AG München – Az.: 844 Cs 262 Js 193008/19 – Urteil vom 21.01.2020
1. Der Angeklagte …, übrige Personalien wie erhoben, ist schuldig des versuchten Betruges.
2. Der Angeklagte wird zur Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 80,- € verurteilt.
3. Die beschlagnahmte Streifenkarte der DB Nr. … (Ausgabedatum 1.2.2019) wird eingezogen.
4. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen.
Angewendete Vorschriften: §§ 263 I, II, 22, 23, 74 StGB, 464, 465 StPO
Gründe
I.
Der Angeklagte hat nach dem Hauptschulabschluss eine Grafikdesignausbildung erhalten.
Des weiteren hat er eine Ausbildung als Dekorateur erfolgreich abgeschlossen.
Der Angeklagte, der nach eigenen Angaben, nicht mehr berufstätig ist, hat monatlich ein Einkommen aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 3.500 Euro.
Nach eigenen Angaben muss der Angeklagte selbst keine Miete bezahlen, hat keine Kinder, keine Unterhaltspflichten und auch keine Schulden.
Ausweislich des Bundeszentralregisterauszugs vom 30.09.2019 ist der Angeklagte strafrechtlich bislang noch nicht in Erscheinung getreten.
II.
Am 13.08.2019 gegen 23:25 Uhr fuhr der Angeklagte mit der S-Bahn Linie S 8 von der Haltestelle Isartor bis nach Pasing.
Anlässlich einer Fahrscheinkontrolle durch die Fahrscheinprüfer … und … zeigte der Angeklagte eine bereits am 01.02.2019 erworbene Streifenkarte vor, welche auf mehreren Entwerterfeldern mit einer Wachsschicht präpariert war, sodass ein Entwerterstempelaufdruck nachträglich wieder entfernt und die Entwerterfelder erneut bestempelt werden konnten. Dem Angeklagten ging es dabei darum, gegenüber den Fahrscheinprüfern den Eindruck zu erwecken, er befände sich im Besitz eines gültigen Fahrausweises, um so in den Genuss der entgeltlichen Beförderungsleistung zu gelangen, ohne den Fahrpreis zu entrichten und die Fahrscheinprüfer von der Erhebung des erhöhten Beförderungsentgelts von 60,00 EUR abzuhalten.
Die Fahrscheinprüfer erkannten jedoch die Manipulation der Streifenkarte und zogen diese gegen den Willen des Angeklagten ein.
Strafantrag wurde form- und fristgerecht gestellt.
III.
Der Angeklagte bestreitet vehement den Tatvorwurf.
Er ist jedoch überführt aufgrund der Angaben der beiden Zeugen … und … und darüber hinaus aufgrund der Inaugenscheinnahme der streitgegenständlichen Streifenkarte.
Des weiteren ist der Angeklagte überführt aufgrund des vorliegenden kriminaltechnischen Prüfberichts (Bl. 22), der durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt wurde.
Der Zeuge … konnte sich noch sehr gut an die Fahrscheinkontrolle beim Angeklagten erinnern.
Er hat angegeben, dass bereits auffällig war, dass der Angeklagte mehrmals aufgefordert werden musste, seinen Fahrschein zu zeigen.
Dann habe der Angeklagte schließlich die allerdings noch im Geldbeutel befindlich Streifenkarte vorgezeigt und erst auf ausdrückliche Aufforderung widerwillig die Streifenkarte übergeben. Ihm sei sofort aufgefallen, dass die Streifenkarte manipuliert war.
Der Stempelabdruck konnte durch eine einfache Berührung mit dem Finger abgewischt werden.
Des weiteren fiel dem Zeugen ein Film auf der Streifenkarte auf, der von den Entwerterstreifen 4 aufwärts bis etwa zur Hälfte des Textbestandteiles ging.
Gegenüber dem Zeugen … habe der Angeklagte zunächst behauptet, die Streifenkarte etwa 1 – 2 Monate vor der Kontrolle gekauft zu haben.
Die Karte musste gegen den ausdrücklich erklärten Willen des Angeklagten eingezogen werden.
Im Nachgang bezeichnete der Angeklagte die eingesetzten Kontrolleure noch als „Pfeifen“ und behauptete der Polizei gegenüber, er werde von Sicherheitsleuten bedrängt.
Weiterhin hat der Angeklagte im Nachgang in Anwesenheit der beiden Zeugen … und … mit einer unbekannt gebliebenen Person im Rahmen eines Videochats telefoniert, dabei das Telefon so gehalten, dass man beide Zeugen sehen konnte und die unbekannt gebliebene Person gebeten, sie solle „Screenshots“ machen.
Der Zeuge … konnte keine näheren Angaben zur unmittelbaren Kontrollsituation machen, konnte aber Angaben dazu machen, dass die Streifenkarte von der Hälfte des „Kopfes“ bis zum zweiten Streifen andersfarbig war und sich auch anders anfühlte.
Den Entwerterabdruck habe der Zeuge … abwischen können, die Fahrkarte habe sich sehr glatt angefühlt.
Beide Zeugen seien zu dem Schluss gekommen, dass die Fahrkarte manipuliert worden war.
Die streitgegenständliche Streifenkarte wurde im Original im Hauptverhandlungstermin in Augenschein genommen.
Zunächst ist festzustellen, dass das Ausgabedatum offensichtlich entgegen den Behauptungen des Angeklagten der 01.02.2019 8.58 Uhr ist.
Des weiteren fällt sofort auf, dass ab der Hälfte des „Kopfes“ bis zum Entwerterstreifen 3, also einschließlich Entwerterstreifen 4, ein Film aufgebracht ist.
Die Karte glänzt in diesem Bereich, es ist offensichtlich eine Substanz oder ein Film aufgetragen, der dazu führt, dass unterschiedliche Färbungen und auch unterschiedliche Oberflächenbeschaffenheit ohne Weiteres erkennbar ist.
Bereits die bloße Inaugenscheinnahme der Karte zeigt eine eindeutige Manipulation.
Weiter kann gesehen werden, dass wenigstens im Bereich der Streifen 9 und 10 bereits Entwertungen stattgefunden haben, die wieder entfernt worden sein müssen. Dies gilt insbesondere für das Entwerterfeld 9 bei dem, bei genauem Hinsehen, je nach Lichteinfall, sogar noch einzelne Zahlen erkennbar sind.
Dies deckt sich im Übrigen mit den im Hauptverhandlungstermin verlesenen kriminaltechnischen Prüfbericht, der von einer Verfälschung ausgeht.
Insbesondere von einer Manipulation des Entwerterfeldes 8.
Dort soll nach dem Gutachten eine bereits aufgebrachte Entwertung entfernt worden sein.
Des weiteren wird auf einen chemischen Substanzauftrag über Entwerterfelder berichtet.
Auf dem Fahrausweis habe ein chemischer Substanzauftrag (Wachsung) festgestellt werden können.
Durch diesen Substanzauftrag sei eine Oberflächenglättung des Druckträgers erreicht worden, die es ermöglicht, bereits aufgebrachte Entwertungen wieder zu entfernen. Der Fahrausweis wirke in Bereichen der Entwerterfelder etwas verschmutzt.
Wischspuren seien in Teilen vorhanden.
Nach alldem steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Angeklagte eine manipulierte Streifenkarte benutzt und vorgezeigt hat.
Diese Manipulation ist nach Auffassung des Gerichts auch derart eindeutig, dass das bestreitende Verhalten des Angeklagten unter rationalen Gesichtspunkten nur schwerlich nachvollziehbar erscheint.
IV.
Der Angeklagte hat sich des versuchten Betrugs nach §§ 263 I, II, 22, 23 StGB schuldig gemacht.
V.
Das Gericht hat von einer Strafrahmenverschiebung gem. §§ 22, 23, 49 StGB abgesehen, da der Angeklagte doch einen erheblichen Aufwand betrieben hat, um sein betrügerisches Verhalten durchzusetzen.
Er war mit seinen Tatteilen bereits derart weit fortgeschritten, dass es nur noch der gesteigerten Aufmerksamkeit des Zeugen … zu verdanken war, dass es nicht zur Vollendung gekommen ist.
Insoweit war wegen der doch erheblichen Vollendungsnähe und wegen des erheblichen Aufwandes der durch den Angeklagten betrieben wurde, eine Strafrahmenverschiebung nicht angezeigt.
Zugunsten des Angeklagten bei der Strafzumessung im engeren Sinne gesehen werden, dass er strafrechtlich bislang noch nicht in Erscheinung getreten war.
Zu seinen Lasten musste sein wenig glückreiches Nachtatverhalten gesehen werden.
Nachdem die Tat im Versuchsstadium stecken geblieben ist, erschien es gerade noch vertretbar, mit einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen tat- und schuldangemessen zu reagieren.
Nach den festgestellten persönlichen wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten war die Höhe des einzelnen Tagessatzes auf 80 Euro festzusetzen.
Die beschlagnahmte Streifenkarte war als Tatmittel gem. § 74 StGB einzuziehen.
VI.
Kosten: §§ 464, 465 StPO