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Feststellungen bei einer Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung

Am Essener Hauptbahnhof kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen auf einer Rolltreppe und im Gleisbett. Das Oberlandesgericht Hamm hob das Urteil gegen den Angeklagten auf, da die Feststellungen zur Körperverletzung und Gefährdung des Bahnverkehrs nicht ausreichten. Nun muss das Landgericht Essen den Fall erneut verhandeln und weitere Beweise prüfen.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Das Urteil des Amtsgerichts und die Berufungsentscheidung des Landgerichts wurden aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.
  • Der Angeklagte war ursprünglich wegen zweifacher Körperverletzung und versuchten gefährlichen Eingriffs in den Schienenverkehr zu Freiheitsstrafen verurteilt worden.
  • Das Landgericht stellte fest, dass der Angeklagte auf einer Rolltreppe in Essen jemanden in den Rücken trat und später am Fuße der Rolltreppe ins Gesicht schlug.
  • Ein weiterer Vorfall betraf das Werfen eines Fahrrads in das Gleisbett am Hauptbahnhof Essen, wodurch Züge gefährdet wurden.
  • Die Revision des Angeklagten hatte Erfolg, weil das Urteil erhebliche Rechtsfehler zu seinen Lasten aufwies.
  • Das Gericht stellte fest, dass die Feststellungen zu den Körperverletzungen nicht hinreichend waren, um eine Verurteilung zu rechtfertigen, da keine ausreichende Gesundheitsbeschädigung oder körperliche Misshandlung festgestellt wurde.
  • Bei der Körperverletzung auf der Rolltreppe fehlte die Feststellung einer relevanten Gesundheitsbeeinträchtigung.
  • Bei der Körperverletzung am Fuße der Rolltreppe reichten die Feststellungen zur Rötung und zum Pochen der Wange nicht aus, um eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohlbefindens zu begründen.
  • Die Verurteilung wegen gefährlichen Eingriffs in den Schienenverkehr konnte nicht aufrechterhalten werden, weil der Vorsatz des Angeklagten, eine konkrete Gefahr zu verursachen, nicht ausreichend belegt wurde.
  • Das Landgericht muss die Beweiswürdigung erneut prüfen und weitere Feststellungen treffen, um die Vorwürfe zu klären.

Gerichtshof urteilt: Schwere Körperverletzung mit Vorsatz nachgewiesen

Körperverletzung ist ein weitverbreiteter Straftatbestand, der erhebliche Auswirkungen auf die Opfer haben kann. Im Strafrecht ist Vorsatz ein zentrales Element, um eine Person für eine Straftat verantwortlich zu machen. Das bedeutet, dass die Person sich der Folgen ihrer Handlung bewusst sein und diese auch gewollt haben muss. Im Fall von vorsätzlicher Körperverletzung bedeutet dies, dass der Täter mit Vorsatz gehandelt hat, den Körper des Opfers zu verletzen.

Gerichte müssen bei einer Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung eine Reihe von Aspekten berücksichtigen, um die Tat nachzuweisen. Dazu gehören die Art und Schwere der Verletzung, die Umstände der Tat und die Absicht des Täters. Um ein Urteil zu fällen, müssen Gerichte die verfügbaren Beweismittel sorgfältig prüfen und abwägen, um zu entscheiden, ob die Voraussetzungen für eine Verurteilung erfüllt sind. Der nächste Abschnitt wird ein konkretes Gerichtsurteil zum Thema vorsätzlicher Körperverletzung analysieren.

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Der Fall vor Gericht


Dreifache Körperverletzung am Essener Hauptbahnhof: Urteil aufgehoben

Vorsätzliche Körperverletzung am Hauptbahnhof Essen
(Symbolfoto: BalkansCat – Shutterstock.com)

Am 15. Mai 2020 und 13. Januar 2021 kam es am Hauptbahnhof Essen zu mehreren Vorfällen, bei denen ein Angeklagter in gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt war. Der erste Vorfall ereignete sich auf einer Rolltreppe, wo der Angeklagte einen Mann in den Rücken trat, sodass dieser stolperte. Am Fuß der Rolltreppe schlug der Angeklagte dem Geschädigten mit der Faust ins Gesicht. Bei einem späteren Vorfall warf der Angeklagte das Fahrrad einer anderen Person in ein Gleisbett.

Das Amtsgericht Essen verurteilte den Angeklagten zunächst wegen Körperverletzung in zwei Fällen sowie wegen eines versuchten gefährlichen Eingriffs in den Schienenverkehr. Nach einer Berufung des Angeklagten bestätigte das Landgericht Essen im Wesentlichen dieses Urteil. Der Angeklagte legte daraufhin Revision beim Oberlandesgericht Hamm ein.

Rechtliche Herausforderungen bei der Beurteilung der Körperverletzung

Das Oberlandesgericht Hamm stellte in seinem Beschluss fest, dass die bisherigen Feststellungen für eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung nicht ausreichen. Für eine Körperverletzung im Sinne des § 223 StGB muss eine nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens vorliegen. Bei dem Vorfall auf der Rolltreppe wurden jedoch keine konkreten Feststellungen zu einer Gesundheitsschädigung oder körperlichen Misshandlung getroffen.

Auch beim zweiten Vorfall am Fuß der Rolltreppe reichten die Feststellungen nicht aus. Das Gericht bemängelte, dass allein die Feststellung einer Rötung und eines „Pochens“ der Wange nicht zwangsläufig eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohlbefindens bedeute. Besonders problematisch war hier die Aussage des Geschädigten, er habe keine Schmerzen erlitten und sei „hart im Nehmen“.

Mängel in der Beweiswürdigung und Beurteilung des Vorsatzes

Das Oberlandesgericht kritisierte zudem die Beweiswürdigung des Landgerichts. Die Konstanz der Aussagen des Geschädigten wurde als Begründung herangezogen, ohne die früheren Aussagen konkret wiederzugeben. Dies machte eine Überprüfung der Beweiswürdigung für das Revisionsgericht unmöglich.

Bezüglich des Vorfalls mit dem Fahrrad im Gleisbett bemängelte das Gericht die unzureichende Feststellung eines Gefährdungsvorsatzes. Für eine Verurteilung wegen eines versuchten gefährlichen Eingriffs in den Schienenverkehr hätte nachgewiesen werden müssen, dass der Angeklagte eine konkrete Gefährdung billigend in Kauf nahm. Die bloße Kenntnis, dass viele Züge fahren, reicht dafür nicht aus.

Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung

Aufgrund der festgestellten Mängel hob das Oberlandesgericht Hamm das Urteil des Landgerichts Essen auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung zurück. Das Gericht betonte, dass weitere Feststellungen zu allen Taten möglich seien. Es wies zudem darauf hin, dass die Bewertung eines „nichtigen Anlasses“ als strafschärfend rechtlich bedenklich sei, da das Fehlen eines Strafmilderungsgrundes nicht automatisch strafschärfend wirken dürfe.

Die Schlüsselerkenntnisse


Diese Entscheidung unterstreicht die Notwendigkeit präziser Feststellungen bei Körperverletzungsdelikten. Für eine Verurteilung nach § 223 StGB muss eine nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens konkret nachgewiesen werden. Auch bei der Beurteilung des Vorsatzes, insbesondere bei Gefährdungsdelikten, sind sorgfältige Erwägungen erforderlich. Die Entscheidung mahnt zur genauen Dokumentation und Würdigung aller relevanten Umstände in der Urteilsbegründung.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil verdeutlicht, dass für eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung konkrete Beweise für eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohlbefindens erforderlich sind. Auch wenn Sie in eine körperliche Auseinandersetzung verwickelt waren, bedeutet das nicht automatisch eine strafrechtliche Verurteilung. Gerichte müssen sorgfältig prüfen, ob tatsächlich eine strafbare Körperverletzung vorliegt. Dies kann zu Ihrem Vorteil sein, wenn die Beweise für eine Verletzung nicht eindeutig sind. Allerdings unterstreicht das Urteil auch die Wichtigkeit, Konflikte friedlich zu lösen, da aggressive Handlungen rechtliche Konsequenzen haben können, selbst wenn keine schweren Verletzungen entstehen.


FAQ – Häufige Fragen

Vorsätzliche Körperverletzung ist ein schwerwiegendes Delikt mit weitreichenden Folgen. Diese FAQ-Rubrik soll Ihnen einen ersten Einblick in die rechtlichen Rahmenbedingungen und Konsequenzen geben. Hier finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen zu diesem Thema, die Ihnen helfen sollen, die rechtliche Situation besser zu verstehen.


Was versteht man unter vorsätzlicher Körperverletzung?

Die vorsätzliche Körperverletzung ist im deutschen Strafrecht ein Delikt, das in § 223 des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt ist. Sie liegt vor, wenn eine Person absichtlich oder wissentlich eine andere Person körperlich misshandelt oder deren Gesundheit schädigt. Der Vorsatz umfasst das Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung, wobei bereits bedingter Vorsatz ausreicht.

Eine körperliche Misshandlung bedeutet eine unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit mehr als nur unerheblich beeinträchtigt. Dies kann beispielsweise durch Schläge, Tritte oder andere gewaltsame Einwirkungen auf den Körper geschehen. Eine Gesundheitsschädigung liegt vor, wenn der körperliche oder seelische Zustand des Opfers zum Schlechteren verändert wird.

Wichtig ist, dass die Handlung vorsätzlich erfolgen muss. Der Täter muss also zumindest billigend in Kauf nehmen, dass seine Handlung zu einer Verletzung des Opfers führen kann. Dies unterscheidet die vorsätzliche von der fahrlässigen Körperverletzung, die in § 229 StGB geregelt ist.

Die Strafandrohung für eine vorsätzliche Körperverletzung beträgt eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe. Dabei ist zu beachten, dass auch der Versuch einer vorsätzlichen Körperverletzung strafbar ist.

In der Rechtspraxis wird bei der Beurteilung einer vorsätzlichen Körperverletzung besonderes Augenmerk auf die Feststellung des Vorsatzes gelegt. Gerichte müssen sorgfältig prüfen, ob der Täter tatsächlich mit Wissen und Wollen gehandelt hat. Dies kann in manchen Fällen eine Herausforderung darstellen, insbesondere wenn die Handlung im Affekt oder unter Alkoholeinfluss erfolgte.

Die vorsätzliche Körperverletzung kann in verschiedenen Abstufungen auftreten. Neben der einfachen vorsätzlichen Körperverletzung gibt es auch die gefährliche Körperverletzung nach § 224 StGB, die mit einer höheren Strafe bedroht ist. Diese liegt vor, wenn die Tat mittels einer Waffe, eines gefährlichen Werkzeugs oder durch einen hinterlistigen Überfall begangen wird.

Bei der rechtlichen Würdigung einer vorsätzlichen Körperverletzung spielen auch mögliche Rechtfertigungsgründe eine Rolle. So kann eine Körperverletzung unter Umständen durch Notwehr gerechtfertigt sein. Auch eine Einwilligung des Verletzten kann in bestimmten Fällen den Tatbestand ausschließen, sofern die Tat nicht gegen die guten Sitten verstößt.

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Welche Strafen drohen bei einer Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung?

Bei einer Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung drohen in Deutschland empfindliche Strafen. Das Strafgesetzbuch sieht für die einfache vorsätzliche Körperverletzung nach § 223 StGB eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vor. Die konkrete Strafe hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Schwere der Verletzung und den Umständen der Tat.

Geldstrafen werden in Tagessätzen verhängt, deren Höhe sich nach dem Einkommen des Verurteilten richtet. Ein Tagessatz entspricht einem Dreißigstel des monatlichen Nettoeinkommens. Ab 90 Tagessätzen gilt der Täter als vorbestraft, was mit einem Eintrag ins Führungszeugnis verbunden ist.

Bei schwereren Formen der Körperverletzung erhöht sich der Strafrahmen deutlich. So sieht das Gesetz für die gefährliche Körperverletzung nach § 224 StGB eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor. Dies betrifft Fälle, in denen beispielsweise Waffen oder gefährliche Werkzeuge eingesetzt wurden.

Noch härter bestraft wird die schwere Körperverletzung nach § 226 StGB. Hier droht eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Diese Strafandrohung gilt für Taten, die zu besonders schweren Folgen wie dem Verlust wichtiger Körperfunktionen führen.

Die schwerste Form stellt die Körperverletzung mit Todesfolge nach § 227 StGB dar. In diesem Fall sieht das Gesetz eine Mindestfreiheitsstrafe von drei Jahren vor. Der Täter wird hier für den Tod des Opfers bestraft, auch wenn er diesen nicht beabsichtigt hatte.

Neben den strafrechtlichen Konsequenzen müssen Täter auch mit zivilrechtlichen Folgen rechnen. Dazu gehören Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche des Opfers, die oft erhebliche finanzielle Belastungen nach sich ziehen können.

Bei der Strafzumessung berücksichtigen Gerichte verschiedene Aspekte. Dazu zählen das Vorleben des Täters, eventuelle Vorstrafen, die Beweggründe für die Tat sowie das Verhalten nach der Tat, etwa eine gezeigte Reue oder Wiedergutmachungsbemühungen.

In der Praxis enden viele Verfahren wegen einfacher Körperverletzung mit einer Geldstrafe oder einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe. Bei schweren Fällen oder Wiederholungstätern ist jedoch auch eine Haftstrafe ohne Bewährung möglich.

Es ist wichtig zu betonen, dass bereits der Versuch einer vorsätzlichen Körperverletzung strafbar ist. Auch wenn es nicht zu einer tatsächlichen Verletzung kommt, kann der Täter bestraft werden, sofern er die Tat ernsthaft versucht hat.

Die rechtlichen Folgen einer Verurteilung wegen Körperverletzung gehen oft über die eigentliche Strafe hinaus. Ein Eintrag im Führungszeugnis kann sich negativ auf die berufliche Zukunft auswirken. Zudem können bei bestimmten Berufsgruppen wie Ärzten oder Lehrern berufsrechtliche Konsequenzen drohen.

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Wie wird die Beweislast in Fällen der vorsätzlichen Körperverletzung gehandhabt?

Bei Fällen vorsätzlicher Körperverletzung liegt die Beweislast grundsätzlich bei der Staatsanwaltschaft. Sie muss dem Angeklagten nachweisen, dass er die Tat begangen und dabei vorsätzlich gehandelt hat. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der Unschuldsvermutung, der besagt, dass jeder Angeklagte bis zum Beweis seiner Schuld als unschuldig gilt.

Die Staatsanwaltschaft muss alle Tatbestandsmerkmale der vorsätzlichen Körperverletzung gemäß § 223 StGB beweisen. Dazu gehört, dass der Täter eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit geschädigt hat. Zudem muss nachgewiesen werden, dass der Täter vorsätzlich handelte, also mit Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung.

Als Beweismittel kommen verschiedene Möglichkeiten in Betracht. Häufig stützt sich die Anklage auf Zeugenaussagen, insbesondere die Aussage des Opfers selbst. Dabei wird die Glaubwürdigkeit des Zeugen und die Glaubhaftigkeit seiner Aussage vom Gericht bewertet. Aussagen unbeteiligter Dritter haben oft ein höheres Gewicht als die Aussagen der direkt Beteiligten.

Ärztliche Atteste und Gutachten spielen eine wichtige Rolle zum Nachweis der Verletzungen. Sie dokumentieren Art und Schwere der Verletzungen und können Rückschlüsse auf den Tathergang zulassen. In manchen Fällen werden auch rechtsmedizinische Gutachten eingeholt, um den genauen Verletzungsmechanismus zu klären.

Foto- oder Videoaufnahmen können sehr starke Beweise darstellen, wenn sie die Tat oder ihre unmittelbaren Folgen dokumentieren. In Zeiten von Smartphones werden Auseinandersetzungen häufiger gefilmt, was die Beweisführung erleichtern kann.

Der Nachweis des Vorsatzes gestaltet sich oft schwieriger, da es sich um einen inneren Vorgang beim Täter handelt. Hier muss das Gericht aus den äußeren Umständen auf den Vorsatz schließen. Die Art der Verletzungshandlung, etwa ein gezielter Faustschlag ins Gesicht, kann auf einen Vorsatz hindeuten.

Der Angeklagte muss seine Unschuld nicht beweisen. Er kann sich auf sein Schweigerecht berufen oder alternative Erklärungen für die Verletzungen vorbringen. Behauptet der Angeklagte beispielsweise, in Notwehr gehandelt zu haben, muss die Staatsanwaltschaft diese Einlassung widerlegen.

In der Praxis kommt es häufig zu Situationen, in denen Aussage gegen Aussage steht. Hier muss das Gericht eine Gesamtwürdigung aller Beweise vornehmen. Verbleiben Zweifel an der Täterschaft oder am Vorsatz des Angeklagten, muss das Gericht nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ (im Zweifel für den Angeklagten) freisprechen.

Die Beweisanforderungen steigen mit der Schwere der angeklagten Tat. Bei einer gefährlichen Körperverletzung nach § 224 StGB muss zusätzlich bewiesen werden, dass die Tat mittels einer Waffe, eines gefährlichen Werkzeugs oder durch einen hinterlistigen Überfall begangen wurde.

Trotz der grundsätzlichen Beweislast der Staatsanwaltschaft gibt es in der Praxis durchaus Konstellationen, in denen der Angeklagte faktisch in Beweisnot geraten kann. Dies ist etwa der Fall, wenn starke Indizien gegen ihn sprechen und er keine plausible alternative Erklärung liefern kann. Hier kann es ratsam sein, dass der Angeklagte aktiv an der Aufklärung mitwirkt, um Zweifel an seiner Schuld zu wecken.

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Was passiert, wenn die Beweisführung vor Gericht unzureichend ist?

Eine unzureichende Beweisführung vor Gericht kann weitreichende Folgen haben. Gerichte sind verpflichtet, alle relevanten Beweise sorgfältig zu prüfen und zu würdigen. Versäumt ein Gericht dies, kann das zu gravierenden Verfahrensfehlern führen.

Ein typisches Beispiel für eine mangelhafte Beweisaufnahme ist die Nichtanhörung wichtiger Zeugen. Werden angebotene Zeugenaussagen nicht berücksichtigt, obwohl sie für den Ausgang des Verfahrens bedeutsam sein könnten, liegt darin möglicherweise ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör. Dieser Anspruch ist im Grundgesetz verankert und sichert allen Verfahrensbeteiligten das Recht zu, sich zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen und Beweismitteln zu äußern.

Stellt ein höheres Gericht einen solchen Verfahrensmangel fest, kann es das Urteil der Vorinstanz aufheben. Dies geschieht häufig im Rahmen einer Revision oder Berufung. Das höhere Gericht verweist den Fall dann zur erneuten Verhandlung an die Vorinstanz zurück. Man spricht von einer Zurückverweisung. Die Vorinstanz muss den Fall unter Beachtung der Rechtsauffassung des höheren Gerichts neu aufrollen und dabei die zuvor versäumte Beweisaufnahme nachholen.

Bei Strafverfahren wegen vorsätzlicher Körperverletzung kommt es besonders auf eine sorgfältige Beweisaufnahme an. Das Gericht muss zweifelsfrei feststellen, dass der Angeklagte vorsätzlich gehandelt hat. Dafür sind oft Zeugenaussagen zum genauen Tathergang unerlässlich. Werden relevante Zeugen nicht gehört, kann das die Urteilsgrundlage erschüttern.

Eine unzureichende Beweisführung kann auch dazu führen, dass ein Freispruch erfolgt. Bleiben nach der Beweisaufnahme Zweifel an der Schuld des Angeklagten bestehen, muss das Gericht nach dem Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ entscheiden. Dies gilt selbst dann, wenn das Gericht eine Verurteilung für wahrscheinlicher hält als einen Freispruch. Nur wenn die Beweise die Schuld des Angeklagten zweifelsfrei belegen, darf eine Verurteilung erfolgen.

Für Geschädigte kann eine mangelhafte Beweisaufnahme frustrierend sein. Wird ein Täter aus Mangel an Beweisen freigesprochen, bleibt dem Opfer oft nur der Weg einer zivilrechtlichen Klage. Dort gelten allerdings geringere Beweisanforderungen als im Strafprozess.

Angeklagte sollten sich bewusst sein, dass eine Aufhebung des Urteils wegen unzureichender Beweisführung nicht automatisch zu einem Freispruch führt. Vielmehr besteht die Möglichkeit, dass in einem neuen Verfahren bei sorgfältiger Beweisaufnahme doch noch eine Verurteilung erfolgt.

Die Gerichte sind angehalten, eine Balance zwischen Verfahrensökonomie und Sorgfalt zu finden. Einerseits sollen Prozesse nicht unnötig in die Länge gezogen werden. Andererseits darf der Anspruch auf ein faires Verfahren nicht unter übertriebener Eile leiden. Diese Abwägung stellt Richter oft vor Herausforderungen.

Für alle Verfahrensbeteiligten ist es ratsam, auf eine vollständige Beweisaufnahme zu drängen. Anwälte sollten frühzeitig alle relevanten Beweismittel benennen und deren Erhebung beantragen. Werden Beweisanträge abgelehnt, kann dies ein Ansatzpunkt für Rechtsmittel sein.

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Was ist der Unterschied zwischen einfacher und gefährlicher Körperverletzung?

Die einfache Körperverletzung ist in § 223 des Strafgesetzbuchs (StGB) geregelt. Sie liegt vor, wenn eine Person eine andere körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt. Darunter fallen beispielsweise Schläge, die zu Prellungen oder blauen Flecken führen, oder leichte Verletzungen wie Kratzer. Der Strafrahmen für die einfache Körperverletzung beträgt Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren.

Die gefährliche Körperverletzung ist dagegen in § 224 StGB normiert. Sie zeichnet sich durch eine besonders gefährliche Begehungsweise aus. Dies ist etwa der Fall, wenn der Täter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet. Auch die gemeinschaftliche Begehung durch mehrere Personen oder die Beibringung von Gift fallen unter die gefährliche Körperverletzung. Der Gesetzgeber sieht hier eine erhöhte Gefahr schwerer Verletzungen. Daher ist der Strafrahmen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren deutlich höher.

Ein wichtiger Unterschied besteht darin, dass bei der gefährlichen Körperverletzung nicht zwingend schwerere Verletzungsfolgen eintreten müssen. Entscheidend ist die Gefährlichkeit der Tathandlung selbst. So kann auch ein Schlag mit einer Bierflasche, der nur zu einer Beule führt, als gefährliche Körperverletzung gewertet werden. Die Flasche stellt hier das gefährliche Werkzeug dar.

Bei der einfachen Körperverletzung muss das Opfer in der Regel einen Strafantrag stellen, damit die Tat verfolgt wird. Die gefährliche Körperverletzung wird hingegen von Amts wegen verfolgt, also auch ohne Strafantrag des Opfers.

Die Abgrenzung zwischen einfacher und gefährlicher Körperverletzung kann im Einzelfall schwierig sein. So kann ein Fußtritt je nach Intensität und Zielrichtung als einfache oder gefährliche Körperverletzung eingestuft werden. Tritt der Täter gezielt gegen den Kopf des am Boden liegenden Opfers, wird dies in der Regel als gefährliche Körperverletzung gewertet. Ein Tritt gegen das Schienbein im Stehen wäre dagegen eher eine einfache Körperverletzung.

Für die rechtliche Einordnung spielt auch der Vorsatz des Täters eine wichtige Rolle. Bei beiden Delikten muss der Täter vorsätzlich handeln. Bei der gefährlichen Körperverletzung muss sich der Vorsatz zusätzlich auf die gefährliche Begehungsweise beziehen. Der Täter muss also wissen und wollen, dass er beispielsweise ein gefährliches Werkzeug einsetzt.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Körperverletzung (§ 223 StGB): Körperverletzung ist das vorsätzliche körperliche Misshandeln oder die Gesundheitsschädigung einer anderen Person. Eine körperliche Misshandlung ist eine üble, unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden nicht unerheblich beeinträchtigt. Eine Gesundheitsbeschädigung ist das Hervorrufen oder Steigern eines krankhaften Zustandes. Im vorliegenden Fall musste geprüft werden, ob die Handlungen des Angeklagten, wie Tritte und Faustschläge, diese Voraussetzungen erfüllen.
  • Gefährliche Körperverletzung (§ 224 StGB): Dies ist eine qualifizierte Form der Körperverletzung, die durch bestimmte Umstände schwerwiegender ist und daher härter bestraft wird. Dazu gehören z.B. Körperverletzungen mit einer Waffe, Gift, hinterlistigen Überfällen oder gemeinschaftlich begangene Taten. Der Fall befasste sich jedoch hauptsächlich mit einfacher Körperverletzung und deren Nachweisbarkeit.
  • Vorsatz: Im Strafrecht bedeutet Vorsatz, dass der Täter die Tat bewusst und gewollt ausgeführt hat. Für eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung muss nachgewiesen werden, dass der Täter die Absicht hatte, das Opfer körperlich zu verletzen. Im vorliegenden Fall war der Vorsatz des Angeklagten ein zentrales Element der Anklage.
  • Rechtsmittel: Dies sind Verfahren, mit denen eine gerichtliche Entscheidung überprüft werden kann. Zu den Rechtsmitteln gehören die Berufung und die Revision. Im vorliegenden Fall hat der Angeklagte Revision eingelegt, um das Urteil des Landgerichts überprüfen zu lassen. Die Revision führte zur Aufhebung des Urteils wegen Rechtsfehlern.
  • Beweiswürdigung: Dies ist die gerichtliche Bewertung der vorliegenden Beweise, um die Wahrheit der behaupteten Tatsachen zu bestimmen. Das Gericht prüft, ob die Beweise ausreichen, um den Angeklagten zu verurteilen. Im vorliegenden Fall bemängelte das Oberlandesgericht Hamm die Beweiswürdigung des Landgerichts, da die Feststellungen nicht ausreichten, um eine vorsätzliche Körperverletzung nachzuweisen.
  • Rechtsfehler: Ein Rechtsfehler liegt vor, wenn das Gericht bei seiner Entscheidung gegen geltendes Recht verstößt. Solche Fehler können zur Aufhebung eines Urteils führen. Im vorliegenden Fall hob das Oberlandesgericht Hamm das Urteil des Landgerichts wegen Rechtsfehlern auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung zurück.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 223 StGB (Körperverletzung): Dieser Paragraph definiert die Körperverletzung als das körperliche Misshandeln oder die Gesundheitsschädigung einer anderen Person. Eine körperliche Misshandlung ist eine üble, unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden nicht nur unerheblich beeinträchtigt. Eine Gesundheitsbeschädigung ist das Hervorrufen oder Steigern eines krankhaften Zustandes. Im vorliegenden Fall wurde der Angeklagte wegen Körperverletzung verurteilt, da er einen Mann auf einer Rolltreppe getreten und ihm mit der Faust ins Gesicht geschlagen hat. Das Gericht musste prüfen, ob diese Handlungen eine körperliche Misshandlung oder eine Gesundheitsbeschädigung darstellen.
  • § 349 Abs. 4 StPO (Aufhebung des Urteils): Dieser Paragraph regelt die Aufhebung eines Urteils durch ein Revisionsgericht, wenn Rechtsfehler festgestellt wurden. Das Revisionsgericht kann das Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung an das zuständige Gericht zurückverweisen. Im vorliegenden Fall hat das Oberlandesgericht Hamm das Urteil des Landgerichts Essen aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, da die Feststellungen zur Körperverletzung nicht ausreichten.
  • § 353 StPO (Zurückverweisung): Dieser Paragraph regelt die Zurückverweisung einer Sache an das zuständige Gericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung. Die Zurückverweisung erfolgt, wenn das Revisionsgericht das Urteil aufgehoben hat und weitere Feststellungen erforderlich sind. Im vorliegenden Fall wurde die Sache an das Landgericht Essen zurückverwiesen, damit dieses weitere Feststellungen zur Körperverletzung treffen kann.
  • § 354 Abs. 2 StPO (Kosten des Rechtsmittels): Dieser Paragraph regelt die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels bei einer Zurückverweisung. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen wird, entscheidet auch über die Kosten des Rechtsmittels. Im vorliegenden Fall wird das Landgericht Essen über die Kosten der Revision entscheiden.
  • § 224 StGB (Gefährliche Körperverletzung): Dieser Paragraph definiert die gefährliche Körperverletzung, eine qualifizierte Form der Körperverletzung, die mit höheren Strafen belegt ist. Eine Körperverletzung ist gefährlich, wenn sie z.B. mittels einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeugs, mittels eines hinterlistigen Überfalls oder mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangen wird. Im vorliegenden Fall wurde nicht geprüft, ob die Körperverletzungstaten des Angeklagten unter eine der Qualifikationen des § 224 StGB fallen.

Das vorliegende Urteil

OLG Hamm – Az.: III-5 RVs 42/22 – Beschluss vom 21.04.2022

Lesen Sie hier das Urteil…

Das angefochtene Urteil wird mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat den Angeklagten durch Urteil vom 11.06.2021 unter Einbeziehung der Strafe des Amtsgerichts Recklinghausen vom 21.10.2020 (Az.: 81 Ds – 141 Js 21/20) und unter Auflösung der Gesamtstrafe und unter Einbeziehung der Strafen aus dem Urteil des AG Essen (Az.: 46 Ds – 14 Js – 415/20 – 159/20), wobei es die dortige Geldbuße aufrechterhielt, wegen Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Es hat ihn darüber hinaus wegen eines versuchten gefährlichen Eingriffs in den Schienenverkehr zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.

Die hiergegen gerichtete Berufung des Angeklagten hat das Landgericht mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt wird und es im Übrigen bei dem Urteilsausspruch des Amtsgerichts Essen „verbleibt“.

Zur Sache hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen:

1.

„Der Angeklagte erklärte am 15.05.2020 gegen 12:00 Uhr gegenüber dem späteren Geschädigten A auf der in der Zwischenebene befindlichen, abwärts fahrenden Rolltreppe am Hauptbahnhof Essen, er werde ihn jetzt von der Rolltreppe treten. Daraufhin trat der Angeklagte den Geschädigten A bewusst und zielgerichtet in den Rücken, so dass dieser zwei bis drei Stufen nach unten stolperte. Dem Geschädigten A gelang es, sich an den sich an dem Handlauf der Rolltreppe fest zu halten und so einen Sturz die Rolltreppe hinunter zu vermeiden.

2.

Als sie auf der unteren Ebene angekommen waren, kam es zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten A zu einer verbalen Diskussion. Der Angeklagte zeigte sich äußerst aggressiv und schlug dem Geschädigten A mit seiner geballten linken Faust bewusst und zielgerichtet auf die rechte Wange, welche sich infolge dessen rötete und zu pochen begann.

Der Geschädigte A stellte am 15.05.2020 Strafantrag.

3.

Am 13.01.2021 gerieten der Angeklagte und eine weitere unbekannte Person in der Mittagszeit auf dem Bahnsteig bei Gleis 11/12 des Essener Hauptbahnhofs in eine verbale Auseinandersetzung. Verärgert warf der Angeklagte das Fahrrad der Person bewusst und zielgerichtet in das neben ihm befindliche Gleisbett. Obwohl das Fahrrad teilweise auf den Schienen liegen blieb, beließ der Angeklagte es in dem Gleisbett und verließ den Bahnsteig. Der Angeklagte nahm hierbei billigend in Kauf, dass in das Gleis einfahrende Züge mit dem Fahrrad kollidieren könnten und er dementsprechend durch sein Verhalten Leib oder Leben anderer Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdete.“

Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Revision. Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts, jeweils in allgemeiner Form. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Rechtsmittel als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

II.

Die zulässige Revision des Angeklagten hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mit den zu Grunde liegenden Feststellungen und zur Zurückverweisung der Sache (§§ 349 Abs. 4; 353; 354 Abs. 2 StPO).

Die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf die Sachrüge hin hat durchgreifende Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten ergeben.

1.

Die Feststellungen zu den Taten 1) und 2) (Geschehen auf bzw. am Fuße der Rolltreppe) tragen eine Verurteilung wegen (vollendeter) vorsätzlicher Körperverletzung nicht.

Eine Körperverletzung nach § 223 StGB begeht, wer einen anderen körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt.

Eine Gesundheitsbeschädigung oder körperliche Misshandlung i.S.v. § 223 StGB ist in keinem der beiden Fälle hinreichend festgestellt worden.

Unter einer Gesundheitsbeschädigung ist das Hervorrufen oder Steigern eines krankhaften Zustandes zu verstehen (OLG Hamm, Beschl. v. 28.04.2016 – III-3 RVs 30/16 -, juris m.w.N.). Diese muss über eine ganz geringfügige Einwirkung auf die körperliche Integrität hinausgehen (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 31.03.2005 – 1 Ss 4/05 – juris).

Die körperliche Misshandlung ist ein übles, unangemessenes Behandeln, das dass körperliche Wohlbefinden nicht nur unerheblich beeinträchtigt (BGH JR 2016, 707; Sternberg-Lieben in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl., § 223 Rdn. 3). Die Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens setzt nicht unbedingt das Zufügen eines Schmerzes voraus (BGH, Urt. v. 23. 01.1974 – 3 StR 324/73 – juris). Es darf sich aber nicht nur um eine ganz unerhebliche Einwirkung handeln (OLG Düsseldorf NJW 1991, 2918, 2919; OLG Hamm a.a.O.). Die Beurteilung der Erheblichkeit bestimmt sich dabei nach der Sicht eines objektiven Betrachters – nicht nach dem subjektiven Empfinden des Betroffenen – und richtet sich insbesondere nach Dauer und Intensität der störenden Beeinträchtigung (BGH, Urt. v. 14.01.2009 – 1 StR 554/08 – juris; OLG Hamm a.a.O.).

Bzgl. der Tat 1) (Geschehen auf der Rolltreppe) ist zur Gesundheitsbeschädigung bzw. zu einer körperlichen Misshandlung in dem oben genannten Sinne gar nichts festgestellt. Es mag zwar naheliegen, dass ein Tritt in den Rücken, der zu einem Stolpern führt, das körperliche Wohlbefinden regelmäßig nicht nur unerheblich beeinträchtigt, so zwingend, dass bei dem festgestellten Tatgeschehen aber zwangsläufig – ohne ausdrückliche Feststellungen hierzu – davon auszugehen wäre, ist das nicht (vgl. auch zu Tritten: OLG Düsseldorf a.a.O.).

Bzgl. der Tat 2) (Geschehen am Fuß der Rolltreppe) ist lediglich festgestellt, dass die Wange sich infolge des Schlages „rötete und zu pochen begann“. Ob das „Pochen“ bereits das körperliche Wohlbefinden in mehr als nur unerheblichem Maße beeinträchtigt hat, ergeben die bisherigen Feststellungen nicht. Zweifel daran könnten bestehen, weil der Geschädigte ausweislich der Ausführungen in der Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils ausdrücklich erklärt hat, er habe keine Schmerzen erlitten, die Wange sei „heiß“ geworden und er sei „hart im Nehmen“.

Ob die Rötung bereits die Schwelle zu einer Gesundheitsbeschädigung überschritten hat, lässt sich auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen ebenfalls nicht beurteilen. Regelmäßig ist eine bloße Rötung noch keine Gesundheitsbeschädigung (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 31.03.2005 – 1 Ss 4/05 – juris). Ob bei einer sehr starken oder sehr lang anhaltenden Rötung etwas anderes zu gelten hat, muss der Senat derzeit nicht beurteilen.

Bzgl. beider Taten kommt hinzu, dass die Beweiswürdigung des Landgerichts insoweit lückenhaft ist, als es seine Überzeugung (auch) auf die Konstanz der Aussagen des Geschädigten bei Polizei, Amtsgericht und im Berufungsverfahren stützt, ohne die Angaben bei Polizei und Amtsgericht auch nur im Ansatz wiederzugeben. Eine Überprüfung der Beweiswürdigung durch das Revisionsgericht auf Rechtsfehler ist insoweit daher nicht möglich.

Angesichts dessen kann der Senat dahinstehen lassen, ob auch die Beweiswürdigung bzgl. der Tat 2) einen durchgreifenden Rechtsmangel in Form der Lückenhaftigkeit aufweist, weil die Kammer eine – offenbare von den Bekundungen des Geschädigten in der Hauptverhandlung abweichende – „Sachverhaltsschilderung im Rahmen seines Strafantrags“ in ihre Erwägungen mit einbezieht, ohne diese Sachverhaltsschilderung näher darzustellen.

Weitere Feststellungen zu beiden Taten sind möglich.

2.

Die getroffenen Feststellungen tragen auch keine Verurteilung nach §§ 315 Abs. 1, Abs. 2, 22, 23 StGB, da die Beweiswürdigung die Feststellung eines Tatentschlusses bzgl. der hierfür erforderlichen konkreten Gefährdung („und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet“; vgl. Fischer, StGB, 69. Aufl., § 315 Rdn. 2) nicht trägt. Das Landgericht geht von einem Eventualvorsatz des Angeklagten bzgl. einer Gefährdung aus (UA S. 214). Dieser wird im Rahmen der Beweiswürdigung nicht belegt. Das Bewusstsein, fremde Rechtsgüter zu gefährden reicht nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass der Täter die Umstände kennen und billigend in Kauf nehmen muss, die einen konkreten Schadenseintritt als nahe liegende Möglichkeit erscheinen lassen (vgl. BGH NStZ-RR 1998, 150; Fischer, StGB, 69. Aufl., § 315 Rdn. 18). Aus der Beweiswürdigung ergibt sich, dass ein Zugfahrer wegen des auf den Gleisen liegenden Fahrrades eine Bremsung, durch die niemand zu Schaden gekommen sei, habe einleiten müssen und dass eine Person das Fahrrad aus dem Gleisbett geholt habe (offenbar bevor der Zug herangenaht war, vgl. UA S. 218). Es sind aber keine Umstände erkennbar, aus denen erkennbar wird, dass der Angeklagte erkannt hätte, dass das Herannahen eines Zuges, nachdem er das Fahrrad auf die Gleise geworfen hatte, unmittelbar bevorstand (etwa durch Anzeige einer unmittelbar bevorstehenden Ankunftszeit auf der Informationstafel; bereits Sichtkontakt zum herannahenden Zug, o.ä.). Allein der Umstand, dass der Angeklagte nach eigener Einlassung gewusst hat, dass zur Tatzeit „vergleichsweise viele“ Züge in den Bahnhof ein- und ausfahren, lässt für sich genommen noch nicht auf einen Gefährdungsvorsatz in dem o.g. Sinne schließen.

Weitere Feststellungen sind indes möglich.

3.

Der Senat weist ergänzend darauf hin, dass die Ausführungen zu § 47 StGB, der Angeklagte habe aus „nichtigem Anlass“ gehandelt, ebenfalls nicht frei von rechtlichen Bedenken sind nachvollziehbare, verständliche Motive für eine Tatbegehung sind strafmildernd, das bloße Fehlen verständlicher Motive jedoch nicht strafschärfend zu berücksichtigen. Es wäre rechtsfehlerhaft, dem Fehlen eines Strafmilderungsgrunds strafschärfende Bedeutung beizumessen (OLG Hamm, Beschl. v. 08.10.2020 – III-4 RVs 108/20 -juris m.w.N.).

Der Senat konnte vor Ablauf der Frist des § 349 Abs. 3 StPO entscheiden, da der Angeklagte mit seinem Revisionsantrag in vollem Umfang durchdringt.


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