Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Blutprobenanordnung im Bußgeldverfahren: Rechte und Zuständigkeiten im Fokus
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wann darf die Polizei eine Blutprobe anordnen?
- Welche Rechte habe ich bei einer angeordneten Blutprobe?
- Welche Verhaltensauffälligkeiten rechtfertigen eine Blutprobenentnahme?
- Wie kann ich mich gegen eine unrechtmäßige Blutprobenentnahme wehren?
- Welche Folgen hat eine positive Blutprobe im Straßenverkehr?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: AG Ratzeburg
- Datum: 22.12.2023
- Aktenzeichen: 31a OWi 46/23 jug
- Verfahrensart: Bußgeldverfahren – gerichtliche Entscheidung zur Anordnung einer Blutprobe
- Rechtsbereiche: Verkehr, Ordnungswidrigkeitenrecht, Strafprozessrecht
- Beteiligte Parteien:
- Verteidiger des Betroffenen: Beantragte die gerichtliche Entscheidung, da er die Anordnung der Blutprobe als unzulässig und als Grundlage für ein Beweisverwertungsverbot ansah.
- Betroffener Fahrer: Zeigte bei der Verkehrskontrolle auffälliges Verhalten, welches – auch in seinen körperlichen Reaktionen wie zitternden Händen und unangemessener Euphorie – den Verdacht einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 24a StVG erhärtete.
- Polizeibeamter PK H: Führte die Standkontrolle durch, beobachtete das kumulative, atypische Verhalten des Fahrers und ordnete auf Grund dieser Beobachtungen die Blutprobe an.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: Bei einer Verkehrskontrolle am 02.07.2023 fiel dem Polizeibeamten PK H das auffällige Verhalten eines Fahrers auf. Neben Nervosität wurden zitternde Hände und eine unangemessen euphorische Art festgestellt. Nachdem der Betroffene einen Urintest ablehnte, erfolgte eine Anordnung zur Entnahme einer Blutprobe, deren Untersuchung später THC im Blut nachwies.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, ob die Anordnung der Blutprobe ohne richterliche Anordnung zulässig war und ob die hierbei gewonnenen Ergebnisse als Beweismittel verwendet werden dürfen.
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Anordnung der Blutprobe wurde als unbegründet zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt zudem die Kosten des Verfahrens.
- Begründung: Die Gesamtheit der beobachteten, atypischen Verhaltensweisen des Fahrers (Nervosität, zitternde Hände, unangemessene Euphorie) rechtfertigte nach Auffassung des Gerichts den Verdacht einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 24a StVG. Aufgrund dieser kumulativen Tatsachenlage war die Anordnung der Blutprobe zulässig.
- Folgen: Das Urteil bestätigt die Rechtmäßigkeit der Blutprobenanordnung im beschrittenen Bußgeldverfahren. Der Antragsteller muss die Verfahrenskosten tragen, und gegen den Beschluss besteht kein Rechtsmittel.
Blutprobenanordnung im Bußgeldverfahren: Rechte und Zuständigkeiten im Fokus
Das Thema der Blutprobenanordnung im Bußgeldverfahren berührt grundlegende Fragen des Verfahrensrechts und der Grundrechte. Insbesondere die Kompetenzen von Polizeibeamten stehen dabei im Fokus, wenn es um die Einschätzung der Zulässigkeit und Notwendigkeit solcher Maßnahmen geht.
Im Anschluss folgt eine detaillierte Betrachtung eines konkreten Falls, der diese Problematik exemplarisch veranschaulicht.
Der Fall vor Gericht
Polizeibeamter durfte Blutprobe nach auffälligem Verhalten bei Verkehrskontrolle anordnen

Bei einer Standkontrolle auf dem Rastplatz G. an der Bundesautobahn wurde am 2. Juli 2023 gegen 15:29 Uhr ein Autofahrer durch die Polizei kontrolliert. Der kontrollierende Beamte PK H. stellte dabei mehrere Auffälligkeiten im Verhalten des Fahrers fest. Der Mann wirkte sehr nervös, zeigte deutlich zitternde Hände und konnte nicht stillstehen. Zudem griff er sich wiederholt an verschiedene Körperstellen, kratzte sich am Hals und wedelte mit den Händen. Besonders auffällig war seine unangepasst euphorische und redselige Art.
Verweigerung des Urintests führte zur Blutprobenentnahme
Aufgrund dieser Beobachtungen vermutete der Polizeibeamte einen Verstoß gegen das Straßenverkehrsgesetz durch Fahren unter Drogeneinfluss. Nach entsprechender Belehrung gab der Fahrer an, keine Drogen konsumiert zu haben und begründete sein Verhalten mit Müdigkeit. Als der Betroffene die Durchführung eines Urintests unter Verweis darauf ablehnte, dass er nicht urinieren müsse, ordnete der Beamte eine Blutprobe an. Diese wurde um 15:40 Uhr noch an der Kontrollstelle von einem Arzt durchgeführt. Die spätere Analyse im Universitätsklinikum S. ergab einen THC-Wert von 3,9 ng/ml im Blut des Fahrers.
Rechtmäßige Anordnung trotz fehlenden Richtervorbehalts
Der Verteidiger des Betroffenen beantragte am 1. Dezember 2023 eine gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Blutprobenentnahme. Das Amtsgericht Ratzeburg bestätigte jedoch die Rechtmäßigkeit der polizeilichen Anordnung. Nach dem Wegfall des Richtervorbehalts sind Ermittlungsbeamte gleichrangig mit der Verwaltungsbehörde befugt, Blutproben bei Verdacht auf Ordnungswidrigkeiten nach dem Straßenverkehrsgesetz anzuordnen.
Kumulation von Auffälligkeiten rechtfertigte Blutentnahme
Das Gericht stellte in seiner Begründung klar, dass für die Anordnung einer Blutprobe ein einfacher Verdacht ausreicht. Dieser muss sich auf zureichende tatsächliche Anhaltspunkte stützen, die über bloße Vermutungen hinausgehen. Zwar hätten die einzelnen vom Polizeibeamten beobachteten Verhaltensweisen für sich genommen nicht ausgereicht. Die Kombination aus Nervosität, zitternden Händen und unangemessener Euphorie ging jedoch über eine normale Reaktion auf eine Polizeikontrolle hinaus. Diese Kumulation situationsuntypischer Reaktionen rechtfertigte nach Überzeugung des Gerichts den Verdacht auf Drogenkonsum und damit die Anordnung der Blutprobe. Der Antrag des Verteidigers wurde daher als unbegründet zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens muss der Betroffene tragen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Gericht bestätigt, dass Polizeibeamte bei Verdacht auf Drogenkonsum im Straßenverkehr eigenständig Blutproben anordnen dürfen, ohne richterlichen Beschluss. Für einen ausreichenden Verdacht genügen bereits mehrere auffällige Verhaltensweisen wie starke Nervosität, zitternde Hände und unangemessene Euphorie in Kombination. Die Entscheidung stärkt damit die Position der Polizei bei Verkehrskontrollen und setzt die Schwelle für die Anordnung einer Blutprobe vergleichsweise niedrig an.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie bei einer Verkehrskontrolle durch auffälliges Verhalten den Verdacht der Polizei erregen, kann direkt eine Blutprobe angeordnet werden – auch wenn Sie einen Drogentest verweigern. Die Polizei muss dafür mehrere konkrete Auffälligkeiten in Ihrem Verhalten feststellen, wie zum Beispiel extreme Nervosität zusammen mit körperlichen Anzeichen. Ein nachträglicher Einspruch gegen die Blutprobenentnahme hat wenig Aussicht auf Erfolg, wenn die Polizei solche Verdachtsmomente dokumentiert hat. Die Verweigerung eines freiwilligen Drogentests schützt Sie also nicht vor einer Blutentnahme.
Benötigen Sie Hilfe?
Zuverlässige Expertise bei polizeilichen Maßnahmen im Verkehrsbereich
Die Anordnung einer Blutprobe im Rahmen einer Verkehrskontrolle kann rasch zu komplexen rechtlichen Fragestellungen führen. Beobachtete Auffälligkeiten wie ungewöhnliches Verhalten und sichtbare Nervosität können den Verdacht erwecken und rechtliche Maßnahmen zur Folge haben, deren genaue Voraussetzungen und Folgen differenziert geprüft werden müssen.
Wir stehen Ihnen bei der Analyse solcher Situationen zur Seite. Unser Ansatz beruht auf einer sachlichen und präzisen Prüfung Ihrer individuellen Lage, um Ihnen Klarheit über Ihre Rechte und Handlungsmöglichkeiten zu verschaffen. Kontaktieren Sie uns, um Ihre Situation zu besprechen und gemeinsam fundierte nächste Schritte zu erwägen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wann darf die Polizei eine Blutprobe anordnen?
Die Polizei darf eine Blutprobe direkt anordnen, wenn der Verdacht auf Alkohol- oder Drogenkonsum im Straßenverkehr besteht. Die rechtliche Grundlage hierfür findet sich in § 81a StPO.
Konkrete Verdachtsmomente
Eine Blutentnahme kann angeordnet werden, wenn konkrete Tatsachen einen Verdacht auf folgende Delikte begründen:
- Gefährdung des Straßenverkehrs unter Alkohol- oder Drogeneinfluss
- Trunkenheit im Verkehr
- Überschreitung der gesetzlichen Promillegrenze
Voraussetzungen für die Anordnung
Der Polizeibeamte muss einen begründeten Anfangsverdacht haben. Dies kann der Fall sein, wenn:
- Alkoholgeruch wahrgenommen wird
- Ein freiwilliger Alkohol- oder Drogentest positiv ausfällt
- Auffälliges Fahrverhalten beobachtet wird
Durchführung der Blutentnahme
Wichtig zu wissen: Die Polizei darf zwar die Blutentnahme anordnen, aber nur ein approbierter Arzt darf diese durchführen. Sie müssen die Maßnahme dulden und dürfen keinen Widerstand leisten.
Eine Ausnahme von der Anordnungsbefugnis besteht, wenn Sie bereits so deutlich unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stehen, dass Ihre Einwilligungsfähigkeit zweifelhaft ist. In diesem Fall muss eine richterliche Entscheidung eingeholt werden.
Welche Rechte habe ich bei einer angeordneten Blutprobe?
Bei einer angeordneten Blutprobe haben Sie das grundsätzliche Recht, der Entnahme zu widersprechen. Die Blutentnahme darf ausschließlich von einem Arzt oder unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt werden.
Ihre aktiven Verweigerungsrechte
Sie sind nicht zu einer aktiven Mitwirkung verpflichtet. Das bedeutet konkret, dass Sie:
- Keine Fragen beantworten müssen
- Keine Gehversuche oder Fingerübungen durchführen müssen
- Keine Atemalkoholmessung („Pusten“) durchführen müssen
Rechtliche Rahmenbedingungen
Seit 2017 kann die Polizei eine Blutentnahme direkt anordnen, wenn der Verdacht auf Alkohol oder Drogen im Straßenverkehr besteht. In allen anderen Fällen ist eine richterliche Anordnung erforderlich, außer Sie stimmen der Blutentnahme freiwillig zu.
Dokumentation und Durchführung
Der durchführende Arzt muss die Blutentnahme umfassend dokumentieren. Dies umfasst Anamnese, Diagnose, Untersuchungsergebnisse und Befunde. Sie haben das Recht, eine Kopie dieser Dokumentation zu verlangen.
Wichtige Hinweise zur Verweigerung
Wenn Sie die Blutentnahme verweigern, darf die Polizei Sie festhalten und die Entnahme auch gegen Ihren Willen durchsetzen. Leisten Sie dabei keinen aktiven Widerstand, da dies als Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte strafbar sein kann.
Eine Verweigerung der Blutentnahme kann zu rechtlichen Konsequenzen führen. Wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht einer Verkehrsstraftat begründen, kann die Blutentnahme auch ohne Ihre Einwilligung durchgeführt werden.
Welche Verhaltensauffälligkeiten rechtfertigen eine Blutprobenentnahme?
Eine Blutprobenentnahme ist bei konkreten Verdachtsmomenten gerechtfertigt, die auf eine Beeinträchtigung durch Alkohol, Drogen oder andere berauschende Mittel hinweisen.
Alkoholbedingte Auffälligkeiten
Bei Kraftfahrzeugen ist eine Blutentnahme insbesondere in folgenden Fällen zulässig:
- Wenn Sie mit 0,3 Promille oder mehr Alkohol im Blut ein Fahrzeug führen und dabei Ausfallerscheinungen zeigen oder in einen Unfall verwickelt sind.
- Bei 1,1 Promille oder mehr im Blut ist keine weitere Auffälligkeit erforderlich.
- Bei Fahrradfahrern liegt die Grenze bei 1,6 Promille.
Verhaltensmerkmale als Anzeichen
Eine Blutentnahme kann angeordnet werden, wenn folgende Auffälligkeiten vorliegen:
- Verkehrswidrige Fahrweise wie Schlangenlinien oder abrupte Fahrmanöver.
- Koordinationsstörungen bei der Fahrzeugbedienung.
- Ausfallerscheinungen nach dem Konsum von Alkohol, Drogen oder Medikamenten.
- Unfallbeteiligung in Verbindung mit Anzeichen von Rauschmitteln.
Weitere Verdachtsmomente
Eine Blutentnahme kann auch erfolgen, wenn Sie ein Fahrzeug führen und:
- Äußere Anzeichen auf Drogenkonsum hinweisen.
- Die sichere Führung eines Fahrzeugs aufgrund der Gesamtumstände zweifelhaft erscheint.
- Ein begründeter Anfangsverdacht für eine Straftat besteht.
Die Anordnung der Blutentnahme erfolgt durch einen Richter, bei Gefährdung des Untersuchungserfolges auch durch die Staatsanwaltschaft oder ihre Ermittlungspersonen. Bei Verkehrsdelikten unter Alkohol- oder Drogeneinfluss ist keine richterliche Anordnung erforderlich.
Wie kann ich mich gegen eine unrechtmäßige Blutprobenentnahme wehren?
Eine Blutprobenentnahme können Sie auf verschiedenen Wegen rechtlich anfechten, wenn Verfahrensfehler vorliegen oder die Anordnung nicht rechtmäßig erfolgte.
Während der Maßnahme
Bei der Durchführung der Blutentnahme haben Sie folgende Rechte:
Sie müssen der Blutentnahme ausdrücklich widersprechen, auch wenn Sie die Maßnahme letztlich dulden. Ein klarer Widerspruch ist wichtig für spätere rechtliche Schritte.
Sie sind nicht zu aktiver Beteiligung verpflichtet. Das bedeutet konkret:
- Keine Beantwortung von Fragen
- Keine Teilnahme an Hirnleistungstests
- Keine Durchführung von Gehproben oder Kniebeugen
Rechtliche Anfechtung
Die Anfechtung der Blutprobe muss bis zum in § 257 StPO genannten Zeitpunkt in der ersten Tatsacheninstanz erfolgen.
Ein Beweisverwertungsverbot kann vorliegen bei:
- Fehlender oder mangelhafter Belehrung über Ihre Rechte
- Verstößen gegen Hygienevorschriften
- Fehlern bei der Dokumentation
Besondere Umstände
Seit 2017 darf die Polizei bei Verdacht auf Verkehrsstraftaten die Blutentnahme ohne richterlichen Beschluss anordnen. In anderen Fällen ist eine richterliche Anordnung weiterhin erforderlich, außer Sie stimmen der Entnahme freiwillig zu.
Bei einer rechtswidrigen Durchführung der Blutentnahme können Sie auch Schmerzensgeld geltend machen. Die Blutentnahme darf ausschließlich durch einen Arzt oder unter ärztlicher Aufsicht erfolgen.
Welche Folgen hat eine positive Blutprobe im Straßenverkehr?
Eine positive Blutprobe auf Drogen oder Alkohol im Straßenverkehr führt zu erheblichen rechtlichen Konsequenzen.
Unmittelbare Folgen
Bei einem positiven Drogennachweis im Blut droht ein Bußgeld von 500 Euro und ein Fahrverbot von einem Monat. Wird zusätzlich Alkohol nachgewiesen, erhöht sich das Bußgeld auf 1.000 Euro.
Führerscheinrechtliche Konsequenzen
Die Fahrerlaubnis kann sowohl vom Gericht als auch von der Führerscheinstelle entzogen werden. Bei Morphin erfolgt bereits ab einem Wert von 10 ng/ml ein Bußgeldbescheid. Bei Cannabis liegt der Grenzwert bei 3,5 ng/ml THC im Blut.
Verschärfte Sanktionen
Besonders schwerwiegende Konsequenzen drohen in folgenden Fällen:
- Bei Gefährdung des Straßenverkehrs unter Drogeneinfluss droht ein dauerhafter Führerscheinentzug
- Bei Verkehrsordnungswidrigkeiten erfolgen Punkte in Flensburg
- Bei Verkehrsgefährdung oder Unfällen wird eine Straftat nach § 316 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe geahndet
Wiedererlangung der Fahrerlaubnis
Nach Ablauf der Sperrfrist ist in der Regel eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) erforderlich. Die MPU verursacht Kosten von bis zu 5.000 Euro. Für ein positives MPU-Gutachten muss eine mindestens einjährige Drogenabstinenz nachgewiesen werden.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Richtervorbehalt
Ein Richtervorbehalt bedeutet, dass bestimmte staatliche Maßnahmen nur von einem Richter angeordnet werden dürfen. Dies dient dem Schutz der Grundrechte der Bürger vor übermäßigen Eingriffen durch die Exekutive. Der Wegfall des Richtervorbehalts bei Blutproben im Straßenverkehrsrecht bedeutet, dass nun auch Polizeibeamte diese Maßnahme selbständig anordnen können. Geregelt ist dies in § 81a StPO in Verbindung mit § 46 OWiG.
Beispiel: Bei einer Verkehrskontrolle kann ein Polizist heute direkt eine Blutentnahme anordnen, wenn er Drogenkonsum vermutet. Früher musste er dafür erst eine richterliche Genehmigung einholen.
Verfahrensrecht
Das Verfahrensrecht umfasst alle rechtlichen Regelungen, die den Ablauf und die Form eines gerichtlichen oder behördlichen Verfahrens bestimmen. Es legt fest, welche Handlungen die Beteiligten in welcher Reihenfolge vornehmen müssen und welche Rechte und Pflichten sie dabei haben. Im Bußgeldverfahren ist dies hauptsächlich im Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) geregelt.
Beispiel: Die Vorschriften darüber, wie eine Blutprobe angeordnet werden darf, wer sie durchführen darf und wie der Betroffene sich dagegen wehren kann, sind Teil des Verfahrensrechts.
Ermittlungsbeamte
Ermittlungsbeamte sind staatliche Bedienstete mit besonderen Befugnissen zur Aufklärung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten. Sie haben das Recht, bestimmte Zwangsmaßnahmen anzuordnen und durchzuführen. Die Rechtsgrundlage findet sich in § 152 GVG und den jeweiligen Landesgesetzen.
Beispiel: Ein Polizeibeamter, der bei einer Verkehrskontrolle eine Blutprobe anordnet, handelt als Ermittlungsbeamter im Rahmen seiner gesetzlichen Befugnisse.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 24a Straßenverkehrsgesetz (StVG): Dieser Paragraph behandelt Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr, insbesondere den Konsum von Betäubungsmitteln beim Führen eines Fahrzeugs. Ein Verstoß kann mit Bußgeldern, Fahrverbot oder sogar Punkten in Flensburg geahndet werden. Voraussetzung für eine Ahndung ist der Nachweis des Drogenkonsums durch entsprechende Beweismittel.
Im vorliegenden Fall war der Betroffene verdächtigt, unter Drogeneinfluss gefahren zu sein. Die Anordnung einer Blutprobe basierte auf dem Verdacht gemäß § 24a StVG, um den möglichen Verstoß zu belegen. - § 81a Strafprozessordnung (StPO): Diese Vorschrift regelt die Voraussetzungen und das Verfahren zur Anordnung und Durchführung von Blutentnahmen durch staatliche Organe. Sie stellt sicher, dass Persönlichkeitsrechte gewahrt bleiben und die Maßnahme nur bei konkretem Verdacht erfolgt. Ein nicht richterlich angeordneter Bluttest ist nur unter strengen Voraussetzungen zulässig.
Der Polizeibeamte ordnete aufgrund seines Verdachts eine Blutprobe an, gestützt auf § 81a StPO, um den Drogenkonsum des Betroffenen nachzuweisen. - § 62 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG): Dieser Paragraph definiert Maßnahmen im Ordnungswidrigkeitenverfahren, einschließlich der Anordnung von Ermittlungen und Beweismitteln. Er legt fest, unter welchen Bedingungen Verwaltungsbehörden Maßnahmen ergreifen dürfen, um Ordnungswidrigkeiten aufzuklären.
Die Anordnung der Blutprobe im Bußgeldverfahren erfolgte gemäß § 62 OWiG als zulässige Maßnahme zur Beweissicherung im Verdachtsfall. - § 53 Absatz 2 OWiG: Diese Vorschrift bestimmt die Zuständigkeit zur Anordnung von Maßnahmen wie Blutproben. Insbesondere regelt sie, dass neben der Verwaltungsbehörde auch ermittelnde Beamte entsprechende Maßnahmen ergreifen dürfen. Dies erweitert die Handlungskompetenz innerhalb des Ordnungswidrigkeitenverfahrens.
Im vorliegenden Fall war der Polizeibeamte als Ermittlungsbeamter befugt, die Blutprobe zu veranlassen, basierend auf § 53 Abs. 2 OWiG. - § 46 Absatz 4 Satz 1 OWiG: Diese Bestimmung verbindet das Ordnungswidrigkeitenrecht mit der Strafprozessordnung, speziell hinsichtlich der Zulässigkeit von Beweismitteln. Sie ermöglicht die Anwendung von §§ 81a Abs. 1 StPO auf Ordnungswidrigkeitenverfahren, lässt aber die richterliche Anordnung bei bestimmten Eingriffen außer Kraft.
Das Gericht entschied, dass die Anordnung der Blutprobe durch den Polizeibeamten gemäß § 46 Abs. 4 OWiG rechtmäßig war, da die Voraussetzungen für eine unverrichtete Anordnung nach § 81a StPO erfüllt waren.
Das vorliegende Urteil
AG Ratzeburg – Az.: 31a OWi 46/23 jug – Beschluss vom 22.12.2023
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