Nachweisbarkeit von THC jenseits der Wirkungsdauer – Unbedingt beachten!
Wenn Sie im Straßenverkehr durch einen THC-Wert von mindestens 1,0 ng/THC aufgefallen sind, kann die Fahrerlaubnisbehörde nach §14 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) die Erstellung eines ärztlichen Gutachtens bei Ihnen anordnen. Sollte Sie allerdings im Rahmen der polizeilichen Kontrolle Aussagen zu Ihrem Konsumverhalten getätigt haben und damit die notwendigen/belastendend gegen sich selbst erbracht haben, dürfte die Behörde von einem ärztlichen Gutachten absehen. Sie sollten daher unbedingt keine Angaben machen und auf das ärztliche Gutachten hinwirken, um die Chancen auf einen juristischen Erfolg zu wahren.
In § 14 Abs. 1 FeV heißt es hierzu unter anderem wie folgt:
„(1) Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder die Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass ein ärztliches Gutachten (§ 11 Absatz 2 Satz 3) beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme begründen, dass
1. Abhängigkeit von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 11. Mai 2011 (BGBl. I S. 821) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung oder von anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen,
2. Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder
3. mißbräuchliche Einnahme von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen
vorliegt. Die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens kann angeordnet werden, wenn der Betroffene Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes widerrechtlich besitzt oder besessen hat.“
Wichtige Voraussetzungen für den Entzug der Fahrerlaubnis
Grundlegende Voraussetzungen dafür, dass Sie Ihre Fahrerlaubnis entzogen bekommen, ist das Erreichen des THC-Grenzwertes in Höhe von 1,0 ng/mL THC sowie gelegentlicher Konsum von Cannabis. Unter der zeitlichen Beschreibung „gelegentlich“ versteht der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang zwei Mal innerhalb der vergangenen 10 Jahren.
Im Mittelpunkt des ärztlichen Gutachtens steht die Erbringung des Nachweises, dass Sie Cannabis gelegentlich konsumiert haben. Sollten in der Vergangen mit Kokain, Speed oder anderen Drogen in Kontakt gekommen sein und werden diese bei Ihnen im Rahmen der medizinischen Untersuchung nachgewiesen, spielt der gelegentlich Cannabis-Konsum keine Rolle mehr und Ihre Fahrerlaubnis wird entzogen.
Sie sollten sich stets darüber im Klaren sein, dass die Behörde beweispflichtig ist, bevor Sie die Fahrerlaubnis entzogen bekommen können. Darin besteht letztendlich auch der Grund dafür, dass das ärztliche Gutachten die gelegentliche Konsumierung von Cannabis feststellen muss. Wenn Sie also in eine Verkehrskontrolle geraten und zu diesem Zeitpunkt unter THC-Einfluss gestanden haben, dann sollten Sie umgehend für einige Monate den Konsum von Cannabis einstellen.
In der Realität ist es sehr wahrscheinlich, dass die zuständige Behörde rund drei Monate mit der Anordnung des ärztlichen Gutachten abwartet. Wenn es zur Untersuchung kommt und bei Ihnen nach drei Monaten nach wie vor THC nachgewiesen werden kann, dann wird daraus abgeleitet, dass nach Ihrer Kontrolle abermals konsumiert haben. Damit hat die Behörde den Beweis bzw. die Voraussetzung, die sie braucht, um Ihnen Ihre Fahrerlaubnis zu entziehen.
Das ärztliche Gutachten durch die 6-Stunden-Regel erfolgreich meistern
Bei der Untersuchung sollten Sie angeben, dass Sie maximal 6 Stunden zuvor nur einmal in Ihrem Leben Cannabis geraucht haben. Außerdem ist es wichtig, dass Sie davor niemals andere Betäubungsmittel konsumiert und in Verbindung mit dem Joint keinen Alkohol zu sich genommen haben. Natürlich sollte Ihr Vortrag glaubhaft sein, da Sie gemäß Ihrer „Mitwirkungspflicht im Verwaltungsprozess“ genaue Erläuterungen machen müssen.
Weshalb die 6-Stunden-Regel wichtig ist
Vor allem Gerichte jedweder Instanz greifen in diesem Bereich gerne auf bestimmte Studien zurück, um ein Urteil fällen zu können. Insbesondere die sowohl erste als auch zweit Maastricht Studie sind in diesem Zusammenhang stets von großem Interesse für die Richter. In den Jahren 2006 und 2009 wurden jeweils circa 20 Studienteilnehmer auf ihre Blut- und Reaktionswerte hin überprüft, nachdem sie 17mg THC (2006) bzw. 34 mg THC (2009) verabreicht bekommen haben. Hinsichtlich der Abbauwerte kamen beide Studien zu relativ ähnlichen Ergebnissen.
Zur Veranschaulichung im Folgenden Ergebnisse aus der 1. Maastricht Studie:
- 5 Minuten nach dem Rauchen > 58,0 (17mg THC) / 95,1 (34 mg THC)
- 15 Minuten nach dem Rauchen > 16,9 (17mg THC) / 27,7 (34 mg THC)
- 30 Minuten nach dem Rauchen > 10,8 (17mg THC) / 19,5 (34 mg THC)
- 45 Minuten nach dem Rauchen > 7,7 (17mg THC) / 14,3 (34 mg THC)
- 60 Minuten nach dem Rauchen > 6,1 (17mg THC) / 10,4 (34 mg THC)
- 120 Minuten nach dem Rauchen > 3,0 (17mg THC) / 5,9 (34 mg THC)
- 180 Minuten nach dem Rauchen > 1,7 (17mg THC) / 3,0 (34 mg THC)
- 240 Minuten nach dem Rauchen > 0,9 (17mg THC) / 1,8 (34 mg THC)
- 300 Minuten nach dem Rauchen > 0,6 (17mg THC) / 1,2 (34 mg THC)
- 360 Minuten nach dem Rauchen > 0,5 (17mg THC) / 0,9 (34 mg THC)
Nach 360 Minuten bzw. sechs Stunden sind die geltenden Grenzwerte unterschritten, sodass Sie keine Angst mehr um Ihre Fahrerlaubnis im Ernstfall haben müssen.
Wenn Sie also bei Ihrem Untersuchungstermin angeben, dass Sie rund zwölf Stunden vor dem Antritt der Fahrt erstmals in Ihrem Leben eine einzige Zigarette geraucht hätten, dann sinkt Ihre Glaubwürdigkeit sehr stark. Sowohl der Ihnen gegenüber sitzende Gutachter als auch die Beamten der Behörden kennen die Maastricht Studien sehr genau. Grundsätzlich sollten Sie beachten, dass allein durch die durchgeführte Verkehrskontrolle zur Ihrer Person ein Anfangsverdacht besteht. Gelingt es nun den Behörden nachzuweisen, dass die „gelegentlich“ Konsumieren, ist die Fahrerlaubnis weg.
Erfindungsreiche und zugleich Kreative Anwälte versuchen immer wieder, die zeitliche Lücke zwischen Aussage und behördlichem Nachweis zu einem einzigen sogenannten „Konsumakt“ durch eine ausreichend gute Argumentation zu verbinden und auf diese Weise einen experimentellen Konsum zu untermauern. Gelingt das, gibt es keine Rechtsgrundlage für den Entzug der Fahrerlaubnis.
Das Verwaltungsgericht in Ansbach hat hierzu folgendes Urteil am 20.06.2012 gefällt:
…“Vor dem Hintergrund dieser Zielsetzung der Ausklammerung der einmaligen Cannabiseinnahme aus den Tatbeständen, die im Regelfall den Verlust der Fahreignung nach sich ziehen, steht es der Bejahung eines einmaligen Gebrauchs dieses Betäubungsmittels nicht entgegen, wenn jemand seinem Körper in so engem zeitlichem Zusammenhang mehrere Konsumeinheiten dieser Droge zugeführt hat, dass von einem einheitlichen Lebensvorgang gesprochen werden muss (ebenso OVG Bbg vom 13.12.2004 Blutalkohol 2006, 161/163 für den Fall, dass im Verlauf einer mehrstündigen Feier mehrere cannabishaltige Zigaretten geraucht wurden). Denn zum Wesen des Probierkonsums gehört es nachgerade, dass der Handelnde ausloten will, wie sich Cannabis auf seine Befindlichkeit auswirkt. Zeitigt die Einnahme einer kleineren Menge dieses Stoffes entweder keine oder nicht die erwartete Wirkung, so liegt es in der inneren Logik eines Verhaltens, das der Gewinnung von Erfahrung in Bezug auf Haschisch oder Marihuana dienen soll, dass der Experimentierende sich eine höhere Dosis dieses Betäubungsmittel zuführt (vgl. zur Möglichkeit der mehrfachen Wiederholung einer inhalativen Einzelaufnahme von Cannabis im Rahmen ein und derselben Session auch bei Erstkonsumenten Aderjan, Gutachten vom 29.8.2005, Seite 8).
Nicht mehr als Bestandteil erstmaligen Probierens angesehen werden kann es demgegenüber, wenn jemand nach bereits einmal gewonnener Erfahrung mit Cannabis dazu ansetzt, sich ein von Grund auf „neues Rauscherlebnis“ (im Gegensatz zur bloßen Intensivierung oder Perpetuierung eines bereits bestehenden Rauschzustandes) zu verschaffen. Denn wer, nachdem seine erste Rauscherfahrung mit Cannabis abgeklungen ist, erneut zu dieser Droge greift, bringt damit zum Ausdruck, dass er es nicht bei einem einmaligen Experimentieren mit diesem Betäubungsmittel belassen will. Demgegenüber bewegt sich noch im Rahmen des Probiervorgangs, wer „im Zuge“ der erstmaligen Einnahme von Haschisch oder Marihuana – sei es auch aufgrund eines nach Konsumbeginn gefassten neuen Entschlusses – seine Rauscherfahrung dadurch zu steigern oder zu verlängern sucht, dass er sich zeitnah weitere Einheiten dieser Drogen zuführt. (…)
(Quelle: https://openjur.de/u/498699.html)
Wenn es Ihnen irgendwie möglich erscheint, sollten Sie also nicht behaupten, dass Sie erstmals am Abend bzw. in der Nacht geraucht haben. Gerichte halte diese Äußerungen für unglaubwürdig, wodurch sich die Strafe Ihnen gegenüber sehr schnell enorm erhöhen kann.
Fazit
Wer im Straßenverkehr mit THC im Blut erwischt wird, sollte die Aussage unter allen Umständen verweigern. Bis das ärztliche Gutachten vorbei ist, sollten Sie keinesfalls bis zu diesem Zeitpunkt Cannabis konsumieren. Darüber hinaus ist es zu empfehlen, dass Sie sich vor dem Gutachten an der oben dargestellten Werte-Ermittlung bzw. den Studienergebnissen orientieren, sodass das Argument des Einmalkonsums in Ihrem Fall greift und kein Entzug der Fahrerlaubnis droht.
Da Sie im Rahmen des Verwaltungsverfahrend zur Mitwirkung verpflichtet sind, müssen Sie sich spätestens zu diesem Zeitpunkt äußern. Überlegen Sie sich also gut, was Sie zu Protokoll geben möchten. Wenden Sie sich deshalb schon im Vorfeld an einen erfahrenen Strafverteidiger. Wir von der Kanzlei Kotz, stehen Ihnen daher jederzeit mit unserer ganzen Erfahrung und Kompetenz im Verkehrsrecht und Strafrecht zur Seite. Auf uns können Sie sich verlassen.