Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Bewährungsaufschub im Jugendstrafrecht: Entscheidung und Auswirkungen im Fokus
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Ab wann kann eine Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden?
- Welche Folgen haben Verstöße gegen Bewährungsauflagen?
- Was bedeutet eine Vorbewährung im Jugendstrafrecht?
- Welche Rechtsmittel gibt es gegen die Ablehnung einer Bewährung?
- Wie läuft die vorgeschriebene richterliche Belehrung bei einer Bewährung ab?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Saarbrücken
- Datum: 31.01.2023
- Aktenzeichen: 3 Qs 1/23
- Verfahrensart: Sofortige Beschwerde im Jugendstrafverfahren
- Rechtsbereiche: Jugendstrafrecht
Beteiligte Parteien:
- Verurteilter: Ein Jugendlicher, der wegen mehrerer Einbruchsdiebstähle sowie Diebstählen mit Waffen verurteilt wurde. Ihm wurde vorgeworfen, den Bewährungsauflagen und Weisungen nicht oder nur unzureichend nachgekommen zu sein. Er erhob sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der Ablehnung der Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung.
- Amtsgericht Saarbrücken: Ursprünglich für die Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung der Jugendstrafe zur Bewährung zuständig. Lehnte die Aussetzung wegen Nichtbefolgung der Weisungen ab.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Ein junger Mann wurde wegen zahlreicher Einbruchsdiebstähle verurteilt. Ihm wurde die Möglichkeit zur Bewährung gegeben, unter der Bedingung, bestimmte Auflagen zu erfüllen, darunter Drogenberatung und Arbeitsstunden. Der Verurteilte kam diesen Auflagen nicht ausreichend nach, was zur Ablehnung der Bewährungsaussetzung durch das Amtsgericht führte.
- Kern des Rechtsstreits: Ob das Amtsgericht die Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung rechtmäßig abgelehnt hat, obwohl eine ordnungsgemäße Belehrung über die Bedingungen der Aussetzung, gemäß § 61 JGG, nicht protokolliert und offenbar nicht erfolgt war.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die sofortige Beschwerde des Verurteilten hatte Erfolg. Der Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 07.12.2022 wurde aufgehoben.
- Begründung: Das Gericht stellte fest, dass die gesetzlich vorgeschriebene Belehrung über den Vorbehalt der Aussetzung und dessen Bedeutung nicht ordnungsgemäß erfolgte, was im Hauptverhandlungsprotokoll hätte festgehalten werden müssen. Ohne diese Belehrung konnte die Entscheidung des Amtsgerichts nicht bestätigt werden.
- Folgen: Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Verurteilten fallen der Landeskasse zur Last. Der Beschluss des Amtsgerichts, die Vollstreckung der Jugendstrafe nicht zur Bewährung auszusetzen, wurde aufgehoben, und die Angelegenheit muss entsprechend der Rechtslage neu beurteilt werden.
Bewährungsaufschub im Jugendstrafrecht: Entscheidung und Auswirkungen im Fokus
Die Thematik der Jugendstrafe und ihrer Vollstreckung ist ein zentraler Bestandteil des Jugendstrafrechts. Bei der Entscheidung über eine Jugendstrafe spielen unterschiedliche Faktoren eine Rolle, darunter die Schwere der Tat, die persönliche Reife des Täters sowie die Aussicht auf Resozialisierung. Das Jugendgericht hat die Möglichkeit, im Rahmen eines Vollstreckungsantrags über die Aussetzung der Vollstreckung einer Jugendstrafe zur Bewährung zu entscheiden. Diese Entscheidung kann entscheidend dafür sein, ob der verurteilte Jugendliche eine bewährte Integration in die Gesellschaft ermöglicht wird oder in den Jugendstrafvollzug eingewiesen werden muss.
Im Kontext juristischer Entscheidungen stellt die Ablehnung der Aussetzung von Jugendstrafen zur Bewährung eine gewichtige Maßnahme dar, die tiefgreifende strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. In den folgenden Absätzen wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Entscheidungen des Jugendgerichts und die Auswirkungen auf die betroffenen Jugendlichen beleuchtet.
Der Fall vor Gericht
Bewährungswiderruf wegen Weisungsverstößen scheitert an fehlender Belehrung
Das Landgericht Saarbrücken hat einen Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken aufgehoben, der die Aussetzung einer Jugendstrafe zur Bewährung nachträglich abgelehnt hatte. Ein 17-jähriger Jugendlicher war im August 2022 wegen zehn Fällen des Wohnungseinbruchsdiebstahls und zwei Fällen des Diebstahls mit Waffen zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt worden. Das Gericht hatte die Entscheidung über eine Bewährung zunächst für drei Monate zurückgestellt.
Massive Verstöße gegen Bewährungsauflagen
Der Verurteilte erhielt strenge Bewährungsauflagen: Er musste sich einem Bewährungs- und Betreuungshelfer unterstellen, 180 Sozialstunden leisten, Termine bei einer Drogenberatungsstelle wahrnehmen und sich einem THC-Screening unterziehen. Diese Auflagen erfüllte er jedoch nur unzureichend oder gar nicht. Er leistete die Arbeitsstunden grundlos nicht ab und verweigerte die Urinprobe. Stattdessen konsumierte er im Bruder Konrad Haus offen Betäubungsmittel und räumte den täglichen Konsum ein. Sein Verhalten führte schließlich zum Rauswurf aus der Einrichtung.
Formfehler verhindert Bewährungsablehnung
Das Amtsgericht lehnte daraufhin die Aussetzung zur Bewährung ab. Das Landgericht hob diese Entscheidung jedoch auf, weil eine gesetzlich vorgeschriebene Belehrung fehlte: Nach § 61 JGG muss der Jugendliche bei der Urteilsverkündung über die Bedeutung des Bewährungsvorbehalts und seines Verhaltens während der Bewährungszeit belehrt werden. Diese Belehrung war im Hauptverhandlungsprotokoll nicht vermerkt. Nach ständiger Rechtsprechung gilt: Was nicht im Protokoll steht, ist auch nicht geschehen.
Verpasste Chance zur Protokollberichtigung
Zwar teilte der Vorsitzende des Jugendschöffengerichts später mit, die Belehrung sei erfolgt und das Protokoll unvollständig. Das Landgericht betonte jedoch: Ohne eine förmliche Protokollberichtigung könne diese nachträgliche Mitteilung nicht berücksichtigt werden. Die tatsächlich protokollierte Belehrung zu möglichen Konsequenzen bei Weisungsverstößen reiche nicht aus, da sie die besondere Bedeutung des Bewährungsvorbehalts nicht erfasse.
Gesetzliche Sonderstellung der Vorbewährung
Das Landgericht stellte klar: Anders als bei einer normalen Bewährung kann bei einer Vorbewährung kein Ungehorsamsarrest wegen Nichtbefolgung von Weisungen verhängt werden. Dies ergebe sich aus den gesetzlichen Regelungen des Jugendgerichtsgesetzes. Der ursprünglich verhängte Jugendarrest wegen nicht erfüllter Arbeitsauflagen in einem früheren Verfahren wurde wegen der Einbeziehung in das neue Urteil nicht mehr vollstreckt.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil stellt klar, dass bei einer Vorbehaltsentscheidung zur Bewährung der Jugendliche zwingend in der Hauptverhandlung über die Bedeutung des Vorbehalts und seines künftigen Verhaltens belehrt werden muss. Diese Belehrung muss im Gerichtsprotokoll dokumentiert sein. Fehlt diese Belehrung, kann die Aussetzung zur Bewährung nicht nachträglich abgelehnt werden, auch wenn der Jugendliche gegen Auflagen verstößt. Anders als bei normaler Bewährung kann bei einer Vorbehaltsentscheidung kein Ungehorsamsarrest verhängt werden.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als jugendlicher Straftäter haben Sie ein Recht darauf, dass Ihnen das Gericht genau erklärt, was eine Vorbehaltsentscheidung zur Bewährung bedeutet und welche Konsequenzen Ihr Verhalten hat. Wurde diese Belehrung nicht durchgeführt oder nicht im Protokoll festgehalten, kann Ihre Bewährung nicht widerrufen werden – auch wenn Sie sich nicht an alle Auflagen gehalten haben. Bei einer vorläufigen Bewährungsentscheidung kann das Gericht Sie zudem nicht in Arrest nehmen, wenn Sie Auflagen nicht befolgen. Prüfen Sie das Gerichtsprotokoll auf die dokumentierte Belehrung, wenn Ihre Bewährung widerrufen werden soll.
Jugendstrafrecht: Ihre Rechte bei Bewährungsauflagen
Das Urteil des Landgerichts Saarbrücken zeigt, wie wichtig die korrekte Belehrung über die Bedeutung der Bewährung ist. Gerade im Jugendstrafrecht gelten besondere Regeln, die im Zweifel zu Ihren Gunsten ausgelegt werden. Fehlt im Protokoll Ihrer Verhandlung die vorgeschriebene Belehrung, kann dies erhebliche Auswirkungen auf den weiteren Verlauf haben – selbst bei Verstößen gegen Auflagen. Sichern Sie sich im Jugendstrafrecht die bestmögliche Verteidigung und lassen Sie Ihre Situation rechtlich prüfen.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Ab wann kann eine Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden?
Eine Jugendstrafe kann unter bestimmten Voraussetzungen zur Bewährung ausgesetzt werden:
Grundsätzliche Regelung
Bei einer Jugendstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, dass der Jugendliche sich die Verurteilung zur Warnung dienen lässt und auch ohne Strafvollzug künftig einen rechtschaffenen Lebenswandel führen wird.
Längere Jugendstrafen
Auch bei einer Jugendstrafe von bis zu zwei Jahren kann das Gericht die Vollstreckung zur Bewährung aussetzen. Dies geschieht, wenn die Entwicklung des Jugendlichen eine Vollstreckung nicht zwingend erfordert.
Beurteilungskriterien
Bei der Entscheidung über eine Bewährung berücksichtigt das Gericht:
- Die Persönlichkeit des Jugendlichen
- Sein Vorleben
- Die Umstände der Tat
- Sein Verhalten nach der Tat
- Seine Lebensverhältnisse
- Die zu erwartenden Wirkungen der Bewährung
Bewährungszeit
Wenn eine Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird, legt das Gericht eine Bewährungszeit fest. Diese dauert mindestens zwei und höchstens drei Jahre. In dieser Zeit müssen Sie sich bewähren und zeigen, dass Sie ohne weitere Straftaten leben können.
Auflagen und Weisungen
Mit der Aussetzung zur Bewährung können Auflagen und Weisungen verbunden sein. Diese sollen Ihnen helfen, einen rechtschaffenen Lebenswandel zu führen. Beispiele sind:
- Teilnahme an einem sozialen Trainingskurs
- Ableistung gemeinnütziger Arbeit
- Wiedergutmachung des angerichteten Schadens
Bewährungshilfe
In der Regel werden Sie für die Dauer der Bewährungszeit einem Bewährungshelfer unterstellt. Dieser unterstützt und betreut Sie, um einen Rückfall in die Straffälligkeit zu vermeiden.
Beachten Sie, dass die Aussetzung zur Bewährung widerrufen werden kann, wenn Sie während der Bewährungszeit erneut straffällig werden oder gegen Auflagen verstoßen. In diesem Fall müssten Sie die ursprünglich verhängte Jugendstrafe antreten.
Welche Folgen haben Verstöße gegen Bewährungsauflagen?
Verstöße gegen Bewährungsauflagen können erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Das Gericht hat verschiedene Möglichkeiten, auf solche Verstöße zu reagieren, abhängig von der Schwere und Häufigkeit des Fehlverhaltens.
Leichte oder einmalige Verstöße
Bei geringfügigen oder erstmaligen Verstößen gegen Bewährungsauflagen greift das Gericht in der Regel zu milderen Maßnahmen:
- Erteilung neuer Auflagen und Weisungen
- Verlängerung der Bewährungszeit
- Beiordnung eines Bewährungshelfers
Diese Schritte zielen darauf ab, Sie wieder auf den richtigen Weg zu bringen, ohne sofort die härteste Konsequenz zu verhängen.
Schwerwiegende oder wiederholte Verstöße
Bei gravierenden oder wiederholten Verstößen kann das Gericht den Widerruf der Bewährung anordnen. Dies bedeutet, dass Sie die ursprünglich verhängte Freiheitsstrafe antreten müssen. Folgende Verhaltensweisen können zum Widerruf führen:
- Erneute Straffälligkeit während der Bewährungszeit
- Gröbliche oder beharrliche Verstöße gegen Weisungen
- Beharrliches Entziehen der Aufsicht und Leitung des Bewährungshelfers
- Gröbliche oder beharrliche Verstöße gegen Bewährungsauflagen
Ermessensentscheidung des Gerichts
Die Entscheidung über den Widerruf der Bewährung liegt im Ermessen des Gerichts. Dabei werden berücksichtigt:
- Umfang und Schwere des Verstoßes
- Bisherige Bewährungsführung
- Ihre individuelle Situation
Rechtliche Grundlagen
Die rechtlichen Grundlagen für den Widerruf der Bewährung finden Sie in § 56f StGB. Dieser Paragraph regelt, unter welchen Umständen das Gericht die Strafaussetzung widerrufen kann.
Wenn Sie gegen Bewährungsauflagen verstoßen, ist es wichtig, dass Sie die möglichen Konsequenzen kennen. Stellen Sie sich vor, Sie hätten eine Auflage zur Teilnahme an einer Therapie erhalten, diese aber mehrfach versäumt. In einem solchen Fall könnte das Gericht zunächst eine Verwarnung aussprechen oder die Bewährungszeit verlängern. Bei wiederholtem Verstoß droht jedoch der Widerruf der Bewährung.
Was bedeutet eine Vorbewährung im Jugendstrafrecht?
Die Vorbewährung ist ein spezielles Rechtsinstrument im Jugendstrafrecht, bei dem das Gericht die Entscheidung über die Aussetzung einer Jugendstrafe zur Bewährung zunächst zurückstellt.
Funktionsweise der Vorbewährung
Bei einer Verurteilung zu einer Jugendstrafe wird die Entscheidung über die Bewährungsaussetzung nicht sofort im Urteil getroffen, sondern für einen Zeitraum von maximal sechs Monaten aufgeschoben. In besonderen Fällen und mit Einverständnis des Verurteilten kann diese Frist auf bis zu neun Monate verlängert werden.
Voraussetzungen
Eine Vorbewährung kommt in Betracht, wenn:
- trotz ausgeschöpfter Ermittlungsmöglichkeiten noch keine sichere positive Prognose für eine Bewährung gestellt werden kann
- aber Ansätze in der Lebensführung des Jugendlichen erkennbar sind, die für eine positive Entwicklung sprechen
Besonderheiten während der Vorbewährungszeit
In der Vorbewährungszeit steht der Jugendliche unter besonderer Beobachtung. Das Gericht kann Weisungen und Auflagen erteilen, deren Erfüllung für die spätere Bewährungsentscheidung bedeutsam ist. Die Zeit der Vorbewährung wird auf eine später gewährte Bewährungszeit angerechnet.
Die Vorbewährung ist ein äußerst erfolgreiches Instrument – etwa 90 Prozent der Jugendlichen unter Vorbewährung bleiben straffrei. Sie steht im Sanktionenkatalog zwischen einer direkten Bewährung und einer zu vollstreckenden Jugendstrafe.
Welche Rechtsmittel gibt es gegen die Ablehnung einer Bewährung?
Gegen die Ablehnung einer Bewährung steht Ihnen das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu. Dies gilt sowohl wenn die Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung abgelehnt wird, als auch wenn das Urteil ausschließlich wegen der Nichtaussetzung angefochten wird.
Voraussetzungen und Fristen
Die sofortige Beschwerde muss innerhalb einer Woche nach Verkündung oder Zustellung der Entscheidung eingelegt werden. Sie können die Beschwerde entweder isoliert einreichen oder gemeinsam mit einer Entscheidung über die Anordnung eines Jugendarrests nach § 16a JGG.
Umfang der Beschwerdemöglichkeiten
Die Beschwerdemöglichkeiten erstrecken sich auch auf folgende Entscheidungen:
- Die Dauer der Bewährungszeit
- Die Dauer der Unterstellungszeit
- Die erneute Anordnung der Unterstellung
- Erteilte Weisungen oder Auflagen
Bei diesen Punkten ist die Beschwerde allerdings nur möglich, wenn die Bewährungs- oder Unterstellungszeit nachträglich verlängert wurde, die Unterstellung erneut angeordnet wurde oder eine getroffene Anordnung gesetzwidrig ist.
Besondere Verfahrenskonstellationen
Wenn Sie gleichzeitig eine zulässige Revision gegen das Urteil und eine Beschwerde gegen die Bewährungsentscheidung einlegen, ist das Revisionsgericht auch für die Entscheidung über die Beschwerde zuständig. Dies dient der Verfahrenskonzentration und vermeidet widersprüchliche Entscheidungen.
Wie läuft die vorgeschriebene richterliche Belehrung bei einer Bewährung ab?
Die richterliche Belehrung erfolgt durch den Vorsitzenden direkt im Anschluss an die Verkündung des Bewährungsbeschlusses. Bei dieser Belehrung werden Sie über mehrere zentrale Aspekte Ihrer Bewährung informiert.
Inhalt der Belehrung
Der Vorsitzende erklärt Ihnen die grundlegende Bedeutung der Strafaussetzung zur Bewährung und informiert Sie über die konkrete Dauer Ihrer Bewährungszeit. Sie erhalten detaillierte Informationen über alle auferlegten Weisungen und Auflagen.
Warnhinweise und Konsequenzen
Ein wichtiger Teil der Belehrung betrifft die möglichen Konsequenzen bei Fehlverhalten. Der Vorsitzende weist Sie ausdrücklich auf die Möglichkeit des Bewährungswiderrufs hin. Wenn Ihnen besondere Weisungen nach § 68b StGB erteilt wurden, erfolgt zusätzlich eine Belehrung über mögliche strafrechtliche Folgen bei Verstößen.
Besonderheiten der Belehrung
Die Belehrung muss verständlich und umfassend sein. Bei einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus kann der Vorsitzende in bestimmten Fällen von der Belehrung über die Widerrufsmöglichkeit absehen.
Zeitpunkt und Form
Die Belehrung findet in der Regel unmittelbar nach der Urteilsverkündung statt. Sie erfolgt mündlich durch den Vorsitzenden und wird im Protokoll festgehalten. Der Beschluss über die Bewährungsauflagen wird zusammen mit dem Urteil verkündet.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Jugendstrafe
Eine Jugendstrafe ist die schwerste Sanktion im Jugendstrafrecht für Straftaten von Jugendlichen (14-17 Jahre) und Heranwachsenden (18-20 Jahre). Sie wird gemäß §17 JGG verhängt, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen oder der Schwere der Schuld Erziehungsmaßregeln nicht ausreichen. Die Dauer beträgt zwischen 6 Monaten und 5 Jahren, in besonders schweren Fällen bis zu 10 Jahren. Beispiel: Ein 16-Jähriger wird wegen mehrerer Raubüberfälle zu 2 Jahren Jugendstrafe verurteilt.
Bewährungsvorbehalt
Der Bewährungsvorbehalt nach §61 JGG ermöglicht es dem Gericht, die Entscheidung über die Aussetzung einer Jugendstrafe zur Bewährung zunächst zurückzustellen. Dies gibt dem Verurteilten die Chance, durch positives Verhalten in einer „Probezeit“ eine Bewährung zu erreichen. Die maximale Dauer beträgt 4 Monate. In dieser Zeit muss der Jugendliche bestimmte Auflagen erfüllen. Beispiel: Das Gericht stellt die Bewährungsentscheidung für 3 Monate zurück, um das Verhalten des Jugendlichen zu prüfen.
Bewährungsauflagen
Bewährungsauflagen sind vom Gericht angeordnete Pflichten, die ein Verurteilter während der Bewährungszeit erfüllen muss. Sie dienen nach §23 JGG der Erziehung und Besserung des Jugendlichen. Typische Auflagen sind Sozialstunden, Drogenscreenings oder die Teilnahme an Beratungen. Bei Verstößen kann die Bewährung widerrufen werden. Das Gericht muss die Auflagen klar kommunizieren und deren Bedeutung erläutern. Beispiel: Die Auflage 180 Sozialstunden zu leisten und regelmäßige Drogenberatung wahrzunehmen.
Hauptverhandlungsprotokoll
Das Hauptverhandlungsprotokoll ist gemäß §271 StPO die förmliche Dokumentation des Gerichtsverfahrens. Es muss alle wesentlichen Förmlichkeiten und Vorgänge der Verhandlung enthalten. Was nicht im Protokoll steht, gilt rechtlich als nicht geschehen. Nur durch ein spezielles Berichtigungsverfahren kann das Protokoll nachträglich korrigiert werden. Das Protokoll dient als verbindlicher Nachweis des Verfahrensablaufs. Beispiel: Eine fehlende Belehrung im Protokoll kann nicht durch spätere Aussagen „geheilt“ werden.
Ungehorsamsarrest
Der Ungehorsamsarrest ist eine Sanktion im Jugendstrafrecht nach §11 Abs. 3 JGG, die bei Nichterfüllung von Weisungen oder Auflagen verhängt werden kann. Er dient als Druckmittel zur Durchsetzung richterlicher Anordnungen und kann bis zu 4 Wochen dauern. Bei einer Vorbewährung ist diese Maßnahme allerdings ausgeschlossen. Beispiel: Wenn ein Jugendlicher seine Sozialstunden nicht leistet, kann das Gericht Ungehorsamsarrest anordnen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 61 Abs. 3 Satz 4 JGG:
Hierbei handelt es sich um die Pflicht zur Belehrung des Jugendlichen über die Bedeutung eines Vorbehalts bei der Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung. Diese Belehrung soll unmittelbar nach der Urteilsverkündung erfolgen, um den Jugendlichen unter dem Eindruck der Hauptverhandlung über die Bedeutung seines Verhaltens während der Vorbewährungszeit aufzuklären. Ziel ist es, einen erzieherischen Effekt zu erzielen, indem die Konsequenzen eines negativen Verhaltens deutlich gemacht werden.
Im vorliegenden Fall wurde diese Belehrung gemäß Protokoll nicht ordnungsgemäß erteilt. Dies führt dazu, dass die Ablehnung der Bewährungsaussetzung rechtlich nicht zulässig war, da der Jugendliche nicht ausreichend über die Konsequenzen aufgeklärt wurde. - § 273 Abs. 1 Satz 1 StPO:
Diese Vorschrift regelt die Beweiskraft des Hauptverhandlungsprotokolls in Bezug auf wesentliche Förmlichkeiten. Wird eine solche Förmlichkeit, wie etwa die Belehrung nach § 61 Abs. 3 Satz 4 JGG, nicht im Protokoll dokumentiert, gilt sie als nicht erfolgt.
Im Fall wird deutlich, dass die fehlende Protokollierung der Belehrung dazu führt, dass diese als nicht durchgeführt betrachtet werden muss. Dies ist von zentraler Bedeutung, da es das Recht des Jugendlichen auf eine ordnungsgemäße Verfahrensführung betrifft. - § 59 Abs. 1 Satz 1 JGG:
Diese Norm ermöglicht die sofortige Beschwerde gegen Entscheidungen des Gerichts, die die Bewährungsaussetzung betreffen. Hierbei handelt es sich um ein Rechtsmittel, das den Verurteilten schützt und eine weitere Überprüfung der Entscheidung erlaubt.
Die Anwendung dieser Vorschrift war im vorliegenden Fall entscheidend, da sie dem Jugendlichen die Möglichkeit gab, gegen die aus seiner Sicht fehlerhafte Entscheidung des Amtsgerichts vorzugehen und die Rechtswidrigkeit des Beschlusses geltend zu machen. - § 21 Abs. 1 Satz 1 JGG:
Diese Vorschrift regelt die Voraussetzungen für die Aussetzung einer Jugendstrafe zur Bewährung. Die Entscheidung hängt von einer günstigen Sozialprognose ab, das heißt, es muss erwartet werden können, dass der Jugendliche künftig straffrei leben wird.
Im vorliegenden Fall fehlte es laut Gericht an einer solchen Prognose. Allerdings wurde die Entscheidung über die Bewährungsaussetzung wegen Verfahrensfehlern aufgehoben, da die Voraussetzungen nicht abschließend geprüft werden konnten. - § 11 Abs. 3 JGG i.V.m. § 15 Abs. 3 Satz 2 JGG:
Diese Regelungen betreffen den Ungehorsamsarrest bei Verstößen gegen Auflagen und Weisungen während der Bewährungszeit. In der Vorbewährungszeit, die durch eine Vorbehaltsentscheidung nach § 61 JGG gekennzeichnet ist, kann ein solcher Arrest jedoch nicht angeordnet werden.
Im vorliegenden Fall wurde deutlich, dass das Gericht fälschlicherweise auf Regelungen verwiesen hat, die in der Vorbewährungszeit keine Anwendung finden, was die Entscheidung zusätzlich rechtlich angreifbar macht.
Das vorliegende Urteil
LG Saarbrücken – Az.: 3 Qs 1/23 – Beschluss vom 31.01.2023
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