Skip to content

Baugefährdung: Was bedeutet der Straftatbestand?

Baugefährdung ist ein Straftatbestand, der im deutschen Strafrecht verankert ist. Laut § 319 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer bei der Planung, Leitung oder Ausführung eines Baues oder des Abbruchs eines Bauwerks gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstößt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet.

Baugewerbe und Bauarbeiten können ein hohes Risiko für Arbeitsunfälle, Verletzungen und Schäden darstellen. Verantwortlich für eine potenzielle Gefährdung können hierbei Personen wie Bauleiter, Bauplaner oder Bauausführende sein. Es ist wichtig zu betonen, dass eine Gefährdung auch dann vorliegen kann, wenn bislang noch niemand zu Schaden gekommen ist. Eine frühzeitige Erkennung und Bewertung von Risiken und Gefahren,
sowie eine konsequente Umsetzung von Sicherheitsmaßnahmen und -regeln, sind daher unabdingbar, um Unfälle und Schäden zu vermeiden und eine sichere Arbeitsumgebung für alle Beteiligten zu gewährleisten. Es liegt
in der Verantwortung aller Beteiligten im Bauprozess, hierfür Sorge zu tragen und konsequent zu handeln.

In diesem Artikel gehen wir näher auf den Straftatbestand der Baugefährdung ein, erläutern die rechtlichen Grundlagen und geben wichtige Hinweise für Betroffene.

Was ist eine Baugefährdung genau?

Baugefährdung Straftatbestand
Der Straftatbestand der Baugefährdung bezieht sich auf Handlungen, die eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen im Zusammenhang mit Bauarbeiten darstellen. Dazu zählen unter anderem unsachgemäße Bauarbeiten, unzureichende Absicherung von Baustellen oder das Verwenden ungeeigneter Baumaterialien. Die Strafe kann Geld- oder Freiheitsstrafe betragen. (Symbolfoto: Dmitry Kalinovsky/Shutterstock.com)

Baugefährdung bezieht sich auf eine konkrete Gefahr, die von einem Bauwerk ausgeht und das Leben oder die Gesundheit von Menschen gefährden kann. Eine solche Gefahr kann beispielsweise durch unsachgemäße Bauplanung, mangelnde Bauüberwachung oder Fehler bei der Bauausführung entstehen. Der Straftatbestand der Baugefährdung soll gewährleisten, dass Bauvorhaben unter Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik umgesetzt werden und dadurch keine Gefahr für die Öffentlichkeit entsteht.

Eine Baugefährdung ist wie bereits erwähnt im deutschen Strafgesetzbuch unter Paragraf 319 geregelt. Dabei gibt es zwei unterschiedliche Arten von Baugefährdung, die jeweils in Absatz 1 und Absatz 2 des Paragrafen festgelegt sind.

§ 319 Absatz 1 StGB

Laut § 319 Absatz 1 StGB wird von Baugefährdung gesprochen, wenn eine Person den Bau oder Abbruch eines Bauwerks plant, leitet oder ausführt und dabei gegen allgemein anerkannte Regeln der Technik verstößt, wodurch die körperliche Unversehrtheit eines anderen Menschen gefährdet wird. Dies bedeutet, dass ein solches Verhalten strafbar ist, wenn durch die Verstöße gegen technische Regeln eine konkrete Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entsteht.

§ 319 Absatz 2 StGB

Die zweite Variante der Baugefährdung ist in § 319 Absatz 2 StGB definiert. Hierbei handelt es sich um die Situation, in der eine Person in Ausübung ihres Berufs oder Gewerbes ein Vorhaben plant, leitet oder ausführt, dass den Einbau technischer Einrichtungen in ein Bauwerk oder die Änderung eingebauter Einrichtungen betrifft und dabei gegen allgemein anerkannte Regeln der Technik verstößt, wodurch die körperliche Unversehrtheit eines anderen Menschen gefährdet wird. Auch in diesem Fall muss eine konkrete Gefahr für die körperliche Unversehrtheit eines Menschen vorliegen, um von Baugefährdung sprechen zu können.

Baugefährdung kann zu hohen Geld- und Freiheitsstrafen führen

Es ist wichtig zu betonen, dass es sich bei der Baugefährdung um ein Delikt handelt, das nicht nur zivilrechtliche, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen haben kann. Bei einer Verurteilung wegen Baugefährdung drohen hohe Geldstrafen oder sogar Freiheitsstrafen. Daher ist es für alle beteiligten Parteien von großer Bedeutung, sich an die allgemein anerkannten Regeln der Technik zu halten und mögliche Gefahren für die körperliche Unversehrtheit von Menschen zu vermeiden.

Fahrlässig oder vorsätzlich

Die Sanktion ist in beiden Fällen identisch, jedoch wird die Strafhöhe von der Art des Handelns des Täters abhängig gemacht, ob es sich etwa um fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten handelt. Bei einem vorsätzlichen Vergehen wird die Strafe in der Regel höher ausfallen als bei einer fahrlässigen Tat. Andere Faktoren, wie die Schwere des Schadens oder Vorstrafen des Täters, können ebenfalls in die Strafzumessung einbezogen werden. Es ist daher von Bedeutung, sich über die Konsequenzen des eigenen Handelns bewusst zu sein und entsprechend verantwortungsbewusst zu handeln.

Was ist ein Bau oder technische Einrichtung?

Der Straftatbestand der Baugefährdung nach § 319 Abs. 1 StGB umfasst eine Vielzahl von Tätigkeiten im Baugewerbe. Dazu gehören vor allem Arbeiten im Hochbau, Tiefbau, Wasserbau, Bergbau und Straßenbau. Doch auch Hilfsarbeiten können unter den Tatbestand fallen, wie beispielsweise die Errichtung eines Baugerüsts, die Aushebung einer Baugrube oder die Anbringung von Schutzvorrichtungen.

Wichtig zu erwähnen ist, dass der Abbruch eines Bauwerks ebenfalls unter den Straftatbestand fällt. Hierbei handelt es sich um den teilweisen oder vollständigen Abriss einer baulichen Anlage. Neben den genannten Tätigkeiten fallen auch bestimmte technische Einrichtungen unter die Regelung des § 319 StGB. Hierzu gehören unter anderem Aufzüge, Lüftungsanlagen, Maschinen, Gasrohre, Wärmepumpen, Klimaanlagen, Heizanlagen, Boiler und ähnliches.

Wer kann wegen Baugefährdung belangt werden?

Gemäß § 319 StGB können alle Personen belangt werden, die bei der Planung, Leitung oder Ausführung eines Baues oder des Abbruchs eines Bauwerks gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstoßen und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährden. Dies betrifft nicht nur den Bauherrn, sondern auch Architekten, Bauingenieure, Bauleiter und ausführende Unternehmen.

Welche Strafen drohen bei Baugefährdung?

Wer wegen Baugefährdung verurteilt wird, dem drohen gemäß § 319 StGB Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren oder Geldstrafen. In der Praxis können die Strafen jedoch sehr unterschiedlich ausfallen und hängen von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel der Schwere des Verstoßes, der Anzahl der gefährdeten Personen und dem Grad der Schuld des Täters.  Handelt der Täter teilweise oder in allen Punkten fahrlässig, gibt es eine mildere Strafe als bei Vorsatz. Eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe droht nach § 319 Abs. 3 StGB bei fahrlässiger Verursachung. Die Baugefährdung ist ein echtes Sonderdelikt und konkretes Gefährdungsdelikt, bei dem das Rechtsgut Leib und Leben anderer Menschen ist.

Was sind die allgemein anerkannten Regeln der Technik?

Die allgemein anerkannten Regeln der Technik sind ein wichtiger Bestandteil des Baurechts. Sie stellen sicher, dass Bauplanung und Bauausführung nach dem aktuellen Stand der Technik erfolgen und damit keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit entsteht. Die allgemein anerkannten Regeln der Technik setzen sich aus verschiedenen Regelwerken zusammen, wie zum Beispiel DIN-Normen, VDI-Richtlinien oder dem Baurecht selbst. Diese Regeln basieren auf Erfahrungen aus wissenschaftlicher, technischer und handwerklicher Sicht und haben sich im Bauwesen bewährt. Sie sind allgemein bekannt und werden als notwendig und richtig erachtet.

Ob ein Verstoß gegen eine solche Regel vorliegt, muss im Einzelfall von einem Strafgericht entschieden werden. Zu den allgemein anerkannten Regeln der Technik gehören etwa die Prüfung von Baumaterialien, die Einhaltung von Unfallverhütungsvorschriften, die Einhaltung von baurechtlichen Sicherheitsvorschriften sowie die Umsetzung der Brandschutz-Vorgaben.

Es ist auch zu beachten, dass ein Unterlassen zu einer Baugefährdung führen kann, wenn eine allgemein anerkannte Regel der Technik eine Handlung gebietet (§ 13 StGB). Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Verantwortliche nicht dafür sorgt, dass notwendige Schutzvorrichtungen angebracht werden, Warnhinweise ausgegeben werden oder eine ordnungsgemäße Anbringung von Absperrungen stattfindet.

Wann liegt eine konkrete Gefahr vor?

Im Falle einer tatsächlichen Körperverletzung oder Tötung eines Menschen kann in jedem Fall davon ausgegangen werden, dass zuvor eine Gefährdung bestanden hat. Bei der Baugefährdung handelt es sich allerdings um ein Gefährdungsdelikt, bei dem nicht zwingend eine Person auch tatsächlich zu Schaden kommen muss, um den Straftatbestand zu erfüllen. Um den Straftatbestand der Baugefährdung zu erfüllen, muss ein Verstoß gegen allgemein anerkannte Regeln der Technik vorliegen, wie beispielsweise eine mangelnde Absturzsicherung. Eine solche Gefahr kann konkret für jeden entstehen, der sich in der Nähe der Baustelle aufhält, sei es ein Passant, ein Hausbewohner, ein Arbeitnehmer oder auch Rettungskräfte.

Wichtig ist zu beachten, dass bei der Baugefährdung keine absichtliche Handlung notwendig ist, um eine Straftat zu erfüllen. Es genügt bereits, wenn eine Gefährdungslage vorliegt, die auf eine unzureichende Einhaltung von allgemein anerkannten Regeln der Technik zurückzuführen ist. Dies kann auch durch ein Unterlassen, etwa das Nichtanbringen von Sicherheitsvorrichtungen, verursacht werden.  Zudem muss der Eintritt der Schädigung zufallsabhängig sein, das heißt, es muss eine konkrete Gefahr für eine andere Person bestehen, die durch den Verstoß gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verursacht wurde. Die Gefahr muss zudem dem Täter objektiv zurechenbar sein.

Wie kann man bei Baugefährdung vorgehen?

Sollte eine Baugefährdung vorliegen oder vermutet werden, ist es wichtig, schnell zu handeln. Betroffene können sich in erster Linie an die zuständigen Behörden wenden und eine Gefährdungsanzeige erstatten. Auch die Einleitung eines Strafverfahrens ist möglich, um Verantwortliche für den Verstoß gegen allgemein anerkannte Regeln der Technik zur Rechenschaft zu ziehen.

Schadensersatzansprüche für Opfer

Menschen, die Opfer von Baugefährdung geworden sind und dadurch einen Schaden erlitten haben, haben das Recht, Schadensersatzansprüche gemäß § 823 des Bürgerlichen Gesetzbuches geltend zu machen. Um eine möglichst hohe Entschädigung zu erlangen, können Betroffene sich von einem Anwalt unterstützen lassen, der sich auf das Schadensersatzrecht spezialisiert hat. Dieser kann ihnen helfen, ihre Ansprüche erfolgreich durchzusetzen und sie bei allen rechtlichen Fragen und Schritten begleiten. Es ist wichtig, dass Opfer von Baugefährdung ihre Rechte kennen und ihre Ansprüche konsequent verfolgen, um angemessene Entschädigung und Gerechtigkeit zu erhalten.

Wann verjährt eine Baugefährdung?

Die Verjährungsfrist einer Baugefährdung beträgt laut § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB  nach Beendigung der Tat fünf Jahre. Jedoch beginnt die Frist erst bei Eintritt der Gefährdung eines anderen Menschen, nicht beim Verstoß selbst.  Es kann unter bestimmten Umständen eine lange Zeit vergehen, nachdem ein Verstoß begangen wurde, bis dieser eine Gefährdung verursacht, wie zum Beispiel durch Baumängel. In diesem Fall beginnt die Verjährungsfrist erst ab dem Zeitpunkt, an dem die Gefährdung tatsächlich auftritt, da erst zu diesem Zeitpunkt der Tatbestand vollständig erfüllt ist. Das bedeutet, dass die rechtlichen Konsequenzen des Verstoßes erst ab diesem Zeitpunkt eintreten können. Es ist wichtig zu beachten, dass trotz des Zeitverlaufs nach dem Verstoß, die Verantwortung für die daraus resultierende Gefährdung nicht ausgeschlossen ist und entsprechende Maßnahmen ergriffen werden sollten, um Schäden zu vermeiden oder zu minimieren.

Fazit

Baugefährdung ist ein ernst zu nehmender Straftatbestand, der im deutschen Strafrecht verankert ist. Ziel ist es, durch die Einhaltung allgemein anerkannter Regeln der Technik die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten und Gefahrenpotenziale zu minimieren.

Wer gegen diese Regeln verstößt und dadurch Leib oder Leben anderer Menschen gefährdet, muss mit schweren Strafen rechnen. Es ist daher unbedingt notwendig, bei der Planung, Ausführung und Überwachung von Bauvorhaben höchste Sorgfalt walten zu lassen und alle anerkannten Regeln der Technik zu beachten.

Für Betroffene von Baugefährdungen ist es wichtig, schnell zu handeln und sich an die zuständigen Behörden zu wenden, um die Gefährdung zu minimieren und Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Strafrecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Strafrecht und Verkehrsstrafrecht. Nehmen Sie noch heute Kontakt zu uns auf.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Strafrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!