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Fahrens ohne Fahrerlaubnis bei Gebrauch einer umgetauschten Fahrerlaubnis eines Mitgliedstaates

Ein Mann in Passau wurde vom Vorwurf des Fahrens ohne Fahrerlaubnis freigesprochen, obwohl ihm sein deutscher Führerschein Jahre zuvor entzogen worden war. Der Clou: Er hatte zwischenzeitlich einen österreichischen Führerschein erworben, der – so das Landgericht – in Deutschland anerkannt werden muss. Damit kippte das Gericht das Urteil des Amtsgerichts, welches den Mann zuvor noch zu einer Geldstrafe verurteilt hatte.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Passau
  • Datum: 08.04.2020
  • Aktenzeichen: 1 Ns 15 Js 10367/19
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren im Strafrecht
  • Rechtsbereiche: Strafrecht, Fahrerlaubnisrecht

Beteiligte Parteien:

  • Angeklagter: Der Angeklagte wurde ursprünglich vom Amtsgericht Passau wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt. Er legte Berufung ein und argumentierte, dass seine österreichische Fahrerlaubnis ihn zum Führen eines Fahrzeugs im Inland berechtigt.
  • Amtsgericht Passau: Hatte den Angeklagten zunächst verurteilt, da es davon ausging, dass die österreichische Fahrerlaubnis aufgrund der vorherigen Aberkennung der tschechischen Fahrerlaubnis nicht für das Führen eines Fahrzeugs im Inland gültig ist.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Angeklagte wurde beschuldigt, in zwei Fällen ohne gültige Fahrerlaubnis im Inland gefahren zu sein. Nachdem ihm die deutsche und tschechische Fahrerlaubnis entzogen worden waren, hatte er in Österreich eine neue Fahrerlaubnis erhalten, die ihm laut Vorwurf nicht das Führen eines Fahrzeugs in Deutschland erlaubte.
  • Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob eine in einem anderen EU-Staat erteilte Fahrerlaubnis nach Ablauf einer inländischen Sperrfrist anzuerkennen ist, auch wenn zuvor im Inland eine Entziehung der Fahrerlaubnis erfolgt ist.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Der Angeklagte wurde freigesprochen, da die österreichische Fahrerlaubnis anzuerkennen ist.
  • Begründung: Gemäß EU-Recht müssen Fahrerlaubnisse, die nach Ablauf einer Sperrfrist und unter Einhaltung des Wohnsitzerfordernisses in einem anderen EU-Mitgliedsstaat erteilt wurden, anerkannt werden. Die österreichische Fahrerlaubnis des Angeklagten erfüllt diese Bedingungen.
  • Folgen: Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Der Freispruch bestätigt das Recht auf Anerkennung einer in einem anderen EU-Staat legal erteilten Fahrerlaubnis nach Ablauf der Sperrfrist.

Fahren ohne gültige Fahrerlaubnis: Rechtliche Folgen und spezielle Herausforderungen

Das Fahren ohne gültige Fahrerlaubnis stellt eine schwerwiegende Verletzung der verkehrsrechtlichen Bestimmungen dar und kann erhebliche rechtliche Folgen nach sich ziehen. Besonders kompliziert wird die Situation, wenn es um umgetauschte Fahrerlaubnisse aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union geht. Hierbei stellt sich die Frage, ob der rechtliche Status dieser Führerscheine im Heimatland des Fahrzeugführers anerkannt wird und welche Konsequenzen im Falle von Verstößen drohen.

Im Rahmen einer zunehmenden Nulltoleranzpolitik, insbesondere im Hinblick auf Verkehrssicherheit, kann das Fahren mit einer nicht anerkannten Fahrerlaubnis nicht nur mit Bußgeldern bestraft werden, sondern auch zu einem Fahrverbot und einem möglichen Fahrerlaubnisentzug führen. In der folgenden Analyse wird ein konkreter Fall beleuchtet, der die Herausforderungen und rechtlichen Rahmenbedingungen im Zusammenhang mit dem Führerscheintausch und der Nutzung einer umgetauschten Fahrerlaubnis verdeutlicht.

Der Fall vor Gericht


Führerschein aus Österreich: Landgericht Passau kippt Verurteilung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis

Person reicht Dokumente bei deutscher Führerscheinstelle ein.
(Symbolfoto: Ideogram gen.)

Das Landgericht Passau hat einen Mann vom Vorwurf des fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis freigesprochen. Der Angeklagte hatte im Mai und Juni 2019 einen PKW im Stadtgebiet Passau geführt. Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, dies ohne gültige Fahrerlaubnis getan zu haben, da ihm seine deutsche Fahrerlaubnis 2006 entzogen worden war.

Komplexe Vorgeschichte mit mehreren Führerscheinen

Die Geschichte des Falls reicht bis ins Jahr 2003 zurück, als das Landratsamt Passau dem Mann erstmals eine Fahrerlaubnis erteilte. Nach dem Entzug dieser deutschen Fahrerlaubnis im Juli 2006 erwarb der Angeklagte 2007 nach bestandener theoretischer und praktischer Prüfung einen tschechischen Führerschein. Das Landratsamt Passau untersagte ihm 2012 die Nutzung dieser tschechischen Fahrerlaubnis in Deutschland. Ein späterer Antrag auf Anerkennung wurde 2013 abgelehnt.

Entscheidende Wende durch österreichische Fahrerlaubnis

Die rechtlich bedeutsame Wendung nahm der Fall im September 2017, als die Landespolizeidirektion Salzburg dem Mann eine österreichische Fahrerlaubnis erteilte. Diese basierte auf dem Umtausch seines tschechischen Führerscheins. Das Landgericht Passau stellte fest, dass der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt seinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich hatte, was durch eine behördliche Überprüfung bestätigt wurde.

Rechtliche Bewertung des Landgerichts

Das Gericht betonte in seiner Entscheidung, dass ein Führerschein, der nach Ablauf einer im Inland rechtskräftig festgesetzten Sperrfrist in einem anderen EU-Mitgliedsstaat unter Einhaltung des Wohnsitzerfordernisses erteilt wurde, in Deutschland anerkannt werden muss. Dies gilt auch dann, wenn Deutschland für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis strengere Vorgaben vorsieht.

Besonders wichtig war für das Gericht die Feststellung, dass es sich bei der österreichischen Fahrerlaubnis um eine eigenständige Neuerteilung und nicht um eine bloße Ersatzausstellung handelte. Die Landespolizeidirektion Salzburg hatte eine eigenständige Prüfung ihrer führerscheinrechtlichen Anforderungen vorgenommen. Dass keine neue Führerscheinprüfung abgelegt wurde, war dabei unerheblich, da auch das deutsche Recht eine Wiedererteilung ohne erneute Prüfung kennt.

Freispruch und Kostenübernahme durch Staatskasse

Das Landgericht hob das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Passau auf, das den Angeklagten noch zu einer Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu je 75 Euro verurteilt hatte. Mit dem Freispruch musste die Staatskasse auch die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten übernehmen.


Die Schlüsselerkenntnisse


„Eine in einem EU-Land rechtmäßig erworbene Fahrerlaubnis muss in Deutschland anerkannt werden, wenn sie nach Ablauf einer deutschen Sperrfrist und unter Einhaltung des Wohnsitzerfordernisses erteilt wurde – auch wenn deutsche Behörden strengere Voraussetzungen für eine Wiedererteilung vorsehen. Entscheidend ist, dass es sich um eine echte Neuerteilung und nicht bloß um eine Ersatzausstellung handelt, wobei eine erneute Führerscheinprüfung nicht zwingend erforderlich ist. Die Umschreibung eines EU-Führerscheins in einen anderen EU-Führerschein stellt eine solche Neuerteilung dar.“

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie nach einem Führerscheinentzug in Deutschland legal einen Führerschein in einem anderen EU-Land erworben haben und dort auch tatsächlich wohnhaft waren, dürfen Sie mit diesem Führerschein auch in Deutschland wieder fahren – selbst wenn die deutschen Behörden für eine Neuerteilung strengere Anforderungen stellen würden. Dies gilt auch, wenn Sie Ihren EU-Führerschein in einem anderen EU-Land umschreiben lassen, sofern die dortigen Behörden eine eigenständige Prüfung Ihrer Fahreignung vorgenommen haben. Eine erneute praktische Führerscheinprüfung ist dabei nicht zwingend erforderlich, wenn das ausstellende EU-Land darauf verzichtet.


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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche EU-Führerscheine werden in Deutschland grundsätzlich anerkannt?

In Deutschland werden alle gültigen Führerscheine aus EU- und EWR-Mitgliedsstaaten grundsätzlich ohne Einschränkungen anerkannt. Dies gilt sowohl für vorübergehende Aufenthalte als auch für Menschen, die ihren Wohnsitz nach Deutschland verlegen.

Geltungsbereich und Voraussetzungen

Die Anerkennung umfasst Führerscheine aus allen 27 EU-Mitgliedsstaaten sowie Island, Liechtenstein und Norwegen als EWR-Staaten. Wenn Sie einen solchen Führerschein besitzen, dürfen Sie damit in Deutschland im gleichen Umfang Kraftfahrzeuge führen wie im Ausstellungsland.

Besondere Regelungen

Für die Anerkennung gelten folgende wichtige Bestimmungen:

  • Eine Übersetzung des ausländischen Führerscheins ist nicht erforderlich.
  • Auflagen und Beschränkungen des Ausstellungslandes gelten auch in Deutschland.
  • Bei Bus- und LKW-Klassen können besondere Einschränkungen bestehen.

Einschränkungen der Anerkennung

Die Anerkennung kann in bestimmten Fällen versagt werden:

Keine Anerkennung erfolgt, wenn der EU-Führerschein während einer laufenden Sperrfrist oder unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis im Ausland erworben wurde. Das bedeutet konkret: Wenn Sie Ihren ordentlichen Wohnsitz in Deutschland haben, müssen Sie die Fahrerlaubnis auch hier erwerben.

Eine Ausnahme gilt für Studierende und Schüler, die während eines mindestens sechsmonatigen Auslandsaufenthalts einen Führerschein erwerben.


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Was bedeutet das Wohnsitzerfordernis bei EU-Führerscheinen?

Das Wohnsitzerfordernis ist ein zentrales Prinzip für den Erwerb eines EU-Führerscheins. Sie können einen Führerschein nur in dem EU-Land erwerben, in dem Sie Ihren ordentlichen Wohnsitz haben.

Definition des ordentlichen Wohnsitzes

Ein ordentlicher Wohnsitz liegt vor, wenn Sie sich mindestens 185 Tage im Jahr in dem betreffenden EU-Land aufhalten. Dabei müssen persönliche oder berufliche Bindungen nachweisbar sein, die eine enge Beziehung zwischen Ihnen und dem Wohnort erkennen lassen.

Besonderheiten bei berufsbedingten Auslandsaufenthalten

Wenn Sie beruflich im Ausland tätig sind, aber persönliche Bindungen in Deutschland haben, gilt Deutschland weiterhin als Ihr ordentlicher Wohnsitz. Voraussetzung ist, dass Sie regelmäßig zurückkehren. Bei einem zeitlich befristeten Auslandsaufenthalt entfällt diese Rückkehrpflicht.

Rechtliche Konsequenzen bei Verstößen

Ein Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis hat weitreichende Folgen. Wird ein EU-Führerschein unter Missachtung des Wohnsitzprinzips ausgestellt, ist dieser in Deutschland ungültig. Dies gilt auch dann, wenn der Führerschein später in einem anderen EU-Land umgetauscht wurde.

Ein Scheinwohnsitz – also eine reine Meldeadresse ohne tatsächlichen Aufenthalt – reicht nicht aus. Die bloße Anmeldung einer Wohnadresse erfüllt nicht die Anforderungen des Wohnsitzprinzips, wenn Sie sich nicht tatsächlich mindestens 185 Tage im Jahr dort aufhalten.


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Wann gilt eine ausländische EU-Fahrerlaubnis als Neuerteilung?

Eine ausländische EU-Fahrerlaubnis gilt als Neuerteilung, wenn sie nach einer vollständigen Überprüfung der Fahreignung im EU-Ausland erteilt wurde. Der entscheidende Unterschied zur bloßen Ersatzausstellung liegt in der erneuten Prüfung der Fahreignung durch den ausstellenden EU-Mitgliedstaat.

Kriterien für eine echte Neuerteilung

Eine echte Neuerteilung liegt vor, wenn der ausstellende EU-Staat die geistige und körperliche Eignung des Bewerbers eigenständig überprüft hat. Die bloße Ausstellung eines neuen Führerscheindokuments oder der reine Umtausch stellt hingegen keine Neuerteilung dar.

Rechtliche Bedeutung für die Anerkennung

Wenn Sie einen EU-Führerschein als echte Neuerteilung erhalten haben, muss dieser in Deutschland anerkannt werden – auch ohne zusätzliche Eignungsprüfung wie etwa eine MPU. Dies gilt jedoch nur, wenn die Ausstellung außerhalb einer in Deutschland verhängten Sperrfrist erfolgte.

Besonderheiten beim Wohnsitz

Der ausstellende EU-Mitgliedstaat muss vor der Neuerteilung das Wohnsitzerfordernis überprüft haben. Ein reiner Führerscheintourismus ist nicht zulässig. Wurde der Führerschein unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis erworben, bleibt er auch nach einem späteren Umtausch in einem anderen EU-Land ungültig.


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Welche Rolle spielt eine frühere deutsche Fahrerlaubnisentziehung?

Eine frühere Fahrerlaubnisentziehung in Deutschland hat erhebliche Auswirkungen auf die Gültigkeit einer später erworbenen EU-Fahrerlaubnis. Die Entziehung der Fahrerlaubnis führt zur Aberkennung des Rechts, von einer ausländischen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen.

Rechtliche Konsequenzen

Wenn Sie nach einem Führerscheinentzug in Deutschland eine EU-Fahrerlaubnis erwerben, gilt diese in Deutschland nicht automatisch. Die Nutzung einer solchen Fahrerlaubnis ist besonders dann untersagt, wenn:

  • die EU-Fahrerlaubnis während einer noch laufenden deutschen Sperrfrist erworben wurde
  • zum Zeitpunkt der Ausstellung kein ordentlicher Wohnsitz im Ausstellerstaat bestand
  • die deutschen Behörden bereits Führerscheinmaßnahmen angeordnet haben

Sperrfristen und Wiedererteilung

Nach einer Entziehung gelten Sperrfristen von 5 Jahren für Ersttäter und 10 Jahren für Wiederholungstäter. Während dieser Sperrfrist darf weder eine inländische Fahrerlaubnis erteilt noch von einer ausländischen Fahrerlaubnis Gebrauch gemacht werden.

Wiedererlangung der Fahrberechtigung

Das Recht, mit einer EU-Fahrerlaubnis in Deutschland zu fahren, lebt nach Ablauf der Sperrfrist nicht automatisch wieder auf. Sie müssen einen gesonderten Antrag bei der zuständigen deutschen Fahrerlaubnisbehörde stellen. Die Behörde prüft dann, ob die Gründe für die ursprüngliche Entziehung nicht mehr bestehen.

Bei Inhabern einer EU-Fahrerlaubnis mit ordentlichem Wohnsitz in Deutschland wird der Führerschein eingezogen und an die ausstellende Behörde zurückgesandt. In anderen Fällen werden die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Sperre im ausländischen Führerschein vermerkt.


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Welche Unterschiede bestehen bei den Wiedererteilungsvoraussetzungen zwischen Deutschland und anderen EU-Ländern?

Die Wiedererteilungsvoraussetzungen für Fahrerlaubnisse unterscheiden sich in einigen wesentlichen Punkten zwischen Deutschland und anderen EU-Ländern:

Dauer der Sperrfrist

In Deutschland kann eine Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis zwischen 6 Monaten und 5 Jahren betragen. In anderen EU-Ländern, wie beispielsweise Österreich, ist die maximale Sperrfrist oft kürzer. In Österreich beträgt sie maximal 18 Monate.

Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU)

Ein bedeutender Unterschied ist die Anforderung einer MPU. In Deutschland ist eine MPU bei schweren Verkehrsverstößen, insbesondere bei Alkohol- oder Drogendelikten, oft verpflichtend. In vielen anderen EU-Ländern, wie Österreich, gibt es kein direktes Äquivalent zur MPU. Stattdessen wird häufig nur ein medizinisches Gutachten verlangt.

Antragstellung und Fristen

In Deutschland können Sie den Antrag auf Wiedererteilung frühestens 6 Monate vor Ablauf der Sperrfrist stellen. In Österreich hingegen haben Sie die Möglichkeit, den Antrag innerhalb von 18 Monaten nach Ablauf der Entziehungsdauer zu stellen.

Prüfungsanforderungen

Wenn Sie in Deutschland eine Wiedererteilung beantragen, müssen Sie unter Umständen erneut eine Fahrerlaubnisprüfung ablegen. Dies ist der Fall, wenn die Behörde Zweifel an Ihren Fahrkenntnissen hat. In Österreich ist eine erneute praktische Fahrprüfung nur dann erforderlich, wenn der Antrag auf Wiedererteilung nach 18 Monaten gestellt wird.

Rechtliche Konsequenzen bei EU-Fahrerlaubnissen

Besonders relevant für Sie ist die Handhabung von EU-Fahrerlaubnissen nach einer Sperrfrist in Deutschland. Wenn Sie beispielsweise nach einer Sperrfrist in Deutschland eine Fahrerlaubnis in einem anderen EU-Land erwerben, ist diese in Deutschland nicht automatisch gültig. Sie müssen in Deutschland einen Antrag auf Neuerteilung stellen, auch wenn Sie bereits eine gültige EU-Fahrerlaubnis besitzen.

Diese Unterschiede können erhebliche Auswirkungen haben, wenn Sie nach einem Führerscheinentzug in Deutschland eine Fahrerlaubnis in einem anderen EU-Land erwerben. Stellen Sie sich vor, Sie erhalten nach einer Sperrfrist in Deutschland einen polnischen Führerschein. Wenn Sie damit in Deutschland fahren, ohne zuvor die Neuerteilung in Deutschland beantragt zu haben, riskieren Sie eine Strafverfolgung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Fahrerlaubnis

Die Fahrerlaubnis ist die behördliche Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr. Sie wird durch den Führerschein als Dokument nachgewiesen. Die rechtliche Grundlage bildet § 2 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG). Eine Fahrerlaubnis kann bei schweren Verkehrsverstößen entzogen oder bei kleineren Vergehen temporär durch ein Fahrverbot ausgesetzt werden. Im EU-Raum gilt grundsätzlich die gegenseitige Anerkennung von Fahrerlaubnissen, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.


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Führerscheinentzug

Der Führerscheinentzug ist eine behördliche oder gerichtliche Maßnahme, bei der die Fahrerlaubnis dauerhaft entzogen wird. Geregelt in §§ 3, 4 StVG und § 69 StGB. Anders als beim befristeten Fahrverbot muss nach einem Entzug eine neue Fahrerlaubnis beantragt werden. Typische Gründe sind schwere Verkehrsdelikte, Alkohol am Steuer oder charakterliche Nichteignung. Beispiel: Bei einer Trunkenheitsfahrt mit 1,6 Promille wird in der Regel die Fahrerlaubnis entzogen.


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Sperrfrist

Die Sperrfrist ist ein Zeitraum, in dem nach einem Führerscheinentzug keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Geregelt in § 69a StGB. Sie beginnt mit der Rechtskraft des Urteils und kann zwischen 6 Monaten und 5 Jahren betragen, in besonders schweren Fällen auch lebenslang. Während der Sperrfrist ist eine Neuerteilung der Fahrerlaubnis auch in anderen EU-Ländern grundsätzlich nicht möglich. Die Dauer richtet sich nach der Schwere des Verkehrsverstoßes und der Prognose für künftiges Verhalten.


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Wohnsitzerfordernis

Das Wohnsitzerfordernis ist eine zentrale Voraussetzung für die Erteilung einer Fahrerlaubnis in der EU. Geregelt in § 7 FeV und der EU-Führerscheinrichtlinie 2006/126/EG. Der Antragsteller muss seinen ordentlichen Wohnsitz (mindestens 185 Tage im Jahr) in dem Land haben, in dem er die Fahrerlaubnis beantragt. Dies soll „Führerscheintourismus“ verhindern. Beispiel: Ein Deutscher kann nicht einfach für ein Wochenende nach Tschechien fahren und dort einen Führerschein beantragen.


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Neuerteilung

Die Neuerteilung bezeichnet die erneute Erteilung einer Fahrerlaubnis nach vorherigem Entzug. Geregelt in §§ 20, 21 FeV. Sie unterscheidet sich von einer bloßen Ersatzausstellung oder Umschreibung dadurch, dass eine neue, eigenständige Prüfung der Voraussetzungen erfolgt. Je nach Fall kann eine neue praktische/theoretische Prüfung oder eine MPU erforderlich sein. Die Neuerteilung ist erst nach Ablauf der Sperrfrist möglich.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 28 Abs. 1 FEV: Dieser Paragraph regelt die Anerkennung von im Ausland erworbenen Fahrerlaubnissen in Deutschland. Demnach müssen Fahrerlaubnisse, die nach Ablauf einer im Inland festgesetzten Sperrfrist und unter Berücksichtigung der Wohnsitzanforderungen in einem anderen EU-Mitgliedstaat erteilt wurden, in Deutschland anerkannt werden. Im vorliegenden Fall wird dies entscheidend, da der Angeklagte nach der Sperrfrist eine österreichische Fahrerlaubnis erworben hat, die nun Gültigkeit in Deutschland beanspruchen kann.
  • § 28 Abs. 4 Nr. 7 FEV: Hierbei handelt es sich um eine Regelung, die beschränkt, wann eine im Ausland erworbene Fahrerlaubnis die Gültigkeit in Deutschland verliert. Die Norm stellt klar, dass solche Einschränkungen nicht greifen, wenn die Führerscheinerteilung nach Ablauf der Sperrfrist und unter Einhaltung der gesetzlichen Bedingungen erfolgt ist. Im Fall des Angeklagten war die Erteilung der österreichischen Fahrerlaubnis nach der festgelegten Sperrfrist erfolgt, weshalb die Einschränkungen des Paragraphen nicht zur Anwendung kommen.
  • § 267 Abs. 4 StPO: Dieser Paragraph beschreibt die Entscheidungsmöglichkeit des Gerichts im Berufungsverfahren. Das Gericht kann bei unzureichender Begründung des vorherigen Urteils entscheiden, unabhängig von der Beweiswürdigung und dem Verfahrensverlauf in erster Instanz. Im analysierten Fall wurde die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben, weil das Gericht zu dem Schluss kam, dass der Angeklagte aus rechtlichen Gründen freizusprechen ist, was auf eine fehlerhafte rechtliche Würdigung in der ersten Instanz hinweist.
  • EuGH NJW 2012, 1935: Diese Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs befasst sich mit der Anerkennung europäischer Fahrerlaubnisse innerhalb der EU. Der EuGH hatte festgelegt, dass Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Erteilung von Fahrerlaubnissen Nachsicht walten lassen müssen, selbst wenn nationale Gesetze strengere Anforderungen aufstellen. Diese Rechtsprechung ist für den Fall relevant, da sie die rechtliche Basis bildet, auf der die Zustimmung zur Anerkennung der österreichischen Fahrerlaubnis des Angeklagten beruht und die verweigerte Nutzung der tschechischen Fahrerlaubnis in Deutschland legitimiert.
  • Landratsamt Passau – Bescheide: Die verschiedenen Bescheide des Landratsamts, insbesondere über die Aberkennung der tschechischen Fahrerlaubnis und die ablehnenden Bescheide, sind für die Beurteilung der Fahrerlaubnis des Angeklagten und die Handlungsspielräume der Behörden entscheidend. Diese Bescheide legen die rechtlichen Rahmenbedingungen fest, unter denen der Angeklagte die österreichische Fahrerlaubnis beantragt hat. Die rechtlichen Sanktionen und die vorhergehenden Entziehungen von Fahrerlaubnissen bilden den Hintergrund des Rechtsstreits und die daraus resultierenden Ansprüche des Angeklagten auf Erteilung und Nutzung einer gültigen Fahrerlaubnis.

Weitere Beiträge zum Thema

  • Vorsorgliche Fahrerlaubnisentziehung: Fallstudie zu ausländischen Führerscheinen
    Das Landgericht Mönchengladbach entschied, dass die vorläufige Entziehung einer Fahrerlaubnis nur bei nachgewiesenem Besitz zulässig ist, nicht bei bloßem Verdacht. → → Regeln zur Fahrerlaubnisentziehung im Ausland
  • Kraftfahrzeugführung mit EU-Fahrerlaubnis nach Verhängung einer isolierten Sperrfrist im Inland
    Das Kammergericht Berlin bestätigte die Verurteilung eines Mannes wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, da seine polnische EU-Fahrerlaubnis in Deutschland aufgrund einer verhängten Sperrfrist ungültig war. → → Sperrfristen für EU-Fahrerlaubnisse in Deutschland
  • Vorlage gefälschter Führerschein bei Führerscheinstelle – Entziehung der Fahrerlaubnis
    Deutsche Behörden dürfen die ordnungsgemäße Erteilung von EU-Fahrerlaubnissen nicht überprüfen, es sei denn, es liegen Ausnahmen vor, wie z.B. die Vorlage gefälschter Führerscheine. → → Folgen der Vorlage gefälschter Führerscheine
  • Fahren ohne Fahrerlaubnis – Anerkennung eines gefälschten umgeschriebenen EU-Führerscheins
    Das OLG München verurteilte einen Angeklagten wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in mehreren Fällen, da sein umgeschriebener EU-Führerschein als gefälscht erkannt wurde. → → Strafen für gefälschte umgeschriebene EU-Führerscheine
  • Fahren ohne Fahrerlaubnis – ausländische Fahrerlaubnis
    Nach § 28 Abs. 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU-Fahrerlaubnis mit ordentlichem Wohnsitz in Deutschland Fahrzeuge führen, sofern keine Einschränkungen nach § 28 Abs. 4 FeV vorliegen. → → Rechte für EU-Fahrerlaubnisinhaber in Deutschland

Diese Artikel bieten einen umfassenden Einblick in die rechtlichen Aspekte der Anerkennung ausländischer Fahrerlaubnisse in Deutschland.

Das vorliegende Urteil

LG Passau – Az.: 1 Ns 15 Js 10367/19 – Urteil vom 08.04.2020


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