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Abgrenzung Versuch von Vorbereitungshandlung und fehlgeschlagenem Versuch

KG Berlin – Az.: 3 Ws 76/20 – 161 AR 47/20 – Beschluss vom 26.03.2020

1. Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Berlin wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 2. März 2020 aufgehoben, soweit darin die Eröffnung des Hauptverfahrens wegen der Tatvorwürfe zu den Ziffern 1 und 3 aus der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Berlin vom 13. Januar 2020 abgelehnt worden ist.

2. Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Berlin vom 13. Januar 2020 wird unter Eröffnung des Hauptverfahrens bezüglich der Tatvorwürfe zu den Ziffern 1 und 3 vollumfänglich vor der 20. großen Strafkammer des Landgerichts Berlin zur Hauptverhandlung zugelassen.

3. Eine Kosten- und Auslagenentscheidung ist nicht veranlasst.

Gründe

I.

Mit ihrer zum Landgericht Berlin erhobenen Anklage vom 13. Januar 2020 hat die Staatsanwaltschaft Berlin dem Angeklagten zur Last gelegt, durch drei selbständige Handlungen (§ 53 StGB) ein vollendetes (Tatvorwurf zu Ziffer 2) und zwei versuchte (Tatvorwürfe zu den Ziffern 1 und 3) Verbrechen der schweren räuberischen Erpressung (§§ 253, 255, 250 Abs. 1 Nr. 1b, 22, 23 Abs. 1 StGB) begangen zu haben.

Dem Angeklagten wird vorgeworfen, sich zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt entschlossen zu haben, Wettbüros der Firma X aufzusuchen, um den diensthabenden Mitarbeiter unter Vorhalten einer Schusswaffe dazu zu bringen, ihm das in der Kasse befindliche Bargeld auszuhändigen, um nach Erhalt des Geldes mit der Beute die Räumlichkeiten zu verlassen.

Seinem Tatplan folgend soll er sich am 26. Oktober 2019 (Fall 1) gegen 22:55 Uhr maskiert mit einer schwarzen Maske zu dem Büro der Firma X in der Y. Straße in Berlin-… begeben haben. Als er mit einer ungeladenen SRS-Faustfeuerwaffe in der Hand die gläserne Eingangstür habe öffnen wollen, habe er bemerkt, dass diese bereits verschlossen gewesen sei. Als er erkannt habe, dass er mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln die Tür nicht habe öffnen können und der im Wettbüro noch anwesende Zeuge B. bei seinem Anblick sofort den Alarm ausgelöst habe, sei der Angeklagte geflüchtet.

Am 27. Oktober 2019 (Fall 2) soll der Angeklagte gegen 11:08 Uhr erneut maskiert das genannte Wettbüro der Firma X aufgesucht und nach Betreten den dortigen Mitarbeiter S. unter Vorhalt einer ungeladenen SRS-Schusswaffe dazu aufgefordert haben, ihm das Bargeld aus der Kasse auszuhändigen. Aus Angst um sein Leben sei der Zeuge der Forderung nachgekommen und habe dem Angeklagten Bargeld in Höhe von 1.049,16 € übergeben. Sodann sei der Angeklagte mit dem Geld geflüchtet, um es für sich zu behalten.

Am 12. November 2019 (Fall 3) soll sich der Angeklagte gegen 9:38 Uhr – wiederum maskiert mit einer schwarzen Maske – abermals vor dem bezeichneten Wettbüro in der Y. Straße eingefunden haben. Als er dort eine ungeladene SRS-Faustfeuerwaffe in seiner Jackentasche in der Hand haltend zuerst die eine und dann die andere gläserne Eingangstür habe öffnen wollen, habe er bemerkt, dass diese verschlossen gewesen seien. Da er erkannt habe, dass er mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln die Tür nicht habe öffnen können und sich die im Wettbüro anwesende Zeugin D. der Eingangstür genähert habe, sei der Angeklagte geflüchtet.

Durch den angefochtenen Beschluss vom 2. März 2020 hat die Strafkammer das Hauptverfahren hinsichtlich des Tatvorwurfs zu Ziffer 2 der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Berlin vom 13. Januar 2020 eröffnet, die Anklage insoweit vor der 20. großen Strafkammer zur Hauptverhandlung zugelassen und bestimmt, dass die Kammer in der Hauptverhandlung mit zwei Richtern einschließlich der Vorsitzenden und zwei Schöffen besetzt sein wird (§ 76 GVG). Hinsichtlich der Tatvorwürfe zu den Ziffern 1 und 3 der bezeichneten Anklageschrift hat sie die Eröffnung des Hauptverfahrens – ersichtlich aus Rechtsgründen – abgelehnt.

Das Landgericht hat zur Begründung der Nichteröffnung im Wesentlichen ausgeführt, dass hinsichtlich beider Fälle – unabhängig vom Nachweis der Täterschaft – deswegen kein hinreichender Tatverdacht gegen den Angeklagten bestehe, weil die Taten bei vorläufiger Würdigung nicht in das Versuchsstadium gelangt seien. Der Versuch einer räuberischen Erpressung beginne, wenn der Täter im Sinne des § 22 StGB nach seinen Vorstellungen von der Tat unmittelbar zur Nötigungshandlung ansetze. Dagegen liege in dem erfolglosen Bemühen, in das Haus des zu Erpressenden zu gelangen, noch kein Versuch, da damit noch nicht auf den Willen des Opfers eingewirkt werde. Die in Rede stehenden Taten seien daher nicht über das Vorbereitungsstadium hinausgelangt. Dass der Täter für die Zeugen B. (im Fall 1) und D. (im Fall 3) durch die Glastür erkennbar maskiert gewesen sei und im Fall 1 die Faustfeuerwaffe offen in der Hand getragen habe, ändere daran nichts. Denn die Maske habe nicht als Nötigungsmittel dienen, sondern ein Wiedererkennen durch die Zeugen verhindern sollen. Ferner lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Täter im Fall 1 die Vorstellung gehabt habe, allein der Anblick der Waffe löse bei dem eine nötigende Wirkung dahingehend aus, dass dieser ihm das Geld aus der Kasse gebe.

Mit ihrer hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde strebt die Staatsanwaltschaft Berlin an, dass ihre Anklage vom 13. Januar 2020 auch hinsichtlich der Tatvorwürfe zu den Ziffern 1 und 3 unter Eröffnung des Hauptverfahrens zur Hauptverhandlung vor dem Landgericht Berlin zugelassen wird. Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt der Senat auf die Beschwerdebegründung der Staatsanwaltschaft Berlin vom 10. März 2020 Bezug.

II.

Die nach § 210 Abs. 2 StPO statthafte und gemäß § 311 Abs. 2 StPO rechtzeitig eingelegte sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Berlin ist begründet.

1. Nach § 203 StPO beschließt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn der Angeschuldigte nach dem gesamten Ergebnis der Ermittlungen der ihm zur Last gelegten Straftat hinreichend verdächtig erscheint.

Hinreichender Tatverdacht ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der einen nicht unerheblichen Beurteilungsspielraum eröffnet, zumal es sich dabei um eine Prognoseentscheidung handelt (vgl. BVerfG NJW 2002, 2859). Die ermittelten Tatsachen müssen es bei vorläufiger Bewertung (nach praktischer Erfahrung) wahrscheinlich machen, dass der Angeschuldigte in einer Hauptverhandlung mit den zur Verfügung stehenden Beweismitteln verurteilt wird (vgl. BGHSt 23, 304; BGH NJW 1970, 1543). Bei diesem Wahrscheinlichkeitsurteil ist für eine Anwendung des Zweifelsgrundsatzes „in dubio pro reo“ noch kein Raum. Schwierige und zweifelhafte Tatfragen dürfen nicht nach Aktenlage im Wege der nichtöffentlichen, nur vorläufigen Tatbewertung des über die Eröffnung entscheidenden Gerichts endgültig entschieden werden. Denn die Eröffnungsentscheidung soll (nur) erkennbar aussichtslose Fälle von der Hauptverhandlung ausnehmen, ihr aber ansonsten nicht vorgreifen. Bei ungefähr gleicher Wahrscheinlichkeit von Verurteilung und Freispruch ist hinreichender Tatverdacht auch dann anzunehmen, wenn es zur Klärung einer unsicheren Sachlage notwendig erscheint, sich der besonderen Erkenntnismittel und besseren Aufklärungsmöglichkeiten in der Hauptverhandlung zu bedienen (vgl. KG, Beschlüsse vom 29. November 2016 – 4 Ws 189/16 – und 11. April 2014 – 4 Ws 16-17/14 –; OLG Stuttgart NStZ-RR 2012, 117; OLG Saarbrücken NStZ-RR 2009, 88; OLG Bamberg NStZ 1991, 252).

2. Danach kann die Nichteröffnungsentscheidung des Landgerichts keinen Bestand haben. Der Angeklagte ist gemäß § 203 StPO hinreichend verdächtig, die angeklagten versuchten schweren räuberischen Erpressungen begangen zu haben. Die Annahme der Strafkammer, dass die Tatvorwürfe zu den Ziffern 1 und 3 der Anklageschrift vom 13. Januar 2020 bei der gebotenen vorläufigen Prüfung nur straflose Vorbereitungshandlungen seien, trifft nicht zu.

a) Dass es sich bei dem maskierten Täter in den Fällen 1 und 3 nach der gemäß § 203 StPO erforderlichen Wahrscheinlichkeit um den Angeklagten handelt, beruht unter anderem auf den Angaben der Zeugen B. (Fall 1), S. (Fall 2) und D. (Fall 3). Der Zeuge S. hat – hinsichtlich des bereits zur Hauptverhandlung zugelassenen Tatvorwurfs zu Ziffer 2 – als möglichen Täter einen Stammkunden benannt, der sich regelmäßig in der Filiale in der Y. Straße aufgehalten hat. Durch die Auswertung der Kundendaten konnte der Angeklagte ermittelt werden, auf den die Täterbeschreibungen der drei Zeugen passen. Im Rahmen einer Wohnungsdurchsuchung bei dem Angeklagten konnten neben zwei SRS-Faustfeuerwaffen die von den Zeugen beschriebene Bekleidung des Täters aufgefunden werden, darunter ein schwarzer Schlauchschal mit Ausschnitten für die Augen.

b) Der Angeklagte ist ferner hinreichend verdächtig, bei den in Rede stehenden Tatvorwürfen die Strafbarkeitsschwelle zum Versuch überschritten zu haben. Gemäß § 22 StGB liegt der Versuch einer Straftat vor, sobald der Täter zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt. Dies ist nicht erst dann der Fall, wenn er bereits eine der Beschreibung des gesetzlichen Tatbestandes entsprechende Handlung vornimmt. Genügend ist vielmehr auch ein für sich gesehen noch nicht tatbestandsmäßiges Handeln, soweit es nach der Vorstellung des Täters der Verwirklichung eines Tatbestandsmerkmals räumlich und zeitlich unmittelbar vorgelagert ist oder nach dem Tatplan im ungestörten Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung einmünden soll (vgl. BGH NStZ 2019, 79; Beschluss vom 29. Mai 2018 – 1 StR 28/18 –, BeckRS 2018, 16394; NStZ 2014, 447; Fischer, StGB 67. Aufl., § 22 Rdn. 10). Diese abstrakten Maßstäbe bedürfen angesichts der Vielzahl denkbarer Sachverhaltsgestaltungen der wertenden Konkretisierung unter Beachtung der Umstände des Einzelfalls. Maßgeblicher Orientierungspunkt ist dabei angesichts der Fassung des § 22 StGB die Vorstellung des Täters, das heißt der Tatplan, der über die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium entscheidet (vgl. BGH NStZ 2019 a.a.O.; NStZ 2014 a.a.O.). Regelmäßig müssen aus Sicht des Täters Gefährdungshandlungen vorliegen. Es sind dies nach der in der Rechtsprechung verwendeten Formel Handlungen, mit denen der Täter subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschreitet und nach seiner Vorstellung das geschützte Rechtsgut in eine konkrete, nahe Gefahr bringt (BGHSt 28, 162; BGH StV 2017, 441; Hoffmann-Holland in MüKo-StGB 3. Aufl., § 22 Rdn. 111f.).

Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Angeklagte in den ihm zur Last gelegten Fällen 1 und 3 nach seiner Vorstellung von der Tat durch seinen Versuch, im Fall 1 eine der beiden im linken und rechten Bereich zur Straßenfront der Y. Straße hin gelegenen einzigen Eingangstüren bzw. im Fall 3 beide Eingangstüren zum Wettbüro zu öffnen, die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschritten und zur Verwirklichung des Tatbestandes angesetzt (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juli 1984 – 2 StR 249/84 –, juris; NStZ 83, 364). Zwar hat der Angeklagte die Tatvorwürfe bestritten, aber aufgrund der bereits vorgenommenen Maskierung, im Fall 1 die Faustfeuerwaffe sogar schon offen und im Fall 3 in der Jackentasche in der Hand haltend, spricht alles dafür, dass er unmittelbar nach dem Öffnen der gläsernen Eingangstür mit der Drohung gegen eine Person beginnen wollte. Dies gilt umso mehr, weil er aufgrund seiner Tatortkenntnis darum wusste, dass er nach dem Betreten des Wettbüros sofort auf eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter des Wettbüros treffen wird und er überdies durch die Glastür im Fall 1 den Mitarbeiter B. und im Fall 3 die Mitarbeiterin D. im Wettbüro – beide Zeugen haben beim Anblick des vor der Eingangstür stehenden maskierten Täters den Alarmknopf betätigt – von außen für ihn zu sehen waren. Ein weiterer, dem unmittelbaren Ansetzen entgegenstehender noch erforderlicher Zwischenakt scheidet infolge des ausgesprochen engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhanges aus, denn als nächster Schritt nach dem Betreten des Wettbüros kam hier nur noch die Drohung gegenüber den dort arbeitenden Opfern in Betracht. Der Angeklagte ist in den Fällen 1 und 3 durch sein Vorgehen erkennbar davon ausgegangen, dass die Eingangstüren geöffnet sind. In diesem Zusammenhang hat der Zeuge S. bekundet, dass das Wettbüro am 26. Oktober 2019 in der Zeit von 10:30 Uhr bis 23.30 Uhr und am 12. November 2019 ab 10.00 Uhr geöffnet war. Jedoch wurden die Eingangstüren nach den Bekundungen des Zeugen B. im Hinblick auf den Fall 1 aufgrund von zwei vorangegangenen Überfällen auf das Wettbüro bereits um 21.00 Uhr verschlossen und danach nur noch Stammkunden eingelassen. Im Fall 3 hatte die Zeugin D. das Wettbüro – so wie diese angibt – bereits um 09:30 Uhr aufgesucht, so dass der Angeklagte auch hier unabhängig von der Öffnungszeit darauf vertrauen durfte, dass das Eintreten in das Wettbüro schon möglich war.

Die Bewertung des Landgerichts und die Stellungnahme des Verteidigers vom 23. März 2020 berücksichtigen nicht in ausreichendem Maße, dass das Versuchsstadium nach Maßgabe von § 22 StGB auch bei einem für sich gesehen noch nicht tatbestandsmäßigen Handeln unter den oben genannten Voraussetzungen vorliegen kann und dass es bei der wertenden Konkretisierung unter Beachtung der Umstände des Einzelfalls auf den Täterplan ankommt (vgl. BGH NStZ 89, 473; Fischer a.a.O. Rdn. 10b; Hoffmann-Holland a.a.O.). Ob eine Rechtsgutsgefährdung tatsächlich eintritt, ist ohne Belang (vgl. BGHSt 26, 201; BGH NStZ 1987, 20; Fischer a.a.O.). Es hätte in dem angegriffenen Beschluss einer näheren Darlegung bedurft, weshalb es bei dem Täter, der jeweils bereits maskiert das Wettbüro betreten wollte – im Fall 1 die Waffe offen in der Hand, im Fall 3 in seiner Jackentasche haltend und nach der Aussage der Zeugin D. an beiden Eingangstüren rüttelnd – noch an einem letzten Willensimpuls gefehlt haben soll (vgl. BGH NStZ 99, 395).

Die von der Strafkammer zur Begründung der Nichteröffnung herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9. Oktober 1974 – 2 StR 350/74 – (BGH bei Dallinger MDR 1975, 21) ist nicht geeignet, den hinreichenden Tatverdacht hinsichtlich der angeklagten versuchten schweren räuberischen Erpressungen auszuräumen. Dieser lag ein Fall zugrunde, in dem drei Tatgenossen das Opfer in dessen Villa erpressen wollten, jedoch nicht in das Haus gelangten, weil einmal das Eintreten einer Panzerscheibe misslang und bei einem zweiten „Besuch“ ein den Tätern verdächtiges Auto vor der Tür stand. Der Bundesgerichtshof hat seinerzeit ausgeführt, dass das Unternehmen nicht über das Vorbereitungsstadium hinausgelangt sei. Indes ist das hier betroffene Wettbüro X zu den Geschäftszeiten grundsätzlich für den Publikumsverkehr frei zugänglich, so dass ein gewaltsames Eindringen nach der Vorstellung des Angeklagten – worauf es ankommt – überhaupt nicht erforderlich war.

c) Der hinreichende Tatverdacht hinsichtlich der versuchten schweren räuberischen Erpressungen entfällt nicht aufgrund eines etwaigen strafbefreienden Rücktritts des Angeklagten gemäß § 24 Abs. 1 StGB. Ein Rücktritt vom Versuch scheidet nach allen Varianten des § 24 Abs. 1 StGB von vornherein aus, wenn ein Fehlschlag vorliegt. Fehlgeschlagen ist ein Versuch, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen nahe liegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder wenn er subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hält (vgl. BGH NStZ 2020, 82; NStZ 2019, 198). So liegt der Fall hier, denn der Angeklagte erkannte, dass es ihm aufgrund der verschlossenen Eingangstüren und seiner Entdeckung durch das Personal nicht mehr möglich war, in das Wettbüro zu gelangen.

Soweit der Verteidiger in seiner Stellungnahme vom 23. März 2020 vorbringt, dass der Täter die Eingangstür des Wettbüros noch hätte eintreten können, verkennt er, dass ein strafbefreiender Rücktritt auch deswegen bei vorläufiger Betrachtung nicht in Betracht kommt, weil der Angeklagte entgegen § 24 Abs.1 Satz 1 StGB nicht freiwillig von der weiteren Tatausführung Abstand genommen hat. Die Beurteilung der Frage, ob die Aufgabe weiterer, möglicherweise zum Erfolg führender Handlungen freiwillig erfolgte, hängt davon ab, ob der Täter aus autonomen Motiven gehandelt hat und subjektiv noch in der Lage war, das zur Vollendung der Tat Notwendige zu tun (BGH NStZ 2020, 81). Erst wenn durch von außen kommende Ereignisse aus Sicht des Täters ein Hindernis geschaffen worden ist, das einer Tatvollendung zwingend entgegensteht, ist er nicht mehr Herr seiner Entschlüsse und eine daraufhin erfolgte Abstandnahme von der weiteren Tatausführung als unfreiwillig anzusehen (BGH, Beschluss vom 28. September 2017 – 4 StR 282/17 –, juris; NStZ-RR 2014, 171). Dies kann unter anderem dann der Fall sein, wenn unvorhergesehene äußere Umstände dazu geführt haben, dass bei weiterem Handeln das Risiko angezeigt oder bestraft zu werden, unvertretbar ansteigen würde (BGH; Beschluss vom 28. September 2017 a.a.O.). Ausgehend von diesen Maßstäben fehlt es bei dem Angeklagten in beiden Fällen an der Freiwilligkeit, weil bei seinem Erscheinen an der Eingangstür des Wettbüros jeweils die Alarmanlage ausgelöst worden ist, die nach den Bekundungen der Zeugin D. (Fall 3) ein sehr lautes Geräusch erzeugt. Es ist daher auszuschließen, dass der Angeklagte die Alarmanlage überhört haben könnte. Vielmehr entfernte er sich auch deswegen rasch vom Tatort, weil er durch die Alarmierung seine Entdeckung fürchtete.

3. Der Senat hebt die angefochtene Entscheidung daher wie aus dem Beschlusstenor ersichtlich auf und lässt die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Berlin vom 13. Januar 2020 unter Eröffnung des Hauptverfahrens bezüglich der Tatvorwürfe zu den Ziffern 1 und 3 zur Hauptverhandlung vor der 20. großen Strafkammer des Landgerichts Berlin zu. Eine Anordnung, die Hauptverhandlung nach § 210 Abs. 3 Satz 1 StPO vor einer anderen Strafkammer stattfinden zu lassen, war vorliegend nicht angezeigt. Die Hauptverhandlung findet im Regelfall vor dem Spruchkörper statt, der die Ablehnungsentscheidung getroffen hat (vgl. KG, Beschluss vom 21. November 2017 – 4 Ws 136/17 –). Eine abweichende Bestimmung darf nur aus besonderen Sachgründen getroffen werden, die nicht allein bei unzutreffender Verneinung des hinreichenden Tatverdachts anzunehmen sind (vgl. KG, Beschluss vom 21. November 2017 a.a.O.). Derartige besondere Sachgründe sind vorliegend nicht ersichtlich.

III.

Eine Kosten- und Auslagenentscheidung war nicht veranlasst; sie bleibt der endgültigen Entscheidung in der Hauptsache vorbehalten (vgl. OLG München NJW 2013, 3799; OLG Hamm, Beschluss vom 24. Januar 2013 – III-3 Ws 13/13 –; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 7. Dezember 2012 – 1 Ws 60/12 –; OLG Rostock, Beschluss vom 27. September 2012 – I Ws 133/12 –, alle bei juris).

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