AG Waldbröl, Az.: 40 Ds 536/18, Urteil vom 14.01.2019
Der Angeklagte ist schuldig des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit verbotenem Kraftfahrzeugrennen.
Er wird zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 15,00 Euro verurteilt. Die Fahrerlaubnisbehörde wird angewiesen, ihm vor Ablauf von 9 Monaten keine Fahrerlaubnis zu erteilen.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und seine Auslagen.
– §§ 315c Abs. 1 Nr. 1a und Abs. 3 Nr. 2, 315d Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 und Abs. 4, 52, 69a StGB, 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG –
Gründe
(abgekürzt gemäß § 267 Abs. 4 StPO)
Der Angeklagte befuhr am 23.08.2018 nachts gegen 03:35 Uhr mit einem PKW der Marke XXX, amtliches Kennzeichen XY (einem Kompakt-SUV) in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand öffentliche Straßen in A.
Als das Fahrzeug des Angeklagten in A polizeilich kontrolliert werden sollte und er den Streifenwagen bemerkte, beschleunigte der Angeklagte seinen PKW auf eine Geschwindigkeit von ca. 125 bis 130 km/h. Trotz Anhaltezeichen der Polizei, die der Angeklagte wahrnahm, beschleunigte er den PKW weiter. Er gab laut Aussage seines Beifahrers, des Zeugen B1, „voll Stoff“. Obwohl der Beifahrer versuchte, den Angeklagten zu beruhigen, fuhr dieser immer schneller weiter (er erreichte eine Geschwindigkeit von ca. 150 bis 160 km/h), bis er nach ca. 3 km Fahrt auf der Landstraße von der Fahrbahn abkam, ins Schleudern kam und verunfallte, sodass das Fahrzeug auf die Seite kippte.
Die Untersuchung der dem Angeklagten am Tattag um 05:09 Uhr entnommenen Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,79 Promille. Seine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit hätte der Angeklagte erkennen können und müssen. Auch infolge seiner Fahruntüchtigkeit verursachte der Angeklagte den Verkehrsunfall, bei dem sein Beifahrer nur durch glücklichen Zufall unverletzt blieb.
Zum Führen des Fahrzeugs war der Angeklagte, wie ihm bekannt und bewusst war, mangels bestehender Fahrerlaubnis, die ihm im Mai 2018 entzogen worden war, nicht berechtigt.
Die Feststellung dieses Sachverhalts beruht auf der geständigen und glaubhaften Einlassung des Angeklagten und den in der Hauptverhandlung verlesenen Urkunden sowie den Angaben der vernommenen Zeugen.
Der Angeklagte ist schuldig des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit verbotenem Kraftfahrzeugrennen, §§ 315c Abs. 1 Nr. 1a und Abs. 3 Nr. 2, 315d Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 und Abs. 4, 52 StGB, 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG.
Der Angeklagte hat den Tatbestand des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB erfüllt, denn er hat sich mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Dass er trotz der Beruhigungsversuche seines Beifahrers seinen PKW weiter beschleunigte, belegt seine Rücksichtslosigkeit.
Der Angeklagte hatte auch die Absicht der Erzielung einer höchstmöglichen Geschwindigkeit. Sein Ziel war es, dem verfolgenden Streifenwagen zu entkommen, dies konnte er in seiner Vorstellung nur durch Wegfahren mit höchstmöglicher Geschwindigkeit erreichen.
Aus Sicht des Gerichts sind Fälle wie der vorliegende, in denen bei einer polizeilichen Verfolgung nur ein Kraftfahrzeug unerlaubt mit nicht angepasster Geschwindigkeit fährt, vom neuen § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB erfasst (andere Auffassung Hecker in Schönke/Schröder, 30. Auflage 2019, § 315d StGB, Rn. 9). Eine solche Fahrweise ist vergleichbar gefährlich mit der Teilnahme an einem Kraftfahrzeugrennen im Sinne des § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB. Bei einer Fluchtfahrt wird der Fahrer regelmäßig bei hoher Geschwindigkeit unter Missachtung der Geschwindigkeitsbegrenzungen (und anderer Regeln, wie z.B. Rechtsfahrgebot, Vorfahrtszeichen oder Ampeln) seine Fahrt durchführen und dabei zugleich immer wieder auch nach hinten orientiert sein (insbesondere durch häufige Spiegelblicke), um den Standort des Verfolgerfahrzeugs zu erkennen. Dies ist eine erhebliche abstrakte Gefahr für alle anderen Verkehrsteilnehmer.
Soweit Preuß in NZV 2017, 105 (109) eine andere Auffassung vertritt (darauf bezugnehmend auch Weiland in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 22.08.2018, § 315d StGB, Rn. 25), betraf dies offensichtlich nur den Gesetzentwurf, in dem Abs. 1 Nr. 3 gerade noch nicht enthalten war.
Die Delikte stehen zueinander in Tateinheit (vgl. Fischer, 65. Auflage 2018, § 315d StGB, Rn. 26). Die §§ 315c und 315d StGB verdrängen sich nicht, sondern nur durch tateinheitliche Tenorierung wird der zusätzliche Unrechtsgehalt ersichtlich (so auch Pegel in Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage 2019, § 315d, Rn. 41).
Damit liegt der Strafrahmen bei Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe.
Bei der Strafzumessung hat das Gericht strafmildernd vor allem bedacht, dass der Angeklagte geständig war. Die Fahrtstrecke war relativ kurz, die Tat geschah nachts und im ländlichen Verkehrsraum.
Straferschwerend wurde demgegenüber bedacht, dass der Angeklagte gleich gegen mehrere Straftatbestände mit unterschiedlichem Schutzzweck verstoßen hat.
Das Gericht hat unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände auf eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 15,00 Euro erkannt.
Als Maßregel der Besserung und Sicherung war eine isolierte Fahrerlaubnissperre von 9 Monaten zu verhängen. Der Angeklagte hat sich als charakterlich ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Sowohl § 315c StGB als auch § 315d StGB sind Regelfälle des § 69 StGB. Die tenorierte Sperrzeit ist ausreichend, alles Weitere wird die Straßenverkehrsbehörde zu entscheiden haben
Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 StPO.