner Mutter hat der Angeklagte keinen Kontakt. Zu seinem Vater sowie einem seiner Brüder hat der Angeklagte Kontakt.

Der Angeklagte besuchte den Kindergarten und im Anschluss für drei Jahre die Grundschule. Der Angeklagte wechselte von der Grundschule auf die Förderschule. Da es in der Schule immer wieder zu Schwierigkeiten kam – der Angeklagte wurde gemobbt – wechselte er in der Folgezeit viermal die Sonderschule und verließ diese letztlich im Alter von 15 Jahren ohne den angestrebten Hauptschulabschluss.

Nach Verlassen der Schule machte der Angeklagte zwei Praktika bei der Firma O und arbeite dort zunächst als geringfügig Beschäftigter und sodann für zwei Monate in Vollzeit. Da dem Angeklagten die Vollzeittätigkeit zu viel Druck und Stress bereitete, ging er im Jahr 2018 einfach nicht mehr zur Arbeit. Nach Beendigung seiner Tätigkeit bei der Firma O arbeitete der Angeklagte bis zum Jahr 2019 ehrenamtlich im Katastrophenschutz und Rettungsdienst und betrieb nebenbei eine Pflegestelle für Hunde. Ab dem Jahr 2019 ging der Angeklagte immer wieder kurzfristig Tätigkeiten, beispielsweise in der Gastronomie oder im Pflegebereich, nach, welche er jedoch jeweils nicht lange durchhielt. In den Zeiten, in denen der Angeklagte keiner beruflichen Tätigkeit nachging, bestritt er seinen Lebensunterhalt durch Hartz IV. In der Freizeit beschäftigte er sich mit seinen beiden Hunden. Seit dem 15.03.2021 ist der Angeklagte in Vollzeit in einer Demenz-WG als Pflegehelfer beschäftigt.

Im Alter von 14 Jahren trank der Angeklagte erstmals Alkohol. Im Alter von 17/18 Jahren trank der Angeklagte täglich Alkohol (täglich ca. eine halbe 0,7l-Flasche Wodka) wobei er bereits morgens anfing zu trinken. Den täglichen Alkoholkonsum stellte der Angeklagte Ende des Jahres 2018 ein. Seitdem trinkt er nur noch gelegentlich Alkohol. Der Angeklagte probierte in der Vergangenheit öfter Cannabis, konsumiert dieses jedoch seit Ende des Jahres 2018 nicht mehr.

Der Angeklagte ist strafrechtlich bisher wie folgt in Erscheinung getreten:

Am 19.01.2016 verwarnte ihn das Amtsgericht Essen im Verfahren 61 Ds-68 Js 934/15-348/15 wegen Körperverletzung. Zugleich erhielt der Angeklagte eine Arbeitsauflage. Die Entscheidung ist seit dem 02.02.2016 rechtskräftig.

Am 21.04.2016 sah die Staatsanwaltschaft Essen im Verfahren 68 Js 492/16 wegen Beleidigung gem. § 45 Abs. 1 JGG von der Verfolgung ab.

Am 22.05.2018 verwarnte ihn das Amtsgericht Essen im Verfahren 61 Ls-68 Js 665/17-388/17 wegen Betrugs, Beleidigung in zwei Fällen, Hehlerei und Körperverletzung. Zugleich erhielt der Angeklagte eine richterliche Weisung sowie ein Freizeit-Jugendarrest. Die Entscheidung ist seit dem 30.05.2018 rechtskräftig.

Am 21.02.2019 verurteilte ihn das Amtsgericht Essen im Verfahren 61 Ls-68 Js 614/18-187/18 wegen Diebstahls, Betrugs, Widerstands gegen Personen, die Vollstreckungsbeamten gleichstehen, in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung und in weiterer Tateinheit mit Beleidigung sowie wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz zu zwei Wochen Jugendarrest. Zugleich erhielt der Angeklagte eine richterliche Weisung und eine Arbeitsauflage. Die Entscheidung ist seit dem 24.06.2019 rechtskräftig.

Am 08.08.2019 verurteilte ihn das Amtsgericht Essen im Verfahren 61 Ls-68 Js 369/19-130/19 wegen Unterschlagung und Bedrohung unter Einbeziehung einer nicht zentralregisterpflichtigen Entscheidung zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten mit Bewährung. Daneben verhängte das Amtsgericht Essen ein Jugendarrest von vier Wochen. Die Entscheidung ist seit dem 30.09.2019 rechtskräftig. Die Bewährungszeit läuft bis zum 29.09.2021.

Am 13.02.2020 verwarnte das Amtsgericht Essen den Angeklagten im Verfahren 61 Ls-68 Js 744/19-240/19 wegen Beförderungserschleichung in drei Fällen und erteilte ihm zugleich eine Arbeitsauflage. Die Entscheidung ist rechtskräftig seit dem 20.08.2020.

Die Arbeitsauflage aus dem zuletzt genannten Urteil hat der Angeklagte erfüllt.

In vorliegender Sache wurde gegen den Angeklagten durch das Amtsgericht F1 am 28.02.2020 Haftbefehl erlassen (Az.: …). Aufgrund des vorgenannten Haftbefehls befand sich der Angeklagte in der Zeit vom 28.02.2020 bis zur Aufhebung des Haftbefehls durch Beschluss des Amtsgerichts F1 vom 18.03.2020 in Untersuchungshaft in der JVA F2.

II.

In der Sache hat die Kammer die folgenden Feststellungen getroffen:

Vorgeschichte:

Der Angeklagte bezog im Frühling 2019 die Wohnung im ersten Obergeschoss links in dem Mehrfamilienhaus mit acht Parteien unter der Anschrift G-Straße … in … F. Die gegenüberliegende Wohnung im ersten Obergeschoss bewohnte zu dieser Zeit die Zeugin H gemeinsam mit ihren Eltern. Im Tatzeitpunkt (…) befand sich die Zeugin H im Umzug in eine eigene Wohnung, hielt sich jedoch noch in der Wohnung ihrer Eltern auf. Die Wohnung unter der Wohnung des Angeklagten (Erdgeschoss links) bewohnte sowohl im Frühling 2019 als auch im Tatzeitpunkt die Zeugin N.

Nachdem sich das Verhältnis des Angeklagten zu dem Vermieter, dem Zeugen I, in den ersten Monaten des Mietverhältnisses unauffällig gestaltete, kam es in der Folgezeit zu Mietrückständen des Angeklagten, woraufhin der Zeuge I einen Räumungstitel gegen den Angeklagten erwirkte. Ein Räumungstermin – gegen welchen der Angeklagte Räumungsschutzantrag stellte – wurde für den 18.03.2020 bestimmt. Am 02.08.2019 und Ende September 2019 traf der Zeuge I den Angeklagten jeweils mit einem Freund im Hausflur, als diese dort Stühle aufgestellt hatten und Pizza aßen und Bier tranken. Als der Zeuge I den Angeklagten und dessen Freund darauf hinwies, dass diese entsprechendes bitte innerhalb der Wohnung des Angeklagten tun sollten, drohte der Angeklagte dem Zeugen I jeweils Schläge an, trat gegen die Hauseingangstür und verließ das Mehrfamilienhaus. In der Zeit von November 2019 bis Februar 2020 traf der Zeuge I, welcher sich in dieser Zeit mit der Renovierung einer weiteren Wohnung in dem Mehrfamilienhaus befasste, wiederholt im Hausflur auf den Angeklagten, welcher dem Zeugen I gegenüber wiederholt sinngemäß sagte, „irgendwann werde etwas schlimmes passieren“, ohne dies jedoch weiter auszuführen.

Neben den Schwierigkeiten zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen I kam es einige Wochen nach dem Einzug des Angeklagten in das Mehrfamilienhaus zu Streitigkeiten zwischen dem Angeklagten und der Zeugin N, da diese sich wiederholt über Lärmbelästigungen aus der Wohnung des Angeklagten beschwerte und wiederholt die Polizei hinzurief. Im Rahmen der Streitigkeiten zwischen dem Angeklagten und der Zeugin N schlug der Angeklagte am Abend des 02.08.2019 nach 22:00 Uhr etwa wiederholt gemeinsam mit drei weiteren – unbekannt gebliebenen – Personen gegen die Wohnungstür und die Außenrollos der Wohnung der Zeugin N, wobei sich der Angeklagte und die weiteren Personen immer dann vom Wohnhaus entfernten, wenn die von der Zeugin N alarmierte Polizei hinzukam und erneut mit den Schlägen gegen die Wohnungstür und die Außenrollos begannen, als die Polizei wieder weg war. Die Streitigkeiten zwischen dem Angeklagten und der Zeugin N, welche sich vom Angeklagten zunehmend bedroht fühlte (der Angeklagte stand etwa zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt mit erhobener Faust vor der Zeugin N), steigerten sich in der Folgezeit dahin, dass die Zeugin N im Oktober 2019 eine einstweilige Anordnung des Familiengerichts F3 gegen den Angeklagten erwirkte, wonach es dem Angeklagten verboten wurde, die Zeugin N zu bedrohen, zu verletzen oder sonst körperlich zu misshandeln und sich der Wohnung der Zeugin N – außer um auf direktem Weg seine eigene Wohnung zu erreichen und sich in dieser aufzuhalten – weniger als 20 Meter zu nähern. Etwa sechs bis acht Wochen vor dem … äußerte der Angeklagte gegenüber der Zeugin N im Hausflur im Vorbeigehen „wenn ich hier raus muss, wird was passieren“, ohne jedoch weiter darauf einzugehen, was genau passieren werde.

Abend des 10.02.2020

Schwere Brandstiftung durch Inbrandsetzen einer abgeschlossenen Wohnung
(Symbolfoto: Animaflora PicsStock/Shutterstock.com)

Am Abend des 10.02.2020 hielt sich der Angeklagte zunächst bei dem Zeugen A – mit welchem er zu diesem Zeitpunkt befreundet war – in der Wohnung von dessen Mutter auf, wo auch der Zeuge A1 – der Bruder des Zeugen A – wohnte. Im Laufe des Abends entschieden sich der Angeklagte und die Zeugen A und A1, gemeinsam in die Wohnung des Angeklagten zu gehen. In der Wohnung des Angeklagten äußerte der Angeklagte gegenüber dem Zeugen A, „Teile“ genommen zu haben. Im Laufe des Abends nahm der Angeklagte eine Flasche Desinfektionsmittel, welches sich in der Wohnung befand, spritzte dieses auf einen Teller und zündete es an. In der Folge spritzte der Angeklagte dann auch Desinfektionsmittel an die Tapete an der Wand im Wohnzimmer und zündete auch dieses an, woraufhin die Wand an der Stelle, an welcher der Angeklagte zuvor das Desinfektionsmittel aufgesprüht hatte, zu brennen begann. In diesem Moment griffen die Zeugen A und A1 ein, nahmen dem Angeklagten Desinfektionsmittel und Feuerzeug weg und löschten die Flammen an der Wand. Die Zeugen A und A1 begaben sich sodann gemeinsam mit dem Angeklagten zur Wohnung der Zeugen A/A1, wo sodann auch der Angeklagte übernachtete. Auf dem Weg von der Wohnung des Angeklagten zur Wohnung der Zeugen A/A1 schrie der Angeklagte Beleidigungen in die Luft und übergab sich einmal.

Abend des 11.02.2020 / Nacht von 11. auf den 12.02.2020

Am Abend des 11.02.2020 meldete sich der Angeklagte bei dem Zeugen A und berichtete diesem, dass es zur Trennung von seinem Lebensgefährten, dem Zeugen M, gekommen sei und es ihm – dem Angeklagten – schlecht gehe. Da der Angeklagte den Zeugen A bat, zum Angeklagten zu kommen, begab sich dieser in die Wohnung des Angeklagten, wo bereits der Zeuge I1 anwesend war. In der Wohnung des Angeklagten tranken der Angeklagte und der Zeuge I1 größere Mengen Alkohol. Der Zeuge A trank etwa ein halbes Bier. Im Laufe des Abends wurde der Angeklagte zunehmend aggressiv. So holte er etwa mit der Faust gegen die Zeugen I1 und A aus, ohne diese jedoch zu schlagen und trat die Glasscheibe in der Tür zwischen Wohnungsflur und Küche ein. Auch sprühte der Angeklagte – wie bereits am Abend zuvor – Desinfektionsmittel an die Tapete der Wand im Wohnzimmer und versuchte die betreffende Stelle anzuzünden, was jedoch durch die Zeugen I1 und A verhindert wurde. In dem Moment, als der Angeklagte versuchte, die Wand zu entzünden sagte er „das könne hier brennen“. Bereits in der Vergangenheit – seit Dezember 2019 – hatte der Angeklagte gegenüber dem Zeugen A jeweils bei Treffen in der Wohnung des Angeklagten etwa sechs bis sieben Mal geäußert, „das könne abfackeln“ bzw. er „werde alles abfackeln, das interessiere eh keinen“. Da der Zeuge A und der Zeuge I1 mit der Situation zunehmend überfordert waren, beschlossen sie einen Rettungswagen zu rufen. Da sie jedoch Sorge hatten, dass dies den Angeklagten noch aggressiver machen werde, meldete sich der Zeuge A kurz vor 24:00 Uhr per X bei seinem Bruder – dem Zeugen A1 – und bat diesen, einen Rettungswagen zur Anschrift des Angeklagten zu schicken. Der Zeuge A1, welcher die Bitte seines Bruders aufgrund der Vorfälle am Vorabend ernst nahm, rief sodann über die Feuerwehr einen Rettungswagen, wobei er bereits im Telefonat darum bat, auch die Polizei hinzuzuziehen, da der Angeklagte nach der Schilderung seines Bruders sehr aggressiv sei. Nach Eintreffen des Rettungswagens und der Polizei schilderten der Zeuge A und der Zeuge I1 die Vorfälle des Abends dem Zeugen D (im Hauptverhandlungsprotokoll vom 22.03.2021 irrtümlich „L“ geschrieben), welcher an dem Tag im Rettungsdienst der Feuerwehr F4 tätig war. Der Angeklagte wurde schließlich mit dem hinzugerufenen Rettungswagen abtransportiert.

Zeitraum bis zum 26.02.2020

In der Folgezeit wurde die Wohnung des Angeklagten stromlos gestellt. Der Angeklagte beleuchtete seine Wohnung mit Teelichtern, welche er im Wohnzimmer auf der Fensterbank, dem Fernsehtisch, dem Schreibtisch und einem Beistelltisch neben dem Sofa sowie im Wohnungsflur auf der Garderobe aufstellte. Auf das im Wohnzimmer befindliche Sofa selbst stellte der Angeklagte zu keinem Zeitpunkt Teelichter.

Zu seinem – im Zeitpunkt der Hauptverhandlung wieder aktuellen – Lebensgefährten, dem Zeugen M, hatte der Angeklagte in der Zeit bis zu seiner Inhaftierung in hiesiger Sache einmal telefonisch Kontakt, wobei sich der genaue Zeitpunkt des Telefonats nicht feststellen ließ. Zu einer Versöhnung bzw. zu einem gemeinsamen Entschluss, die Beziehung fortzusetzen, kam es in diesem Telefonat nicht. Erst nach der Entlassung des Angeklagten aus der Untersuchungshaft in hiesiger Sache sprachen sich der Angeklagte und der Zeuge M aus und entschieden, die Beziehung fortzusetzen, welche – mit Unterbrechungen – bis zur Hauptverhandlung in hiesiger Sache Bestand hat.

Am Abend des … entschloss sich der Angeklagte, welcher sich zu diesem Zeitpunkt allein in seiner Wohnung aufhielt, seine Wohnung in dem Mehrfamilienhaus in der G-Straße … in F in Brand zu setzen und zu zerstören. Zu diesem Zwecke verteilte er auf dem im Wohnzimmer befindlichen Ecksofa auf dessen linkem Schenkel Handdesinfektionsmittel mit einem Ethanolanteil 99%, entzündete dieses und verließ sodann frühestens um 20:25 Uhr die Wohnung, wobei sämtliche Fenster der Wohnung verschlossen waren und der Angeklagte auch die Wohnungseingangstür hinter sich schloss. Die anderen Bewohner des Mehrfamilienhauses warnte der Angeklagte nicht. Die in der Wohnung im Wohnungsflur sowie im Wohnzimmer befindlichen Rauchmelder hatte der Angeklagte zuvor – zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt (ggf. schon kurz nach dem Einzug in die Wohnung aufgrund von Fehlalarmen beim Kochen) – entfernt.

Der Angeklagte begab sich sodann – wie zuvor mit der Zeugin A2 verabredet – zu dem fußläufig etwa zehn Minuten entfernten U-Friedhof, um dort mit seinem Hund gemeinsam mit der Zeugin A2 und deren Hund spazieren zu gehen und über eine mögliche gemeinsame Hundezucht zu sprechen. Das Treffen zwischen dem Angeklagten und der Zeugin A2 begann zwischen 20:30 Uhr und 20:45 Uhr und dauerte zwischen 30 und 45 Minuten.

In Abwesenheit des Angeklagten entwickelte sich auf den Sofa im Wohnzimmer des Angeklagten ein Brand, welcher u.a. zu einer erheblichen Rauchentwicklung führte. Nachdem ein zu diesem Zeitpunkt im Dachgeschoss das Hauses wohnender Hausbewohner über die Lüftungsschächte des Hauses (die Wohnung des Angeklagten verfügte im Badezimmer über eine Innenraumbelüftung) Rauch bemerkte und die Zeugin H informierte, verständigte diese um 21:47 Uhr die Feuerwehr und informierte die weiteren Hausbewohner, welche alle unverletzt das Mehrfamilienhaus verlassen konnten.

Bei Betreten der Wohnung (die zu diesem Zeitpunkt geschlossene Wohnungstür wurde durch die Mitarbeiter der Feuerwehr – namentlich durch die Zeugen S und T – aufgebrochen) durch die Zeugen S und T gegen kurz vor 22:00 Uhr war die Wohnung des Angeklagten völlig verraucht. Eine offene Flammenbildung lag zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr vor. Der Brand war kurz vorm Ersticken. Um den Rauch aus der Wohnung abziehen zu lassen, schlugen die Zeugen S und T das Fenster des Wohnzimmers ein. Die hierdurch geschaffene Sauerstoffzufuhr führte nicht zu einem erneuten offenen Aufflammen des Brandes sondern lediglich zu einem Aufglühen noch vorhandener Glutnester auf dem Sofa. Die auf dem Sofa befindlichen Glutnester löschten die Zeugen S und T mit einer kleineren Wassermenge.

Nach Eintreffen der Feuerwehr kehrte der Angeklagte mit seinem Hund zu seiner Wohnanschrift zurück.

Am … verfügte neben dem Angeklagten selbst allein dessen Großmutter über einen Schlüssel zu der vom Angeklagten bewohnten Wohnung.

Zustand des Angeklagten im Tatzeitpunkt

Beim Angeklagten lag im Tatzeitpunkt eine rezidivierende depressive Störung vor, welche aufgrund ihrer Schwere die Kriterien einer krankhaften seelischen Störung i.S.v. §§ 20, 21 StGB erfüllte. Aufgrund der beim Angeklagten im Tatzeitpunkt bestehenden krankhaften seelischen Störung kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte im Zeitpunkt des Tatgeschehens in seiner Steuerungsfähigkeit in einem Maße gemindert war, welche die Kammer als erheblich i.S.v. § 21 StGB einordnet.

Eine überdauernde psychiatrische Erkrankung, welche einem der Eingangsmerkmale der §§ 20, 21 StGB zugeordnet werden könnte, lag bzw. liegt beim Angeklagten nicht vor.

Ein beim Angeklagten am … um 00:35 Uhr durchgeführter Atemalkoholtest ergab einen Wert von 0,00 Promille. Ein am … um 00:50 Uhr durchgeführter Drogenschnelltest verlief negativ auf Kokain, Amphetamin, Opiate, Metamphetamin und THC.

Folgen des Brandes

Infolge des Brandes kam es zu erheblichen Verrußungen der gesamten Wohnung, Decken- und Wandputzabplatzungen im Wohnzimmer sowie einem Verziehen der Balkontür im Wohnzimmer. Das Schaumstoff- und Bezugsmaterial des linken Schenkels des Ecksofas des Angeklagten wurde nahezu vollständig zerstört. Die Wohnung des Angeklagten war infolge des Brandes unbewohnbar. Nach Sanierung der Wohnung – die Kosten hierfür beliefen sich auf über 20.000,00 Euro – konnte die Wohnung im September 2020 wieder neu vermietet werden.

III.

1. Persönliche Verhältnisse

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten beruhen auf der Ausführungen der Sachverständigen N1 sowie denjenigen der Zeugin S1 (Bewährungshelferin des Angeklagten) im Rahmen der Hauptverhandlung, welche der Angeklagte jeweils bestätigt und ergänzt hat, sowie auf dem im Rahmen der Hauptverhandlung verlesenen Bundeszentralregisterauszug vom 22.03.2021.

2. Feststellungen zur Sache

a. Vorgeschichte

Die Feststellungen zum Bestand des Mietverhältnisses des Angeklagten betreffend die Wohnung im Hause G-Straße … in F sowie zu der Frage, welche Zeugen welche Wohnungen im Hause bewohnten, beruhen auf der Einlassung des Angeklagten sowie den glaubhaften Aussagen der Zeugen N, H und I.

Zu der Entwicklung des Verhältnisses des Angeklagten zu seinem Vermieter, dem Zeugen I, (Mietrückstände, Räumungsverfahren, Zusammentreffen zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen I im Hausflur) hat sich der Angeklagte allein dahin eingelassen, dass er gegen die bevorstehende Räumung Räumungsschutzantrag gestellt habe und dass er zu keinem Zeitpunkt zu irgendjemandem gesagt habe, dass in dem Haus „etwas schlimmes passieren“ werde.

Die insoweit getroffenen Feststellungen beruhen auf der glaubhaften Aussage des Zeugen I, welcher insoweit wie festgestellt aussagte. So hat der Zeuge I den festgestellten Geschehensablauf hinsichtlich der Entwicklung des Mietverhältnisses (Mietrückstände, Räumungsverfahren, Zusammentreffen zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen I im Hausflur) aus eigener Erinnerung detailliert und widerspruchsfrei geschildert. Die Aussage des Zeugen I lässt für die Kammer insbesondere keine übersteigerte Belastungstendenz erkennen. Vielmehr hat der Zeuge I den festgestellten Sachverhalt sachlich und nachvollziehbar geschildert, ohne hierbei etwa hinsichtlich entstandener Schäden am Gebäude zu übertreiben. Auch hat der Zeuge I nicht etwa – was ihm ein leichtes gewesen wäre – angegeben, der Angeklagte habe nach Einleitung des Räumungsverfahrens etwa angedroht, das Haus niederzubrennen. Vielmehr hat der Zeige I angegeben, der Angeklagte habe mehrfach gesagt „irgendwann werde etwas schlimmes passieren“, ohne dass von einem Brand die Rede gewesen sei.

Den Umstand, dass gegen den Angeklagten ein Räumungsverfahren lief und ein Räumungstermin bereits bestimmt war, bestätigte ebenfalls der Zeuge I2, Sohn des Zeugen I, welcher selbst mit den Schwierigkeiten zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen I nicht im Detail befasst war, jedoch Kenntnis von dem Räumungsverfahren und dem bevorstehenden Räumungstermin hatte.

Zu den festgestellten Streitigkeiten zwischen dem Angeklagten und der Zeugin N hat sich der Angeklagte dahin eingelassen, dass es durchaus Streitigkeiten mit der Zeugin N gegeben habe. Hierbei sei es ums Putzen des Hausflures und um Lärm gegangen. Man habe sich hochgeschaukelt, „bis nichts mehr ging“. Bedroht habe er die Zeugin N jedoch zu keinem Zeitpunkt. Auch habe er gegenüber der Zeugin N zu keiner Zeit geäußert, dass etwas passieren werde, wenn er aus der Wohnung raus müsse.

Die hinsichtlich der Streitigkeiten zwischen der Zeugin N und dem Angeklagten getroffenen Feststellungen beruhen auf der glaubhaften Aussage der Zeugin N. Die Zeugin N – welche im Zeitpunkt der Hauptverhandlung noch sichtlich von den Streitigkeiten mit dem Angeklagten beeindruckt war – schilderte die festgestellten Geschehnisse lebensnah und widerspruchsfrei wie festgestellt. Insbesondere an die Äußerung des Angeklagten im Hausflur („wenn ich hier raus muss, wird was passieren“) vermochte sich die Zeugin N, welche – wie auch die Zeugin H bestätigte und was für die Kammer ebenfalls im Rahmen der Hauptverhandlung deutlich wurde – mit der Zeit Angst vor dem Angeklagten bekam, klar zu erinnern.

Die Vorfälle am Abend des 02.08.2019 nach 22:00 Uhr (wiederholte Schläge gegen die Außenrollos/die Wohnungstür der Zeugin N durch den Angeklagten und drei weitere Personen) bestätigte darüber hinaus glaubhaft der Zeuge I, welcher die entsprechenden Vorfälle aus seinem Auto heraus von der gegenüberliegenden Straßenseite beobachten konnte. Hierzu erläuterte der Zeuge I nachvollziehbar und lebensnah, dass er sich – nachdem es zuvor bereits zu verschiedenen Polizeieinsätzen aufgrund der Streitigkeiten zwischen dem Angeklagten und der Zeugin N sowie zu vielen Beschwerden der Zeugin N über den Angeklagten gekommen sei – nach einer erneuten Beschwerde durch die Zeugin N sowie dem eigenen Zusammentreffen mit dem Angeklagten im Hausflur am 02.08.2019 vor Ort ein eigenes Bild über die Abläufe habe machen wollen.

Dass zwischen der Zeugin N und dem Angeklagten fortdauernde Streitigkeiten bestanden und sich die Zeugin N vom Angeklagten bedroht fühlte bzw. Angst vor diesem hatte, bestätigte die Zeugin H glaubhaft. So sei ihr – der Zeugin H – entsprechendes wiederholt von der Zeugin N berichtet worden.

b. Abend des 10.02.2020

Zu den Geschehnissen am Abend des 10.02.2020 hat sich der Angeklagte dahingehend eingelassen, dass er von dem Abend nichts mehr wisse.

Die diesbezüglichen Feststellungen beruhen auf den glaubhaften Aussagen der Zeugen A und A1, welche zum Geschehen am Abend des 10.02.2020 jeweils wie festgestellt aussagten. Die Zeugen A und A1 haben die Geschehnisse am Abend des 10.02.2020 übereinstimmend jeweils aus eigener Erinnerung detailliert und widerspruchsfrei geschildert. Anhaltspunkte für eine Belastungstendenz ergeben sich für die Kammer hinsichtlich keines der beiden Zeugen.

c. Abend des 11.02.2020 / Nacht vom 11. auf den 12.02.2020

Zu den Geschehnissen am Abend des 11.02.2020 bzw. in der Nacht vom 11. auf den 12.02.2020 hat sich der Angeklagte dahin eingelassen, dass er an dem Abend Cannabis und Alkohol konsumiert habe und sich an den Abend bzw. die Nacht nicht mehr erinnern könne. Tatsächlich sei es jedoch so gewesen, dass er – der Angeklagte – und der Zeuge M sich etwa zwei Wochen vor dem Brand getrennt hätten.

Die Feststellungen zu den Geschehnissen am Abend des 11.02.2020 bzw. in der Nacht vom 11. auf den 12.02.2020 beruhen auf den glaubhaften Aussagen der Zeugen A und A1, des Zeugen I1 sowie des Zeugen D (im Hauptverhandlungsprotokoll vom 22.03.2021 irrtümlich „L“ geschrieben), welche insoweit – soweit die Geschehnisse jeweils in ihren Wahrnehmungsbereich fielen – wie festgestellt aussagten. So gaben die vorgenannten Zeugen die Geschehnisse am Abend des 11.02.2020 bzw. in der Nacht vom 11. auf den 12.02.2020 – soweit diese jeweils in ihren Wahrnehmungsbereich fielen – jeweils aus eigener Erinnerung detailliert und widerspruchsfrei wieder, wobei der Zeuge A darüber hinaus glaubhaft angab, der Angeklagte habe sich zuvor – in der Zeit sich seit Dezember 2019 – wiederholt geäußert wie festgestellt. Anhaltspunkte für eine Belastungstendenz ergeben sich für die Kammer hinsichtlich keines der Zeugen. Insbesondere der Zeuge I1, welcher im Zeitpunkt der Hauptverhandlung nach eigenen Angaben nach wie vor mit dem Angeklagten befreundet ist, war ersichtlich bemüht, den Angeklagten nicht zu belasten und schilderte die festgestellten Geschehnisse erst nach wiederholter Ermahnung zur Wahrheitspflicht auf ausdrücklichen Vorhalt der Verteidigerin des Angeklagten.

d. Zeitraum bis zum 26.02.2020

Die Feststellungen zum Zeitraum bis zum 26.02.2020 betreffend die Situation in der Wohnung des Angeklagten (Stromlosstellung, Beleuchtung durch Teelichter wie festgestellt) beruhen auf der insoweit glaubhaften und widerspruchsfreien Einlassung des Angeklagten.

Zu seinem Verhältnis zu dem Zeugen M hat sich der Angeklagte dahingehend eingelassen, dass er und der Zeuge M sich etwa vier bis fünf Tage nach der erfolgten Trennung wieder vertragen hätten. Man habe bereits zu diesem Zeitpunkt gemeinsam entschieden, die Beziehung fortzusetzen und verabredet, dass der Zeuge M – welcher unmittelbar nach der Trennung zu seiner Mutter nach C gefahren sei – am 28.02.2020 wieder zu dem Angeklagten nach F zurückkehre.

Die insoweit – entgegen der Einlassung des Angeklagten – getroffenen Feststellungen beruhen auf der insoweit glaubhaften Aussage des Zeugen M, welcher angab, dass er mit dem Angeklagten nach der Trennung im Februar zunächst einmal – an einem ihm nicht mehr genau erinnerlichen Tag – telefoniert habe. Man habe in diesem Gespräch zwar darüber gesprochen, „wie es weitergehe“, zu einer Versöhnung oder einer Wiederaufnahme der Beziehung sei es hierbei jedoch nicht gekommen. Dann habe er den Angeklagten etwa drei bis vier Wochen nicht erreichen können. Im Nachhinein habe er vom Angeklagten erfahren, dass der Angeklagte sich in dieser Zeit in Untersuchungshaft befunden habe. Erst nach der Entlassung des Angeklagten aus der Untersuchungshaft habe man sich schließlich ausgesprochen und gemeinsam entschieden, die Beziehung fortzusetzen. Weitere ein bis zwei Wochen später sei er – der Zeuge M – dann erst aus C zurückgekehrt.

Die Aussage des Zeugen M ist glaubhaft. So war der Zeuge M ersichtlich bemüht, den Angeklagten nicht zu belasten. Den zeitlichen Ablauf zwischen der Trennung und der Versöhnung schilderte er widerspruchsfrei, wobei es für die Kammer nachvollziehbar und lebensnah erscheint, dass der Zeuge M den Zeitpunkt der Versöhnung (nach der Untersuchungshaft: „ich konnte ihn dann drei bis vier Wochen nicht erreichen“) trotz des Umstandes, dass Trennung und Versöhnung mehr als ein Jahr zurückliegen, sicher einordnen konnte.

e. …

Hinsichtlich der Geschehnisse am … hat sich der Angeklagte dahingehend eingelassen, dass er am … frühestens um 20:25 Uhr seine Wohnung verlassen habe, um sich mit der Zeugin A2 – mit welcher er sich am Mittag desselben Tages bei einem zufälligen Treffen am U-Friedhof für den Abend des … verabredet hatte – am U-Friedhof zu treffen. Bei dem Treffen habe man die Möglichkeit einer gemeinsamen Hundezucht besprochen, wobei man aufgrund des Wetters (teils Nieselregen) mit den Hunden teils im Auto der Zeugin A2 gesessen habe. Da die Zeugin A2 um 22:00 Uhr habe arbeiten müssen, sei das Treffen spätestens um 21:35 Uhr beendet worden und er – der Angeklagte – sei auf direktem Weg mit seinem Hund nach Hause gegangen. Bei Eintreffen an der G-Straße … sei bereits die Feuerwehr vor Ort gewesen. Wie es zu dem Brand in seiner Wohnung gekommen sei, könne er sich nicht erklären. Er habe diesen nicht vorsätzlich verursacht. Auch habe er in der Zeit, als seine Wohnung stromlos gestellt worden sei, zu keiner Zeit Teelichter irgendwo auf das Sofa gestellt. Er habe in der Wohnung mehrere angebrochene Flaschen Desinfektionsmittel gehabt, da er dieses teils zum Putzen und teils zum Hände desinfizieren verwendet habe.

Dass sich der Angeklagte in der Zeit zwischen 20:30 Uhr und 20:45 Uhr verabredungsgemäß mit der Zeugin A2 am U-Friedhof traf und dieses Treffen etwa 30-45 Minuten dauerte, hat die Zeugin A2 glaubhaft bestätigt. So vermochte die Zeugin der Kammer insbesondere glaubhaft und lebensnah darzulegen, warum sie sich – trotz des zwischenzeitig eingetretenen Zeitablaufes – genau daran erinnern konnte, sich mit dem Angeklagten gerade am Abend des … (und nicht etwa an einem anderen Tag) getroffen zu haben. So sei dies „der erste freie Tag“ gewesen, nachdem am … der Ehemann einer Freundin, am … die vorgenannte Freundin selbst, am … ihre jüngere Tochter und am … ihre ältere Tochter Geburtstag gehabt haben.

Dass der Angeklagte – entgegen seiner Einlassung – entsprechend der getroffenen Feststellungen zunächst Handdesinfektionsmittel auf dem linken Schenkel des in seinem Wohnzimmer befindlichen Ecksofas verteilte und dieses sodann vorsätzlich entzündete, um seine Wohnung in Brand zu setzen, steht zur Überzeugung der Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme mit einer für eine Verurteilung ausreichenden Sicherheit fest.

So ergibt sich aus den überzeugenden Ausführungen des Brandsachverständigen E, welcher den Brandort am 02.03.2020 untersucht hat, zunächst, dass Brandentstehungsort eindeutig die Sitzfläche des linken Schenkels des im Wohnzimmer befindlichen Ecksofas ist. So seien innerhalb der Wohnung des Angeklagten die intensivsten Brandspuren innerhalb des dortigen Wohnzimmers zu finden gewesen. Während sich innerhalb des Wohnungsflures, der Küche und des Badezimmers Rauchgasantragungen bis in die untersten Raumzonen gezeigt hätten, ohne dass es dort jedoch zu thermisch bedingten Schäden gekommen sei, hätten sich innerhalb des Wohnzimmers neben massiven Antragungen eines Rauchgaskondensats in den obersten Raumzonen auch Spuren thermischer Energieeinwirkungen gezeigt. So sei es etwa zu Materialabschmelzungen an der Halterung des – im Brandzeitpunkt bereits nicht mehr angebrachten – Rauchmelders gekommen. Innerhalb des Wohnzimmers sei es darüber hinaus im hinteren rechten Raumviertel oberhalb des dort befindlichen Ecksofas partiell zu Putzabplatzungen gekommen. Der Bezug und das Schaumstoff-Polstermaterial des linken Schenkels des Ecksofas sei brandbedingt nahezu vollständig zerstört worden. Oberhalb dieses linken Schenkels des Ecksofas zeigten sich die bereits genannten erheblichen thermischen Beschädigungen an den angrenzenden Decken- bzw. Wandpartien in Form eines Brandtrichters. Anders als der linke Schenkel des Ecksofas sei der rechte Schenkel des Sofas – bis auf Brandbeschädigungen im Übergangsbereich zum linken Schenkel – nahezu unbeschädigt gewesen. Ein kleiner Tisch, welcher neben dem linken Schenkel des Ecksofas gestanden habe, sei ebenfalls in dem Bereich, der dem linken Schenkel des Ecksofas am nächsten stand, partiell thermisch geschädigt. In den weiter vom linken Schenkel des Ecksofas entfernten Raumzonen des Wohnzimmers habe die Intensität der Brandbeschädigung deutlich erkennbar abgenommen. Die entfernteren Wand- und Deckenflächen des Wohnzimmers hätten lediglich oberflächliche Hitzespuren und intensive Rauchgasantragungen aufgewiesen, das vom linken Schenkel des Ecksofas am weitesten entfernte Inventar des Wohnzimmers sei thermisch nahezu unversehrt gewesen. Aufgrund der dargelegten Spurenlage sei zweifelsfrei davon auszugehen, dass sich der Brandentstehungsort im Bereich der Sitzfläche des linken Schenkels des Ecksofas in der vom Angeklagten bewohnten Wohnung befand.

Hinsichtlich der Frage nach der Brandursache sei zunächst ein elektrischer Primärdefekt im vorliegenden Fall ausgeschlossen. So war die Wohnung, wie bereits vom Angeklagten selbst angegeben, von den Zeugen M1 (Brandermittler der Polizei vor Ort am …) und U1 (Polizeibeamter vor Ort) bestätigt und seitens des Sachverständigen E verifiziert (die zur Wohnung des Angeklagten gehörigen Hauptsicherungen im Keller des Hauses waren demontiert und durch Sperrkappen ersetzt) im Zeitpunkt der Brandentstehung am … stromlos gestellt. Eine dennoch erfolgte Überprüfung der in der Wohnung befindlichen elektrischen Betriebsmittel habe – so die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen E – erwartungsgemäß keinerlei Auffälligkeiten ergeben. Eine auf dem primär brandbetroffenen Sofa befindliche batteriebetriebene Lichterkette sei aufgrund ihrer Nähe zum Brandentstehungsort zwar deutlich brandbetroffen. Jedoch weise weder die Lichterkette selbst noch die darin befindliche Batterie Schadensmerkmale auf, welche auf dieselbe als Brandursache hinwiesen.

Eine witterungsbedingte Selbstentzündung (z.B. Blitzeinschlag) könne ebenfalls ausgeschlossen werden. Auch könne eine biologische bzw. chemische Selbstentzündung ausgeschlossen werden. Auf das Vorhandensein von zur Selbstentzündung oder Selbsterhitzung neigenden Substanzen hätten sich keinerlei Hinweise ergeben.

Als Brandursache in Betracht komme hiernach – so die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen – allein eine personenbezogene Handlungsweise.

Im Rahmen der Brandstellenuntersuchung in der Wohnung des Angeklagten am 02.03.2020 sei – so die weiteren Ausführungen des Sachverständigen E – auf einem Lowboard in unmittelbarer Nähe des Sofas im Wohnzimmer eine teilweise entleerte Flasche mit der Aufschrift „T1 Hände-Desinfektionsmittel“ mit einem Ethanolanteil von 99% aufgefunden worden, welches als Brandlegungsmittel in Betracht gekommen sei. Eine durchgeführten chemische Analyse einer Materialprobe des Bezuges sowie des Schaumstoff-Polstermaterials der Sitzfläche des linken Sofaschenkels habe zum Nachweis geringer Mengen Ethanol (Hauptbestandteil des Hände-Desinfektionsmittels) geführt. Dass insoweit nur eine geringe Menge Ethanol nachweisbar gewesen sei, spreche gerade nicht gegen eine Verwendung des betreffenden Desinfektionsmittels zur Brandlegung. Denn einerseits sei bereits eine geringe Menge des Desinfektionsmittels ausreichend, um eine vorsätzliche Inbrandsetzung der Oberfläche des Sofas zu realisieren. Daneben weise Ethanol eine hohe Flüchtigkeit sowie eine hohe Wasserlöslichkeit (Löschwasser) auf. Neben den Ergebnissen der chemischen Untersuchung der Materialproben sprächen für die Verwendung einer brennbaren Flüssigkeit zur Brandlegung weitere Spuren an bzw. im Bereich des Sofas. So haben sich am Unterteil des linken Schenkels des Ecksofas am dortigen Kunstlederbezug an verschiedenen Stellen Abrinnspuren einer Flüssigkeit gezeigt, wobei die jeweiligen Kunstlederflächen frei von Rauchgasantragungen waren, während die jeweils angrenzenden Flächen (an welche keine Flüssigkeit heruntergeronnen ist) jeweils berußt gewesen seien, was dafür spreche, dass die Flüssigkeit im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Brandgeschehen ausgebracht worden sei. Unterhalb der Abrinnspuren habe sich an einer Stelle unmittelbar neben dem Sofa eine Brandstelle am Boden im Durchmesser von etwa 10 cm gezeigt, welche aus gutachterlicher Sicht auf ein Heruntertropfen brennender Flüssigkeit zurückzuführen sei. Im Übrigen habe es im Umfeld des Sofas am Boden verhältnismäßig wenig Brandspuren gegeben.

Im Bereich des Brandschuttes des linken Schenkels des Ecksofas seien – so die Ausführungen des Sachverständigen – die Reste (Aluschalen / Alu-Halterungen der Dochte) mehrerer Teelichter aufgefunden worden.

Aus gutachterlicher Sicht sei nach den gewonnenen Erkenntnissen als mögliche Tatbegehungsweise in Betracht zu ziehen, dass brennende Teelichter zur Inbrandsetzung des zuvor auf dem Sofa ausgebrachten Desinfektionsmittels verwendet wurden.

Auch sei es – so die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen E – durchaus möglich, dass der Brand bereits vor 20:25 Uhr gelegt worden sei.

So befand sich der Brand im Zeitpunkt des Betretens der Wohnung durch die Zeugen S und T gegen kurz vor 22:00 Uhr nach deren glaubhaften, widerspruchsfreien und übereinstimmenden Angaben in dem Stadium, wie unter II. festgestellt.

Ein derartiger Zustand des Brandes bei Betreten durch die Zeugen S und T spreche – so die Ausführungen des Sachverständigen E – neben der starken Berußung der gesamten Wohnung bis hin in die tiefer gelegenen Raumzonen (diese werden zeitlich zuletzt berußt) für ein insgesamt länger andauerndes Brandgeschehen und belege – mit Blick auf die während des Brandgeschehens geschlossenen Fenster sowie die geschlossene Wohnungstür – einen Mangel an Sauerstoff in der Wohnung bei Betreten durch die Zeugen S und T. Ein Zeitfenster von 95 oder 100 Minuten zwischen Brandlegung und Betreten der Wohnung durch die Zeugen S und T sei hierbei aus gutachterlicher Sicht durchaus möglich.

Die Kammer schließt sich den Ausführungen des Sachverständigen E nach eigener Sachprüfung an. Dieser hat die von ihm gefundenen Ergebnisse – auf Grundlage der durchgeführten Untersuchung und der in der Hauptverhandlung gewonnenen Erkenntnisse – (auch anhand der in Augenschein genommenen Lichtbilder) für die Kammer nachvollziehbar und widerspruchsfrei begründet.

Mit Blick auf die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen E kommt die Kammer in der Gesamtschau mit der übrigen Beweisaufnahme zu der Überzeugung, dass der Angeklagte selbst zunächst Desinfektionsmittel auf der Sitzfläche des linken Schenkels seines im Wohnzimmer befindlichen Ecksofas verteilte und dieses sodann vorsätzlich in Brand setzte und die Wohnung verließ.

So kommen aus Sicht der Kammer zunächst keine anderen Personen als der Angeklagte selbst als Brandverursacher in Betracht. Nachdem der Angeklagte gegenüber der Polizei am 28.02.2020 zunächst angegeben hatte, der Zeuge I1 habe sich am Abend des … noch etwa 20 Minuten allein in der Wohnung des Angeklagten aufgehalten, nachdem der Angeklagte diese verlassen hatte, gab er im Rahmen der Hauptverhandlung für die Kammer glaubhaft an, dass sich am … nur er allein in der Wohnung aufgehalten habe, bevor er sich gegen 20:25 Uhr oder 20:30 Uhr auf den Weg zum U-Friedhof gemacht habe. Seine dem widersprechende Angabe am 28.02.2020 zur Anwesenheit des Zeugen I1 vermochte der Angeklagte lebensnah damit zu erläutern, dass er sich in der betreffenden Situation bedrängt gefühlt und deshalb gelogen habe. Weiter gab der Angeklagte für die Kammer glaubhaft an, dass neben ihm allein seine Großmutter einen Schlüssel zu seiner Wohnung im Hause G-Straße … gehabt habe. Dass die Großmutter des Angeklagten hingegen den Brand verursacht haben könnte, erscheint für die Kammer völlig fernliegend. Letztlich fanden sich auch keinerlei Spuren für ein gewaltsames Eindringen einer dritten Person in die Wohnung des Angeklagten in dessen Abwesenheit. So war die Wohnungstür im Zeitpunkt des Eintreffens der Zeugen S und T nach deren glaubhaften Angaben in der Hauptverhandlung geschlossen und unbeschädigt. Eine Beschädigung der Tür durch Eintreten erfolgte vielmehr durch die Zeugen S und T selbst.

Die Feststellung zum Vorgehen des Angeklagten (Verteilen des Desinfektionsmittels auf der Sitzfläche des linken Schenkels des Sofas und Entzünden desselben) beruhen zunächst auf den dargelegten überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen E, welche ein entsprechendes Vorgehen als mögliche Tatbegehungsweise darstellte. Für ein entsprechendes Vorgehen des Angeklagten am … spricht darüber hinaus das festgestellte Verhalten des Angeklagten am Abend des 10.02.2020 und in der Nacht vom 11.02.2020 auf den 12.02.2020. Nach den getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte mithin in der nahen Vergangenheit mit dem in der seiner Wohnung befindlichen Desinfektionsmittel gegen die Wand des Wohnzimmers gespritzt und die betreffende Fläche angezündet bzw. versucht anzuzünden. Hierbei hat er in der Nacht vom 11.02.2020 auf den 12.02.2020 geäußert, „das könne hier brennen“. Für ein entsprechendes – vorsätzliches – Vorgehen des Angeklagten sprechen darüber hinaus dessen weiteren Äußerungen im Vorfeld des Brandes gegenüber den Zeugen A, N und I. Gegenüber den drei vorgenannten Zeugen hatte der Angeklagte im Vorfeld des Brandes teils mehrfach angedeutet, dass in dem Haus etwas passieren werde, wobei er gegenüber dem Zeugen A seit Dezember 2019 mehrfach bei Treffen in der Wohnung des Angeklagten konkret geäußert hatte, „das könne abfackeln“ bzw. er „werde alles abfackeln, das interessiere eh keinen“.

Daneben lässt sich für die Kammer in der Gesamtschau zwanglos ein Motiv des Angeklagten für ein entsprechendes Vorgehen ableiten. So befand sich der Angeklagte im am … fortlaufend in Streit mit der Zeugin N sowie seinem Vermieter, dem Zeugen I. Ein Termin zur Zwangsräumung des Angeklagten war bereits für den 18.03.2020 bestimmt. Zwar hatte der Angeklagte insoweit Räumungsschutz beantragt, ob ihm solcher gewährt werden würde, war am … jedoch offen. Letztlich war es kurze Zeit vor dem … zur Trennung zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen M gekommen. Eine Aussprache oder Versöhnung hatte – entgegen der Einlassung des Angeklagten – am … nach den getroffenen Feststellungen gerade noch nicht stattgefunden.

Insgesamt geht die Kammer mit Blick auf die Tatausführung (Verteilen von Desinfektionsmittel und daran anschließende Entzündung) von einem vorsätzlichen Handeln des Angeklagten aus. So erscheint es aus Sicht der Kammer nicht vorstellbar, dass der Angeklagte – wie im Schlussplädoyer seiner Verteidigerin angedeutet – etwa versehentlich Desinfektionsmittel auf das Sofa verschüttet hätte und sodann eine versehentlich nicht gelöschte Kerze auf das Sofa gefallen sein könnte. Insoweit ist für die Kammer bereits nicht erklärlich, warum eine Kerze auf das Sofa fallen sollte (alle Fenster der Wohnung waren geschlossen – Durchzug oder ein aufschlagendes Fenster kommen mithin nicht in Betracht). Darüber hinaus haben sich nach den Ausführungen des Sachverständigen E auf dem Sofa gerade Reste mehrerer Teelichter gefunden (obwohl der Angeklagte nach eigenen Angaben niemals Teelichter auf dem Sofa selbst aufgestellt hatte).

Eine vorsätzliche Brandverursachung durch den Angeklagten erscheint für die Kammer in der Gesamtschau alternativlos.

f. Zustand des Angeklagten im Tatzeitpunkt

Die Feststellung, dass beim Angeklagten im Tatzeitpunkt eine rezidivierende depressive Störung vorlag, welche aufgrund ihrer Schwere die Kriterien einer krankhaften seelischen Störung i.S.v. §§ 20, 21 StGB erfüllte und nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Angeklagte infolgedessen im Zeitpunkt des Tatgeschehens in seiner Steuerungsfähigkeit in einem Maße gemindert war, welche die Kammer als erheblich i.S.v. § 21 StGB einordnet, beruht auf den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen N1, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, welche ihr Gutachten im Rahmen der Hauptverhandlung erstattete.

So sei beim Angeklagten diagnostisch von einer rezidivierenden depressiven Störung (mit schwerer Episode im Zeitpunkt der Exploration am 11.05.2020) gemäß ICD-10: F33.2, Alkoholmissbrauch gemäß ICD-10: F10.1, einer sozialen Phobie gemäß ICD-10: F40.1 sowie einer unterdurchschnittlichen Begabung (V.a. ICD-10: F81) auszugehen.

Beim Angeklagten hätten sich im Rahmen der durchgeführten Exploration sichere Hinweise auf einen schweren depressiven Zustand im Zeitpunkt der Exploration ergeben. So habe sich der Angeklagte in der Exploration am 11.05.2020 wenig schwingungsfähig gezeigt und sei kaum erreichbar und durchgehend angespannt gewesen. Er habe über selbstverletzende Handlungen sowie fünf Suizidversuche in der Vergangenheit berichtet. Im Rahmen der Exploration habe der Angeklagte über wiederholtes depressives Erleben in der Vergangenheit berichtet. Insoweit habe er einen Verlust des Interesses und der Freude an seinen Tätigkeiten, verminderten Appetit, Schlafstörungen, psychomotorische Unruhe und Erschöpfung geschildert. Auch habe der Angeklagte von übermäßigen Schuldgefühlen, sowie einem Gefühl von Wertlosigkeit in diesen Phasen berichtet. Suizidgedanken seien in den vergangenen Jahren immer wieder aufgetreten. Sein Befinden sei keine Folge von Alkoholkonsum, Alkohol konsumiere er dann (und insb. auch im Vorfeld der Exploration am 11.05.2020), wenn es ihm schlecht gehe, es gehe ihm jedoch nicht infolge von Alkoholkonsum schlecht.

Daneben habe der Angeklagte berichtet, nicht vor anderen essen und sprechen zu können und Angst zu haben, in entsprechenden Situationen etwas falsch zu machen. Er vermeide entsprechende Situationen. In die Schule zu gehen sei etwa „der Horror“ für ihn, so dass es ihm bisher nicht gelungen sei, seinen Schulabschluss nachzuholen. Vorgesagtes lasse die gestellte Diagnose einer sozialen Phobie zu.

Bei der durchgeführten testpsychologischen Untersuchung am 18.08.2020 habe der Angeklagte sehr leise gesprochen, kaum Blickkontakt halten können und sei zögerlich auf Fragen eingegangen. Testpsychologisch verfüge der Angeklagte über einen niedrigen Intelligenzquotienten (je nach Testverfahren 85 bzw. 82), welcher an der Grenze zwischen Lernbehinderung und normaler Intelligenz liege.

Die depressive Symptomatik könne beim Angeklagten im Rahmen einer Persönlichkeitsfehlentwicklung gesehen werden. Auf das Entstehen einer Persönlichkeitsstörung wiesen – neben den getroffenen Diagnosen – auch pseudologische Symptome in Form von Lügen zu seiner Schulausbildung bzw. beruflichen Tätigkeit hin (Der Angeklagte hatte sich etwa gegenüber der Zeugin A2 nach deren glaubhaften Angaben als Hundeführer der Bundespolizei ausgegeben). Da sich jedoch die letztgenannte Störung bei dem Angeklagten nicht durchgehend darstelle – es mithin auch Phasen der Normalität gebe – sei beim Angeklagten am ehesten der Beginn einer Persönlichkeitsstörung zu sehen, welche jedoch bisher noch nicht gegeben sei.

Beim Angeklagten habe – so die überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen N1 – im Tatzeitpunkt eine rezidivierende depressive Störung bestanden, welche mit Blick auf die kurz zuvor erfolgten Trennung von seinem Lebensgefährten, dem Zeugen M, so schwer ausgeprägt gewesen sei, dass diese dem Eingangsmerkmal einer krankhaften seelischen Störung i.S.v. §§ 20, 21 StGB zuzuordnen ist. Eine forensisch relevante Intelligenzminderung sei in Anbetracht der testpsychologischen Ergebnisse auszuschließen. Eine – ausgebildete – Persönlichkeitsstörung, welche das Eingangsmerkmal der schweren anderen seelischen Störung i.S.v. §§ 20, 21 StGB zuzuordnen sei, habe im Tatzeitpunkt nicht vorgelegen. Für einen Erregungszustand im Sinne des Eingangsmerkmals einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung im Tatzeitpunkt ergäben sich keine Anhaltspunkte.

Hinsichtlich der bestehenden krankhaften seelischen Störung im Tatzeitpunkt ergäben sich aus gutachterlicher Sicht keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Einsichtsfähigkeit des Angeklagten. Jedoch sei aus gutachterlicher Sicht nicht auszuschließen, dass der Angeklagte aufgrund der bestehenden krankhaften seelischen Störung in seiner Steuerungsfähigkeit deutlich herabgesetzt gewesen sei. Hinweise auf eine Aufhebung der Steuerungsfähigkeit ergäben sich hingegen nicht. Insbesondere lasse sich eine akute produktiv-psychotische Symptomatik im Tatzeitpunkt nicht ableiten.

Die Kammer schließt sich den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen N1 an. Diese hat das von ihr gefundene Ergebnis – auf Grundlage der durchgeführten Exploration, der vorliegenden Unterlagen und der in der Hauptverhandlung gewonnenen Erkenntnisse – für einen medizinischen Laien nachvollziehbar und widerspruchsfrei begründet.

Die Feststellungen zu den Ergebnissen des beim Angeklagten am … um 0:35 Uhr durchgeführten Atemalkoholtest bzw. zum Ergebnis des am … um 0:50 Uhr durchgeführten Drogenschnelltest beruhen auf der glaubhaften Aussage der Zeugin I3, welche am … bzw. in der Nacht vom … . auf den … in ihrer Funktion als Polizeibeamtin bei dem Brandgeschehen an der G-Straße … in F vor Ort war, und welche insoweit wie festgestellt aussagte.

g. Folgen des Brandes

Die Feststellungen zu den infolge des Brandes entstandenen Schäden in der Wohnung des Angeklagten beruhen auf den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen E, den insoweit übereinstimmenden glaubhaften Angaben des Zeugen I sowie den im Rahmen der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Lichtbildern der Wohnung.

IV.

Nach den getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte wegen schwerer Brandstiftung gem. § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar gemacht.

V.

Ausgangspunkt der Strafzumessung war die Regelung des § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB. Diese sieht als Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis hin zu 15 Jahren vor.

Die Kammer ist in vorliegend vom Regelstrafrahmen ausgegangen. Denn bei der gebotenen gesamtschauenden Betrachtung der wesentlichen belastenden und entlastenden Umstände wich das gesamte Tatbild einschließlich der subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der gewöhnlich vorkommenden Fälle nicht in einem solchen Maße ab, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint.

Dabei hat die Kammer bedacht, dass durchaus auch Milderungsgründe vorlagen. Auch unter Berücksichtigung dieser – im Einzelnen noch darzulegenden – Gesichtspunkte hat die Kammer indes angenommen, dass den strafmildernden Umständen auch innerhalb des Normalstrafrahmens ausreichend Rechnung getragen werden kann.

So hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten gewertet, dass der Angeklagte bei Begehung der Tat noch sehr jung, mithin gerade 21 Jahre alt geworden war, und nach den getroffenen Feststellungen das Vorliegen der Voraussetzungen der erheblich verminderten Schuldfähigkeit nach § 21 StGB nicht ausgeschlossen werden konnten. Der Angeklagte litt zudem im Tatzeitpunkt unter der kurz zuvor erfolgten Trennung von seinem damaligen Lebensgefährten, mit dem er im Zeitpunkt der Hauptverhandlung wieder eine Beziehung führt, und war im Übrigen erheblich durch die bestehenden Konflikte mit seiner Nachbarin, der Zeugin N, sowie seinem Vermieter, dem Zeugen I, und das in diesem Zusammenhang laufenden Räumungsverfahren belastet. Weiter hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass der Angeklagte in hiesiger Sache in der Zeit vom 28.02.2020 bis zum 18.03.2020 Untersuchungshaft erlitten hat und der Angeklagte – wenn er auch eine vorsätzliche Brandstiftung nicht eingeräumt hat – den Umstand, dass es in seiner Wohnung gebrannt hat und die damit verbundene Gefahr für die anderen Bewohner des Hauses bedauert hat. Weiter hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten gewertet, dass diesem aufgrund der hiesigen Verurteilung ein Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung aus der Verurteilung des Amtsgerichts Essen im Verfahren 61 Ls-68 Js 369/19-130/19 (dort: sechs Monate Freiheitsstrafe mit Bewährung) droht (Gesamtübel). Letztlich hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten gewertet, dass dieser sich im Zeitpunkt der Hauptverhandlung mit Blick auf die bestehende depressive Symptomatik in regelmäßiger Behandlung bei der Institutsambulanz befindet und es ihm gelungen ist, eine Arbeitsstelle zu finden.

Zu Lasten des Angeklagten hat die Kammer berücksichtigt, dass dieser vor Begehung der hiesigen Tat bereits strafrechtlich – wenn auch nicht einschlägig – in Erscheinung getreten ist und im Tatzeitpunkt unter laufender Bewährung stand.

Insgesamt vermochte die Kammer insbesondere auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass vorliegend nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Angeklagte im Tatzeitpunkt in seiner Steuerungsfähigkeit i.S.v. § 21 StGB erheblich vermindert war, keinen minderschweren Fall anzunehmen.

Hiernach bleibt es für die festgestellte Tat zunächst bei dem Regelstrafrahmen des § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB von Freiheitsstrafe von einem Jahr bis hin zu 15 Jahren.

Auch wenn sich in der gesamtschauenden Betrachtung ein minderschwerer Fall im Sinne von § 306a Abs. 2 StGB nicht ergibt, kommt die Kammer über §§ 21, 49 Abs. 1 StGB zu einer Strafrahmenverschiebung. Hiernach ergibt sich ein Strafrahmen von drei Monaten bis hin zu elf Jahren und drei Monaten.

Innerhalb des demnach anzuwendenden Strafrahmens hat die Kammer bei der konkreten Straffindung sämtliche bereits bei der Strafrahmenbestimmung genannten Umstände – auf die insoweit Bezug genommen wird – erneut umfassend berücksichtigt.

Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hat die Kammer eine

Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten

für tat- und schuldangemessen erachtet.

Hierbei hat die Kammer bereits im Rahmen eines Härteausgleichs im Umfang von einem Monat Freiheitsstrafe berücksichtigt, dass eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung mit den im Urteil des Amtsgerichts Essen vom 13.02.2020 (61 Ls-68 Js 744/19-240/19) – rechtskräftig seit dem 20.08.2020 – verhängten Sanktionen bereits aufgrund der Anwendung von Jugendstrafrecht in der dortigen Entscheidung nicht erfolgen konnte.

VI.

Eine Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus gem. § 63 StGB kam nicht in Betracht.

Eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB setzt voraus, dass zweifelsfrei feststeht, dass der Angeklagte bei der Begehung der Anlasstat aufgrund eines psychischen Defekts schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Tatbegehung hierauf beruht. Dieser Zustand muss, um die erforderliche Gefährlichkeitsprognose begründen zu können, von längerer Dauer sein (BGH, Beschl. v. 19.01.2017 – 4 StR 595/16 mwN).

Vorliegend vermochte die Kammer bereits nicht zweifelsfrei festzustellen, dass der Angeklagten bei der Begehung der Anlasstat aufgrund eines psychischen Defekts schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war.

Daneben ließ sich für die Kammer ein überdauernder psychischer Defekt des Angeklagten nicht feststellen. Nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen N1 ist eine schwere – überdauernde – Persönlichkeitsstörung beim Angeklagten gerade (noch) nicht gegeben. So ergäben sich beim Angeklagten zwar Hinweise auf die Entwicklung einer Persönlichkeitsstörung. Ausgebildet sei eine solche jedoch bisher gerade noch nicht.

VII.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 465 Abs. 1 StPO.

 

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