Ärztin verurteilt: Gefälligkeitsatteste für Maskenbefreiung
In diesem Urteil wird die Angeklagte wegen des Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse, speziell Gefälligkeitsatteste zur Befreiung vom Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, in 12 tatmehrheitlichen Fällen verurteilt. Die Atteste wurden ohne erforderliche Untersuchungen ausgestellt und enthielten keine Angaben zu möglichen körperlichen Ursachen. Die Angeklagte missbrauchte ihre berufliche Stellung und handelte entgegen dem Willen einiger Betroffener.
Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 Ds 244 Js 61116/22 (2) >>>
✔ Das Wichtigste in Kürze
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Die Angeklagte wird in 12 Fällen wegen Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse verurteilt.
- Die Atteste zur Befreiung vom Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung wurden ohne erforderliche Untersuchungen ausgestellt.
- Die Atteste enthielten keine Angaben zu möglichen körperlichen Ursachen.
- Die Angeklagte missbrauchte ihre berufliche Stellung als Psychotherapeutin.
- Einige Betroffene wurden gegen ihren Willen mit den Attesten ausgestattet.
- Das Gericht verhängt Geldstrafen, wobei die Höhe der Tagessätze vom Einkommen der Angeklagten abhängt.
- Das Gericht sieht eine Gesamtgeldstrafe von 240 Tagessätzen zu je 120 Euro vor.
- Es besteht keine klare Gefahr für weitere erhebliche Taten durch die Angeklagte.
Übersicht
Unrichtige Gesundheitszeugnisse und die Konsequenzen
In der aktuellen Rechtsprechung rückt das Thema Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse zunehmend in den Fokus. Dies umfasst insbesondere die Erstellung sogenannter Gefälligkeitsatteste, bei denen eine fachliche Untersuchung und Bewertung des Gesundheitszustands der betroffenen Person unterbleibt. Solche Fälle betreffen oft medizinische Fachkräfte, wie Psychotherapeuten, die in ihrem Berufsalltag mit der Ausstellung von Attesten betraut sind. Dabei steht die Frage im Raum, inwiefern die ausgestellten Dokumente auf fundierten, medizinischen Erkenntnissen beruhen, oder ob gesundheitliche Gründe ohne hinreichende Überprüfung als Befreiungsgrund angegeben werden.
Die rechtliche Bewertung solcher Praktiken betrifft nicht nur die Glaubwürdigkeit und Integrität des medizinischen Personals, sondern berührt auch wichtige Aspekte des Vertrauensverhältnisses zwischen Patient und Therapeut sowie die Verlässlichkeit medizinischer Dokumentation gegenüber Behörden und Institutionen.
Der nachfolgende Text beleuchtet ein konkretes Urteil, das die vielschichtigen Facetten dieses komplexen Rechtsthemas aufzeigt. Lassen Sie uns gemeinsam einen tieferen Einblick in die juristischen Feinheiten dieses interessanten und bedeutenden Falles gewinnen.
Urteil AG Stuttgart-Bad Cannstatt – Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse – Gefälligkeitsattest
Das Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt hat in einem aktuellen Urteil eine Angeklagte wegen des Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse in 12 tatmehrheitlichen Fällen verurteilt. In diesem Artikel werden die Details des Falles beleuchtet, angefangen bei der Angeklagten selbst bis hin zu den Ausstellungen der fraglichen Atteste.
Die Angeklagte und ihre Vorgeschichte
Die Angeklagte, eine deutsche Staatsangehörige, ist psychologische Psychotherapeutin von Beruf. Bereits vor diesem aktuellen Urteil war sie wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr verurteilt worden und hatte eine Fahrerlaubnissperre erhalten. Ihre Vorgeschichte ist jedoch weitgehend unauffällig, und weitere strafrechtliche Vergehen liegen nicht vor.
Die Taten der Angeklagten
Im Zeitraum von Juli 2020 bis Mai 2021 stellte die Angeklagte sogenannte „psychologische Atteste“ aus, die Personen von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung befreiten. Das Problem dabei war, dass die Angeklagte diese Atteste ohne vorherige persönliche Exploration oder Untersuchung der betroffenen Personen ausstellte, wodurch sie keine Kenntnis vom tatsächlichen Gesundheitszustand der Betroffenen hatte. Diese Tatsache wurde in den ausgestellten Attesten nicht vermerkt. Zusätzlich versäumte es die Angeklagte, darauf hinzuweisen, dass mögliche körperliche Ursachen nicht durch die Konsultation eines Arztes ausgeschlossen worden waren. Die Atteste waren alle mit ihrer Unterschrift und dem Praxisstempel versehen, der die kassenärztliche Abrechnungsnummer enthielt.
Die fraglichen Gefälligkeitsatteste
Die Gefälligkeitsatteste waren nahezu identisch in ihrem Inhalt und bezogen sich auf „psychovegetative Atemprobleme und Schwindel“ als Begründung für die Befreiung vom Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung. Die Namen der betroffenen Personen variierten, aber die Diagnose blieb gleich. Dies weckte das Misstrauen der Behörden.
Beweise und Indizien
Die Ermittlungen gegen die Angeklagte wurden eingeleitet, da die Atteste bei der gesamten Mitarbeiterschaft eines Restaurants vorgelegt wurden. Besonders auffällig war, dass die Atteste für die Fälle 1 bis 6 alle am gleichen Tag ausgestellt wurden und in Inhalt und Diagnose identisch waren. Eine Zeugin, eine ehemalige Kellnerin des Restaurants, gab an, dass sie Probleme beim Tragen der Maske hatte und ihr Chef beschloss, dass sie ohne Maske arbeiten sollte.
Das Urteil
Das Gericht verurteilte die Angeklagte schließlich wegen des Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse in 12 tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 240 Tagessätzen zu je 120 Euro. Zusätzlich wurde die Einziehung eines sichergestellten Attestes angeordnet, und die Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Dieses Urteil zeigt die rechtlichen Konsequenzen für das Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse und verdeutlicht die Bedeutung der ordnungsgemäßen medizinischen Untersuchung und Dokumentation in solchen Fällen.
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Welche rechtlichen Anforderungen gelten für die Ausstellung von Gesundheitszeugnissen, und welche Strafen sind vorgesehen, wenn jemand unrichtige Zeugnisse ausstellt?
In Deutschland gelten verschiedene rechtliche Anforderungen für die Ausstellung von Gesundheitszeugnissen im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Dazu gehören Impfnachweise, Genesenennachweise und ärztliche Zeugnisse über medizinische Kontraindikationen für die Impfung gegen SARS-CoV-2. Seit dem 1. Juni 2021 ist es strafbar, wissentlich eine unrichtige Schutzimpfung gegen das Coronavirus zu dokumentieren (§ 74 Abs. 2 IfSG), eine Bescheinigung über einen Impf- oder Testnachweis unrichtig auszustellen (§ 75a Abs. 1 IfSG) oder solche unrichtigen Dokumentationen oder Bescheinigungen zur Täuschung im Rechtsverkehr zu gebrauchen (§ 75a Abs. 2 IfSG) .
Die Strafen für das Ausstellen oder Gebrauchen unrichtiger Gesundheitszeugnisse können Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr (für den Gebrauch eines Impf- oder Testnachweises) bzw. zwei Jahren (für unrichtiges Dokumentieren oder Bescheinigen einer Impfung oder eines Tests) oder Geldstrafen umfassen. Darüber hinaus sind die Urkundsdelikte des Strafgesetzbuches (StGB), insbesondere die §§ 277 bis 279 StGB, die das Ausstellen und den Gebrauch von Gesundheitszeugnissen unter Strafe stellen, relevant. Diese Vorschriften wurden im November 2021 maßgeblich geändert, um auf die neue Kriminalitätswelle und in der Praxis aufgetretene Strafbarkeitslücken zu reagieren.
Für den Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse droht gemäß § 279 StGB n.F. eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe. In besonders schweren Fällen, wie beispielsweise bei der Fälschung von Impfbescheinigungen, kann die Strafe gemäß § 278 StGB eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren betragen.
Das vorliegende Urteil
AG Stuttgart-Bad Cannstatt – Az.: 3 Ds 244 Js 61116/22 (2) – Urteil vom 27.04.2023
1. Die Angeklagte wird wegen Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse in 12 tatmehrheitlichen Fällen zu der Gesamtgeldstrafe von 240 Tagessätzen zu je 120 Euro verurteilt.
2. Die Einziehung des sichergestellten Attestes „W. W.“ wird angeordnet.
3. Die Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
abgekürzt gem. § 267 Abs. 4 StPO
I.
Die geschiedene Angeklagte ist 1954 in Polen geboren. Sie ist deutsche Staatsangehörige und von Beruf psychologische Psychotherapeutin.
Das Amtsgericht Schorndorf verurteilte die Angeklagte am 24.10.2022 (rechtskräftig seit 10.11.2022) wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr am 21.08.2022 zu der Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 50 Euro und sprach eine Sperre für die Fahrerlaubnis bis zum 23.06.2023 aus.
Weitere Erkenntnisse liegen über die Angeklagte nicht vor.
II.
Die Angeklagte ist approbierte psychologische Psychotherapeutin und betreibt eine Praxis an ihrer Wohnanschrift in der F-Straße in Stuttgart. In ihrer Funktion als Psychotherapeutin stellte sie jedenfalls im Zeitraum Juli 2020 bis Mai 2021 sogenannte „psychologische Atteste“ aus, durch die, die Betroffenen vom Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung befreit wurden. Die Angeklagte stellte dabei die Atteste in dem Wissen aus, dass sie zuvor nicht die erforderliche persönliche Exploration bzw. Untersuchung der Betroffenen durchgeführt und damit keine Kenntnis vom Gesundheitszustand der Betroffenen hatte. Ein Hinweis auf die nicht durchgeführte Untersuchung enthielten die Atteste nicht. Zudem stellte sie die Atteste aus, ohne kenntlich zu machen, dass mögliche körperliche Ursachen nicht durch die Konsultation eines Arztes ausgeschlossen worden waren. Dabei nahm die Angeklagte zumindest billigend in Kauf, dass die Atteste von den Betroffenen bei einer Behörde gebraucht werden. Die Atteste wurden alle mit Unterschrift und Praxisstempel versehen, der die kassenärztliche Abrechnungsnummer enthielt.
Im Einzelnen handelte es sich um folgende Gefälligkeitsatteste:
1. M., S., geb. xx.xx.1980, wohnhaft […], ausgestellt am 16.07.2020; in diesem heißt es:
„Herr M. ist aus gesundheitlichen Gründen (psychovegetative Atemprobleme und Schwindel) vom Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes befreit.“
2. G-S., S., geb. xx.xx.1972, wohnhaft […], ausgestellt am 16.07.2020; in diesem heißt es:
„Frau G.-S. ist aus gesundheitlichen Gründen (psychovegetative Atemprobleme und Schwindel) vom Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes befreit.“
3. G., L., geb. xx.xx.1981, wohnhaft […], ausgestellt am 16.07.2020; in diesem heißt es:
„Herr G. ist aus gesundheitlichen Gründen (psychovegetative Atemprobleme und Schwindel) vom Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes befreit.“
4. G., D., geb. xx.xx.1997, wohnhaft […], ausgestellt am 16.07.2020; in diesem heißt es:
„Herr G. ist aus gesundheitlichen Gründen (psychovegetative Atemprobleme und Schwindel) vom Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes befreit.“
5. D., G., geb. xx.xx.1987, wohnhaft […], ausgestellt am 16.07.2020; in diesem heißt es:
„Herr D. ist aus gesundheitlichen Gründen (psychovegetative Atemprobleme und Schwindel) vom Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes befreit.“
6. K., C., geb. xx.xx.1994, wohnhaft […], ausgestellt am 16.07.2020; in diesem heißt es:
„Frau K. ist aus gesundheitlichen Gründen (psychovegetative Atemprobleme und Schwindel) vom Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes befreit.“
7. E., A., geb. xx.xx.1995, wohnhaft […], ausgestellt am 19.07.2020; in diesem heißt es:
„Aufgrund einer psychosomatischen gesundheitlichen Beeinträchtigung (psychovegetative Atemprobleme und Trauma mit PTBS-Folgen) ist es Frau E. unzumutbar, einen Mund-Nasenschutz zu tragen.“
8. P., I., geb. xx.xx.1986, wohnhaft […], ausgestellt am 08.09.2020; in diesem heißt es:
„Herr P. ist aus gesundheitlichen Gründen (psychovegetative Atemprobleme, Druck in der Brust, Schwindel, Übelkeit) vom Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes befreit.“
9. M., S., geb. xx.xx.1995, wohnhaft […], ausgestellt am 10.09.2020; in diesem heißt es:
„Frau M. ist aus gesundheitlichen Gründen (psychovegetative Atemprobleme, Kreislaufschwäche, Panikanfälle, Schwindel) vom Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes befreit.“
10. G., N. P., geb. xx.xx.2009, wohnhaft […], ausgestellt am 15.10.2020; in diesem heißt es:
„N. P. G. ist aus gesundheitlichen Gründen (psychovegetative Atemprobleme, Magenbeschwerden, Übelkeit) vom Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes befreit.“
sowie
„N. P. G. ist aus gesundheitlichen Gründen vom Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes befreit.“
11. W., W., geb. xx.xx.1958, wohnhaft […], ausgestellt am 19.11.2020; in diesem heißt es:
„Herr W. ist aus gesundheitlichen Gründen (psychovegetative asthmatische Atemprobleme bis Atemnot, allergische Reaktionen, Kreislaufschwäche, Herzstiche, Kopfschmerzen) vom Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes jeder Art befreit.“
sowie
„Herr W. ist aus gesundheitlichen Gründen vom Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes jeder Art befreit“.
12. W., A., geb. xx.xx.1993, wohnhaft […], ausgestellt am 03.05.2021; in diesem heißt es:
„Frau W., A. geb. xx.xx.1993, Wohnort: […], ist aus gesundheitlichen Gründen vom Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (jeglicher Art bzw.eines Faceshield sowie auch FFP2 Maske oder sonstige medizinische Maske) befreit.“
sowie
„Diagnosen: Temporallappen Epilepsie bzw. Hippocampussklerose beidseitig/ ICD-10-GM: G-40.2
Angstzustände/ ICD-10; F41.2;
Somatoforme Störung/ ICD-10: F-45.3
sonstige Reaktionen auf schwere Belastung/ ICD-10: F-43.8
Frau W., A. geb. xx.xx.1993 leidet an massiven komplexen psychovegetativen Beschwerden (vor 6 Jahren wurde Epilepsie diagnostiziert) als Belastungsstörung mit starker Neigung zu Angst mit Depression, Atemnot, allergischen Hautreaktionen, Erstickungsgefühlen, Schwindel, Übelkeit, Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten und depressiver Erschöpfung.
Frau W. ist daher aus gesundheitlichen Gründen vom Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (jeglicher Art bzw.eines Faceshield sowie auch FFP2 Maske oder sonstige medizinische Maske) befreit.“
auf einem weiteren Attest gleichen Datums mit dem Zusatz:
„Aus psychologische Sicht soll es respektiert werden, dass Frau W. keinen MNS tragen kann und keine Tests verträgt. Daher ist sie von beiden Maßnahmen befreit.
Durch den Zwang jeder Art drohen Frau W. lebensgefährliche Schäden an Leib und Seele.“
Das Gericht hat in der Hauptverhandlung das Verfahren nach § 154 Abs. 2 StPO auf die Verfolgung der abgeurteilten Taten beschränkt.
III.
Die Feststellungen zur Person beruhen auf den Angaben der Angeklagten und der Verlesung des Auszuges aus dem Bundeszentralregister.
Die Angeklagte ist den Vorwürfen vollumfänglich entgegengetreten. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht für das Gericht hingegen fest, dass sich das Geschehen – wie festgestellt – zu getragen hat. Dem liegen folgende Beweise und Indizien zu Grunde, die in der Gesamtschau zur Überzeugungsbildung des Gerichts geführt haben:
So ist bereits das gesamte Ermittlungsverfahren gegen die Angeklagte unter anderem deshalb eingeleitet worden, weil es sich bei den Betroffenen aus Tatziffer 1 bis 9 um die gesamte Mitarbeiterschaft des Lokales „P“ in Göppingen handelt. Die Atteste sind dort vom Inhaber des Restaurants gegenüber dem Gesundheitsamt vorgelegt worden. Auffällig ist hierbei, dass die Atteste bzgl. der Fälle 1 bis 6 allesamt am gleichen Tag ausgestellt und im Wortlaut sowie der Diagnose identisch sind.
Die Zeugin M.,S. hat hierzu glaubhaft ausgeführt, dass sie als Kellnerin dort gearbeitet und im Sommer beim Tragen der Maske Probleme gehabt hätte. Ihr Chef habe sodann beschlossen, dass sie ohne Maske arbeiten solle. Irgendwann sei herausgekommen, dass es ein Maskenattest für sie gäbe, von dem sie selbst aber gar nichts gewusst habe. Die Angeklagte kenne sie überhaupt nicht. Auch sei sie nie bei ihr in der Praxis gewesen. Einmal habe ihr Chef sie während des Thekendienstes gebeten, am Telefon einer ihr unbekannten Person zu schildern, dass sie beim Tragen der Maske kollabiert sei. Das Schildern dieser Situation sei der Inhalt des einzigen Gespräches dieser Art gewesen.
Die Zeugin K., C. hat dazu weiter glaubhaft ausgesagt, dass sie ebenfalls im Platzhirsch gearbeitet habe. Ihr Chef und dessen Frau hätten verlangt, dass sie ohne Maske arbeiten solle. Sie habe sich eigentlich an das Gesetz halten und eine Maske tragen wollen. Irgendwann habe sie erfahren, dass für die Mitarbeiter Atteste ausgestellt worden seien und diese sich in einem Ordner befänden. Mit der Angeklagten habe sie nie etwas zu tun gehabt. So habe sie diese weder gesehen noch mit ihr gesprochen.
Der Mitarbeiter M., S. hat im Rahmen einer Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Göppingen am 25.11.2020 gegenüber der Richterin B geäußert, dass er die Angeklagte aus dem „P“ kenne. Dort habe sie das Attest ausgestellt. Seine Gesundheitsakte etc. kenne sie nicht.
Gegenüber der Geschäftsstelle des Gerichts – der Zeugin M – hat der Mitarbeiter G., L. geäußert, er verstehe nicht, weshalb er im hiesigen Verfahren als Zeuge geladen sei, da er die Angeklagte nicht kenne und diese auch nicht gesehen habe.
Auffällig ist weiterhin, dass das Attest des G., D. das Geburtsdatum seines Vaters trägt und diesbezüglich händisch korrigiert worden ist.
In allen Fällen, die die Mitarbeiter des „P“ betreffen, sind die von der Angeklagten geführten Patientenakten leer. Diese beinhalten lediglich einige Datumsangaben, die sich mit den Ausstellungsdaten der sich in den Akten befindlichen Atteste decken. Aufgrund der glaubhaften Zeugenaussagen steht jedoch fest, dass diese Gespräche nicht stattgefunden haben.
Das Gericht geht deshalb insgesamt davon aus, dass in allen P-Fällen keine erforderliche Exploration vor Ausstellung der Atteste stattgefunden hat.
Hinsichtlich Tatziffer 10 hat der Zeuge G., N. glaubhaft ausgeführt, dass er Probleme in der Schule beim Tragen der Maske gehabt hätte. Seine Mutter habe sich um ein Attest gekümmert, die sich auch mit Frau Z. unterhielte. Er selbst sei dort nie gewesen und habe sich auch mit ihr nie unterhalten. Auch eine Abklärung der geschilderten körperlichen Ursachen (Übelkeit, Kopfschmerzen und Luftnot beim Tragen der Maske) durch einen Arzt hätte nicht stattgefunden.
Ergänzend hierzu hat die Mutter des Zeugen Frau G. glaubhaft ausgeführt, dass sie mit der Angeklagten telefoniert habe, nachdem der Kinderarzt kein Attest habe ausstellen wollen. Bei den Telefonaten hätte sie die Sachlage geschildert und die Angeklagte hätte sodann die Atteste ausgestellt. Mit ihrem Sohn habe die Angeklagte nicht sprechen wollen.
Die Sachverständige F hat hierzu ausgeführt, dass mit dem Zeugen ein persönliches Gespräch hätte erfolgen müssen. Es gäbe keinen Grund sich die Beschwerden nicht vom Betroffenen selbst schildern zu lassen. Insbesondere könne die Mutter nicht wissen, welche Fragen gestellt werden müssen, um eine psychotherapeutische Abklärung zu ermöglichen. Das Gericht schließt sich den Ausführungen der Sachverständigen auf Grund deren Sachkunde an.
Betreffend der Taten 11 und 12 hat das Gericht den Telegram-Chatverlauf zwischen der Zeugin S. W. und der Angeklagten verlesen. Hieraus ergibt sich, dass Frau S. W. die Angeklagte am 19.11.2020 das erste Mal kontaktiert hat. Im Zug sei ihr die Angeklagte wegen eines Attestes zur Maskenbefreiung empfohlen worden. Sie schildert ihre derzeitige Lebenssituation. Im Anschluss antwortet die Angeklagte „Wie kann ich helfen? Wenn um Befreiung geht, dann bitte: Name, Vorname, Geb Dat Adresse“. Nachdem die Angeklagte etwa eine Stunde später eine Datei übersendet hat, fragt Frau W.: „Wäre es auch möglich, daß Sie es für meinen Mann auch ausstellen. Er hat zu allen Belastungen noch allergisches Asthma. W. W., Adresse gleich, geb. xx.xx.1958 in Dohna, Vielen lieben Dank und LG“. Die Angeklagte antwortet hierauf 46 Minuten später: „Klaro, später“ und übersendet nach einer halben Stunde einen Anhang und etwa 3 Stunden später erneut mehrere Anhänge. Am 30.04.2021 07:16 Uhr kontaktiert die Zeugin die Angeklagte erneut und bittet um eine Maskenbefreiung für ihre Tochter. Sie schreibt: „[…] Wir wollten nachfragen, ob sie für unsere Tochter eine Maskenbefreiung ausstellen können, zumindest für die FFP2 Maske. Unsere Tochter ist 27 und hat jetzt nach einem Status epileptikus seit 6 Jahren schwere beidseitige Temporallappe Epilepsie, sie nimmt starke Medikamente, die sie auch psychisch schwer belasten. Mit der Maske bekommt sie kaum Luft, eine Begleitperson kann nicht anhand der Mimik erkennen, ob ein Anfall droht. Vom Epilepsie Zentrum Freiburg hieß es nur, dass man bei einem Anfall die Maske abnehmen könne! […]“. Die Angeklagte antwortet hierauf am 01.05.2021 um 23:28 Uhr „Na klar !!!!! Bitte Name Vorname Geb Dat und Adresse. Schreibe ich Morgen“. Frau W. übersendet am nächsten Morgen die angeforderten Daten. Die Angeklagte teilt Frau W. sodann am Abend mit: „Heute hat nicht geklappt. Noch etwas Geduld, bin mit allem überfordert.“ Am 04.05.2021 um 20:01 wird eine Datei von der Angeklagten übersandt mit der Nachricht: „Schau bitte ob es so passt und ob fehlerfrei ist. Morgen geht es zur Post“. Frau W. antwortet unter anderem um 20:09 Uhr hierauf: „Wenn es keine Umstände macht, vielleicht noch in der Diagnose statt Temporallappe besser Temporallappen Epilepsie bzw. Hippocampussklerose beidseitig. Vielen Dank und LG S.“. Es folgt die Antwort der Angeklagten um 20:18 Uhr: „Mach ich gleich“. Die Angeklagte übersendet um 20:28 Uhr dann zwei Dateien mit der Frage „Ok so?“. Auf dem sichergestellten Mobiltelefon sind weiter die entsprechenden Fotos der Atteste festgestellt worden. Der Chatverkehr lässt nur den Schluss zu, dass eine Überprüfung der Angaben geschweige denn eine persönliche Schilderung durch die Betroffenen vor Ausstellung der Atteste gerade nicht erfolgt ist.
Aus der von der Angeklagten vorgelegten Patientenakte soll sich hingegen ergeben, dass am 13.11.2020 bereits ein telefonisches Gespräch mit Frau S. W. stattgefunden hätte. Am 19.11.2020 sollen wiederholt telefonische Gespräche betreffend Familie stattgefunden haben. Wiederholte Gespräche mit der Tochter A. W. hätten am 02./03.05.2021 stattgefunden. Auffallend ist dabei, dass das erste angebliche Telefonat noch vor der ersten Kontaktaufnahme über Telegram stattgefunden haben soll. Die Daten in der Patientenakte haben deshalb von vornherein einen geringen Beweiswert. Zumal sich aus den Chatverläufen insbesondere dem Antwortverhalten und Zeitstempeln ergibt, dass die Atteste allein auf Nachfrage gegen Nennung der Personendaten ausgestellt worden sind. Eine Anamnese mit den Beschwerden hat gerade nicht stattgefunden.
Bezeichnend ist dabei, dass die Verteidigerin der Angeklagten hierzu ergänzend ausgeführt hat, dass mit dem W. W. nie gesprochen worden sei. Es hätte eine Fremdanamnese über dessen Ehefrau stattgefunden.
Dafür, dass es sich bei allen ausgestellten Attesten insgesamt um Gefälligkeitsatteste handelt, spricht auch der Umstand, dass jedenfalls die Zeugen T., G. und K. im Rahmen ihrer Aussagen ausgeführt haben, für die Atteste nichts bezahlt zu haben und auch keine Abrechnung erfolgt sei.
Der ermittelnde Sachbearbeiter PK H. hat zudem über die Ermittlungen gegen die Angeklagte berichtet und unter anderem ausgeführt, dass schon bei der Durchsuchung am 11.05.2021 für den Zeitraum 01.09.2020 bis zum Tag der Durchsuchung auf dem PC der Angeklagten 2125 Maskenatteste festgestellt worden seien.
In der Gesamtschau hat das Gericht deshalb keine Zweifel daran, dass die von der Angeklagten ausgestellten Atteste auf Zuruf ohne (eingehende) Untersuchung der Betroffenen ausgestellt worden sind. Eine Erhebung des Gesundheitszustandes ist entweder gar nicht oder lediglich durch knappe Schilderung allgemeiner körperlicher Beschwerden teils sogar über Dritte erfolgt. Eine hinreichende Exploration hat in keinen Fällen stattgefunden. Ebenso wenig ein Ausschluss somatischer Ursachen.
Die Sachverständige, deren Ausführungen sich das Gericht anschließt, hat weiter vorgetragen, dass für die geschilderten bzw. behaupteten Symptome, Auslöser auch körperliche Ursachen sein könnten, die einer ärztlichen Abklärung bedurft hätten. Zur Ausstellung einer psychologischen Diagnose hätte es daher der Konsultation eines Arztes bedurft.
IV.
Die Angeklagte hat sich deshalb wegen Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse in 12 tatmehrheitlichen Fällen strafbar gemacht, §§ 278 Abs. 1 (alte Fassung), 53 StGB.
1. Die Angeklagte ist approbierte psychologische Psychotherapeutin und damit eine approbierte Medizinalperson (Fischer, 70. Auflage, § 277 StGB Rn. 7).
2. Bei den „psychologischen Attesten“ handelt es sich auch um Gesundheitszeugnisse. Darunter sind solche Urkunden zu verstehen, in denen der Gesundheitszustand eines Menschen beschrieben wird. Gegenstand kann dabei unter anderem eine Erkrankung aber auch die Darstellung relevanter Tatsachen (beobachtete Symptome) und deren sachverständige Bewertung sein (MüKoStGB/Erb, 4. Aufl. 2022, StGB § 277 Rn. 2 mwN). Genauso liegt es hier. Die Atteste weisen alle einen Befund in Form der Schilderung von Beschwerden und der Schlussfolgerung der Angeklagten auf, dass die Betroffenen deshalb aus gesundheitlichen Gründen vom Tragen einer Maske befreit sind.
3. Die Atteste sind alle auch zum Gebrauch bei einer Behörde bestimmt gewesen. Zwar sind diese nicht explizit zur Vorlage vor einer konkret bestimmten Behörde ausgestellt gewesen. In allen Fällen haben diese aber als Nachweis für die Befreiung von der gesetzlich vorgeschriebenen Maskenpflicht dienen sollen. Die Beurteilung obliegt dabei namentlich den Gesundheitsämtern, der Gewerbeaufsicht, der Schulbehörde, der Polizei, schlussendlich aber auch den Gerichten (§ 11 Abs. 1 Nr. 7 StGB). Diese Stellen verwenden die vorgelegten Zeugnisse zur Beurteilung des Gesundheitszustandes, um zu entscheiden, ob eine Befreiung von der Maskenpflicht möglich ist (Vgl. BGH, Urteil vom 3.12.1997 – 2 StR 397/97, NJW, 1998, 833, 835). Hiervon wusste die Angeklagte. Es genügt hierfür einfacher, also auch bedingter Vorsatz, dass irgendjemand das falsche Attest zur Täuschung gegenüber einer Behörde oder einer Versicherungsgesellschaft verwenden wird (NK-StGB/Ingeborg Puppe/Kay Schumann, 5. Auflage, § 278 Rn. 4). So liegt es hier.
4. Alle Gesundheitszeugnisse sind auch unrichtig. Das ist nämlich dann der Fall, wenn es in einem wesentlichen Punkt den Tatsachen widerspricht, wobei sich die Unrichtigkeit sowohl auf den Befund als auch auf die Beurteilung bzw. Schlussfolgerung beziehen kann (LK/Zieschang, 12. Auflage, § 278 Rn. 6 mwN).
a. Ein Gesundheitszeugnis ist auch dann schon unabhängig von der Frage einer eventuellen (zufälligen) Richtigkeit der Beschreibung des Gesundheitszustandes unrichtig, wenn der Befund ohne Vornahme einer einschlägigen Untersuchung quasi „ins Blaue hinein“ bescheinigt wird, weil ein Attest nach der Verkehrsanschauung das Vertrauen begründet, dass die fachlichen Ausführungen auf einer tragfähigen Grundlage beruhen. Ein Zeugnis, das ohne Untersuchung ausstellt wird, ist als Beweismittel ebenso wertlos wie ein Zeugnis, das nach Untersuchung den hierbei festgestellten Gesundheitszustand unrichtig darstellt (BGH, Urteil vom 23. 4. 1954 – 2 StR 120/53; BGH, Urteil vom 8. 11. 2006 – 2 StR 384/06; MüKoStGB/Erb, 4. Auflage, § 278 Rn. 4). Zur Beurteilung der Richtigkeit des Gesundheitszustandes muss sich der Täter nämlich gerade Kenntnis von diesem verschaffen. Zumal es dem Täter unbenommen ist, die Vagheit der Beurteilungsgrundlage im Attest offenzulegen. So dient die Vorschrift der Gewährleistung der inhaltlichen Richtigkeit echter Gesundheitszeugnisse zum Schutze der Dispositionsfreiheit der Adressaten vor Täuschungen (MüKoStGB/Erb aaO Rn. 1). Das Vertrauen in das ärztliche Zeugnis beruht nämlich darauf, dass eine ordnungsgemäße Informationsgewinnung stattgefunden hat, deren Vornahme konkludent miterklärt wird (Schönke/Schröder/Heine/Schuster, 30. Auflage, § 278 Rn. 2). Den tauglichen Tätern wird aufgrund deren Approbation ein erhöhtes Vertrauen entgegengebracht, auf das sich die Täuschungsadressaten verlassen können müssen. Dadurch, dass die Angeklagte in keinem der Fälle eine (hinreichende) Untersuchung durchgeführt und dies nicht kenntlich gemacht hat, ist die Unrichtigkeit begründet. Das Gericht geht jedoch darüber hinaus davon aus, dass es sich um reine – auf Zuruf – ausgestellte Gefälligkeitsatteste gehandelt hat und somit auch die sachverständigen Schlussfolgerungen unzutreffend sind.
Der Unrichtigkeit steht nicht entgegen, dass bei psychologischen Psychotherapeuten gar keine körperliche Untersuchung zwingend erforderlich ist. Gegenstand der psychologischen Begutachtung ist das Gespräch. Umso mehr gilt jedoch, dass eine eingehende Auseinandersetzung mit dem Patienten erfolgt. Eine Fremdanamnese ist gerade bei Psychotherapeuten im Regelfall ausgeschlossen, da es sich um innere Vorgänge einer Person handelt. Die Ergründung dieser kann in der Regel nur durch persönliches Gespräch erfolgen.
b. Die Unrichtigkeit ergibt sich in allen Fällen zudem daraus, dass die Angeklagte in den Attesten nicht angegeben hat, dass körperliche Ursachen nicht durch einen Arzt ausgeschlossen worden sind. Nach § 1 Abs. 3 S. 2 a.F. bzw. § 1 Abs. 2 S. 2 n.F. des PsychThG sind Psychotherapeuten nämlich verpflichtet, eine somatische Abklärung herbeizuführen. Insoweit trifft die Angeklagte die Pflicht zur Einholung eines ärztlichen Konsiliums, da in allen Fällen rein körperliche Ursachen nicht ausgeschlossen sind. Diese unvollständige Mitteilung der Befundgrundlage führt ebenfalls dazu, dass der Inhalt in einem wesentlichen Punkt den Tatsachen widerspricht. Die Angeklagte hätte nämlich die Atteste auf Grund dieser Grundlage aus psychotherapeutischer Sicht allein nicht ausstellen können, weshalb für den Täuschungsadressaten die Mitteilung hierüber zwingend gewesen wäre.
5. Die Angeklagte hat auch wider besseren Wissens gehandelt, da sie davon wusste, dass es sich um reine Gefälligkeitsatteste auf Zuruf ohne Untersuchung gehandelt hat und keine somatische Abklärung ihrerseits erfolgt ist.
V.
Auszugehen ist von einem Strafrahmen der Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe. Bei der Strafzumessung hat das Gericht zugunsten der Angeklagten berücksichtigt, dass die Taten schon einige Zeit zurück liegen und die Angeklagte zum Zeitpunkt der Tat strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten ist. Strafschärfend fällt hingegen ins Gewicht, dass die Angeklagte die Atteste erstellt hat, um die Betroffenen von Schutzmaßnahmen einer damals noch andauernden Pandemie zu befreien, weshalb die Tat gesamtgesellschaftsschädlichen Charakter aufweist. Zudem hat die Angeklagte das ihr aufgrund ihrer beruflichen Stellung entgegengebrachte Vertrauen zur Durchsetzung eigener politischer Überzeugungen missbraucht und pauschal Maskenbefreiungsatteste ausgestellt. Jedenfalls in den Fällen 6 und 9 sind die Atteste zudem auch ohne bzw. gegen den Willen der Betroffenen ausgestellt, die hierdurch darüber hinaus der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt gewesen sind. Das Gericht hält deshalb in den Fällen 6 und 9 eine Geldstrafe von jeweils 120 Tagessätzen und in den übrigen Fällen Einzelstrafen von jeweils 90 Tagessätzen für tat- und schuldangemessen. Nach Durchführung eines Härtefallausgleichs für die eigentlich gesamtstrafenfähige, aber bereits vollstreckte Entscheidung des Amtsgerichts Schorndorf vom 24.10.2022 und straffem Zusammenzug der Einzelstrafen ist noch eine Gesamtgeldstrafe von 240 Tagessätzen zu je 120 Euro auszusprechen. Die Höhe der Tagessätze richtet sich dabei nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Angeklagten, wobei das Gericht deren Einkommen geschätzt und von 3.600 Euro netto monatlich ausgegangen ist. Die Angeklagte betreibt seit mehreren Jahrzehnten selbständig eine psychologische Psychotherapeutenpraxis.
VI.
Das sichergestellte Originalattest des W. W. ist nach § 74 Abs. 1 StGB als Tatprodukt einzuziehen.
VII.
Die Voraussetzungen eines strafrechtlichen Berufsverbotes nach § 70 StGB liegen nicht vor. Zwar ist die Angeklagte wegen rechtswidriger Taten, die sie unter Missbrauchs ihres Berufs oder unter grober Verletzung der mit diesem verbundenen Pflichten zu verurteilen. Denn sie hat zum einen ihre Stellung als approbierte Medizinalperson im oben festgestellten Umfang missbraucht, aber auch gegen bzw. ohne den Willen der Betroffenen Maskenbefreiungen ausgestellt und Patientenakten angelegt. Das Gericht vermag jedoch für die erforderliche Gefahrprognose nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen zu können, dass nunmehr, nachdem keine Coronaschutzmaßnahmen bestehen, weitere erhebliche Taten durch die Angeklagte begangen werden.
VIII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 StPO.