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Straßenverkehrsgefährdung – Rechtsüberholen auf Autobahn mit 140-160 km/h

AG Lüdinghausen – Az.: 9 Ds 81 Js 2214/04 – 24/05 – Urteil vom 12.04.2005

Dem Angeklagten wird für die Dauer von 3 Monaten verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im Straßenverkehr zu führen.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Angewendete Vorschriften:

§§ 5 I, 49 I Nr. 5 StVO, 24 StVG

Gründe

Am 23.12.2004 gegen 19.00 Uhr befuhr der Angeklagte in B die Autobahn 1 mit hoher Geschwindigkeit, da er es eilig hatte und schnell vorwärts kommen wollte. Er fiel hierbei anderen Verkehrsteilnehmern , die die Autobahnpolizei in N verständigten durch gewagte Fahrmanöver auf. Die beiden Polizeibeamten G und S der Autobahnpolizei konnten tatsächlich noch im Bereich B auf das Fahrzeug des Angeklagten bis auf einen Abstand von etwa 150 m aufschließen. Hier konnten sie beobachten, dass der Angeklagte zunächst ein auf der linken Fahrspur fahrendes Fahrzeug durch ein rasantes Überholmanöver rechts überholte dann wieder auf die linke Fahrspur einscherte, wodurch sich das überholte Fahrzeug zum Bremsen veranlasst sah. Unmittelbar danach traf der Angeklagte wieder auf Fahrzeuge auf der linken und rechten Fahrspur, die er dann ebenfalls rechts überholte, indem er zum Großteil auf dem Standstreifen der Autobahn fuhr und sich dann vor die Fahrzeuge auf der rechten Fahrspur wieder einsortierte. Beide Überholvorgänge fanden bei einer Geschwindigkeit von 140 – 160 km/h statt. Näheres zu den Abständen zwischen den Fahrzeugen, die der Angeklagte rechts überholte und seinem Fahrzeug konnte das Gericht nicht feststellen.

Straßenverkehrsgefährdung - Rechtsüberholen auf Autobahn mit 140-160 km/h
(Symbolfoto: Cars and Travels/Shutterstock.com)

Der Angeklagte hat sich weitgehend unrechtseinsichtig gezeigt. Er hat bestätigt, dass er es zu dem Tatzeitpunkt eilig hatte und dementsprechend rechts überholte. Wenn er andere gefährdet habe, so tue es ihm leid. Der Angeklagte erklärte, mit einer Geschwindigkeit von 140 – 160 km/h gefahren zu sein, stellte jedoch in Abrede, so eng vor andere Fahrzeuge eingeschert zu sein, dass diese hätten abbremsen müssen, um einen Unfall zu vermeiden. Diese Einlassung des Angeklagten konnte nicht widerlegt werden, da die Fahrzeugführer der überholten Fahrzeuge nicht ermittelt wurden. Ermittlungsansätze diesbezüglich waren nicht vorhanden. Die beiden als Zeugen vernommenen Polizeibeamten der Autobahnpolizei N bestätigten ebenfalls die gefahrene Geschwindigkeit von 140 – 160 km/h und die beiden Fälle des „Rechtsüberholens”. Sie gaben jedoch auch freimütig zu, dass sie dieses Überholen jeweils von demselben Fahrstreifen aus beobachteten, auf denen der Angeklagte sich vor den jeweiligen Überholmanövern befunden hatte. Ein schräg versetztes Fahren, wie dies normaler Weise zu Abstandsfeststellungen stattfindet, konnten die Zeugen nicht bestätigen. Auch mussten sie einräumen, dass der gefahrene Abstand zu den überholten Fahrzeugen etwa 150 m betrug, so dass aus Sicht der Polizeibeamten eine Schätzung des Abstandes zwischen dem Fahrzeug des Angeklagten und dem überholten Fahrzeug beim Einscheren durch den Angeklagten nicht möglich war. Die Zeugen konnten nicht einmal bestätigen, den Eindruck gehabt zu haben, dass die Bremsung der jeweils überholten Fahrzeuge unmittelbar aus einer Gefährdungslage heraus stattgefunden hat.

Ausreichende Feststellungen für eine Straftatbegehung konnte das Gericht folgerichtig nicht treffen. Insbesondere der in der Anklageschrift aufgestellte Vorwurf der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315 c Abs. 1 Nr. 2 b, Abs. 3 StGB) in zwei Fällen (§ 53 StGB) konnte hierauf nicht gestützt werden. Zugunsten des Angeklagten war davon auszugehen, dass es sich bei den Reaktionen der überholten Fahrzeugführer um Reaktionen im Rahmen verkehrsüblichen Verhaltens handelte oder um Reaktionen im Rahmen eines vorausschauenden Fahrens. Für anderweitige, den Angeklagten belastende Schlüsse hätten nicht nur Feststellungen hinsichtlich der gefahrenen Geschwindigkeit getroffen werden müssen, sondern insbesondere auch hinsichtlich der Abstände der einzelnen Fahrzeuge zueinander (vgl. OLG I, VRR 2005, 114).

Ebensowenig reichten die Feststellungen für die Annahme einer Nötigung gem. § 240 StGB, da mangels feststellbarer Abstände eine Gewalt im Sinne dieser Vorschrift nicht zuverlässig festgestellt werden konnte. Ferner fehlten für den entsprechenden Vorsatz hinreichende Anknüpfungspunkte im Rahmen der tatsächlichen Feststellungen. So konnte lediglich noch eine Verurteilung wegen Rechtsüberholens außerhalb geschlossener Ortschaften in zwei Fällen gem. §§ 5 Abs. 1, 49 Abs. 1, 5 StVO, 24 StVG stattfinden. Aufgrund der Voreintragungen des Betroffenen waren die hierfür festzusetzenden beiden Geldbußen ausgehend vom Regelsatz des Bußgeldkataloges angemessen auf jeweils 120,00 € zu erhöhen.

Gem. § 25 Abs. 1 Nr. 1 StVG war zudem ein Fahrverbot gegen den Angeklagten von 3 Monaten festzusetzen. Beide Taten beging der Betroffene sowohl unter grober, als auch unter beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers im Sinne des § 25 Abs. 1 S. 1 StVG. Sein Verkehrszentralregisterauszug weist 8 Voreintragungen auf, wobei die Tatbegehung der ersten Tat vom 29.04.2002 und der letzten Tat vom 03.04.2004 datiert. Sechs dieser Voreintragungen weisen im Rahmen der Rechtsfolge die Festsetzung eines jeweils einmonatigen Fahrverbots auf, so dass der Angeklagten ohne weiteres als beharrlicher Wiederholungstäter straßenverkehrsrechtlicher Pflichtwidrigkeiten anzusehen ist. Dementsprechend war aus erzieherischen Gründen ein Fahrverbot maximaler Dauer, d. h. von 3 Monaten angemessen.

Die Kostentscheidung folgt aus § 465 StPO.

Eine Entscheidung nach dem StrEG über eine Entschädigung für die Zeit der vorläufigen Fahrerlaubnisentziehung war nach dem entsprechenden Verzicht des Angeklagten nicht veranlasst.

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