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Akteneinsicht in elektronisch geführte Bußgeldakte – Übersendung in Papierform – Kosten

Eine Bußgeldakte, eine saftige Gebührenrechnung und ein Anwalt, der sich weigert zu zahlen: In Radolfzell entzündet sich ein Streit um die Kosten für Akteneinsicht in Zeiten digitaler Aktenführung. Was als vermeintliche Kleinigkeit begann, entpuppt sich als Grundsatzfrage, die nun die Justiz beschäftigt und die Rechte von Bürgern und Anwälten in Bußgeldverfahren stärkt.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: AG Radolfzell
  • Datum: 09.02.2024
  • Aktenzeichen: 1 OWi 323/23
  • Verfahrensart: Verfahren auf gerichtliche Entscheidung
  • Rechtsbereiche: Ordnungswidrigkeitenrecht, Kostenrecht
  • Beteiligte Parteien:
  • Um was ging es?
    • Sachverhalt: Dem Verteidiger wurde auf seinen Antrag Akteneinsicht in die elektronisch geführten Bußgeldakten gewährt, indem ihm ein Papierausdruck übersandt wurde. Die Stadt Radolfzell erhob dafür eine Aktenversendungspauschale von 12,00 Euro.
    • Kern des Rechtsstreits: Ist die Erhebung einer Aktenversendungspauschale gemäß § 107 Abs. 5 OWiG für die vorliegend gewährte Akteneinsicht rechtens?
  • Was wurde entschieden?
    • Entscheidung: Die Auslagenfestsetzung der Stadt Radolfzell vom 18.10.2023 wird aufgehoben. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Antragstellers fallen der Staatskasse zur Last.
    • Begründung: Die Aktenversendungspauschale nach § 107 Abs. 5 S. 1 OWiG fällt für die vorliegend erfolgte Akteneinsicht nicht an, daher ist die Verwaltungsbehörde nicht berechtigt, diese vom Antragsteller zu erheben.
  • Folgen: Die Stadt Radolfzell darf die Aktenversendungspauschale nicht erheben, und die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse.

Der Fall vor Gericht


Akteneinsicht in Bußgeldakte: Gericht kippt Gebühr für Papierausdruck bei elektronischer Aktenführung

Rechtsanwalt öffnet eine weiße Umschlag mit einem Verkehrsbußgeldbescheid an seinem Schreibtisch.
Kostenfreie Akteneinsicht in Bußgeldakten | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Amtsgericht Radolfzell hat in einem aktuellen Beschluss (Az.: 1 OWi 323/23) die Gebührenpraxis der Stadt Radolfzell bei der Akteneinsicht in elektronisch geführte Bußgeldakten gerügt. Konkret ging es um die Frage, ob eine sogenannte Aktenversendungspauschale erhoben werden darf, wenn einem Rechtsanwalt auf seinen Antrag hin ein Papierausdruck einer elektronischen Akte zugesandt wird, obwohl er diesen nicht explizit beantragt hatte. Das Gericht entschied klar gegen die Stadt und stärkte damit die Rechte von Betroffenen und ihren Verteidigern im Bußgeldverfahren.

Der Fall: Akteneinsicht und unerwartete Kosten

Ein Rechtsanwalt beantragte im Namen seines Mandanten Akteneinsicht in eine Bußgeldakte bei der Stadt Radolfzell. Die Akte wurde dort elektronisch geführt. Die Stadt sandte dem Anwalt daraufhin einen Papierausdruck der Akte zu und berechnete dafür eine Aktenversendungspauschale von 12 Euro. Begründet wurde dies mit § 107 Abs. 5 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG). Der Anwalt akzeptierte die Gebührenforderung nicht und beantragte eine gerichtliche Entscheidung gegen die Kostenfestsetzung.

Die Argumentation des Gerichts: Gesetzesauslegung und Sinn der elektronischen Akte

Das Amtsgericht Radolfzell gab dem Antrag des Anwalts statt und hob die Kostenfestsetzung der Stadt auf. In seiner Begründung stellte das Gericht heraus, dass die Aktenversendungspauschale in diesem Fall nicht rechtmäßig erhoben wurde. Entscheidend sei die Auslegung des § 107 Abs. 5 OWiG, insbesondere in der seit 2017 geltenden Fassung, die im Zuge der Einführung der elektronischen Akte geschaffen wurde.

§ 107 Abs. 5 OWiG: Die entscheidende Rechtsgrundlage

§ 107 Abs. 5 Satz 2 OWiG legt fest, dass keine Aktenversendungspauschale anfällt, wenn die Akte elektronisch geführt wird und ihre Übermittlung ebenfalls elektronisch erfolgt. Im vorliegenden Fall war die Akte zwar elektronisch, die Übermittlung erfolgte jedoch in Papierform. Die Stadt Radolfzell interpretierte dies offenbar so, dass die Pauschale dennoch anfällt.

Historische Auslegung: Der Wille des Gesetzgebers zählt

Das Gericht widersprach dieser Auslegung jedoch entschieden. Es verwies auf die Entstehungsgeschichte der Gesetzesänderung von 2017. Der Gesetzgeber habe mit der Neuregelung gerade die Kostenfreiheit der elektronischen Akteneinsicht bezweckt. Die Pauschale solle nur dann anfallen, wenn der Antragsteller ausdrücklich einen Papierausdruck oder einen Datenträger mit dem Akteninhalt beantragt.

Begründung des Gesetzes: Aufwand durch Antragsteller verursacht

Die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 18/9416) mache deutlich, so das Gericht, dass die Dokumentenpauschale nur in Fällen entstehen soll, in denen der besondere Aufwand durch einen Antrag des Einsichtnehmenden verursacht wird. Wenn die Behörde jedoch selbst den Weg des Papierausdrucks wählt, etwa weil die elektronische Übermittlung technisch nicht möglich ist oder als unpraktisch erachtet wird, dürfe dies nicht zu Lasten des Antragstellers gehen.

Systematik des Gesetzes: Elektronische Akte als Regelfall

Das Gericht argumentierte zudem mit der Systematik des OWiG. § 110c OWiG verweise für die Aktenführung und Kommunikation auf § 32f Strafprozessordnung (StPO). Dieser sehe die elektronische Akteneinsicht als Regelfall vor. Die Übersendung eines Papierausdrucks sei dort an einen besonderen Antrag geknüpft. Ein Verteidiger dürfe daher erwarten, dass ihm die Akte in der gesetzlich vorgesehenen Form und somit kostenneutral zur Verfügung gestellt wird, solange er keinen solchen Sonderantrag stellt.

Fazit des Gerichts: Pauschale nur bei explizitem Antrag auf Papier

Das Amtsgericht Radolfzell kam zu dem Schluss, dass die Aktenversendungspauschale im Fall der Übersendung eines Papierausdrucks einer elektronischen Bußgeldakte nur dann anfällt, wenn der Verteidiger ausdrücklich die Übermittlung in Papierform beantragt hat. Da dies im vorliegenden Fall nicht geschehen war, sei die Gebührenforderung der Stadt Radolfzell unrechtmäßig. Das Gericht folgte damit der Linie anderer Gerichte, wie beispielsweise dem Amtsgericht Verden (Beschluss vom 05.07.2021, 9b OWi 245 Js 25572/21).

Bedeutung für Betroffene und Verteidiger

Dieses Urteil des Amtsgerichts Radolfzell hat erhebliche Bedeutung für Betroffene von Bußgeldverfahren und ihre Verteidiger. Es stellt klar, dass die Akteneinsicht in elektronische Bußgeldakten grundsätzlich kostenfrei zu erfolgen hat, sofern keine explizite Anfrage nach einem Papierausdruck vorliegt.

Für Rechtsanwälte bedeutet dies, dass sie sich gegen unberechtigte Gebührenforderungen für Papierausdrucke von elektronischen Akten wehren können und sollten. Sie können nun kostengünstiger Akteneinsicht nehmen und ihre Mandanten effektiver vertreten.

Bürgerinnen und Bürger, die in Bußgeldverfahren geraten, profitieren ebenfalls. Sie haben ein Recht auf kostenfreie Akteneinsicht in ihre elektronische Akte. Dies senkt die Kosten eines Bußgeldverfahrens und erleichtert die Wahrnehmung der eigenen Rechte. Es ist wichtig zu wissen, dass man nicht automatisch zur Kasse gebeten werden darf, wenn die Behörde aus praktischen Gründen oder mangels technischer Möglichkeiten einen Papierausdruck versendet, obwohl die Akte elektronisch geführt wird und keine Papierform explizit beantragt wurde.

Das Urteil stärkt somit die Transparenz und Fairness im Bußgeldverfahren und trägt dazu bei, die Kostenbelastung für Betroffene zu reduzieren. Es unterstreicht den Grundsatz der kostenfreien elektronischen Akteneinsicht und setzt ein wichtiges Zeichen gegen eine gebührenorientierte Verwaltungspraxis im Umgang mit elektronischen Akten.


Die Schlüsselerkenntnisse

Dieses Urteil zeigt, dass bei elektronisch geführten Bußgeldakten keine Aktenversendungspauschale erhoben werden darf, wenn der Verteidiger nicht ausdrücklich einen Papierausdruck beantragt hat. Die Entscheidung stärkt die kostengünstige Akteneinsicht, da die Pauschale von 12 Euro nur anfallen darf, wenn der Antragsteller selbst den besonderen Aufwand durch einen spezifischen Antrag auf Papierausdruck verursacht. Für Betroffene bedeutet dies, dass sie bei der Anforderung von Akten in Bußgeldverfahren auf die genaue Formulierung ihres Antrags achten sollten, um unnötige Kosten zu vermeiden.

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In Situationen, in denen Ihnen im Zusammenhang mit der Akteneinsicht in ein Bußgeldverfahren unerwartete Gebühren in Rechnung gestellt werden, können Unsicherheiten und Unklarheiten entstehen. Gerade bei der Übermittlung elektronischer Akten in Papierform zeigt sich, wie wichtig es ist, die rechtlichen Rahmenbedingungen exakt zu verstehen und die Hintergründe der Kostenfestsetzung nachzuvollziehen.

Unsere Kanzlei unterstützt Sie darin, Ihren individuellen Fall präzise zu analysieren und eventuelle Unstimmigkeiten in der Gebührenpraxis zu erkennen. Wir setzen auf eine detaillierte und transparente Prüfung der Sachlage, um Ihnen zu helfen, Ihre Rechte in einer herausfordernden Situation optimal wahrzunehmen. Nehmen Sie mit uns in Kontakt, um eine vertrauensvolle Beratung zu vereinbaren.

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet Akteneinsicht in einem Bußgeldverfahren genau?

Akteneinsicht in einem Bußgeldverfahren bedeutet, dass der Betroffene oder sein Vertreter das Recht hat, die Akten des Verfahrens einzusehen. Dieses Recht ist im Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) festgelegt und dient dazu, dem Betroffenen einen umfassenden Überblick über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe und die Beweise zu geben.

Warum ist Akteneinsicht wichtig?

Die Akteneinsicht ist entscheidend für die Verteidigung. Sie ermöglicht es dem Betroffenen, die genauen Umstände der Ordnungswidrigkeit zu prüfen und Zweifel an der Richtigkeit des Bußgeldbescheides zu klären. Beispielsweise kann die Akteneinsicht Aufschluss darüber geben, welches Messgerät verwendet wurde oder ob das Messfoto in guter Qualität vorhanden ist.

Welche Informationen sind in einer Bußgeldakte enthalten?

Eine Bußgeldakte kann folgende Informationen enthalten:

  • Messdaten: Details über die Messung, z.B. Geschwindigkeit oder Abstand.
  • Beweisfotos: Bilder, die den Verstoß dokumentieren.
  • Zeugenaussagen: Angaben von Zeugen, die im Verfahren relevant sind.
  • Gutachten: Fachliche Stellungnahmen zu technischen Aspekten, wie der Funktionsweise von Messgeräten.
  • Dienstliche Vermerke: Notizen von Behördenmitarbeitern über ihre Wahrnehmungen.

Wie kann Akteneinsicht beantragt werden?

Der Antrag auf Akteneinsicht kann direkt bei der zuständigen Bußgeldstelle gestellt werden. Der Betroffene kann dies selbst tun oder einen Anwalt beauftragen. Die Akteneinsicht kann kostenlos vor Ort erfolgen oder gegen eine Gebühr von 12 Euro per Post zugesandt werden.


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Wann ist die Akteneinsicht in einem Bußgeldverfahren kostenfrei und wann fallen Gebühren an?

Die kostenfreie Akteneinsicht in einem Bußgeldverfahren ist möglich, wenn Sie die Akte vor Ort in der zuständigen Bußgeldstelle einsehen. Dies geschieht unter Aufsicht und unter Beachtung datenschutzrechtlicher Bestimmungen. Ebenso kostenlos ist die Akteneinsicht, wenn die Akte elektronisch geführt und übermittelt wird.

Gebühren fallen an, wenn Sie die Akte versendet haben möchten. In diesem Fall werden pauschal 12 Euro für den Versand und die Rücksendung der Akte erhoben, gemäß § 107 Absatz 5 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG). Zusätzlich können Gebühren für Aktenausdrucke anfallen, die sich nach der jeweils gültigen Verwaltungsgebührenordnung richten.

Wenn Sie einen Anwalt beauftragen, kann dieser die Akte auch in seine Kanzlei schicken lassen, was ebenfalls gebührenpflichtig ist. In diesem Fall entstehen jedoch keine zusätzlichen Kosten für die Einsichtnahme selbst, sondern nur für den Versand der Akten.


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Was kann ich tun, wenn mir eine Gebühr für die Akteneinsicht berechnet wird, die ich für ungerechtfertigt halte?

Wenn Ihnen eine Gebühr für die Akteneinsicht berechnet wird, die Sie für ungerechtfertigt halten, gibt es mehrere Schritte, die Sie unternehmen können:

1. Widerspruch einlegen: Sie können gegen die Gebührenforderung Widerspruch einlegen. Dies ist ein formeller Antrag, mit dem Sie die Entscheidung der Behörde überprüfen lassen können. Der Widerspruch sollte schriftlich erfolgen und die Gründe für Ihre Einwendungen klar darlegen. Beachten Sie die Fristen für den Widerspruch, die je nach Verfahren variieren können.

2. Gerichtliche Entscheidung beantragen: Wenn der Widerspruch abgelehnt wird oder Sie mit der Entscheidung nicht einverstanden sind, können Sie einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen. Dieser Antrag wird an das zuständige Verwaltungsgericht gerichtet und ermöglicht es Ihnen, die Rechtmäßigkeit der Gebührenforderung überprüfen zu lassen.

3. Prüfung der Rechtsgrundlagen: Informieren Sie sich über die Rechtsgrundlagen, die die Gebührenfestsetzung regeln. In Deutschland sind dies oft spezifische Gesetze oder Verordnungen, die die Höhe und den Zweck der Gebühren festlegen. Ein Beispiel ist das Berliner Informationsfreiheitsgesetz (IFG), das die Gebühren für Akteneinsicht regelt. Im Sozialrecht hingegen besteht grundsätzlich Kostenfreiheit für Bürger, und Gebühren dürfen nur für besondere Aufwendungen wie Kopien verlangt werden.

4. Besondere Aufwendungen prüfen: Prüfen Sie, ob die Gebühren für besondere Aufwendungen wie Kopien oder Versandkosten berechnet werden. In solchen Fällen sind die Kosten oft gerechtfertigt, da sie tatsächliche Ausgaben der Behörde abdecken.

5. Informieren und recherchieren: Informieren Sie sich über die geltenden Gesetze und Verordnungen in Ihrem Bundesland oder Ihrer Region. Dies kann Ihnen helfen, die Rechtmäßigkeit der Gebührenforderung besser zu verstehen und Ihre Argumente im Widerspruchsverfahren zu stärken.


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Habe ich einen Anspruch auf eine elektronische Akte oder kann die Behörde auf einem Papierausdruck bestehen?

In Deutschland ist die elektronische Akteneinsicht der Regelfall. Dies bedeutet, dass die Einsicht in Akten über digitale Wege erfolgt, wie zum Beispiel über ein Akteneinsichtsportal. Hierbei wird der Inhalt der Akte zum Abruf bereitgestellt oder auf einem sicheren Übermittlungsweg übermittelt.

Die Übersendung eines Papierausdrucks ist nicht der Standard, sondern kann nur in besonderen Fällen erfolgen. Ein Papierausdruck oder ein Datenträger mit dem Inhalt der elektronischen Akten wird nur auf besonders zu begründenden Antrag übermittelt, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse daran hat.

Gründe für einen Papierausdruck könnten technische Schwierigkeiten oder ein berechtigtes Interesse des Antragstellers sein, das nicht durch die elektronische Einsicht gedeckt wird. In solchen Fällen muss die Behörde die Notwendigkeit eines Papierausdrucks prüfen und entscheiden, ob dieser gewährt wird.

Wenn Sie also Akteneinsicht beantragen, können Sie in der Regel mit einer elektronischen Bereitstellung rechnen. Ein Papierausdruck ist eher die Ausnahme und erfordert besondere Gründe.


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Gilt die Kostenfreiheit der elektronischen Akteneinsicht auch, wenn ich keinen Anwalt habe?

Die Kostenfreiheit der elektronischen Akteneinsicht hängt nicht davon ab, ob Sie einen Anwalt haben oder nicht. Grundsätzlich können alle Beteiligten in einem Verfahren kostenfreie Akteneinsicht erhalten, sofern dies zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist.

Wenn Sie also in einem Verfahren involviert sind und Akteneinsicht beantragen möchten, können Sie dies unabhängig von einer anwaltlichen Vertretung tun. Die Kostenfreiheit bezieht sich auf die Einsichtnahme selbst und nicht auf die Vertretung durch einen Anwalt.

Ein Anwalt kann jedoch bei der Wahrnehmung Ihrer Rechte und der Durchsetzung von Ansprüchen behilflich sein, indem er Ihnen hilft, die Akten richtig zu interpretieren und Ihre Interessen im Verfahren optimal zu vertreten.

Für die elektronische Akteneinsicht müssen Sie in der Regel einen Antrag stellen, der dann vom Gericht geprüft wird. Wenn der Antrag bewilligt wird, können Sie die Akten über ein Akteneinsichtsportal einsehen, das von den Gerichten bereitgestellt wird.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Akteneinsicht

Akteneinsicht bezeichnet das Recht eines Verfahrensbeteiligten oder seines Verteidigers, Einblick in die amtlichen Unterlagen eines Verfahrens zu nehmen. Dieses Recht ist fundamental für eine effektive Verteidigung und basiert auf dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs. In Ordnungswidrigkeitenverfahren ist die Akteneinsicht in § 49 OWiG in Verbindung mit § 147 StPO geregelt.

Beispiel: Ein Anwalt beantragt Akteneinsicht in die Bußgeldakte seines Mandanten, um Messprotokolle einer Geschwindigkeitskontrolle zu prüfen und eine sachgerechte Verteidigung vorzubereiten.


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Aktenversendungspauschale

Die Aktenversendungspauschale ist eine Gebühr, die für den besonderen Aufwand bei der Übersendung von Akten an einen Verteidiger erhoben werden kann. Sie ist in § 107 Abs. 5 S. 1 OWiG gesetzlich geregelt. Diese Pauschale soll die Kosten decken, die durch das Kopieren, Versenden oder anderweitige Bereitstellen von Aktenbestandteilen entstehen.

Beispiel: Eine Behörde verlangt 12 Euro als Pauschale, wenn sie auf ausdrücklichen Wunsch eines Rechtsanwalts die elektronisch geführte Akte ausdruckt und per Post versendet, obwohl alternative kostengünstigere Einsichtsmöglichkeiten bestehen würden.


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Ordnungswidrigkeitenrecht

Das Ordnungswidrigkeitenrecht umfasst die gesetzlichen Regelungen zu geringfügigeren Rechtsverstößen, die nicht als Straftaten eingestuft werden. Diese sind im Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) und in zahlreichen Spezialgesetzen geregelt. Ordnungswidrigkeiten werden mit Geldbußen geahndet, nicht mit Kriminalstrafen. Verfahrensrechtlich gelten besondere Regeln, die teilweise vom Strafprozessrecht abweichen.

Beispiel: Verkehrsverstöße wie Geschwindigkeitsüberschreitungen oder Falschparken werden als Ordnungswidrigkeiten behandelt und mit Bußgeldern belegt, nicht mit Gefängnis- oder Freiheitsstrafen.


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Elektronische Aktenführung

Die elektronische Aktenführung beschreibt die digitale Verwaltung von Verfahrensakten durch Behörden und Gerichte, im Gegensatz zur traditionellen Papierakte. Sie ist Teil der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung und soll Verfahren effizienter gestalten. Die rechtlichen Grundlagen finden sich u.a. im E-Government-Gesetz und in verschiedenen Verfahrensordnungen.

Beispiel: Eine Bußgeldbehörde scannt alle eingehenden Dokumente ein, speichert sie in einem digitalen Aktensystem und bearbeitet den Fall ausschließlich am Computer, ohne eine parallele Papierakte zu führen.


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Bußgeldakte

Eine Bußgeldakte umfasst alle Dokumente und Informationen, die im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens von der zuständigen Behörde gesammelt werden. Sie enthält typischerweise den Bußgeldbescheid, Beweismittel, Protokolle, Stellungnahmen der Beteiligten und sonstige verfahrensrelevante Unterlagen. Die Akte dokumentiert den gesamten Verfahrensablauf von der Feststellung der Ordnungswidrigkeit bis zum Abschluss des Verfahrens.

Beispiel: Nach einer Geschwindigkeitsüberschreitung enthält die Bußgeldakte das Messprotokoll, Fotos der Verkehrssituation, den Bußgeldbescheid sowie eventuelle Einsprüche des Betroffenen und deren Bearbeitung.


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Verwaltungsbehörde

Eine Verwaltungsbehörde ist eine staatliche oder kommunale Einrichtung, die öffentliche Aufgaben wahrnimmt und Verwaltungsakte erlassen kann. Im Ordnungswidrigkeitenrecht fungiert sie als Verfolgungsbehörde (§ 35 OWiG) und ist für die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten zuständig. Sie erlässt Bußgeldbescheide und führt das Verwaltungsverfahren durch, bevor ein Fall gegebenenfalls an ein Gericht abgegeben wird.

Beispiel: Die Stadtverwaltung Radolfzell agiert als Verwaltungsbehörde, wenn sie Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung verfolgt, Bußgeldbescheide erlässt und bei Einsprüchen das weitere Verfahren betreut.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 107 Abs. 5 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG): Diese Vorschrift regelt die Aktenversendungspauschale im Bußgeldverfahren. Sie legt fest, wann für das Versenden von Akten eine Gebühr erhoben werden darf und wann nicht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht argumentiert, dass nach dieser Vorschrift die Stadt Radolfzell keine Gebühr für die Aktenversendung erheben durfte, weil die Akte elektronisch geführt wird und die Pauschale bei elektronischer Aktenführung und elektronischer Übermittlung gerade nicht anfällt, es sei denn, der Empfänger beantragt ausdrücklich Papierakten.
  • § 32f Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO) in Verbindung mit § 110c OWiG: § 32f StPO regelt die Akteneinsicht in elektronische Akten im Strafverfahren und wird durch § 110c OWiG auch im Bußgeldverfahren angewendet. Danach soll Akteneinsicht grundsätzlich elektronisch durch Bereitstellung zum Abruf oder elektronische Übermittlung erfolgen, Papierausdrucke nur auf Antrag. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht zieht diese Vorschriften heran, um zu zeigen, dass der Gesetzgeber eine kostenfreie elektronische Akteneinsicht bevorzugt und Papierausdrucke die Ausnahme sein sollen. Da der Anwalt keine Papierakte beantragt hat, hätte die Akteneinsicht elektronisch und kostenfrei erfolgen müssen.
  • Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz: Die Begründung des Gesetzes, das § 107 Abs. 5 OWiG geändert hat, erklärt den Willen des Gesetzgebers. Demnach soll die Gebühr nur anfallen, wenn der Mehraufwand durch einen besonderen Antrag des Akteneinsichtnehmenden entsteht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stützt sich auf diese Begründung, um zu verdeutlichen, dass die Aktenversendungspauschale hier nicht greift, da der Anwalt keine Papierakte beantragt hat und der Aufwand für den Papierausdruck von der Behörde verursacht wurde.
  • § 467 Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO): Diese Vorschrift regelt die Kostentragung im Strafverfahren und wird im Bußgeldverfahren für bestimmte Kostenentscheidungen entsprechend angewendet. Sie bestimmt, wer die Kosten des Verfahrens trägt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht nutzt diese Vorschrift, um zu entscheiden, dass die Staatskasse die Kosten des gerichtlichen Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Anwalts tragen muss, da die Gebührenfestsetzung der Stadt Radolfzell aufgehoben wurde.

Das vorliegende Urteil


AG Radolfzell – Az.: 1 OWi 323/23 – Beschluss vom 09.02.2024


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