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Beiordnung Verletztenbeistand im Ermittlungsverfahren

Eine junge Frau beschuldigt zwei Polizeibeamte der sexuellen Nötigung – doch die Ermittlungen nehmen eine überraschende Wendung. Die Staatsanwaltschaft leitet ein Verfahren wegen falscher Verdächtigung gegen die Frau ein, während die Beamten vom Vorwurf der Nötigung entlastet werden. Nun streiten die Parteien vor Gericht über die Frage, ob der Frau bereits zu Beginn der Ermittlungen ein Anwalt hätte beigeordnet werden müssen.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Ein Streit zwischen einer Zeugin und ihrem Verlobten führte zu einem Polizeieinsatz, bei dem die Zeugin behauptete, von zwei Polizisten sexuell genötigt worden zu sein.
  • Die Zeugin erhob schwere Vorwürfe gegen die Polizeibeamten, die sich auf eine unangemessene körperliche Durchsuchung bezogen.
  • Die Zeugin wurde sowohl polizeilich als auch ärztlich untersucht, und sie zeigte schließlich ihren Verlobten wegen körperlicher Gewalt an.
  • Die Beschuldigten bestritten die Anschuldigungen; das Ermittlungsverfahren gegen sie wurde mangels ausreichender Beweise eingestellt.
  • Die Staatsanwaltschaft eröffnete ein Ermittlungsverfahren gegen die Zeugin wegen falscher Verdächtigung.
  • Die Zeugin verweigerte weitere Aussagen und berief sich auf ihr Aussageverweigerungsrecht.
  • Ein Rechtsanwalt wurde der Zeugin als Beistand zugeordnet, was Gegenstand der Beschwerde der Staatsanwaltschaft war.
  • Das Gericht wies die Beschwerde der Staatsanwaltschaft zurück und bestätigte die Entscheidung, den Anwalt als Beistand zuzuordnen.
  • Die Entscheidung gründet auf der Ansicht, dass die Zeugin trotz der Vorwürfe in ihren Rechten geschützt bleibt.
  • Die Entscheidung hat die Bedeutung des Aussageverweigerungsrechts und des Schutzes von Zeugen in strafrechtlichen Verfahren hervorgehoben.

Rechte der Opfer: Bedeutung des Verletztenbeistands im Ermittlungsverfahren

Im deutschen Strafrecht haben Opfer von Straftaten bestimmte Rechte, die ihnen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zustehen. Ein wichtiger Aspekt hierbei ist die Möglichkeit der Beiordnung eines Verletztenbeistands, auch bekannt als Opferanwalt. Dieser Rechtsbeistand für Opfer kann eine entscheidende Unterstützung bieten, insbesondere wenn es um die Wahrung der Opferrechte und den Zugang zu Rechtsmitteln geht. Opferhilfe hat sich in den letzten Jahren weiterentwickelt und ist mittlerweile ein zentraler Bestandteil des Strafprozesses geworden.

Die gesetzlichen Grundlagen für die Beiordnung eines Verletztenbeistands regeln, unter welchen Voraussetzungen Opfer Anspruch auf rechtliche Vertretung haben. Dies gilt sowohl im Ermittlungsverfahren als auch im späteren Strafverfahren. Die Unterstützung im Ermittlungsverfahren ist für Geschädigte von enormer Bedeutung, da sie oft mit emotionalen und rechtlichen Herausforderungen konfrontiert werden. Ein verletztenbeistand kann den Geschädigten nicht nur in rechtlichen Belangen begleiten, sondern auch bei der Beantragung von Opferentschädigungen und der Prozessbegleitung unterstützen.

Im folgenden Abschnitt wird ein konkreter Fall untersucht, der die Bedeutung der Beiordnung eines Verletztenbeistands im Ermittlungsverfahren verdeutlicht und die damit verbundenen rechtlichen Fragestellungen beleuchtet.

Der Fall vor Gericht


Polizeibeamte unter Verdacht: Falsche Anschuldigung oder sexuelle Nötigung?

Verletztenbeistand und Opferrechte im Strafverfahren
Im deutschen Strafrecht ist die Beiordnung eines Verletztenbeistands für Opfer von zentraler Bedeutung, um deren Rechte während des Ermittlungsverfahrens zu wahren, wie der Fall einer femininen Zeugin gegenüber zwei Polizeibeamten zeigt, wo sich ein Verdachtswechsel hin zur falschen Verdächtigung ergab.(Symbolfoto: Ideogram gen.)

In einem aufsehenerregenden Fall beschäftigte sich das Landgericht Nürnberg-Fürth mit den Vorwürfen einer jungen Frau gegen zwei Polizeibeamte. Die Zeugin hatte die Beamten der sexuellen Nötigung bezichtigt, was zu einem Ermittlungsverfahren führte. Der Fall nahm jedoch eine überraschende Wendung, als die Staatsanwaltschaft schließlich ein Verfahren wegen falscher Verdächtigung gegen die Zeugin selbst einleitete.

Schwerwiegende Anschuldigungen und polizeiliche Ermittlungen

Am 11. Dezember 2023 machte die Zeugin bei der Polizei in R. eine brisante Aussage: Zwei männliche Polizeibeamte hätten sie am Vortag während eines Einsatzes wegen eines Streits mit ihrem Verlobten sexuell genötigt. Die Beamten hätten sie aufgefordert, sich zu entkleiden, sie abgetastet und dabei ihre Brust berührt sowie ihre Finger in ihre Vagina eingeführt. Eine ärztliche Untersuchung der Zeugin erfolgte noch am selben Tag.

Der polizeiliche Einsatzbericht vom 10. Dezember 2023 zeichnete jedoch ein anderes Bild: Die Polizei sei wegen eines lautstarken Streits gerufen worden und habe vor Ort nur die weinende und stark alkoholisierte Zeugin angetroffen. Zunächst habe sie keine Anzeige erstatten wollen, später jedoch angegeben, von ihrem Verlobten geschlagen und gewürgt worden zu sein.

Ermittlungen und rechtlicher Beistand

Am 19. Dezember 2023 wurden die beiden beschuldigten Polizeibeamten über das gegen sie eingeleitete Ermittlungsverfahren informiert. Sie machten keine förmliche Aussage zur Sache, wobei einer der Beamten den Vorwurf gegenüber einer LKA-Beamtin bestritt.

Am 8. Januar 2024 zeigte sich Rechtsanwalt Dr. … für die Zeugin an und beantragte Akteneinsicht sowie seine Beiordnung als Opferanwalt. Kurz darauf, am 17. Januar 2024, wies ein LKA-Sachbearbeiter den Rechtsanwalt auf Widersprüche in der bisherigen Aussage der Zeugin hin. Daraufhin teilte der Anwalt mit, dass sich die Zeugin künftig auf ihr Aussageverweigerungsrecht berufen werde.

Wendepunkt und rechtliche Konsequenzen

Die Ermittlungen nahmen eine unerwartete Wendung, als die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth am 15. Juni 2024 ein Ermittlungsverfahren wegen falscher Verdächtigung gegen die Zeugin eröffnete. Das Verfahren gegen die Polizeibeamten wurde einen Monat später eingestellt.

Trotz dieser Entwicklungen beharrte Rechtsanwalt Dr. … auf der Verbescheidung seines Beiordnungsantrags. Am 8. August 2024 bestellte die Ermittlungsrichterin des Amtsgerichts Nürnberg ihn rückwirkend zum 9. Januar 2024 als Beistand der Zeugin. Die Staatsanwaltschaft legte gegen diese Entscheidung Beschwerde ein.

Gerichtliche Entscheidung und Begründung

Das Landgericht Nürnberg-Fürth wies die Beschwerde der Staatsanwaltschaft als unbegründet zurück. In seiner Begründung betonte das Gericht, dass die Beiordnung eines Rechtsanwalts als Beistand für den Verletzten einer Katalogtat bereits im Ermittlungsverfahren möglich sei. Entscheidend sei der Zeitpunkt der Antragstellung, nicht der Zeitpunkt der Beiordnungsentscheidung.

Das Gericht stellte klar, dass es nicht seine Aufgabe sei, die Nebenklagebefugnis zu verneinen, solange die Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen des Verdachts eines Nebenklagedelikts betreibe. Die spätere Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen die Beschuldigten hindere die rückwirkende Beiordnung nicht.

Das Landgericht betonte zudem, dass fiskalische Erwägungen kein Grund seien, den Kreis der möglichen Verletzten enger zu ziehen. Der Gesetzgeber habe die mögliche Kostenmehrbelastung bewusst in Kauf genommen, um die Stellung des Opfers im Strafverfahren zu verbessern.


Die Schlüsselerkenntnisse


Die Entscheidung des Landgerichts Nürnberg-Fürth stärkt die Rechte mutmaßlicher Opfer im Strafverfahren. Sie bekräftigt, dass die Beiordnung eines Rechtsanwalts als Beistand bereits im Ermittlungsverfahren möglich ist und der Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblich ist. Dies gilt selbst dann, wenn sich der ursprüngliche Tatverdacht später nicht erhärtet. Die Entscheidung unterstreicht den Willen des Gesetzgebers, die Stellung des Opfers im Strafverfahren zu verbessern, auch wenn dies mit Mehrkosten verbunden ist.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie Opfer einer schweren Straftat werden, haben Sie das Recht auf anwaltlichen Beistand – und zwar von Anfang an. Dieses Urteil stärkt Ihre Position: Selbst wenn sich der Verdacht später nicht bestätigt, bleibt Ihr Anspruch auf einen Anwalt bestehen. Das gilt rückwirkend ab dem Zeitpunkt, an dem Sie den Antrag gestellt haben. Wichtig für Sie: Zögern Sie nicht, einen Anwalt zu beantragen, wenn Sie sich unsicher fühlen. Ihr Recht auf Unterstützung besteht unabhängig davon, ob Sie aussagen oder schweigen. Sie müssen die Kosten dafür nicht selbst tragen. Dieses Urteil unterstreicht, dass der Schutz von Opfern Vorrang vor finanziellen Erwägungen hat.


Weiterführende Informationen


Häufig gestellte Fragen (FAQ)


Was bedeutet die Beiordnung eines Verletztenbeistands im Ermittlungsverfahren und wer kann diese beantragen?

Die Beiordnung eines Verletztenbeistands im Ermittlungsverfahren bedeutet, dass einem Opfer einer Straftat ein Rechtsanwalt zur Seite gestellt wird, um seine Interessen zu vertreten und es während des Verfahrens zu unterstützen. Diese Beiordnung kann von Verletzten bestimmter schwerer Straftaten beantragt werden.

Wer kann einen Verletztenbeistand beantragen?

Sie können einen Verletztenbeistand beantragen, wenn Sie Opfer bestimmter schwerer Straftaten geworden sind. Dazu gehören beispielsweise:

  • Sexualdelikte
  • Schwere Körperverletzungen
  • Menschenhandel
  • Versuchter Mord oder Totschlag
  • Straftaten gegen die persönliche Freiheit

Wenn Sie von einer dieser Straftaten betroffen sind, haben Sie das Recht, einen Antrag auf Beiordnung eines Verletztenbeistands zu stellen.

Bedeutung und Rechte des Verletztenbeistands

Der beigeordnete Verletztenbeistand hat umfassende Rechte, um Ihre Interessen zu schützen:

  • Er darf bei Ihrer Vernehmung anwesend sein.
  • Er kann Akteneinsicht beantragen, um sich über den Stand des Verfahrens zu informieren.
  • Er kann Sie bei der Wahrnehmung Ihrer Rechte unterstützen, z.B. bei der Stellung von Beweisanträgen oder der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im Adhäsionsverfahren.

Beantragung der Beiordnung

Wenn Sie eine Beiordnung wünschen, können Sie diese bei der Staatsanwaltschaft oder dem zuständigen Gericht beantragen. In bestimmten Fällen erfolgt die Beiordnung kostenlos für Sie. Dies ist besonders dann der Fall, wenn es sich um schwere Straftaten handelt oder wenn Sie aufgrund der Folgen der Tat nicht in der Lage sind, Ihre Interessen selbst wahrzunehmen.

Zeitliche Begrenzung der Beiordnung

Beachten Sie, dass die Beiordnung eines Verletztenbeistands im Ermittlungsverfahren in der Regel auf die Zeit der Vernehmung beschränkt ist. Für die Hauptverhandlung muss gegebenenfalls eine erneute Beiordnung beantragt werden.

Die Beiordnung eines Verletztenbeistands kann Ihnen helfen, Ihre Rechte im Strafverfahren besser wahrzunehmen und sich in einer oft belastenden Situation unterstützt zu fühlen. Wenn Sie Opfer einer schweren Straftat geworden sind, sollten Sie diese Möglichkeit in Betracht ziehen.


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Welche Rechte haben Opfer in einem Strafverfahren und wie können sie diese effektiv nutzen?

Als Opfer einer Straftat haben Sie in Deutschland umfangreiche Rechte im Strafverfahren, die Ihnen eine aktive Beteiligung ermöglichen. Diese Rechte wurden in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gestärkt, zuletzt durch das 3. Opferrechtsreformgesetz von 2015.

Informationsrechte

Sie haben das Recht auf umfassende Information über den Verlauf des Verfahrens. Dies beinhaltet Informationen über:

  • Den Ausgang des Verfahrens (Einstellung, Anklageerhebung, Urteil)
  • Ort und Zeit der Hauptverhandlung
  • Die gegen den Beschuldigten erhobenen Vorwürfe
  • Den Haftstatus des Beschuldigten, einschließlich möglicher Entlassungen

Um diese Rechte effektiv zu nutzen, sollten Sie bei der ersten Vernehmung ausdrücklich um diese Informationen bitten und Ihre Kontaktdaten hinterlassen.

Aktive Verfahrensbeteiligung

Als Opfer können Sie sich in vielen Fällen dem Verfahren als Nebenkläger anschließen. Dies ist besonders bei schweren Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung oder die persönliche Freiheit möglich. Als Nebenkläger haben Sie weitreichende Rechte:

  • Anwesenheitsrecht während der gesamten Hauptverhandlung
  • Frage- und Erklärungsrechte
  • Recht auf Akteneinsicht
  • Recht, Beweisanträge zu stellen
  • Recht auf ein eigenes Plädoyer

Wenn Sie von diesen Möglichkeiten Gebrauch machen möchten, sollten Sie frühzeitig einen Antrag auf Zulassung als Nebenkläger stellen.

Schutzrechte

Um Sie vor erneuter Viktimisierung zu schützen, stehen Ihnen besondere Schutzrechte zu:

  • Recht auf Beistand einer Vertrauensperson bei Vernehmungen
  • Möglichkeit der Videovernehmung, um direkte Konfrontationen zu vermeiden
  • Ausschluss der Öffentlichkeit bei sensiblen Vernehmungen
  • Recht auf psychosoziale Prozessbegleitung bei besonders schweren Straftaten

Zögern Sie nicht, diese Schutzmaßnahmen in Anspruch zu nehmen, wenn Sie sich dadurch sicherer fühlen.

Entschädigungsansprüche

Sie haben verschiedene Möglichkeiten, Entschädigung für erlittene Schäden zu erhalten:

  • Geltendmachung von Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen im Strafverfahren (Adhäsionsverfahren)
  • Ansprüche nach dem Opferentschädigungsgesetz bei Gewalttaten
  • Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs

Um Ihre Ansprüche effektiv durchzusetzen, sollten Sie frühzeitig alle relevanten Unterlagen (Arztrechnungen, Verdienstausfälle etc.) sammeln und dem Gericht vorlegen.

Beiordnung eines Verletztenbeistands

In bestimmten Fällen, insbesondere bei schweren Straftaten, haben Sie Anspruch auf die kostenlose Beiordnung eines Rechtsanwalts als Verletztenbeistand. Dies gilt nicht nur für die Hauptverhandlung, sondern kann bereits im Ermittlungsverfahren erfolgen. Ein Verletztenbeistand kann Ihnen helfen, Ihre Rechte effektiv wahrzunehmen und Sie durch das gesamte Verfahren begleiten.

Durch die aktive Nutzung dieser Rechte können Sie als Opfer einer Straftat Ihre Interessen im Strafverfahren wirksam vertreten und zur Aufklärung der Tat beitragen.


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Was ist das Aussageverweigerungsrecht und wann sollte es genutzt werden?

Das Aussageverweigerungsrecht ist ein grundlegendes Recht im Strafverfahren, das es Beschuldigten ermöglicht, keine Angaben zur Sache zu machen. Es basiert auf dem Grundsatz, dass niemand verpflichtet ist, sich selbst zu belasten.

Gesetzliche Grundlage und Anwendungsbereich

Die rechtliche Basis für das Aussageverweigerungsrecht findet sich in den §§ 136, 163a und 243 der Strafprozessordnung (StPO). Es gilt für Beschuldigte in allen Phasen des Strafverfahrens – von der ersten polizeilichen Vernehmung bis zur Hauptverhandlung vor Gericht.

Wenn Sie als Beschuldigter vernommen werden, müssen Sie lediglich Angaben zu Ihrer Person machen, wie Name, Geburtsdatum und Adresse. Zu allen anderen Fragen dürfen Sie schweigen, ohne dass dies negative Folgen für Sie haben darf.

Wann sollte das Aussageverweigerungsrecht genutzt werden?

Die Entscheidung, ob Sie von Ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen, hängt von verschiedenen Faktoren ab:

  • Komplexität des Falls: Bei komplexen Sachverhalten kann es ratsam sein, zunächst zu schweigen, um die Situation mit einem Anwalt zu besprechen.
  • Beweislage: Wenn die Beweislage unklar ist, könnte eine vorschnelle Aussage Ihnen schaden.
  • Zeitpunkt im Verfahren: Zu Beginn der Ermittlungen, wenn Sie selbst noch keinen vollständigen Überblick haben, ist Schweigen oft die sicherste Option.

Bedeutung für das Verfahren

Ihr Schweigen darf nicht als Schuldeingeständnis gewertet werden. Allerdings kann es die Ermittlungen beeinflussen:

  • Die Ermittlungsbehörden müssen andere Beweisquellen suchen.
  • Sie verzichten auf die Möglichkeit, Ihre Version der Ereignisse darzulegen.

Stellen Sie sich vor, Sie werden unerwartet zu einer Vernehmung geladen. In einem solchen Fall kann es klug sein, zunächst von Ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch zu machen, bis Sie die Situation überblicken und sich gegebenenfalls beraten lassen konnten.

Abgrenzung zum Zeugnisverweigerungsrecht

Verwechseln Sie das Aussageverweigerungsrecht nicht mit dem Zeugnisverweigerungsrecht. Letzteres gilt für Zeugen, die aufgrund familiärer Beziehungen oder beruflicher Schweigepflichten nicht aussagen müssen.

Das Aussageverweigerungsrecht ist ein wichtiges Instrument zum Schutz Ihrer Rechte im Strafverfahren. Es gibt Ihnen die Möglichkeit, in Ruhe die Situation zu überdenken und eine fundierte Entscheidung über Ihr weiteres Vorgehen zu treffen.


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Welche Konsequenzen kann eine Anzeige wegen falscher Verdächtigung für das mutmaßliche Opfer haben?

Eine Anzeige wegen falscher Verdächtigung kann für das mutmaßliche Opfer erhebliche rechtliche und persönliche Konsequenzen haben. Zunächst wird die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren einleiten, um den Vorwurf der falschen Verdächtigung zu prüfen. Dies bedeutet, dass Sie als Beschuldigter vernommen werden und möglicherweise weitere Ermittlungsmaßnahmen wie Hausdurchsuchungen oder Beschlagnahmungen von Beweismitteln durchgeführt werden können.

Strafrechtliche Folgen

Sollte sich der Vorwurf der falschen Verdächtigung erhärten, droht Ihnen eine Verurteilung nach § 164 StGB. Das Strafmaß reicht von einer Geldstrafe bis hin zu einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. In besonders schweren Fällen, etwa wenn Sie mit der falschen Verdächtigung von einer eigenen Straftat ablenken wollten, kann die Freiheitsstrafe sogar bis zu zehn Jahre betragen.

Zivilrechtliche Konsequenzen

Neben strafrechtlichen Folgen können Sie auch mit zivilrechtlichen Ansprüchen konfrontiert werden. Die zu Unrecht beschuldigte Person kann Schadensersatz und Schmerzensgeld fordern, etwa für entstandene Anwaltskosten, Verdienstausfälle oder erlittene psychische Belastungen.

Berufliche und soziale Auswirkungen

Eine Anzeige wegen falscher Verdächtigung kann auch erhebliche Auswirkungen auf Ihr berufliches und soziales Leben haben. Selbst wenn es nicht zu einer Verurteilung kommt, kann allein das Ermittlungsverfahren Ihren Ruf schädigen und zu Problemen am Arbeitsplatz oder im persönlichen Umfeld führen.

Verfahrensablauf und Verteidigungsmöglichkeiten

Wenn Sie mit einer Anzeige wegen falscher Verdächtigung konfrontiert sind, haben Sie das Recht zu schweigen und sich nicht selbst zu belasten. Es ist wichtig, dass Sie sorgfältig abwägen, welche Aussagen Sie gegenüber den Ermittlungsbehörden machen. Im Verfahren wird geprüft, ob Sie tatsächlich wider besseres Wissen gehandelt haben. Wenn Sie zum Zeitpunkt der Anzeige von der Richtigkeit Ihrer Aussage überzeugt waren, liegt keine falsche Verdächtigung vor, selbst wenn sich die Anschuldigung später als falsch herausstellt.


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Wie wird über die Kostenübernahme eines Verletztenbeistands entschieden und welche finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten gibt es?

Die Entscheidung über die Kostenübernahme eines Verletztenbeistands hängt von verschiedenen Faktoren ab. Grundsätzlich müssen Sie als Verletzter die Kosten für einen Verletztenbeistand selbst tragen. Es gibt jedoch Ausnahmen und Unterstützungsmöglichkeiten:

Beiordnung eines Verletztenbeistands

In bestimmten Fällen kann Ihnen ein Verletztenbeistand auf Staatskosten beigeordnet werden. Dies ist möglich, wenn Sie Opfer einer schweren Straftat geworden sind, wie sie in § 397a StPO aufgeführt ist. Dazu gehören beispielsweise Sexualdelikte, versuchte Tötungsdelikte oder schwere Körperverletzungen. In diesen Fällen entscheidet das Gericht über die Beiordnung eines Rechtsanwalts als Verletztenbeistand.

Prozesskostenhilfe

Wenn die Voraussetzungen für eine Beiordnung nicht erfüllt sind, können Sie Prozesskostenhilfe für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts beantragen. Die Bewilligung hängt von Ihren wirtschaftlichen Verhältnissen ab und davon, ob Sie Ihre Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen können oder Ihnen dies nicht zuzumuten ist.

Einstweilige Beiordnung

In dringenden Fällen kann das Gericht einstweilig einen Rechtsanwalt als Beistand bestellen. Dies ist möglich, wenn:

  • besondere Gründe vorliegen
  • die Mitwirkung eines Beistands eilbedürftig ist
  • die Bewilligung von Prozesskostenhilfe möglich erscheint, aber eine rechtzeitige Entscheidung nicht zu erwarten ist

Kostenübernahme im Adhäsionsverfahren

Wenn Sie als Verletzter Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüche im Strafverfahren geltend machen (Adhäsionsverfahren), können Sie auch hierfür Prozesskostenhilfe beantragen.

Opferentschädigung

In bestimmten Fällen können Sie als Opfer einer Gewalttat Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (ab 2024: SGB XIV) erhalten. Diese Leistungen umfassen unter anderem Heil- und Krankenbehandlungen sowie Entschädigungszahlungen.

Wenn Sie unsicher sind, ob Sie Anspruch auf finanzielle Unterstützung für einen Verletztenbeistand haben, können Sie sich an das zuständige Gericht oder eine Opferhilfeorganisation wenden. Diese können Ihnen weitere Informationen zu Ihren Möglichkeiten geben.


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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt


Falsche Verdächtigung


Falsche Verdächtigung ist eine Straftat, die darin besteht, eine oder mehrere Personen bewusst und wahrheitswidrig einer Straftat zu beschuldigen, um rechtliche Konsequenzen für diese Personen herbeizuführen (§ 164 StGB). Ein einfaches Beispiel wäre, wenn jemand behauptet, ein Kollege habe gestohlen, obwohl dies nicht wahr ist, um den Kollegen zu schaden. Im Kontext des Textes wurde gegen die Zeugin ein Verfahren wegen falscher Verdächtigung eingeleitet, nachdem die Vorwürfe gegen die Polizeibeamten nicht haltbar waren.


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Aussageverweigerungsrecht


Das Aussageverweigerungsrecht erlaubt es Zeugen, die Aussage zu verweigern, wenn sie sich dadurch selbst einer Straftat beschuldigen könnten (§ 55 StPO). Ein Beispiel ist ein Zeuge, der bei der Antwort auf eine Frage zugeben müsste, selbst eine Ordnungswidrigkeit begangen zu haben. Im Text berief sich die Zeugin auf dieses Recht, nachdem Widersprüche in ihren Aussagen festgestellt wurden.


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Beiordnung eines Verletztenbeistands


Die Beiordnung eines Verletztenbeistands, auch Opferanwalt genannt, ermöglicht es Opfern bestimmter Straftaten, einen Rechtsanwalt zur rechtlichen Unterstützung im Ermittlungsverfahren beizuziehen (§ 406h StPO). Ein einfaches Beispiel ist ein Opfer von Körperverletzung, das rechtliche Hilfe erhält, um seine Rechte im Strafverfahren wahrzunehmen. Im spezifischen Fall wurde für die Zeugin eine Beiordnung als Verletztenbeistand rückwirkend angeordnet.


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Ermittlungsverfahren


Ein Ermittlungsverfahren ist der erste Abschnitt eines Strafverfahrens, bei dem die Polizei und Staatsanwaltschaft untersuchen, ob ein hinreichender Tatverdacht für eine Straftat besteht (§ 160 StPO). Ein Beispiel ist die Untersuchung von Verdachtsmomenten durch Polizei und Staatsanwaltschaft, um Beweise zu sammeln. Im besprochenen Text wurde ein Ermittlungsverfahren sowohl gegen die Polizeibeamten als auch später gegen die Zeugin geführt.


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Beschwerde


Die Beschwerde ist ein Rechtsmittel, mit dem eine gerichtliche oder behördliche Entscheidung angefochten werden kann, um eine Überprüfung und mögliche Änderung zu erreichen. Ein Beispiel ist, wenn eine Partei gegen die Entscheidung eines Amtsgerichts Beschwerde einlegt, weil sie diese für falsch hält. Im Kontext des Textes legte die Staatsanwaltschaft Beschwerde gegen die rückwirkende Beiordnung des Anwalt der Zeugin ein.


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Nebenklagebefugnis


Nebenklagebefugnis beschreibt das Recht eines Opfers bestimmter Straftaten, im Strafprozess Nebenkläger zu werden und dadurch als Partei des Prozesses mit zusätzlichen Rechten aufzutreten (§ 395 StPO). Ein Beispiel ist ein Opfer von schwerer Körperverletzung, das als Nebenkläger aktiv am Prozess teilnehmen darf. Im Text wird erwähnt, dass das Gericht nicht die Nebenklagebefugnis verneinen könne, solange der Verdacht auf ein Nebenklagedelikt bestehe.


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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 406h StPO: Diese Vorschrift regelt das Recht von Opfern bestimmter Straftaten, einen Rechtsanwalt als Beistand zu beantragen. Hierbei wird klar festgelegt, dass bereits im Ermittlungsverfahren ein solcher Beistand bestellt werden kann, wenn ein hinreichender Verdacht vorliegt, dass eine der im Gesetz genannten Straftaten begangen wurde. Dies ist besonders relevant für Fälle, in denen die Rechte des Opfers gewahrt werden müssen und es zu einer rechtlichen Vertretung kommt. Im vorliegenden Fall beantragte die Zeugin aufgrund eines möglichen Sexualdelikts die Beiordnung eines Anwalts, was die gesetzliche Grundlage für den anschließenden Beschluss des Amtsgerichts bildete.
  • § 55 StPO: Dieser Paragraph definiert das Aussageverweigerungsrecht für Zeugen, insbesondere wenn sie sich in einer Konfliktsituation oder im Zusammenhang mit einer eigenen Straftat befinden. Das Recht gibt einer Person die Möglichkeit, Angaben zu verweigern, die sich selbst belasten könnten. Im vorliegenden Fall berief sich die Zeugin auf ihr Aussageverweigerungsrecht, nachdem zuvor Widersprüche in ihren Aussagen festgestellt wurden, was erhebliche Bedeutung für die Beweisaufnahme und die Wahrnehmung ihrer rechtlichen Position hatte.
  • § 170 Abs. 2 StPO: Hier wird auf die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens aufgrund des Fehlens ausreichender Ermittlungsansätze eingegangen. Wird festgestellt, dass kein genügend begründeter Verdacht für die Verwirklichung einer Straftat vorliegt, kann die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen. Im vorliegenden Fall wurde gegen die Polizeibeamten ein Ermittlungsverfahren eingestellt, was auf die Bewertung der Beweislage und die rechtlichen Rahmenbedingungen des Verfahrens hinweist und somit die Position der Beschuldigten stärkt.
  • § 397a StPO: Diese Norm schreibt die Beratung und Unterstützung von Opfern in bestimmten Verfahren vor und hebt hervor, dass die Rechte der Geschädigten im Ermittlungsprozess von großer Wichtigkeit sind. Der Paragraph regelt die Bedingungen für die Beiordnung eines Rechtsanwalts, was essenziell ist, um dem Opfer effektiv Unterstützung zu gewährleisten. Im aktuellen Fall war dies entscheidend, da die Zeugin rechtlichen Beistand beantragte und daher die Schutzmechanismen für Opfer in solchen Situationen gelten.
  • Meyer-Goßner/Schmitt/StPO (Kommentarliteratur): Diese Kommentierung ist für die Auslegung und Anwendung der StPO von Bedeutung, da sie praxisrelevante Anwendungshinweise und Interpretationen bietet. Die spezielle Erwähnung der Befugnis der Staatsanwaltschaft, gegen die Beiordnung eines Anwalts Beschwerde einzulegen, ist im Kontext des vorliegenden Falls wichtig, da diese rechtlichen Auslegungen direkt die Entscheidung des Amtsgerichts beeinflussten und die Möglichkeit der Beschwerde der Staatsanwaltschaft legitimieren.

Das vorliegende Urteil

LG Nürnberg-Fürth – Az.: 12 Qs 34/24 – Beschluss vom 18.09.2024


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