LG Rostock – Az.: 13 Qs 119/22 (1) – Beschluss vom 16.08.2022
In dem Ermittlungsverfahren wegen Anbaus, Herstellung, Handtreibens, Schmuggelns, Erwerbs von BtM hier: Beschwerde des Beschuldigten hat das Landgericht Rostock – 3. Große Strafkammer als Beschwerdekammer – am 16. August 2022 beschlossen:
1. Die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Rostock vom 01.03.2022, Az.: 34 Gs 485/22, wird als unbegründet verworfen.
2. Der Beschuldigte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe:
I.
Die Staatsanwaltschaft führt gegen den Beschwerdeführer ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz nach § 29 BtMG.
Der Beschuldigte soll seit 2019 in Rostock Drogen besitzen, um das Rauschgift in seiner Wohnung selbst zu konsumieren, aber auch, um es gewinnbringend an Dritte zu veräußern.
Mit dem angefochtenen Beschluss gestattete die Richterin am Amtsgericht die Durchsuchung der Person, der ihm gehörenden Sachen, der Wohnung und anderer Räume sowie des Kraftfahrzeugs des Beschuldigten.
Bei der Durchsuchung der Wohnung wurden u.a. zwei Tüten mit Marihuana (insgesamt 79,68 Gramm Nettogewicht), ein Grinder sowie 365,- € auf dem Wohnzimmertisch, gestückelt in 3x 50,- €, 8x 20,- € 5x 10,- € und lx 5,- €, sowie weitere 240,- € in einem Portemonnaie, 10x 20,- €, 3x 10,- € und 2x 5,- €, sichergestellt.
In der Beschwerdeschrift lässt der Beschuldigte ausführen, die Begründung der Durchsuchungsanordnung entspreche insoweit nicht den gesetzlichen Anforderungen, als die tatsächlichen Umstände, aus denen sich der Tatverdacht gegen ihn ergeben solle, nicht aufgeführt seien. Insoweit sei die Vernehmung des Zeugen … auf der der Anfangsverdacht gründen solle, nicht mal auszugsweise wiedergegeben. Hinzu komme, dass der Zeuge in der polizeilichen Vernehmung angegeben habe, „kein gutes Verhältnis“ zum Beschwerdeführer zu haben und dessen so motivierte belastende Angaben nur vage Anhaltspunkte und Vermutungen enthalten hätten. Der Beschluss lasse daher nicht erkennen, dass die Ermittlungsrichterin die Voraussetzungen seines Erlasses eigenständig geprüft habe.
Wegen des weiteren Sachvortrags wird auf die Beschwerdeschrift vom 29.06.2022 verwiesen. Das Amtsgericht hat der Beschwerde auf Antrag der Staatsanwaltschaft nicht abgeholfen.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet, denn die Voraussetzungen für den Erlass der Durchsuchungsanordnung (§§ 102, 105 StPO) waren gegeben.
Für die Zulässigkeit einer regelmäßig – wie hier – in einem frühen Stadium der Ermittlungen in Betracht kommenden Durchsuchung genügt der über bloße Vermutungen hinausreichende, auf bestimmte tatsächliche Anhaltspunkte gestützte konkrete Verdacht, dass eine Straftat begangen worden ist und der Verdächtige als Täter oder Teilnehmer in Betracht kommt.
Eines hinreichenden oder gar dringenden Tatverdachts bedarf es nicht.
Gemessen an diesen Maßstäben lagen zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses sachlich zureichende Gründe für eine Durchsuchung vor.
Diese ergeben sich aus der plausiblen Aussage des Zeugen in seiner polizeilichen Vernehmung vom 11.02.2022. Danach habe er als unmittelbarer Nachbar einen ständigen starken Geruch von Cannabis aus der Wohnung und vom Balkon des Beschuldigten wahrgenommen und auch immer wieder Besuche von bis zu 15 Personen am Tag in der Wohnung des Beschuldigten mit nur kurzen Aufenthalten beobachten können. Außerdem habe der Cousin des Beschuldigten ihm erzählt, dass der Beschuldigte mit Marihuana, Koks und Speed Handel treibe.
Der vom Beschwerdeführer zur Begründung seines Rechtsmittels angeführte Umstand, der Zeuge habe selbst sein Verhältnis zum Beschuldigten als „nicht gut“ bezeichnet, was eine Motivlage für dessen Falschbelastung erkennen lasse, vermag den gegen diesen bestehenden Tatverdacht nicht zu entkräften. Dies deshalb schon nicht, weil bei einer solchen Motivlage kaum zu erwarten gewesen wäre, dass der Zeuge seine eher schlechte Beziehung zum Beschuldigten gegenüber der Polizei offenbart hätte.
Die Begründung der Durchsuchungsanordnung entspricht allerdings nicht in vollem Umfang den gesetzlichen Anforderungen. Zwar sind die dem Beschwerdeführer im Sinne eines Anfangsverdachts zur Last gelegte Straftat sowie die aufzufindenden Beweismittel in dem angefochtenen Beschluss noch hinreichend dargestellt.
Jedoch sind die tatsächlichen Umstände, aus denen sich der Tatverdacht gegen den Beschuldigten ergab, nicht näher ausgeführt; vielmehr verweist der Beschluss pauschal auf das „bisherige Ermittlungsergebnis und die Bekundungen eines Zeugen (BI. 11 f. d.A.)“, ohne zudem die Indiztatsache der einschlägigen Vorbelastung des Beschwerdeführers in diesem Zusammenhang zu erwähnen.
Dies ist zwar von Verfassungs wegen nur dann notwendig, wenn andernfalls die erforderliche Begrenzung der Durchsuchungsgestattung nicht gewährleistet ist (BVerfG, NStZ – RR 2002, 172f.). Die Darlegung jedenfalls der wesentlichen Verdachtsmomente ist jedoch einfachgesetzlich geboten, da dem Betroffenen nur so eine sachgerechte, umfassende Prüfung ermöglicht wird, ob der Beschluss rechtmäßig ergangen ist. Dafür, dass die Bekanntgabe der Verdachtsmomente den Untersuchungszweck gefährden würde und deshalb eine weitere Begründung unterbleiben durfte, ist nichts ersichtlich.
Die unzureichende Begründung des Durchsuchungsbeschlusses führt hier für sich allerdings nicht zur Rechtswidrigkeit der Durchsuchungsanordnung. Der Beschluss lässt nämlich in ausreichendem Maße, insbesondere unter Hinweis auf die Bekundungen eines Zeugen, erkennen, dass die Ermittlungsrichterin die Voraussetzungen für seinen Erlass eigenständig geprüft hat. Dafür, dass diese die Vernehmungsniederschrift und den Bundeszentralregisterauszug vom 23.02.2022 nicht zur Kenntnis genommen hat, liegen insoweit keine Anhaltspunkte vor.