Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Freigesprochene fordern Erstattung – Gerichte prüfen Notwendigkeit der Kosten
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Welche Kosten können nach einem Freispruch als notwendig gelten?
- Wer trägt die Prozesskosten nach einem Freispruch?
- Welche Schritte muss man unternehmen, um die Erstattung der Prozesskosten zu beantragen?
- Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es, wenn die Erstattung abgelehnt wird?
- Welche Fristen müssen bei der Beantragung der Prozesskostenerstattung beachtet werden?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Das Gericht hat entschieden, dass die Staatskasse die notwendigen Auslagen des Angeklagten A trägt.
- Der Angeklagte A wurde in der Hauptverhandlung freigesprochen, was die Grundlage für die Kostenübernahme bildet.
- Die ursprüngliche Kostenentscheidung des Landgerichts Bielefeld wurde abgeändert, weil sie die Auslagen des freigesprochenen Angeklagten A nicht berücksichtigte.
- Die Staatsanwaltschaft Bielefeld hatte Anklage gegen den Angeklagten A wegen Beihilfe zu einem versuchten schweren Raub erhoben.
- Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen die unterbliebene Auslagenentscheidung war statthaft und begründet.
- Das Gericht stellte fest, dass die Staatskasse bei einem Freispruch die notwendigen Auslagen des Angeklagten übernehmen muss.
- Diese Entscheidung basiert auf der Anwendung von § 467 Abs. 1 StPO, der die Kostentragungspflicht der Staatskasse bei Freispruch regelt.
- Das Beschwerdegericht bestätigte die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Auslagenentscheidung zugunsten des Angeklagten bei einem Freispruch.
- Die Änderung der Kostenentscheidung stellt sicher, dass der freigesprochene Angeklagte nicht finanziell belastet wird.
- Die Entscheidung hat zur Folge, dass die Staatskasse auch die im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt.
Freigesprochene fordern Erstattung – Gerichte prüfen Notwendigkeit der Kosten
Werden Sie vor Gericht freigesprochen, haben Sie Anspruch auf die Erstattung der notwendigen Auslagen, die Ihnen durch das Strafverfahren entstanden sind. Diese Auslagen können beispielsweise die Kosten für einen Rechtsanwalt, Sachverständige oder Reisekosten umfassen. Doch wann gelten die Kosten tatsächlich als notwendig und wer ist für deren Erstattung verantwortlich?
Die Frage, ob die von einem Freigesprochenen geltend gemachten Auslagen tatsächlich erforderlich waren und somit erstattet werden müssen, beschäftigt die Gerichte regelmäßig. Oftmals stellt sich die Frage, inwieweit die Kosten des gewählten Rechtsanwalts, der Umfang der Sachverständigengutachten oder die Art der anfallenden Reisekosten tatsächlich notwendig waren, um die eigene Verteidigung im Strafverfahren zu gewährleisten. Die Gerichte müssen dabei das Verhältnismäßigkeitsprinzip beachten und abwägen, ob die Auslagen im Verhältnis zu den Umständen des Falls und dem angestrebten Verteidigungsziel angemessen waren.
Um die Komplexität dieser Thematik und die Rechtsprechung der Gerichte besser zu verstehen, werfen wir im Folgenden einen genaueren Blick auf einen aktuellen Fall, der vor dem [Gericht] verhandelt wurde. Dieser Fall verdeutlicht die Schwierigkeiten, die sich im Zusammenhang mit der Erstattung von Auslagen für Freigesprochene ergeben können.
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Der Fall vor Gericht
Freispruch und Prozesskostenerstattung: OLG Hamm stärkt Rechte Angeklagter
Der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat in einem bemerkenswerten Beschluss vom 16. November 2021 die Rechte freigesprochener Angeklagter hinsichtlich der Erstattung ihrer Prozesskosten gestärkt. Der Fall betraf einen Angeklagten, der vom Landgericht Bielefeld vom Vorwurf der Beihilfe zu einem versuchten schweren Raub freigesprochen wurde.
Hintergründe des Verfahrens und Freispruch
Die Staatsanwaltschaft Bielefeld hatte am 5. März 2021 Anklage gegen den Beschwerdeführer wegen Beihilfe zu einem versuchten schweren Raub beim Landgericht Bielefeld erhoben. Nach Eröffnung des Hauptverfahrens sprach die 3. große Strafkammer – Jugendkammer – des Landgerichts Bielefeld den Beschwerdeführer am 27. September 2021 frei. Zwei Mitangeklagte wurden hingegen verurteilt.
In der Kostenentscheidung des Urteils hieß es zunächst lediglich, dass die Angeklagten die Kosten des Verfahrens zu tragen hätten, soweit es sie betreffe und soweit sie verurteilt wurden. Im Übrigen sollten die Kosten der Landeskasse zur Last fallen. Eine ausdrückliche Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen des freigesprochenen Angeklagten fehlte jedoch.
Beschwerde gegen unterbliebene Auslagenentscheidung
Der freigesprochene Angeklagte legte noch am Tag der Urteilsverkündung sofortige Beschwerde gegen die unterbliebene Auslagenentscheidung ein. Er wandte sich damit gegen die fehlende Feststellung, dass die Staatskasse auch seine notwendigen Auslagen zu tragen habe. Die Generalstaatsanwaltschaft unterstützte dieses Anliegen und beantragte beim Oberlandesgericht, das Urteil entsprechend zu ergänzen.
OLG Hamm: Staatskasse muss notwendige Auslagen tragen
Das Oberlandesgericht Hamm gab der Beschwerde des Angeklagten statt und änderte das Urteil des Landgerichts Bielefeld ab. Der Senat stellte klar, dass die Staatskasse auch die dem freigesprochenen Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen hat.
In der Begründung verwies das OLG Hamm auf § 467 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO). Demnach hat die Staatskasse einem freigesprochenen Angeklagten grundsätzlich die entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten. Das Gericht betonte, dass die das Verfahren abschließende Entscheidung dies auch ausdrücklich zum Ausdruck bringen müsse.
Der Senat sah die Beschwerde als zulässig an, da sie form- und fristgerecht eingelegt worden war. Auch der Umstand, dass gegen die Hauptentscheidung – den Freispruch – kein Rechtsmittel eingelegt werden konnte, stand der Zulässigkeit nicht entgegen. Das OLG Hamm verwies darauf, dass ein Rechtsmittel gegen die Hauptentscheidung als solches statthaft gewesen wäre und lediglich aufgrund des Freispruchs mangels Beschwer unzulässig war.
Die Schlüsselerkenntnisse
Die Entscheidung des OLG Hamm unterstreicht die Bedeutung einer expliziten Kostenentscheidung bei Freisprüchen. Sie bekräftigt den Grundsatz, dass die Staatskasse die notwendigen Auslagen eines freigesprochenen Angeklagten zu tragen hat, und stellt klar, dass dies im Urteil ausdrücklich festzuhalten ist. Damit stärkt das Gericht die Rechte freigesprochener Angeklagter und betont die Notwendigkeit einer vollständigen und präzisen Kostenregelung in Strafurteilen, auch wenn gegen die Hauptentscheidung kein Rechtsmittel eingelegt werden kann.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie in einem Strafverfahren freigesprochen wurden, haben Sie nun einen gestärkten Anspruch auf Erstattung Ihrer notwendigen Auslagen durch die Staatskasse. Das Urteil des OLG Hamm betont, dass diese Entscheidung explizit im Urteil festgehalten werden muss. Als freigesprochener Angeklagter müssen Sie nicht mehr befürchten, auf Ihren Verteidigungskosten sitzen zu bleiben. Sollte das Gericht versäumen, die Kostenerstattung in seinem Urteil zu erwähnen, können Sie dagegen Beschwerde einlegen – selbst wenn Sie gegen den Freispruch selbst kein Rechtsmittel einlegen können. Dies gibt Ihnen die Möglichkeit, Ihre finanziellen Interessen auch nach einem Freispruch effektiv zu wahren.
FAQ – Häufige Fragen
Freispruch erwirkt, aber wer trägt die Prozesskosten? Freispruch und Prozesskostenerstattung sind Themen, die oft Fragen aufwerfen. In unserer FAQ-Rubrik finden Sie fundierte Antworten auf Ihre Fragen rund um diese komplexen Rechtsbereiche.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Welche Kosten können nach einem Freispruch als notwendig gelten?
- Wer trägt die Prozesskosten nach einem Freispruch?
- Welche Schritte muss man unternehmen, um die Erstattung der Prozesskosten zu beantragen?
- Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es, wenn die Erstattung abgelehnt wird?
- Welche Fristen müssen bei der Beantragung der Prozesskostenerstattung beachtet werden?
Welche Kosten können nach einem Freispruch als notwendig gelten?
Nach einem Freispruch im Strafverfahren können verschiedene Kosten als notwendige Auslagen gelten und von der Staatskasse erstattet werden. Die Anwaltskosten des Verteidigers stellen dabei den wichtigsten Posten dar. Hierbei werden in der Regel die gesetzlichen Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz übernommen. Darüber hinausgehende Honorarvereinbarungen müssen allerdings vom Freigesprochenen selbst getragen werden.
Zu den erstattungsfähigen notwendigen Auslagen zählen auch Reisekosten des Angeklagten zu Gerichtsterminen oder Besprechungen mit dem Verteidiger. Dies umfasst Fahrtkosten mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder bei Nutzung des eigenen PKW eine Kilometerpauschale. Übernachtungskosten können ebenfalls erstattet werden, wenn eine An- und Abreise am selben Tag nicht zumutbar war.
Kosten für Privatgutachten können unter bestimmten Voraussetzungen als notwendige Auslagen anerkannt werden. Dies ist der Fall, wenn das Gutachten für die Verteidigung unbedingt erforderlich war, um den Anklagevorwurf zu entkräften. Die bloße Hoffnung auf ein günstiges Ergebnis reicht dafür nicht aus.
Auslagen für Zeugen, die der Angeklagte selbst geladen hat, können ebenfalls erstattet werden. Voraussetzung ist, dass deren Vernehmung zum Freispruch beigetragen hat. Gleiches gilt für Dolmetscherkosten, wenn der Angeklagte der deutschen Sprache nicht mächtig war.
Bei freigesprochenen mittellosen Angeklagten übernimmt die Staatskasse auch die Kosten für Kopien von Aktenbestandteilen, die für die Verteidigung benötigt wurden. Portokosten für den Schriftverkehr mit Gericht und Staatsanwaltschaft fallen ebenfalls darunter.
Die Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit trifft das Gericht im Einzelfall. Dabei wird geprüft, ob die geltend gemachten Auslagen tatsächlich notwendig für eine angemessene Verteidigung waren. Der Freigesprochene muss die Kosten detailliert aufschlüsseln und belegen.
Wer trägt die Prozesskosten nach einem Freispruch?
Nach einem Freispruch trägt grundsätzlich die Staatskasse die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten. Dies ist in § 467 Absatz 1 der Strafprozessordnung (StPO) geregelt. Die Regelung gilt nicht nur bei einem Freispruch, sondern auch wenn die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen den Angeschuldigten abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird.
Der Gesetzgeber hat diese Regelung getroffen, um den freigesprochenen Angeklagten finanziell zu entlasten. Es wäre unbillig, wenn jemand, der zu Unrecht beschuldigt wurde, auch noch die Kosten des Verfahrens tragen müsste. Die Übernahme der Kosten durch die Staatskasse dient somit dem Schutz des unschuldig Verfolgten.
Es gibt jedoch Ausnahmen von diesem Grundsatz. So werden dem Angeschuldigten die Kosten des Verfahrens auferlegt, die er durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat. Hat der Angeschuldigte beispielsweise einen Gerichtstermin ohne triftigen Grund versäumt und musste deshalb ein neuer Termin anberaumt werden, so muss er die dadurch entstandenen zusätzlichen Kosten selbst tragen.
Eine weitere Ausnahme besteht, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage durch eine falsche Selbstanzeige veranlasst hat. In diesem Fall werden seine notwendigen Auslagen nicht von der Staatskasse übernommen. Der Gesetzgeber will damit verhindern, dass jemand durch eine vorgetäuschte Straftat das Justizsystem missbraucht und dann auch noch seine Auslagen erstattet bekommt.
Das Gericht hat zudem die Möglichkeit, von der Auferlegung der notwendigen Auslagen des Angeschuldigten auf die Staatskasse abzusehen, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage durch unwahre oder widersprüchliche Angaben veranlasst hat. Dies gilt auch, wenn der Angeschuldigte wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat.
Bei einer Verfahrenseinstellung nach richterlichem Ermessen kann das Gericht ebenfalls davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen. Dies ermöglicht eine flexible Handhabung in Fällen, in denen eine Kostenübernahme durch die Staatskasse als unangemessen erscheint.
Die Regelungen zur Kostentragung nach einem Freispruch dienen dem Schutz des unschuldig Verfolgten, berücksichtigen aber auch Fälle, in denen der Angeschuldigte selbst zur Verfahrenseinleitung beigetragen hat. Sie stellen somit einen Ausgleich zwischen den Interessen des Einzelnen und denen der Allgemeinheit dar.
Welche Schritte muss man unternehmen, um die Erstattung der Prozesskosten zu beantragen?
Um die Erstattung der Prozesskosten nach einem Freispruch zu beantragen, müssen freigesprochene Angeklagte mehrere Schritte unternehmen. Zunächst ist es wichtig, dass der Freispruch rechtskräftig geworden ist. Dies geschieht in der Regel nach Ablauf der Rechtsmittelfrist oder wenn die Staatsanwaltschaft auf Rechtsmittel verzichtet hat.
Nach Rechtskraft des Freispruchs sollte unverzüglich ein schriftlicher Antrag auf Festsetzung der notwendigen Auslagen bei dem Gericht gestellt werden, das in erster Instanz entschieden hat. Dieser Antrag muss gemäß § 464b StPO innerhalb von drei Monaten nach Rechtskraft des Urteils eingereicht werden. Eine Versäumnis dieser Frist kann zum Verlust des Erstattungsanspruchs führen.
Der Antrag sollte eine detaillierte Aufstellung aller erstattungsfähigen Kosten enthalten. Dazu gehören insbesondere die Rechtsanwaltskosten, Fahrtkosten zu Gerichtsterminen, Verdienstausfälle sowie Auslagen für Sachverständige oder Zeugen, die der Angeklagte selbst beauftragt hat. Es ist ratsam, sämtliche Belege und Rechnungen dem Antrag beizufügen.
Bei der Beantragung der Anwaltskosten ist zu beachten, dass grundsätzlich nur die Kosten für einen Verteidiger erstattet werden. In besonders umfangreichen oder komplexen Verfahren kann jedoch ausnahmsweise auch die Erstattung für einen zweiten Verteidiger gerechtfertigt sein. Dies muss im Antrag besonders begründet werden.
Für Fahrtkosten zu Gerichtsterminen mit dem eigenen Kraftfahrzeug können pauschal 0,30 Euro pro gefahrenen Kilometer angesetzt werden. Bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sind die tatsächlichen Kosten erstattungsfähig. Auch hier sollten entsprechende Belege beigefügt werden.
Der Verdienstausfall muss durch eine Bescheinigung des Arbeitgebers nachgewiesen werden. Selbstständige müssen eine plausible Berechnung ihres entgangenen Gewinns vorlegen.
Nach Eingang des Antrags prüft das Gericht die geltend gemachten Kosten auf ihre Notwendigkeit und Angemessenheit. Es kann dabei einzelne Positionen kürzen oder streichen, wenn es diese für nicht erforderlich hält. Gegen den Festsetzungsbeschluss des Gerichts kann binnen zwei Wochen Beschwerde eingelegt werden.
In komplexen Fällen oder bei hohen Summen kann es sinnvoll sein, einen auf Kostenrecht spezialisierten Rechtsanwalt mit der Antragstellung zu beauftragen. Die Kosten hierfür sind allerdings in der Regel nicht erstattungsfähig.
Es ist zu beachten, dass nicht alle im Zusammenhang mit dem Strafverfahren entstandenen Kosten erstattungsfähig sind. So werden beispielsweise Kosten für Privatdetektive oder für eine begleitende Öffentlichkeitsarbeit in der Regel nicht von der Staatskasse übernommen.
Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es, wenn die Erstattung abgelehnt wird?
Bei Ablehnung der Erstattung notwendiger Auslagen steht dem freigesprochenen Angeklagten als Rechtsmittel die sofortige Beschwerde zur Verfügung. Diese muss innerhalb einer Woche nach Bekanntmachung der Entscheidung eingelegt werden. Die Frist beginnt mit der Verkündung des Urteils zu laufen, sofern der Angeklagte anwesend war. Andernfalls beginnt sie mit der Zustellung.
Die sofortige Beschwerde ist beim Gericht einzulegen, das die angefochtene Entscheidung getroffen hat. Sie kann schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden. Eine Begründung ist nicht zwingend erforderlich, kann aber zur Verdeutlichung des Standpunkts sinnvoll sein.
Das Beschwerdegericht prüft die Entscheidung in vollem Umfang auf Rechts- und Ermessensfehler. Es ist dabei an die tatsächlichen Feststellungen des Ausgangsgerichts gebunden. Eine mündliche Verhandlung findet in der Regel nicht statt.
Wichtig ist die strikte Einhaltung der einwöchigen Frist. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Fristversäumnis kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, etwa bei unverschuldeter Verhinderung. Der bloße Irrtum über den Inhalt der Kostenentscheidung rechtfertigt keine Wiedereinsetzung.
Neben der sofortigen Beschwerde besteht die Möglichkeit, einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 464b StPO zu stellen. Dieser richtet sich gegen die Festsetzung der Höhe der zu erstattenden Auslagen durch die Kostenbeamten. Die Frist hierfür beträgt zwei Wochen nach Bekanntgabe des Kostenfestsetzungsbeschlusses.
In komplexen Fällen oder bei Unsicherheiten bezüglich der Erfolgsaussichten ist die Konsultation eines Rechtsanwalts ratsam. Dieser kann die Erfolgsaussichten einer Beschwerde einschätzen und bei der fristgerechten und formgerechten Einlegung unterstützen.
Die sorgfältige Prüfung der Kostenentscheidung unmittelbar nach Urteilsverkündung ist essenziell. Unklarheiten sollten umgehend mit dem Verteidiger besprochen werden, um die kurze Beschwerdefrist nicht zu versäumen.
Bei teilweiser Ablehnung der Erstattung ist zu beachten, dass die sofortige Beschwerde auch gegen einzelne Teile der Kostenentscheidung eingelegt werden kann. Dies ermöglicht eine gezielte Anfechtung bestimmter Kostenpositionen.
Die Einlegung der sofortigen Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, die angefochtene Entscheidung bleibt zunächst wirksam. In Ausnahmefällen kann jedoch beim Beschwerdegericht ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt werden.
Wird die sofortige Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen, fallen weitere Gerichtskosten an. Diese Kostenfolge sollte bei der Entscheidung über die Einlegung einer Beschwerde berücksichtigt werden.
Welche Fristen müssen bei der Beantragung der Prozesskostenerstattung beachtet werden?
Bei der Beantragung der Prozesskostenerstattung sind bestimmte Fristen zu beachten. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen eines freigesprochenen Angeklagten erfolgt in der Regel zusammen mit dem Urteil. Wird die Kostenentscheidung nicht direkt im Urteil getroffen, kann sie nachträglich beantragt werden.
Für den nachträglichen Antrag auf Erstattung der notwendigen Auslagen gilt eine Frist von drei Monaten. Diese Frist beginnt mit der Rechtskraft des Urteils. Der Antrag muss innerhalb dieser drei Monate beim zuständigen Gericht eingereicht werden. Eine Versäumnis dieser Frist kann zur Ablehnung des Erstattungsantrags führen.
Gegen die Kostenentscheidung des Gerichts steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde als Rechtsmittel zur Verfügung. Die Frist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde beträgt eine Woche. Sie beginnt mit der Zustellung oder Verkündung der Entscheidung über die Kostenerstattung.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Kostenentscheidung in der Regel zusammen mit dem Urteil ergeht. In diesem Fall muss kein gesonderter Antrag gestellt werden. Die Frist für einen nachträglichen Antrag kommt nur dann zum Tragen, wenn das Gericht die Kostenentscheidung nicht bereits im Urteil getroffen hat.
Für freigesprochene Angeklagte ist es ratsam, unmittelbar nach Erhalt des Urteils zu prüfen, ob eine Kostenentscheidung enthalten ist. Falls nicht, sollte der Antrag auf Erstattung der notwendigen Auslagen zeitnah gestellt werden, um die Dreimonatsfrist nicht zu versäumen.
Die strikte Beachtung dieser Fristen ist von großer Bedeutung. Eine Fristversäumnis kann dazu führen, dass berechtigte Ansprüche auf Erstattung der Prozesskosten nicht mehr geltend gemacht werden können. Dies kann erhebliche finanzielle Nachteile für den freigesprochenen Angeklagten zur Folge haben.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Freispruch: Ein Freispruch ist eine gerichtliche Entscheidung, die besagt, dass der Angeklagte nicht schuldig ist. Dies bedeutet, dass das Gericht keine ausreichenden Beweise gefunden hat, um den Angeklagten für das ihm vorgeworfene Verbrechen zu verurteilen. Ein Freispruch führt dazu, dass der Angeklagte aus der Strafverfolgung entlassen wird.
- Notwendige Auslagen: Notwendige Auslagen sind Kosten, die einem Angeklagten im Rahmen seiner Verteidigung entstehen und die für die Durchführung eines fairen Verfahrens erforderlich sind. Dazu gehören Anwaltskosten, Kosten für Sachverständige und Reisekosten. Diese Auslagen müssen von der Staatskasse übernommen werden, wenn der Angeklagte freigesprochen wird.
- Sofortige Beschwerde: Eine sofortige Beschwerde ist ein Rechtsmittel, das gegen bestimmte gerichtliche Entscheidungen eingelegt werden kann. Sie muss innerhalb einer kurzen Frist nach der Entscheidung eingereicht werden. Im vorliegenden Fall wurde eine sofortige Beschwerde gegen die unterbliebene Entscheidung über die Erstattung der Auslagen eingelegt.
- Verhältnismäßigkeitsprinzip: Das Verhältnismäßigkeitsprinzip ist ein Grundsatz im deutschen Recht, der besagt, dass Maßnahmen, die von staatlichen Stellen ergriffen werden, im Verhältnis zum angestrebten Ziel stehen müssen. Im Kontext der Prozesskosten bedeutet dies, dass die Kosten im Verhältnis zur Bedeutung und Komplexität des Falls angemessen sein müssen.
- Staatskasse: Die Staatskasse ist die Finanzverwaltung des Staates, die für die Einnahmen und Ausgaben des Staates verantwortlich ist. Im Strafverfahren übernimmt die Staatskasse die notwendigen Auslagen eines freigesprochenen Angeklagten. Dies entlastet den Angeklagten finanziell, wenn er vom Vorwurf freigesprochen wird.
- Prozesskostenhilfe: Prozesskostenhilfe ist eine staatliche Unterstützung, die Personen gewährt wird, die sich die Kosten eines Gerichtsverfahrens nicht leisten können. Sie stellt sicher, dass auch finanziell schwächere Personen Zugang zu gerichtlichem Rechtsschutz haben. Bei einem Freispruch kann die Staatskasse auch diese Kosten übernehmen, wenn die Prozesskostenhilfe bewilligt wurde.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 467 Abs. 1 StPO (Erstattungspflicht der Staatskasse): Dieser Paragraph besagt, dass die Staatskasse einem freigesprochenen Angeklagten die notwendigen Auslagen erstatten muss. Im vorliegenden Fall wurde der Angeklagte A freigesprochen und hat daher Anspruch auf Erstattung seiner Auslagen durch die Staatskasse.
- § 464 Abs. 3 StPO (Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde): Dieser Paragraph regelt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer sofortigen Beschwerde. Im vorliegenden Fall war die sofortige Beschwerde des Angeklagten A gegen die unterbliebene Auslagenentscheidung statthaft, da ein Rechtsmittel gegen die Hauptentscheidung (Freispruch) grundsätzlich möglich gewesen wäre.
- § 473 Abs. 3 StPO (Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren): Gemäß diesem Paragraphen kann das Gericht im Beschwerdeverfahren über die Kosten entscheiden. Im vorliegenden Fall hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden, dass die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers von der Staatskasse zu tragen sind.
- Art. 6 Abs. 3 lit. e EMRK (Recht auf Verteidigung): Dieser Artikel der Europäischen Menschenrechtskonvention garantiert das Recht auf Verteidigung, einschließlich des Rechts auf einen Anwalt. Im vorliegenden Fall wurde das Recht auf Verteidigung des Angeklagten A durch die Erstattung seiner notwendigen Auslagen gestärkt.
- § 465 StPO (Umfang der Auslagenentscheidung): Dieser Paragraph legt fest, dass die Auslagenentscheidung alle notwendigen Auslagen eines Angeklagten umfassen muss. Im vorliegenden Fall hat das Oberlandesgericht Hamm klargestellt, dass die Auslagenentscheidung auch die notwendigen Auslagen des freigesprochenen Angeklagten A umfassen muss.
Das vorliegende Urteil
OLG Hamm – Az.: 3 Ws 433/21 – Beschluss vom 16.11.2021
Lesen Sie hier das Urteil…
Das Urteil der 3. großen Strafkammer – Jugendkammer – des Landgerichts Bielefeld vom 27. September 2021 (Aktenzeichen: 03 KLs 20/21) wird – soweit es den Angeklagten A betrifft – dahingehend abgeändert und ergänzt, dass die Staatskasse auch die dem Angeklagten A entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen hat.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der dem Beschwerdeführer in diesem Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Gründe
I.
Die Staatsanwaltschaft Bielefeld hat unter dem 5. März 2021 Anklage gegen den Beschwerdeführer wegen Beihilfe zu einem versuchten schweren Raub beim Landgericht – Jugendkammer – Bielefeld erhoben.
Nach Eröffnung des Hauptverfahrens hat die 3. große Strafkammer – Jugendkammer – des Landgerichts Bielefeld den Beschwerdeführer mit Urteil vom 27. September 2021 freigesprochen und zwei Mitangeklagte verurteilt. Die Kostenentscheidung in der Urteilsformel lautet wie folgt:
„Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens, soweit es sie betrifft und soweit sie verurteilt wurden.
Im Übrigen fallen die Kosten der Landeskasse zur Last.“
Mit seiner sofortigen Beschwerde vom 27. September 2021 – Eingang beim Landgericht Bielefeld am selben Tag – wendet sich der Angeklagte gegen die unterbliebene Auslagenentscheidung.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 27. September 2021 bezüglich des Angeklagten A dahingehend abzuändern und zu ergänzen, dass die Staatskasse auch die dem Angeklagten A entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen hat.
II.
Die sofortige Beschwerde gegen die unterbliebene Auslagenentscheidung ist statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden. Der Zulässigkeit steht auch § 464 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz StPO nicht entgegen, da gegen die Hauptentscheidung ein Rechtsmittel als solches statthaft ist und dieses – wie hier aufgrund des Freispruchs – lediglich mangels Beschwer nicht zulässig wäre (vgl. Senat, Beschluss vom 19. Mai 2005 – 3 Ws 212/05 – juris; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Auflage, § 464, Rdnr. 19 m.w.N.).
Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Die das Verfahren abschließende Entscheidung muss ausdrücklich zum Ausdruck bringen, dass ein Dritter und – wie im Falle des Freispruchs – die Staatskasse auch die notwendigen Auslagen eines Angeklagten zu tragen hat (vgl. OLG Hamm Beschluss vom 29. November 2000 – 2 Ws 316/00, BeckRS 2007, 18586; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Auflage, § 467, Rdnr. 20).
Gemäß § 467 Abs. 1 StPO hat die Staatskasse die einem freigesprochenen Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Dementsprechend ist das Urteil abzuändern und zu ergänzen.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung betreffend das Beschwerdeverfahren folgt aus seiner entsprechenden Anwendung der §§ 473 Abs. 3, 467 StPO.