OLG Karlsruhe – Az.: 2 Rv 10 Ss 581/16 – Urteil vom 10.07.2017
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Freiburg im Breisgau vom 15. Juni 2016 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Freiburg im Breisgau zurückverwiesen.
Gründe
A.
Die Staatsanwaltschaft Freiburg hatte am 30.4.2015 den Erlass von Strafbefehlen gegen die beiden Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort und versuchter Strafvereitelung beantragt, wobei bezüglich des Angeklagten A tateinheitliche, bezüglich des Angeklagten B tatmehrheitliche Begehung angenommen wurde.
In den Strafbefehlsanträgen wurde geschildert, dass der gesondert verfolgte und deshalb inzwischen wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung sowie wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort rechtskräftig verurteilte C, ein Kollege der beiden Angeklagten, nach dem gemeinsamen Besuch eines Festes am frühen Morgen des 1.8.2014 auf der Bundesautobahn A 5 in nördlicher Fahrtrichtung zwischen den Anschlussstellen Freiburg-Mitte und Freiburg-Nord als PKW-Fahrer in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand einen Verkehrsunfall verursacht hatte, bei dem ein Motorradfahrer getötet wurde. Beiden Angeklagten wurde vorgeworfen, dass der Angeklagte A – von C über die Verursachung eines Unfalls mit schwersten Folgen in Kenntnis gesetzt – aufgrund einer von den Angeklagten gemeinschaftlich getroffenen Vereinbarung dem nach dem Unfall zu Fuß fliehenden C bei mehreren Telefonaten versprochen habe, dass die Angeklagten ihm beistehen und ihm helfen würden. In Umsetzung dieses Tatentschlusses habe im weiteren Verlauf der Angeklagte B, was der Angeklagte A C zuvor telefonisch mitgeteilt habe, C in einem Gewerbegebiet im Freiburger Norden abgeholt und in seiner Wohnung beherbergt, bis dieser sich gegen 11:15 Uhr bei der Polizei gestellt habe. Beide Angeklagte hätten sicher gewusst, dass dadurch die Feststellung einer Alkoholisierung von C zum Zeitpunkt des Unfalls und damit eine Verfolgung wegen Gefährdung des Straßenverkehrs unmöglich gemacht würde. Der Angeklagte A habe außerdem bei einer Befragung durch ermittelnde Polizeibeamte bewusst wahrheitswidrig angegeben, weder den Aufenthaltsort Cs zu kennen noch mit diesem in Kontakt gestanden zu haben.
Nach Durchführung der gemäß § 408 Abs. 3 Satz 2 StPO anberaumten Hauptverhandlung sprach das Amtsgericht die Angeklagten frei, weil es hinsichtlich des Vorwurfs der Beihilfe zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort zugunsten der Angeklagten davon ausging, dass sich der feststellungspflichtige C bereits bei dem ersten Telefonat mit dem Angeklagten A außer Sichtweite der Unfallstelle befunden habe, die Tat deshalb bereits beendet und eine Beteiligung der Angeklagten nicht mehr möglich gewesen sei. Im Übrigen sei es den Angeklagten nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen bei ihrem Handeln primär darum gegangen, den mit ihnen befreundeten und infolge des Unfallgeschehens in einer psychischen Ausnahmesituation befindlichen C zu stabilisieren und davor zu bewahren, sich selbst etwas anzutun. Das Amtsgericht vermochte sich deshalb nicht davon zu überzeugen, dass die Angeklagten die Vereitelung einer Strafverfolgung wegen Gefährdung des Straßenverkehrs als sichere Folge ihres Handelns erkannten.
Hiergegen richtet sich die fristgemäß eingelegte und begründete, auf die näher ausgeführte Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft Freiburg, die von der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vertreten wird.
B.
Die Revision der Staatsanwaltschaft ist begründet.
Die getroffenen Feststellungen tragen den Freispruch nicht, zudem ist die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft.
I.
Indem das Amtsgericht für die Beurteilung des Falls wesentliche Rechtsfragen unzutreffend beantwortet hat, hat es die rechtliche Prüfung in entscheidungserheblicher Weise verkürzt.
1. Die Annahme des Amtsgerichts, das unerlaubte Entfernen des gesondert verfolgten Haupttäters C sei bereits beendet gewesen, bevor die Angeklagten die ihnen vorgeworfenen Handlungen begingen, und deshalb sei eine Beihilfe i.S.d. § 27 Abs. 1 StGB nicht mehr in Betracht gekommen, beruht auf einer rechtlich unzutreffenden Beurteilung.
a. Nach § 27 Abs. 1 StGB wird als Gehilfe bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. Dabei entspricht es ganz herrschender Meinung, dass eine Beihilfe auch noch nach Vollendung der Haupttat möglich ist, jedenfalls wenn die Hilfe noch zu einem tatbestandsmäßigen Handeln geleistet wird (näher zum Meinungsstand Fischer, StGB, 64. Aufl., § 27 Rn. 6).
Der vorliegend die Haupttat bildende Verstoß gegen § 142 Abs. 1 StGB wird nach dem gesetzlichen Tatbestand dadurch verwirklicht, dass sich der Unfallbeteiligte vom Unfallort entfernt. Dem Begriff des „Sich-Entfernens“ wohnt bereits sprachlich eine räumliche Dynamik im Sinn des Prozesses einer Absatzbewegung vom Unfallort weg (BT-Drs. 7/2434 S. 7) inne. Mit dem Wortlaut des Gesetzes (vgl. dazu BVerfG NJW 2007, 1666) ist es daher ohne Weiteres vereinbar, die Bewegung des Unfallbeteiligten vom Unfallort weg als einheitlichen Vorgang zu begreifen, der insgesamt den Tatbestand des § 142 Abs. 1 StGB verwirklicht (dieses Verständnis liegt auch dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 19.5.1993, BGHR StGB § 142 Konkurrenzen 1, zugrunde), auch wenn der Tatbestand bereits dann vollendet ist, wenn andere Unfallbeteiligte oder feststellungsbereite Dritte keinen Bezug mehr des wartepflichtigen Täters zum unmittelbaren Unfallgeschehen herstellen können (LK-Geppert, StGB, 12. Aufl., § 142 Rn. 54 m.w.N.). Ein dem entgegenstehender Wille des Gesetzgebers lässt sich nicht feststellen. Die amtliche Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung – letztlich am 13.6.1975 als Dreizehntes Strafrechtsänderungsgesetz beschlossen (BGBl. I S. 1349) -, mit dem der Begriff des „Entfernens“ anstelle des vormaligen Tatbestandsmerkmals der „Flucht“ in § 142 StGB eingeführt wurde, verhält sich nur dazu, dass damit der Zeitpunkt der Vollendung der Tat wesentlich vorverlegt wird (BT-Drs. 7/2434 S. 7), nicht aber zu der umgekehrten Frage, wann die Tatbestandsverwirklichung endet. Da mit der Fortsetzung des Sich-Entfernens nach der Tatvollendung die Verletzung des geschützten Rechtsguts, das in erster Linie die Sicherung der zivilrechtlichen Interessen der Unfallbeteiligten und Geschädigten ist (BT-Drs. 7/2434 S. 5 f.), intensiviert wird, indem mit der zunehmenden Entfernung vom Unfallort die Möglichkeit von Feststellungen weiter erschwert wird, bedarf es einer teleologischen Einschränkung nur dahingehend, dass ein (weiteres) Sich-Entfernen nicht (mehr) vorliegt, wenn eine Zuordnung des Flüchtigen zu dem Unfallgeschehen aufgrund der äußeren Umstände ausgeschlossen ist. Der Senat schließt sich deshalb der vom Bayerischen Obersten Landesgericht im Urteil vom 20.7.1979 (BayObLGSt 1979, 108) vertretenen Auffassung an, dass das Sich-Entfernen erst endet, wenn der flüchtende Unfallbeteiligte sich durch das Absetzen vom Unfallort endgültig in Sicherheit – vor Feststellungen zugunsten Feststellungsberechtigter – gebracht hat (im Ergebnis auch OLG Zweibrücken VRS 71, 434). Dieser Zeitpunkt kann nicht abstrakt bestimmt werden, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
b. Davon ausgehend hatte der gesondert verfolgte C den Tatbestand des § 142 Abs. 1 StGB zwar bereits verwirklicht, als er sich außerhalb der Sicht- und Rufweite der Unfallstelle auf der Autobahn begeben hatte. Die übrigen dazu vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen belegen aber nicht, dass die Tathandlung des „Sich-Entfernens“ damit bereits zum Abschluss gekommen war. Aus den Urteilsgründen ergibt sich, dass C nach dem Unfall, der sich kurz vor 2:03 Uhr ereignet haben muss, über Wald- und Wiesengelände in ein Gewerbegebiet floh, wo er sich in einem Gebüsch versteckte, bevor er zu einem zeitlich nicht näher festgestellten Zeitpunkt nach 3:08 Uhr von dem Angeklagten B abgeholt und in dessen Wohnung verbracht wurde. Zudem lässt sich den Urteilsgründen entnehmen, dass C die Umgebung, in der er sich bei seiner Flucht bewegte, nicht vertraut war. Auch wenn zu weiteren für die Beurteilung maßgeblichen Umständen – etwa der genauen Lage und räumlichen Entfernung des Gewerbegebiets und insbesondere der Niederlassung der „D GmbH“, vor der C von dem Angeklagten B abgeholt wurde, zu der Unfallstelle sowie zu dem Vorhandensein äußerlich sichtbarer Zeichen für eine Unfallbeteiligung Cs (z.B. Verletzungen) – keine Feststellungen getroffen wurden, sprechen die gesamten Umstände dafür, dass die Absatzbewegung Cs vom Unfallort erst zum Ende kam, als er von dem Angeklagten B in dem Gewerbegebiet im Freiburger Norden aufgenommen und in die Wohnung von B verbracht worden war. Aufgrund der vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen liegt es äußerst nahe, dass zwischen C, der mitten in der Nacht in einem Gebiet unterwegs war, das – im Hinblick auf den Umstand, dass C zu Fuß floh, und dem zeitlichen Abstand zum Unfall – nicht allzu weit von der Unfallstelle entfernt gewesen sein kann, und in dem wegen seines Charakters als Gewerbegebiet zu dieser Zeit nicht mit Menschen auf der Straße zu rechnen war, und dem Unfallgeschehen auf der Autobahn noch ein Zusammenhang herzustellen war.
Das Amtsgericht hätte sich danach bei der Prüfung, ob sich die beiden Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort schuldig gemacht haben, nicht – wie geschehen – auf die telefonisch gegebene Hilfezusage an C und die Zusage, ihn abzuholen und für die Nacht aufzunehmen, beschränken dürfen, sondern das gesamte Handeln der beiden Angeklagten bis nach der Abholung Cs aus dem Gewerbegebiet, in dem er sich versteckt hatte, in den Blick nehmen müssen. Damit hat sich das Amtsgericht zugleich den Blick dafür verstellt, dass das Handeln der Angeklagten nicht nur – wie geschehen – unter dem Gesichtspunkt der psychischen Beihilfe, sondern auch dahin zu prüfen war, ob damit die vom Willen, sich den gebotenen Feststellungen zu seiner Unfallbeteiligung zu entziehen, getragene Absatzbewegung Cs vom Unfallort weg objektiv unterstützt wurde. Dies gilt insbesondere auch für die bewusst wahrheitswidrigen Angaben des Angeklagten A gegenüber ermittelnden Polizeibeamten im Hinblick auf den Aufenthaltsort Cs und Kontakte zu ihm, die nach dem Zusammenhang der Feststellungen noch vor der Abholung Cs durch B erfolgt sein dürften und wodurch das Bemühen Cs, sich den Feststellungen zu entziehen, ersichtlich gefördert wurde. Darauf, dass der Haupttäter von der Unterstützung durch den Gehilfen keine Kenntnis hat, kommt es bei der physischen Beihilfe nicht an (BGH StV 1981, 72; BGHR StGB § 27 Abs. 1 Vorsatz 8; LK-Schünemann a.a.O., § 27 Rn. 10).
2. Hinsichtlich des Vorwurfs der versuchten Strafvereitelung lassen die Urteilsgründe besorgen, dass das Amtsgericht bei der Prüfung der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen einen unzutreffenden rechtlichen Maßstab angewendet hat.
a. Der hier allein in Betracht kommende Tatbestand des § 258 Abs. 1 und 4 StGB (zur Nichtanwendbarkeit von § 258a vgl. BGHSt 38, 388; OLG Karlsruhe – Senat – Die Justiz 1988, 487; OLG Köln NJW 1981, 1794) setzt in subjektiver Hinsicht voraus, dass der Täter absichtlich oder wissentlich die Bestrafung eines anderen wegen einer rechtswidrigen Tat ganz oder zum Teil vereitelt, der Täter muss also eine Besserstellung des Vortäters erstreben oder als sichere Folge seines Handelns voraussehen (Fischer a.a.O., § 258 Rn. 33). Wissentlicher Begehung steht dabei nicht entgegen, dass die Erreichung des Taterfolges nicht das Ziel des Täters ist, dieser kann ihm sogar gänzlich unerwünscht sein (BGH BGHR StGB § 27 Abs. 1 Vorsatz 1, 3 und 5 – jeweils zu § 27 StGB; LK-Vogel a.a.O., § 15 Rn. 93). Denn wer einen bestimmten Erfolg als zwingende Folge seines Handelns erkannt hat, entscheidet sich mit der Ausführung der Handlung gleichwohl für das Unrecht (MK-Joecks, StGB, 2. Aufl., § 16 Rn. 28 m.w.N.).
b. Demgegenüber leitet das Amtsgericht seine Begründung des Freispruchs vom Vorwurf der versuchten Strafvereitelung mit der Wendung ein, es sei den Angeklagten nicht nachzuweisen gewesen, dass „sie die Absicht gehabt hätten oder es ihnen gerade darauf angekommen wäre, eine Verurteilung des Timo C wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs bzw. einer Trunkenheitsfahrt zu verhindern“ (UA S. 15). An anderer Stelle (UA S. 16) wird zwar ausgeführt: „Um zu einer Verurteilung wegen versuchter Strafvereitelung zu gelangen, hätte das Gericht feststellen müssen, dass es […] den beiden Angeklagten […] darauf angekommen – mithin beabsichtigt war oder als sichere Folge ihres Handelns erkannt worden wäre, dass Timo C jedenfalls nicht wegen der alkoholbedingten Trunkenheit und somit nicht wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs verurteilt werden würde“. Dies verneint das Amtsgericht allerdings allein damit, dass es den Angeklagten bei ihrem Handeln primär darum gegangen sei, den sich in einer psychischen Ausnahmesituation befindlichen C zu stabilisieren. Damit wird jedoch ausschließlich auf das die absichtliche Begehung kennzeichnende Willenselement des Vorsatzes abgestellt, während bei der für die Tatbestandsverwirklichung ausreichenden wissentlichen Begehung das Wissenselement ganz im Vordergrund steht.
II.
Darüber hinaus kann das angefochtene Urteil aber auch deshalb keinen Bestand haben, weil die getroffenen Feststellungen auf einer unzureichenden Beweiswürdigung beruhen.
1. Die Beweiswürdigung ist vom Gesetz dem Tatrichter übertragen (§ 261 StPO). Es obliegt allein ihm, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Betroffenen zu bilden. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich allein darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überhöhte Anforderungen stellt (st. Rspr. des BGH, vgl. etwa BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 64). Letzteres ist auch dann der Fall, wenn sich die Schlussfolgerungen des Tatrichters so sehr von einer festen Tatsachengrundlage entfernen, dass sie letztlich bloße Vermutungen sind (BGH NStZ 1981, 33; 1986, 373). Inhalt und Umfang werden dabei durch die Aufgabe der Beweiswürdigung bestimmt, eine nachvollziehbare und revisionsrechtlich nachprüfbare Begründung dafür zu geben, wie das Gericht zu seinen Feststellungen gekommen ist (BGH NStZ-RR 1997, 270; 2015, 180).
2. Daran gemessen weist das angefochtene Urteil in mehrfacher Hinsicht durchgreifende Rechtsfehler auf.
a. Im Hinblick auf den vorstehend beschriebenen Zweck der Beweiswürdigung ist es regelmäßig verfehlt, die Beweiswürdigung mit einer Aufzählung der Beweismittel einzuleiten, auf denen die Feststellungen beruhen sollen; bestenfalls ist dies überflüssig (BGH NStZ-RR 1997, 270). Dagegen gefährdet es den Bestand des Urteils, wenn der Inhalt eines der als tragend bezeichneten Beweismittel im Weiteren keine Erwähnung mehr findet. Dies ist hier in Bezug auf den Zeugen P der Fall.
b. Vorliegend kommt es für die Beurteilung der Strafbarkeit des Handelns der beiden Angeklagten maßgeblich auf die genaue Bestimmung der einzelnen Handlungen und der Beweggründe der beiden Angeklagten sowie des gesondert verfolgten C an, worüber in erster Linie diese drei Personen selbst Auskunft geben können. Im Hinblick darauf weist das Urteil eine Lücke auf, weil die von diesen Personen stammenden Aussageinhalte nur ganz punktuell mitgeteilt werden. Dass der – in der Hauptverhandlung wie der Mitangeklagte B von seinem Schweigerecht Gebrauch machende – Angeklagte A vorgerichtlich – offensichtlich bei mehrfachen Vernehmungen (UA S. 15) – Angaben gemacht hatte, wird nur beiläufig erwähnt; aus dem Inhalt wird nur wiedergegeben, dass sich aus dem ersten Telefonat ergeben habe, dass C zu diesem Zeitpunkt „am Rennen gewesen sei“. Ähnlich verhält es sich mit der Aussage des in der Hauptverhandlung als Zeugen vernommenen C, der im Hinblick auf das Schweigen der beiden Angeklagten in der Hauptverhandlung die wesentliche Auskunftsquelle für die – für die strafrechtliche Bewertung eminent bedeutsamen – Inhalte der nach dem Unfall zwischen ihm und den beiden Angeklagten geführten Kommunikation darstellte. Gleichwohl wird die Aussage Cs nur bruchstückhaft im Urteil wiedergegeben (wie auch der für die Beurteilung möglicherweise relevante Umstand, von wem die zwischen C und dem Angeklagten A geführten Telefongespräche jeweils ausgingen, weitgehend unerörtert bleibt). Gerade im Hinblick darauf, dass das Amtsgericht sich nicht in der Lage sah, lückenlose Feststellungen zu den Geschehensabläufen in der Unfallnacht zu treffen, hätte es einer zusammenhängenden Darstellung jedenfalls des wesentlichen Inhalts der Aussage des Zeugen C und der vorgerichtlichen Vernehmungen des Angeklagten A bedurft, ohne die die Bewertung des Amtsgerichts, dass keine weiteren Feststellungen möglich gewesen seien, für den Senat als Revisionsgericht nicht nachprüfbar ist.
Dies gilt insbesondere, soweit das Amtsgericht die zeitlichen Abläufe bezüglich festgestellter einzelner Inhalte der insgesamt sechs Telefongespräche zwischen dem Angeklagten A und C in der Zeit zwischen 2:06 Uhr und 2:32 Uhr (mit einer Gesamtgesprächsdauer von sechs Minuten und fünfzehn Sekunden) offen lässt. So wird zwar mitgeteilt, dass in einem „relativ frühen“, aber nicht mehr weiter bestimmbaren Gespräch der Angeklagte A C Hilfe anbot, ohne dass jedoch andere für den Bedeutungsgehalt dieser Hilfezusage relevanten Gesprächsinhalte dazu (zeitlich) in Beziehung gesetzt werden. Soweit der Angeklagte A von C in Kenntnis gesetzt worden sein soll, dass er einen Verkehrsunfall mit schwersten Folgen verursacht habe und sich deshalb auf der Flucht befinde, fehlt es ebenso an einer zeitlichen Einordnung wie bei der im unmittelbaren Zusammenhang mit der Hilfezusage des Angeklagten A wiedergegebenen Äußerung Cs, „er laufe auf Lichter zu“ (UA S. 9). Auch wie sich diese Äußerung zu der vom Angeklagten A bei einer polizeilichen Vernehmung gemachten Angabe des Angeklagten A, C sei beim ersten Telefonat am Rennen gewesen (UA S. 12), verhält, bleibt unerörtert. Ob diese Lücken in der (zeitlichen) Einordnung auf unzureichenden Auskünften der beiden Gesprächspartner beruhen oder aber einen Erörterungsmangel darstellen, vermag der Senat mangels Wiedergabe der wesentlichen Aussageinhalte nicht zu beurteilen.
Danach bleibt aber unklar, ob alle für die Bestimmung des Aussagegehalts der Hilfezusage wesentlichen Indizien in die gebotene Gesamtwürdigung eingestellt wurden. Die Bewertung des Amtsgerichts, es fehle an Anhaltspunkten dafür, dass die Zusage von Hilfe „im Sinne eines Untertauchens oder einer Entziehung der Strafverfolgungsbehörden oder als Hilfe zu einer strafbaren Handlung“ erfolgt sei, beruht schon deshalb nicht auf einer tragfähigen tatsächlichen Grundlage. Hinzu kommt, dass ein Hilfsangebot regelmäßig die Kenntnis des Zusagenden von der Hilfsbedürftigkeit des Angebotsempfängers voraussetzt. Eine genauere Erörterung der Umstände, aus denen sich für den Angeklagten A eine Hilfsbedürftigkeit Cs ergab und die einen Rückschluss auf den Gehalt seines Angebots zuließen, unterbleibt indes. Unerörtert bleibt dabei auch, dass C bei einem Anruf bei seiner Mutter, aus dem das Amtsgericht Rückschlüsse auf den Inhalt der ersten Telefonate zwischen C und dem Angeklagten A gezogen hat (UA S. 13), dieser jedenfalls mitgeteilt hatte, einen Unfall verursacht zu haben und „das [der Mutter gehörende] Auto Schrott sei“. Dass C den Angeklagten A bereits beim ersten Telefonat über den Unfall in seinen groben Zügen informierte, liegt danach, aber auch deshalb äußerst nahe, weil der Umstand, dass C seinen Arbeitskollegen A zuvor mitten in der Nacht telefonisch zu erreichen versucht hatte, naheliegend einer Erklärung bedurfte. Zudem wäre zu berücksichtigen gewesen, dass die vom Amtsgericht festgestellte „völlig aufgewühlte [..] und desolate [..]“ (UA S. 12) Verfassung Cs ersichtlich dem unmittelbar vor der Kontaktaufnahme zum Angeklagten A liegenden Unfallgeschehen geschuldet war. War das Erleben und Denken Cs danach aber naheliegend von dem gerade geschehenen Unfallereignis bestimmt, liegt es auch von daher fern, dass er dieses gegenüber dem Angeklagten A nicht bereits im ersten Gespräch zur Sprache gebracht haben sollte. Sollte der Angeklagte A aber vor der Abgabe seiner Hilfezusage bereits über das Unfallereignis in seinen groben Zügen in Kenntnis gesetzt worden sein, würde es sich unter der weiteren Berücksichtigung seiner eigenen Äußerung, bereits dem ersten Gespräch mit C entnommen zu haben, dass dieser „am Rennen“ sei, aufdrängen, dass ihm bewusst war, dass C sich von der Unfallstelle entfernte und damit den Tatbestand des § 142 Abs. 1 StGB verwirklichte. Bei dieser Sachlage liegt es auch dann, wenn er mit seinem Hilfsangebot primär andere Ziele verfolgt haben sollte, nahe, dass der Angeklagte A gleichwohl erkannte, damit gleichzeitig auch die Unfallflucht Cs zu unterstützen, und er dies in Kauf nahm.
c. Soweit das Amtsgericht zu der Feststellung gelangt ist, die Organisation und Durchführung der Abholung Cs durch den Angeklagten B habe auf einer Absprache zwischen den beiden Angeklagten beruht (UA S. 9), ist dies ebenfalls nicht gänzlich bedenkenfrei. Das Amtsgericht hat einerseits auf der Grundlage der Aussage Cs nicht zu klären vermocht, von welchem Angeklagten ihm mitgeteilt worden sei, dass er von B abgeholt werde. Andererseits geht das Amtsgericht davon aus, dass sich die beiden Angeklagten nach den ersten Telefonaten des Angeklagten A mit C „in irgendeiner Form ausgetauscht haben müssen“ (UA S. 13). Soweit im Anschluss daran Bekundungen Cs wiedergegeben werden, wonach der Angeklagte A auf den Wunsch Cs, „von einer vertrauten Person abgeholt zu werden“ (UA S. 13), mit der Äußerung reagiert habe, er wolle sich darum kümmern, ist dies zwar mangels tatsächlicher Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte B auf andere Weise von der Notwendigkeit, C abzuholen, erfahren haben sollte, grundsätzlich geeignet, die Annahme des Amtsgerichts über eine Kontaktaufnahme des Angeklagten A zum Angeklagten B und eine dabei getroffene Absprache zu tragen. Ob das Amtsgericht deshalb zu der von ihm getroffenen Feststellung gelangt ist, ergibt sich indes aus dem angefochtenen Urteil jedenfalls nicht mit der erforderlichen Klarheit.
d. Soweit das Amtsgericht ein vorsätzliches Handeln in der von § 258 Abs. 1 StGB vorausgesetzten Form verneint hat, ist außer dem rechtlichen Ansatz auch die Beweiswürdigung rechtsfehler-, weil lückenhaft, für die Begründung der Verneinung wissentlicher Begehung bleibt das angefochtene Urteil zudem eine tragfähige Begründung schuldig.
(1) Soweit das Amtsgericht darauf abstellt, es sei – zwischen C und den beiden Angeklagten – (nach dem Unfall) überhaupt nicht über die Alkoholisierung Cs gesprochen worden (UA S. 15), bleibt unberücksichtigt, dass C und die beiden Angeklagten nach den Feststellungen zuvor gemeinsam gefeiert hatten, wobei C so erheblich angetrunken war, dass ihm von einem weiteren Kollegen der Fahrzeugschlüssel abgenommen worden war. Danach hätte es der Erörterung bedurft, ob die Angeklagten nicht schon in diesem Zusammenhang von einer erheblichen Alkoholisierung Cs Kenntnis erlangt hatten oder sich dies aus dem Verhalten und dem Zustand Cs bei den nach dem Unfall mit beiden Angeklagten geführten Gesprächen ergab.
Auch ist bei der Bewertung, den Angeklagten sei es bei ihrer Unterstützung Cs primär darum gegangen, diesen „so zu stabilisieren, dass er aus der Suizidgefährdung herauskam“, nicht erörtert worden, ob und weshalb die Angeklagten davon ausgingen, dies könne allein durch die Abholung und Beherbergung Cs erreicht werden. Auch wenn nicht immer die zur Erreichung eines Ziels optimalen Mittel – vorliegend die Vorstellung Cs bei einem Arzt – gewählt werden, hätte es danach einer Auseinandersetzung damit bedurft, ob das tatsächliche Handeln der Angeklagten nicht doch (auch) den Schluss auf andere von ihnen verfolgte Absichten nahelegte.
(2) Bei der Prüfung einer wissentlichen Begehung ist das Amtsgericht rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass beide Angeklagte im Hinblick auf ihre Ausbildung und Tätigkeit als Polizeibeamte Kenntnisse über die Gesetzmäßigkeiten beim Abbau von Blutalkohol hatten und ihnen deshalb auch bewusst war, dass die Möglichkeit einer alkoholischen Beeinflussung im Unfallzeitpunkt mit jeder verstreichenden Stunde abnahm. Wenn das Amtsgericht gleichwohl zu dem Schluss gelangt ist, die Angeklagten hätten die mit dem Verbergen ihres Kollegen bis zum späten Vormittag notwendig einhergehende Folge für die Bestrafung Cs wegen Gefährdung des Straßenverkehrs nicht erkannt, entbehrt dies mangels entsprechender Anhaltspunkte in den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen einer tragfähigen tatsächlichen Grundlage.
Das angefochtene Urteil ist danach insgesamt mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen (§§ 353, 354 Abs. 2 Satz 1 StPO).
III.
Sollte der neue Tatrichter auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Senats zu einer Verurteilung sowohl wegen Beihilfe zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort als auch wegen versuchter Strafvereitelung kommen, liegt nach den gesamten Umständen bezüglich beider Angeklagter die Annahme tateinheitlicher Verwirklichung nahe.