Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Urteil zur Störung der Totenruhe: Rechtliche Konsequenzen im Friedhofsrecht
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Was bedeutet Störung der Totenruhe im rechtlichen Sinne?
- Welche strafrechtlichen Konsequenzen hat die Störung der Totenruhe?
- Wie kann man sich gegen eine Beschuldigung der Störung der Totenruhe verteidigen?
- Welche Rolle spielt der Vorsatz in Fällen von Störung der Totenruhe?
- Welche rechtlichen Schritte sollten Angehörige unternehmen, wenn sie eine Störung der Totenruhe vermuten?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- In dem Fall geht es um die Störung der Totenruhe, wofür der Angeklagte angeklagt wurde.
- Der Angeklagte stritt gegen ein Urteil, das ihn zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilte.
- Schwierigkeiten ergaben sich aus der Versäumung der Frist zur Begründung seiner Revision.
- Das Gericht entschied, den Angeklagten in den Stand vor der Fristversäumnis zu setzen, wies jedoch seine Revision als unbegründet zurück.
- Diese Entscheidung basiert auf der Unzulässigkeit seiner Beschwerden sowie der Feststellung, dass keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten vorlagen.
- Der Angeklagte trägt die Kosten, die durch seine Rechtsmittel entstanden sind.
- Die rechtlichen Konsequenzen der Störung der Totenruhe können erheblich sein, einschließlich Geldstrafen oder Freiheitsstrafen.
- Das Urteil stellt klar, dass ein Mitverschulden des Anwalts nicht dem Mandanten zugerechnet wird.
- Die Revison wurde als erfolglos beurteilt, was die vorherige Verurteilung des Angeklagten bestätigt.
- Die Entscheidung kann als wichtige Orientierung für andere Betroffene dienen, die in ähnlichen Situationen rechtliche Schritte einleiten möchten.
Urteil zur Störung der Totenruhe: Rechtliche Konsequenzen im Friedhofsrecht
Die Störung der Totenruhe ist ein sensibler und oft emotional aufgeladener Bereich des Rechts. Sie bezieht sich auf die Verpflichtung, die letzten Ruheplätze von Verstorbenen zu respektieren und die geistliche Ruhe zu wahren. Verstöße gegen die Totenruhe, sei es durch unzulässige Handlungen an Gräbern oder durch Störungen während Trauerfeiern, können nicht nur gegen die Friedhofsordnung verstoßen, sondern auch als strafbare Handlung eingestuft werden. Die Bedeutung dieser Regelungen liegt darin, dass sie nicht nur den ethischen Respekt gegenüber den Verstorbenen, sondern auch das seelische Wohl der Trauernden schützen.
Im Rahmen des Friedhofsrechts gibt es spezifische Gesetze und Regelungen, die festlegen, welche Handlungen als Anstiftung zur Störung der Totenruhe oder als Beihilfe dazu betrachtet werden können. Dies umfasst beispielsweise das Beschädigen von Gräbern oder das absichtliche Verursachen von Ruhestörungen während der letzten Abschiednahme. Solche rechtlichen Konsequenzen sind entscheidend, um die Würde der Toten zu wahren und die soziale Ordnung zu erhalten.
Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Herausforderungen und Erkenntnisse beim Thema Störung der Totenruhe beleuchtet.
Der Fall vor Gericht
Anstiftung zur Störung der Totenruhe: Urteil gegen Bestattungsunternehmer
Das Oberlandesgericht Oldenburg hat am 29. Januar 2024 die Revision eines Bestattungsunternehmers gegen seine Verurteilung wegen Anstiftung zur Störung der Totenruhe zurückgewiesen. Das Landgericht Oldenburg hatte den Angeklagten zuvor zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 70 Euro verurteilt, wovon 10 Tagessätze als vollstreckt gelten.
Ablauf der Ereignisse
Der Fall ereignete sich im März 2019. Eine Auszubildende des Bestattungsunternehmens betreute einen Sterbefall, bei dem eine Trauerandacht mit anschließender Einäscherung und Urnenbeisetzung geplant war. Am Tag der geplanten Urnenbeisetzung stellte sich heraus, dass die Einäscherung aufgrund fehlender Unterlagen noch nicht stattgefunden hatte.
Der angeklagte Geschäftsführer wies die Auszubildende daraufhin an, die Beisetzung wie geplant durchzuführen. Er füllte die von den Angehörigen ausgewählte Schmuckurne mit Sand und übergab sie der Auszubildenden. Diese setzte die Urne bei, ohne die Angehörigen über den wahren Sachverhalt zu informieren. Die eigentliche Asche des Verstorbenen traf erst später ein und wurde von der Auszubildenden in ihrem Büro aufbewahrt.
Rechtliche Bewertung
Das Gericht wertete dieses Vorgehen als Wegnahme der Asche aus dem Gewahrsam der Berechtigten. Entscheidend war, dass die Angehörigen keine Kenntnis davon hatten, dass sich die Asche noch nicht in der beigesetzten Urne befand. Ihr Gewahrsamswille bezog sich auf den vermeintlichen Inhalt der Urne. Eine freiwillige Aufgabe der Dispositionsbefugnis über die tatsächliche Asche lag somit nicht vor.
Der Angeklagte wurde für schuldig befunden, die Auszubildende zu dieser Tat bestimmt zu haben. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er als weisungsbefugter Geschäftsführer die Anweisung zur Durchführung der Scheinbestattung gegeben hatte.
Urteilsbestätigung und Rechtsmittel
Das Oberlandesgericht bestätigte die Rechtsauffassung des Landgerichts vollumfänglich. Es sah keinen Anlass, den Schuldspruch oder das Strafmaß zu beanstanden. Die vom Angeklagten eingelegte Beschwerde gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung wurde als unzulässig verworfen, da sie nicht fristgerecht eingereicht worden war.
Die Schlüsselerkenntnisse
Diese Entscheidung verdeutlicht, dass der Gewahrsamsbegriff bei der Störung der Totenruhe normativ zu verstehen ist. Auch ohne physischen Besitz besteht ein geschützter Gewahrsam der Angehörigen an der Asche des Verstorbenen. Eine Täuschung über den Verbleib der Asche, selbst wenn sie später beigesetzt wird, erfüllt den Tatbestand. Bestattungsunternehmer tragen hier eine besondere Verantwortung und können sich bei Anweisung zu solchen Handlungen der Anstiftung strafbar machen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Bestattungsunternehmer oder Angestellter in diesem Bereich müssen Sie äußerst vorsichtig sein, wenn es um den Umgang mit sterblichen Überresten geht. Selbst wenn Sie in einer Notlage handeln, kann eine Täuschung der Angehörigen über den Verbleib der Asche als Störung der Totenruhe gewertet werden. Das Gericht sieht den Gewahrsam der Angehörigen an der Asche als schützenswert an, auch wenn sie diese nicht physisch besitzen. Sollten Sie in eine ähnliche Situation geraten, ist es ratsam, die Angehörigen umgehend zu informieren und alternative Lösungen zu finden, anstatt eigenmächtig zu handeln. Bei einer Anklage wegen Störung der Totenruhe drohen empfindliche Strafen, die Ihre berufliche Existenz gefährden können.
FAQ – Häufige Fragen
In unserer FAQ-Rubrik möchten wir Ihnen fundierte Informationen zu häufigen Fragen rund um rechtliche Themen bieten. Besonders im Hinblick auf die Störung der Totenruhe ist es wichtig, die relevanten Aspekte und gesetzlichen Grundlagen zu verstehen. Wir laden Sie ein, mehr über diesen sensiblen Bereich zu erfahren und die Antworten auf Ihre Fragen zu entdecken.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Was bedeutet Störung der Totenruhe im rechtlichen Sinne?
- Welche strafrechtlichen Konsequenzen hat die Störung der Totenruhe?
- Wie kann man sich gegen eine Beschuldigung der Störung der Totenruhe verteidigen?
- Welche Rolle spielt der Vorsatz in Fällen von Störung der Totenruhe?
- Welche rechtlichen Schritte sollten Angehörige unternehmen, wenn sie eine Störung der Totenruhe vermuten?
Was bedeutet Störung der Totenruhe im rechtlichen Sinne?
Die Störung der Totenruhe ist ein Straftatbestand, der in § 168 des deutschen Strafgesetzbuchs (StGB) geregelt ist. Im rechtlichen Sinne umfasst sie mehrere Handlungen, die das Pietätsgefühl der Gesellschaft und das postmortale Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen verletzen.
Tatbestandsmerkmale
Der Straftatbestand der Störung der Totenruhe liegt vor, wenn Sie vorsätzlich eine der folgenden Handlungen begehen:
- Wegnahme: Sie nehmen unbefugt den Körper oder Teile des Körpers eines verstorbenen Menschen, eine tote Leibesfrucht, Teile davon oder die Asche eines Verstorbenen aus dem Gewahrsam des Berechtigten weg.
- Beschimpfender Unfug: Sie verüben beschimpfenden Unfug an den oben genannten Objekten.
- Zerstörung oder Beschädigung: Sie zerstören oder beschädigen eine Aufbahrungsstätte, Beisetzungsstätte oder öffentliche Totengedenkstätte.
- Unfug an Gedenkstätten: Sie verüben beschimpfenden Unfug an den genannten Stätten.
Rechtliche Konsequenzen
Wenn Sie eine dieser Handlungen begehen, droht Ihnen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Beachten Sie, dass auch der Versuch der Störung der Totenruhe strafbar ist.
Besonderheiten und Beispiele
Um die rechtliche Definition besser zu verstehen, betrachten wir einige Besonderheiten:
- Leichendefinition: Eine Leiche im Sinne des Gesetzes ist ein Mensch ab dem Zeitpunkt des Hirntodes. Künstliche Körperteile, die zu Lebzeiten nur durch einen körperlichen Eingriff entfernt werden konnten (z.B. Zahnimplantate), gelten ebenfalls als geschützt.
- Beschimpfender Unfug: Dieser Begriff ist rechtlich nicht eindeutig definiert und wird oft kritisiert. Er kann verschiedene Handlungen umfassen, die als besonders pietätlos empfunden werden.
- Gewahrsam: Die Wegnahme muss aus dem Gewahrsam des Berechtigten erfolgen. Dies kann in manchen Fällen zu Straflosigkeit führen, selbst wenn die Handlung moralisch verwerflich erscheint.
Stellen Sie sich vor, Sie besuchen einen Friedhof und sehen jemanden, der Blumen von einem Grab entfernt. Ob dies eine Störung der Totenruhe darstellt, hängt davon ab, ob die Person dazu berechtigt ist und ob die Handlung als „beschimpfender Unfug“ gewertet werden kann.
Es ist wichtig zu verstehen, dass nicht jede Handlung an einem Verstorbenen oder einer Grabstätte automatisch eine Störung der Totenruhe darstellt. Die rechtliche Bewertung hängt oft von den spezifischen Umständen des Einzelfalls ab. Wenn Sie unsicher sind, ob eine bestimmte Handlung rechtlich zulässig ist, sollten Sie sich an die zuständigen Behörden oder einen Rechtsanwalt wenden.
Welche strafrechtlichen Konsequenzen hat die Störung der Totenruhe?
Die Störung der Totenruhe wird in Deutschland nach § 168 des Strafgesetzbuches (StGB) mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Diese Strafe droht Ihnen, wenn Sie unbefugt eine der folgenden Handlungen vornehmen:
- Wegnahme eines Körpers oder von Körperteilen eines Verstorbenen
- Wegnahme einer toten Leibesfrucht oder deren Teile
- Wegnahme der Asche eines Verstorbenen
- Verübung von beschimpfendem Unfug an den genannten Objekten
- Zerstörung oder Beschädigung von Aufbahrungsstätten, Beisetzungsstätten oder öffentlichen Totengedenkstätten
- Verübung von beschimpfendem Unfug an den genannten Stätten
Vorsatz und Versuch
Wichtig zu wissen ist, dass die Störung der Totenruhe nur bei vorsätzlichem Handeln strafbar ist. Wenn Sie also versehentlich eine Grabstätte beschädigen, machen Sie sich nicht strafbar. Der Versuch der Störung der Totenruhe ist jedoch ebenfalls strafbar.
Offizialdelikt
Bei der Störung der Totenruhe handelt es sich um ein Offizialdelikt. Das bedeutet, dass die Strafverfolgungsbehörden von Amts wegen ermitteln, sobald sie Kenntnis von einer möglichen Tat erlangen. Ein Strafantrag ist nicht erforderlich.
Weitere Konsequenzen
Neben den strafrechtlichen Folgen können Sie bei einer Störung der Totenruhe auch mit zivilrechtlichen Konsequenzen rechnen. So können Angehörige oder Friedhofsbetreiber Schadensersatzansprüche gegen Sie geltend machen.
Wenn Sie eine Vorladung wegen des Vorwurfs der Störung der Totenruhe erhalten, ist es ratsam, umgehend einen Fachanwalt für Strafrecht zu konsultieren. Dieser kann Sie über Ihre Rechte aufklären und Sie im weiteren Verfahren vertreten.
Wie kann man sich gegen eine Beschuldigung der Störung der Totenruhe verteidigen?
Bei einer Beschuldigung der Störung der Totenruhe nach § 168 StGB ist es entscheidend, umgehend einen Fachanwalt für Strafrecht zu konsultieren. Dieser kann Ihre Rechte wahren und eine effektive Verteidigungsstrategie entwickeln.
Schweigen Sie zunächst
Wenn Sie mit dem Vorwurf konfrontiert werden, sollten Sie von Ihrem Recht zu schweigen Gebrauch machen. Machen Sie keine Aussagen gegenüber der Polizei oder Staatsanwaltschaft ohne vorherige Rücksprache mit Ihrem Anwalt. Selbst gut gemeinte Erklärungen könnten gegen Sie verwendet werden.
Sammeln Sie Beweise
Dokumentieren Sie alle relevanten Informationen und Beweise, die Ihre Unschuld belegen könnten. Dazu gehören:
- Zeugenaussagen
- Alibi-Nachweise
- Schriftliche Kommunikation
- Fotos oder Videos
Diese Beweise können Ihrem Anwalt helfen, Ihre Version der Ereignisse zu untermauern.
Prüfung der Tatbestandsmerkmale
Ihr Anwalt wird prüfen, ob alle Tatbestandsmerkmale des § 168 StGB erfüllt sind. Die Störung der Totenruhe erfordert einen vorsätzlichen Eingriff in die Totenruhe. Wenn Sie beispielsweise unwissentlich oder fahrlässig gehandelt haben, liegt keine Strafbarkeit vor.
Rechtfertigungsgründe
Es gibt Situationen, in denen eine Handlung, die oberflächlich wie eine Störung der Totenruhe aussieht, gerechtfertigt sein kann. Mögliche Rechtfertigungsgründe sind:
- Gesetzliche Erlaubnis (z.B. bei einer genehmigten Umbettung)
- Einwilligung des Berechtigten
- Handeln im Rahmen des Transplantationsgesetzes
Verfahrensrechtliche Aspekte
Ihr Anwalt wird auch prüfen, ob das Verfahren ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Dazu gehört die Kontrolle von:
- Rechtmäßigkeit der Durchsuchungen oder Beschlagnahmungen
- Einhaltung von Fristen
- Korrekte Durchführung von Vernehmungen
Wenn Sie eine Vorladung erhalten haben, besprechen Sie mit Ihrem Anwalt, wie Sie darauf reagieren sollten.
Verjährung prüfen
Die Störung der Totenruhe verjährt nach 5 Jahren. Ihr Anwalt wird prüfen, ob die Tat möglicherweise schon verjährt ist.
Bedenken Sie, dass jeder Fall individuell ist. Eine maßgeschneiderte Verteidigungsstrategie, die auf Ihre spezifische Situation zugeschnitten ist, ist unerlässlich. Ein erfahrener Strafverteidiger kann Ihnen dabei helfen, die bestmögliche Verteidigung aufzubauen und Ihre Rechte zu schützen.
Welche Rolle spielt der Vorsatz in Fällen von Störung der Totenruhe?
Der Vorsatz spielt eine entscheidende Rolle bei der strafrechtlichen Beurteilung einer Störung der Totenruhe. Nach § 168 StGB muss der Täter vorsätzlich handeln, um sich strafbar zu machen. Dies bedeutet, dass Sie sich der Tatsache bewusst sein müssen, dass Ihre Handlung eine Störung der Totenruhe darstellt und Sie diese Handlung trotzdem ausführen wollen.
Formen des Vorsatzes
Bei der Störung der Totenruhe werden verschiedene Formen des Vorsatzes unterschieden:
- Direkter Vorsatz (dolus directus 1. Grades): Hier beabsichtigen Sie gezielt, die Totenruhe zu stören. Stellen Sie sich vor, Sie planen bewusst, ein Grab zu schänden.
- Sicheres Wissen (dolus directus 2. Grades): In diesem Fall wissen Sie mit Sicherheit, dass Ihre Handlung die Totenruhe stören wird, auch wenn dies nicht Ihr eigentliches Ziel ist. Beispielsweise, wenn Sie bei Bauarbeiten auf einem Friedhof wissentlich ein Grab beschädigen.
- Bedingter Vorsatz (dolus eventualis): Hier halten Sie es für möglich, dass Ihre Handlung die Totenruhe stören könnte, und nehmen dies billigend in Kauf. Wenn Sie etwa auf einem alten Friedhof graben und dabei die Möglichkeit in Betracht ziehen, auf menschliche Überreste zu stoßen, dies aber ignorieren.
Bedeutung für die Strafbarkeit
Der Vorsatz ist ein notwendiges Element für die Strafbarkeit. Fehlt er, liegt keine strafbare Handlung vor. Wenn Sie also versehentlich und ohne jegliches Wissen die Totenruhe stören, machen Sie sich nicht strafbar.
Beachten Sie jedoch, dass auch der Versuch der Störung der Totenruhe nach § 168 Abs. 3 StGB strafbar ist. Das bedeutet, selbst wenn Ihre vorsätzliche Handlung nicht zur tatsächlichen Störung führt, können Sie strafrechtlich belangt werden.
Praktische Auswirkungen
In der Praxis kann die Frage des Vorsatzes komplex sein. Wenn Sie beispielsweise als Bestatter tätig sind und versehentlich Urnen vertauschen, könnte argumentiert werden, dass kein Vorsatz vorlag. Allerdings müssen Sie in solchen Fällen besonders sorgfältig handeln, da Ihnen aufgrund Ihrer beruflichen Stellung ein höheres Maß an Verantwortung zukommt.
Bei der Beurteilung des Vorsatzes werden oft die Umstände der Tat, Ihre Motivation und Ihr Verhalten vor und nach der Tat berücksichtigt. Sollten Sie jemals in eine Situation geraten, in der Ihnen eine Störung der Totenruhe vorgeworfen wird, ist es ratsam, umgehend rechtlichen Beistand zu suchen, um Ihre Handlungen und Absichten korrekt darzustellen.
Welche rechtlichen Schritte sollten Angehörige unternehmen, wenn sie eine Störung der Totenruhe vermuten?
Wenn Sie als Angehöriger eine Störung der Totenruhe vermuten, sollten Sie folgende rechtliche Schritte in Betracht ziehen:
Beweise sichern
Dokumentieren Sie alle Anzeichen einer möglichen Störung der Totenruhe sorgfältig. Machen Sie Fotos oder Videos von verdächtigen Veränderungen am Grab oder der Ruhestätte. Notieren Sie Datum, Uhrzeit und genaue Beschreibung der Beobachtungen.
Anzeige erstatten
Erstatten Sie umgehend Anzeige bei der örtlichen Polizeidienststelle oder der Staatsanwaltschaft. Die Störung der Totenruhe ist eine Straftat nach § 168 StGB und wird von Amts wegen verfolgt. Bei der Anzeigenerstattung sollten Sie alle gesammelten Beweise vorlegen und den Sachverhalt so detailliert wie möglich schildern.
Friedhofsverwaltung informieren
Setzen Sie die zuständige Friedhofsverwaltung über den Vorfall in Kenntnis. Diese kann möglicherweise zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen ergreifen oder bei der Aufklärung helfen.
Rechtlichen Beistand hinzuziehen
In komplexen Fällen oder wenn Sie unsicher sind, wie Sie vorgehen sollen, kann es ratsam sein, einen Rechtsanwalt zu konsultieren. Ein Fachanwalt für Strafrecht kann Sie bei der Durchsetzung Ihrer Rechte unterstützen und Sie im weiteren Verfahren vertreten.
Unterlassungsklage prüfen
Sollte die Störung der Totenruhe von einer bestimmten Person ausgehen und sich wiederholen, können Sie eine zivilrechtliche Unterlassungsklage in Erwägung ziehen. Diese zielt darauf ab, zukünftige Störungen zu verhindern.
Pietät wahren
Bedenken Sie bei allen Schritten, dass der respektvolle Umgang mit dem Verstorbenen oberste Priorität hat. Vermeiden Sie Handlungen, die selbst als Störung der Totenruhe ausgelegt werden könnten.
Wenn Sie diese Schritte befolgen, tragen Sie dazu bei, die Würde des Verstorbenen zu schützen und mögliche Rechtsverletzungen aufzuklären. Beachten Sie, dass die Strafverfolgungsbehörden den Sachverhalt unabhängig untersuchen werden, um festzustellen, ob tatsächlich eine strafbare Handlung vorliegt.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Störung der Totenruhe: Dieser Straftatbestand umfasst Handlungen, die die Würde Verstorbener oder die Pietät ihrer Angehörigen verletzen. Dazu gehören das unbefugte Wegnehmen oder Beschädigen von Leichnamen, Ascheresten oder Grabstätten. Im vorliegenden Fall wurde die Beisetzung einer mit Sand gefüllten Urne als Störung der Totenruhe gewertet, da die Angehörigen über den tatsächlichen Verbleib der Asche getäuscht wurden. Die Strafbarkeit soll den respektvollen Umgang mit Verstorbenen und die Gefühle der Hinterbliebenen schützen.
- Anstiftung: Anstiftung liegt vor, wenn jemand einen anderen vorsätzlich zu einer Straftat bestimmt. Der Anstifter wird dabei wie ein Täter bestraft. Im Urteil wurde der Geschäftsführer wegen Anstiftung verurteilt, da er seine Auszubildende anwies, die Scheinbestattung durchzuführen. Entscheidend ist, dass der Anstifter den Tatentschluss beim Haupttäter hervorruft. Die Strafbarkeit der Anstiftung soll verhindern, dass Personen andere als „Werkzeuge“ für Straftaten missbrauchen.
- Gewahrsam: Im rechtlichen Sinne bezeichnet Gewahrsam die tatsächliche Herrschaftsmacht über eine Sache. Bei der Störung der Totenruhe wird der Begriff weiter gefasst und umfasst auch die rechtliche Verfügungsgewalt der Angehörigen über die sterblichen Überreste. Im Urteil wurde betont, dass die Angehörigen trotz fehlenden physischen Besitzes Gewahrsam an der Asche hatten. Dies zeigt, dass der Gewahrsamsbegriff bei der Totenruhe normativ zu verstehen ist und über die rein faktische Kontrolle hinausgeht.
- Dispositionsbefugnis: Dieser Begriff beschreibt das Recht, über etwas zu verfügen oder zu entscheiden. Im Kontext der Totenruhe bezieht sich die Dispositionsbefugnis auf das Recht der Angehörigen, über den Umgang mit den sterblichen Überresten zu bestimmen. Das Gericht betonte, dass keine freiwillige Aufgabe dieser Befugnis vorlag, da die Angehörigen nicht über den wahren Sachverhalt informiert wurden. Die Anerkennung der Dispositionsbefugnis stärkt die Rechte der Hinterbliebenen im Bestattungsprozess.
- Scheinbestattung: Eine Scheinbestattung liegt vor, wenn eine Bestattungszeremonie durchgeführt wird, ohne dass tatsächlich die sterblichen Überreste des Verstorbenen beigesetzt werden. Im vorliegenden Fall wurde eine mit Sand gefüllte Urne beigesetzt, während sich die eigentliche Asche noch im Krematorium befand. Scheinbestattungen können als Täuschung der Angehörigen und Verletzung der Totenruhe gewertet werden. Sie untergraben das Vertrauen in Bestattungsunternehmen und können erhebliche emotionale Belastungen für die Hinterbliebenen verursachen.
- Pietät: Pietät bezeichnet die ehrfürchtige Achtung vor Verstorbenen und den respektvollen Umgang mit Tod und Trauer. Im Strafrecht spielt die Verletzung der Pietät eine wichtige Rolle bei der Bewertung von Handlungen im Zusammenhang mit der Totenruhe. Das Gericht berücksichtigt bei der Urteilsfindung, inwieweit das Handeln des Angeklagten die Gefühle der Angehörigen und den würdevollen Umgang mit dem Verstorbenen missachtet hat. Der Schutz der Pietät dient dem gesellschaftlichen Interesse an einem ethischen Umgang mit dem Tod.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 168 StGB (Störung der Totenruhe): Dieser Paragraph stellt die Störung der Totenruhe unter Strafe. Es ist verboten, eine Leiche oder Teile davon, die Asche eines Verstorbenen oder Grabstätten zu verletzen oder zu entfernen.
- Im vorliegenden Fall wurde die Asche des Verstorbenen nicht ordnungsgemäß beigesetzt, sondern durch Sand ersetzt. Dies kann als Verletzung der Totenruhe angesehen werden, da die Angehörigen davon ausgingen, dass die Asche in der Urne beigesetzt wird.
- § 26 StGB (Anstiftung): Die Anstiftung beschreibt die Bestimmung einer anderen Person zur Begehung einer Straftat. Der Anstifter wird wie ein Täter bestraft.
- Der Angeklagte hat die Auszubildende angewiesen, die Urnenbeisetzung mit Sand durchzuführen. Damit hat er sie zur Störung der Totenruhe bestimmt und erfüllt den Tatbestand der Anstiftung.
- § 123 StGB (Hausfriedensbruch): Dieser Paragraph schützt das Recht am eingerichteten und ausgeübten Hausrecht. Das unbefugte Betreten von Räumen, Wohnungen oder umfriedetem Besitztum ist strafbar.
- Der Angeklagte plante, die Urne nachts auf dem Friedhof auszugraben, um die Asche nachträglich einzusetzen. Dies könnte als Hausfriedensbruch gewertet werden, da er das Friedhofsgelände unbefugt betreten wollte.
- § 242 StGB (Diebstahl): Diebstahl ist die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache mit der Absicht, sich diese rechtswidrig zuzueignen.
- Obwohl die Asche des Verstorbenen symbolisch den Angehörigen gehört, könnte das Gericht argumentieren, dass der Angeklagte durch die Scheinbeisetzung den Gewahrsam über die Asche erlangt und somit den Tatbestand des Diebstahls erfüllt hat.
- § 259 StGB (Hehlerei): Hehlerei ist der Umgang mit gestohlenen Sachen, um sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen.
- Falls das Gericht die Wegnahme der Asche als Diebstahl wertet, könnte der Angeklagte sich der Hehlerei schuldig gemacht haben, indem er die Asche in seinem Besitz hatte und plante, sie nachträglich in die Urne einzusetzen.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Oldenburg – Az.: 1 ORs 258/23 – Beschluss vom 29.01.2024
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