Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Verkehrsrecht im Fokus: Urteilsanfechtung bei Fahrerlaubnisentzug analysiert
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Was bedeutet die Änderung des THC-Grenzwerts für laufende Bußgeldverfahren?
- Welche Rechtsmittel stehen zur Verfügung, wenn man bereits verurteilt wurde?
- Wie wirkt sich der neue THC-Grenzwert auf die Strafzumessung aus?
- Welche Kosten können bei einem Freispruch erstattet werden?
- Wie kann man vorgehen, wenn der gemessene THC-Wert knapp über dem neuen Grenzwert liegt?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Der Betroffene beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen versäumter Fristen zur Begründung seiner Rechtsbeschwerde.
- Das Amtsgericht hatte zuvor eine Geldbuße und ein Fahrverbot wegen eines THC-Wertes im Blut verhängt.
- Durch eine Gesetzesänderung wurde der Grenzwert für THC von 1,0 ng/ml auf 3,5 ng/ml angehoben.
- Der Betroffene hatte zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung einen THC-Wert von 1,3 ng/ml, der nun unter dem neuen Grenzwert liegt.
- Das Gericht stellte fest, dass das mildeste Gesetz Anwendung finden muss, wodurch der Tatbestand nicht verwirklicht wurde.
- Das Urteil des Amtsgerichts wurde aufgehoben und der Betroffene freigesprochen.
- Die Entscheidung führt zu einer Entlastung für Betroffene mit niedrigeren THC-Werten nach der Gesetzesänderung.
- Die Kosten des Verfahrens wurden der Landeskasse auferlegt.
- Der Fall verdeutlicht die Bedeutung rechtzeitiger und korrekter Rechtsmittelbelehrungen.
- Die Entscheidung hat Auswirkungen auf zukünftige Fälle, in denen ähnliche Grenzwerte relevant sind.
Verkehrsrecht im Fokus: Urteilsanfechtung bei Fahrerlaubnisentzug analysiert
Im deutschen Rechtssystem spielt das Verkehrsrecht eine zentrale Rolle, da es die Sicherheit auf unseren Straßen garantiert. Besonders relevant sind dabei die Regelungen des Straßenverkehrsgesetzes (StVG), das die rechtlichen Grundlagen für Verkehrsstrafen und die damit verbundenen Konsequenzen festlegt. Der § 24a Abs. 1a StVG beispielsweise beinhaltet spezielle Vorschriften zur Entziehung der Fahrerlaubnis und stellt sicher, dass schwerwiegende Verkehrsdelikte entsprechend geahndet werden. Nach solch einem Delikt können Betroffene durch eine Urteilsanfechtung versuchen, eine gerichtliche Entscheidung zu überprüfen und möglicherweise eine rechtliche Neuordnung ihres Falls zu erreichen.
Die Möglichkeit einer Rechtsbeschwerde am entsprechenden Gericht sorgt dafür, dass die rechtlichen Verfahren fair und transparent bleiben. Hierbei können juristische Fachkräfte im Rahmen der Einzelfallprüfung entscheidende Unterstützung leisten, um die jeweiligen Umstände und Beweise zu berücksichtigen. Das führt im besten Fall zu einem Freispruch, wenn sich zeigt, dass die strafrechtlichen Konsequenzen unverhältnismäßig waren oder die Beweislast nicht ausreichte. Nachfolgend wird ein konkreter Fall vorgestellt und analysiert, der die praxisnahe Anwendung dieser rechtlichen Prinzipien veranschaulicht.
Der Fall vor Gericht
THC-Grenzwert-Änderung führt zu Freispruch in Verkehrsstrafverfahren
In einem wegweisenden Fall hat das Oberlandesgericht Oldenburg einen Autofahrer vom Vorwurf des Fahrens unter Drogeneinfluss freigesprochen.
Der Betroffene war zunächst vom Amtsgericht Papenburg zu einer Geldbuße von 1000 Euro und einem dreimonatigen Fahrverbot verurteilt worden, weil bei ihm ein THC-Wert von 1,3 ng/ml im Blut festgestellt wurde.
Gesetzesänderung als Wendepunkt im Verfahren
Der entscheidende Faktor für den Freispruch war eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (StVG), die am 22. August 2024 in Kraft trat. Das 6. Gesetz zur Änderung des StVG führte einen neuen Absatz 1a in § 24a StVG ein, der den maßgeblichen THC-Grenzwert auf 3,5 ng/ml anhob. Dies bedeutete, dass der beim Betroffenen gemessene Wert nun unterhalb der gesetzlichen Grenze lag.
Rechtliche Grundlage für die Entscheidung
Das OLG Oldenburg stützte seine Entscheidung auf den Rechtsgedanken des § 4 Abs. 3 OWiG, wonach bei einer Gesetzesänderung vor der endgültigen Entscheidung das mildeste Gesetz anzuwenden ist. Das Gericht argumentierte, dass der Betroffene nach der neuen Gesetzeslage den Bußgeldtatbestand nicht verwirklicht hätte.
Prozessverlauf und Rechtsmittel
Der Weg zum Freispruch war komplex. Der Betroffene legte Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts ein. Aufgrund einer fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung wurde ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt, was die Zulässigkeit seiner Rechtsbeschwerde sicherstellte.
Auswirkungen des Urteils
Das OLG entschied, den Betroffenen freizusprechen, anstatt das Verfahren einzustellen, wie von der Generalstaatsanwaltschaft beantragt. Diese Entscheidung basierte auf § 354a StPO. Als Folge des Freispruchs muss die Landeskasse die Kosten des Verfahrens tragen und dem Betroffenen die notwendigen Auslagen erstatten.
Der Fall unterstreicht die unmittelbare Wirkung der Gesetzesänderung auf laufende Verfahren und zeigt, wie schnell sich die rechtliche Bewertung von Sachverhalten durch legislative Änderungen wandeln kann. Für Betroffene in ähnlichen Fällen könnte dieses Urteil von erheblicher Bedeutung sein, insbesondere wenn ihre gemessenen THC-Werte unter dem neuen Grenzwert liegen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Die Entscheidung verdeutlicht die unmittelbare Anwendbarkeit von Gesetzesänderungen auf laufende Verfahren im Ordnungswidrigkeitenrecht. Sie unterstreicht den Grundsatz der Anwendung des mildesten Gesetzes und zeigt, dass selbst nach erstinstanzlicher Verurteilung ein Freispruch möglich ist, wenn sich die Rechtslage zugunsten des Betroffenen ändert. Dies hat weitreichende Konsequenzen für ähnliche Fälle und betont die Notwendigkeit, legislative Änderungen stets zu berücksichtigen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie einen Bußgeldbescheid wegen Fahrens unter THC-Einfluss erhalten haben und Ihr gemessener Wert unter 3,5 ng/ml lag, könnte dieses Urteil für Sie sehr relevant sein. Es eröffnet die Möglichkeit, gegen bestehende Bußgeldbescheide oder Verurteilungen vorzugehen, selbst wenn die Rechtsmittelfrist bereits abgelaufen ist. Sie könnten einen Freispruch erwirken und Ihre Verfahrenskosten sowie Auslagen erstattet bekommen. Dies gilt insbesondere für Fälle, die nach dem 22. August 2024 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen waren. Allerdings ist es wichtig, dass Sie schnell handeln und sich rechtlichen Beistand suchen, um Ihre Chancen optimal zu nutzen.
FAQ – Häufige Fragen
In unserer FAQ-Rubrik finden Sie prägnante Antworten auf häufig gestellte Fragen rund um rechtliche Themen. Besonders im Fokus steht der Freispruch wegen Änderung des THC-Grenzwerts, der zahlreiche Aspekte des Drogenrechts betrifft. Nutzen Sie diese Gelegenheit, um fundierte Informationen zu erhalten und sich über aktuelle Entwicklungen in diesem Bereich zu informieren.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Was bedeutet die Änderung des THC-Grenzwerts für laufende Bußgeldverfahren?
- Welche Rechtsmittel stehen zur Verfügung, wenn man bereits verurteilt wurde?
- Wie wirkt sich der neue THC-Grenzwert auf die Strafzumessung aus?
- Welche Kosten können bei einem Freispruch erstattet werden?
- Wie kann man vorgehen, wenn der gemessene THC-Wert knapp über dem neuen Grenzwert liegt?
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie spezielle Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Was bedeutet die Änderung des THC-Grenzwerts für laufende Bußgeldverfahren?
Die Änderung des THC-Grenzwerts hat erhebliche Auswirkungen auf laufende Bußgeldverfahren. Wenn Sie sich derzeit in einem Bußgeldverfahren wegen einer Fahrt unter Cannabiseinfluss befinden, könnte die Gesetzesänderung zu Ihren Gunsten wirken.
Anwendung des neuen Grenzwerts
Der neue THC-Grenzwert von 3,5 ng/ml im Blutserum gilt rückwirkend auch für Fälle, die vor Inkrafttreten des Gesetzes begangen wurden. Dies basiert auf dem Grundsatz der Anwendung des mildesten Gesetzes, der in § 4 Abs. 3 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) verankert ist.
Überprüfung laufender Verfahren
Behörden und Gerichte sind verpflichtet, in laufenden Verfahren den neuen Grenzwert zu berücksichtigen. Wenn Ihr gemessener THC-Wert unter 3,5 ng/ml liegt, besteht die Möglichkeit, dass das Verfahren eingestellt wird oder Sie freigesprochen werden.
Rechtsmittel und Wiederaufnahme
Falls Sie bereits verurteilt wurden, das Urteil aber noch nicht rechtskräftig ist, können Sie Rechtsmittel einlegen und auf den neuen Grenzwert verweisen. Bei rechtskräftigen Urteilen besteht unter bestimmten Umständen die Möglichkeit einer Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 85 Abs. 1 OWiG.
Besonderheiten für bestimmte Gruppen
Beachten Sie, dass für Fahranfänger in der Probezeit und Fahrer unter 21 Jahren weiterhin strengere Regeln gelten. Für diese Gruppen bleibt der niedrigere Grenzwert von 1,0 ng/ml maßgeblich.
Die Gesetzesänderung kann also zu einer Neubewertung Ihres Falls führen. Prüfen Sie Ihren gemessenen THC-Wert und die spezifischen Umstände Ihres Verfahrens, um die möglichen Auswirkungen der Grenzwertänderung auf Ihre Situation einzuschätzen.
Welche Rechtsmittel stehen zur Verfügung, wenn man bereits verurteilt wurde?
Nach einer Verurteilung stehen Ihnen je nach Art des Urteils und der Instanz verschiedene Rechtsmittel zur Verfügung:
Berufung
Die Berufung ist das wichtigste Rechtsmittel gegen erstinstanzliche Urteile des Amtsgerichts. Sie müssen die Berufung innerhalb einer Woche nach Urteilsverkündung beim Amtsgericht einlegen. Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung des schriftlichen Urteils, wenn Sie bei der Urteilsverkündung nicht anwesend waren. Im Berufungsverfahren wird der Fall vom Landgericht in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht neu verhandelt.
Revision
Gegen Urteile der Landgerichte und Oberlandesgerichte können Sie Revision einlegen. Die Revisionsfrist beträgt ebenfalls eine Woche ab Urteilsverkündung oder Zustellung. Die Revision ist auf die Überprüfung von Rechtsfehlern beschränkt. Das Revisionsgericht, in der Regel der Bundesgerichtshof, prüft nicht erneut den Sachverhalt, sondern nur die korrekte Anwendung des Rechts.
Rechtsbeschwerde
Die Rechtsbeschwerde richtet sich gegen Beschlüsse und Verfügungen in bestimmten Verfahren, etwa im Ordnungswidrigkeitenrecht. Sie müssen die Rechtsbeschwerde innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntmachung der Entscheidung einlegen. Ähnlich wie bei der Revision prüft das Beschwerdegericht nur Rechtsfehler.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Wenn Sie unverschuldet eine Frist zur Einlegung eines Rechtsmittels versäumt haben, können Sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen. Der Antrag muss innerhalb einer Woche nach Wegfall des Hindernisses gestellt werden. Sie müssen dabei glaubhaft machen, dass Sie ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert waren, etwa durch schwere Krankheit oder fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung.
Beachten Sie, dass eine fehlerhafte oder fehlende Rechtsmittelbelehrung die Rechtsmittelfrist auf ein Jahr verlängert. In diesem Fall beginnt die Frist erst mit der Zustellung der Entscheidung zu laufen. Wenn Sie eine Immobilie finanzieren möchten, könnte eine Verurteilung Auswirkungen auf Ihre Kreditwürdigkeit haben. Stellen Sie sich vor, Sie wurden wegen einer Ordnungswidrigkeit verurteilt – in einem solchen Fall könnte eine erfolgreiche Rechtsbeschwerde den Eintrag aus Ihrem Führungszeugnis entfernen.
Wie wirkt sich der neue THC-Grenzwert auf die Strafzumessung aus?
Der neue THC-Grenzwert von 3,5 Nanogramm pro Milliliter Blutserum hat erhebliche Auswirkungen auf die Strafzumessung bei Cannabiskonsum im Straßenverkehr. Wenn Sie als Autofahrer diesen Grenzwert überschreiten, müssen Sie mit einem Bußgeld von 500 Euro rechnen. Zusätzlich wird in der Regel ein einmonatiges Fahrverbot verhängt. Diese Sanktionen sind deutlich milder als die bisherige Praxis, bei der schon ab einem Wert von 1,0 ng/ml THC im Blut Strafen drohten.
Verschärfte Strafen bei Mischkonsum
Besonders streng geht der Gesetzgeber vor, wenn Sie neben Cannabis auch Alkohol konsumiert haben. In diesem Fall erhöht sich das Bußgeld auf 000 Euro. Der Grund dafür ist das erhöhte Risiko, das von der Kombination beider Substanzen ausgeht.
Sonderregelungen für bestimmte Gruppen
Für Fahranfänger in der Probezeit und Fahrer unter 21 Jahren gelten strengere Regeln. Hier bleibt es beim bisherigen analytischen Grenzwert von 1,0 ng/ml THC. Überschreiten Sie diesen Wert, droht Ihnen ein Bußgeld von 250 Euro.
Auswirkungen auf die Fahrerlaubnis
Die neue Regelung hat auch Folgen für den Erhalt der Fahrerlaubnis. Erstmalige Verstöße führen nicht mehr automatisch zu einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU). Erst bei wiederholten Verstößen oder anderen Auffälligkeiten kann eine MPU angeordnet werden.
Rückwirkende Anwendung
Interessant für Sie könnte sein, dass die neue Regelung in bestimmten Fällen auch rückwirkend angewendet werden kann. Wenn Sie vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes wegen eines THC-Werts zwischen 1,0 und 3,5 ng/ml verurteilt wurden, könnte ein Rechtsbeschwerdegericht Sie nachträglich freisprechen.
Welche Kosten können bei einem Freispruch erstattet werden?
Bei einem Freispruch können Sie als Betroffener grundsätzlich die Erstattung Ihrer notwendigen Auslagen von der Staatskasse verlangen. Zu den erstattungsfähigen Kosten gehören:
Anwaltskosten
Die Kosten für Ihren Verteidiger werden in der Regel vollständig erstattet. Dies umfasst sowohl die Gebühren für die außergerichtliche Tätigkeit als auch für die Vertretung vor Gericht. Wenn Sie mehrere Anwälte beauftragt haben, werden die Kosten nur für einen Verteidiger übernommen, es sei denn, die Beauftragung weiterer Anwälte war notwendig.
Reisekosten und Verdienstausfall
Wenn Sie für Vernehmungen oder Gerichtstermine anreisen mussten, können Sie die entstandenen Fahrtkosten geltend machen. Auch ein nachgewiesener Verdienstausfall wird Ihnen erstattet. Dies gilt sowohl für Ihre eigenen Reisekosten als auch für die Ihres Verteidigers.
Sachverständigenkosten
Haben Sie für Ihre Verteidigung ein Gutachten in Auftrag gegeben, können die Kosten dafür erstattet werden, sofern das Gutachten für Ihre Verteidigung notwendig war. Die Notwendigkeit wird im Einzelfall geprüft.
Kopier- und Portokosten
Auch Auslagen für Kopien von Akten oder Porto für den Schriftverkehr mit Gericht und Staatsanwaltschaft sind erstattungsfähig, wenn sie für Ihre Verteidigung erforderlich waren.
Um die Erstattung zu erhalten, müssen Sie nach Rechtskraft des Freispruchs einen Antrag auf Festsetzung der notwendigen Auslagen beim Gericht stellen. Dieser Antrag muss innerhalb von drei Monaten nach Rechtskraft des Urteils eingereicht werden. Fügen Sie dem Antrag alle Belege für die geltend gemachten Kosten bei.
Beachten Sie, dass bei einem Freispruch durch das Rechtsbeschwerdegericht nach Inkrafttreten des § 24a Abs. 1a StVG die gleichen Grundsätze gelten. In diesem Fall können Sie auch die Kosten für das Rechtsmittelverfahren erstattet bekommen. Dazu gehören zusätzlich zu den oben genannten Posten die Gebühren für die Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde sowie eventuelle weitere Auslagen im Zusammenhang mit dem Rechtsmittelverfahren.
Wenn Sie teilweise freigesprochen und teilweise verurteilt wurden, erfolgt in der Regel eine anteilige Kostenerstattung. Das Gericht legt dann fest, zu welchem Anteil Sie die Kosten tragen müssen und welcher Teil von der Staatskasse übernommen wird.
Wie kann man vorgehen, wenn der gemessene THC-Wert knapp über dem neuen Grenzwert liegt?
Wenn der gemessene THC-Wert knapp über dem neuen Grenzwert von 3,5 Nanogramm pro Milliliter Blutserum liegt, gibt es mehrere Möglichkeiten, dagegen vorzugehen:
Messungenauigkeiten berücksichtigen
Messverfahren können Ungenauigkeiten aufweisen. Bei einem Wert, der nur knapp über dem Grenzwert liegt, können Sie argumentieren, dass die Messung innerhalb der Toleranzgrenze liegt. Labore müssen bei der Blutanalyse eine gewisse Messtoleranz einkalkulieren. Diese Toleranz kann in Grenzfällen den Ausschlag geben.
Zeitpunkt der Blutentnahme anfechten
Der THC-Wert im Blut sinkt mit der Zeit. Wenn zwischen der Fahrt und der Blutentnahme eine erhebliche Zeitspanne lag, können Sie argumentieren, dass der THC-Wert zum Zeitpunkt der Fahrt noch unter dem Grenzwert lag. Dokumentieren Sie daher genau, wann die Kontrolle stattfand und wann die Blutprobe entnommen wurde.
Einzelfallprüfung beantragen
Stellen Sie sich vor, Sie können nachweisen, dass Sie trotz des leicht erhöhten THC-Wertes keine Ausfallerscheinungen hatten. In diesem Fall können Sie eine Einzelfallprüfung beantragen. Hierbei wird untersucht, ob tatsächlich eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit vorlag. Führen Sie ein Fahrtenbuch oder notieren Sie sich Details zur Fahrt, die Ihre Fahrtüchtigkeit belegen können.
Gegengutachten einholen
In einem solchen Fall haben Sie das Recht, ein Gegengutachten einzuholen. Ein unabhängiger Sachverständiger kann die Messergebnisse überprüfen und möglicherweise zu einem anderen Schluss kommen. Dies kann insbesondere dann sinnvoll sein, wenn Sie Zweifel an der Richtigkeit der ersten Messung haben.
Verfahrensrechtliche Aspekte prüfen
Überprüfen Sie sorgfältig den gesamten Ablauf der Kontrolle und Blutentnahme. Wurden alle rechtlichen Vorschriften eingehalten? Gab es Unregelmäßigkeiten bei der Durchführung der Tests oder der Blutentnahme? Solche Verfahrensfehler können unter Umständen dazu führen, dass die Messergebnisse nicht verwertbar sind.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- THC-Grenzwert: Der THC-Grenzwert gibt an, ab welcher Konzentration von Tetrahydrocannabinol (THC) im Blut eine Person als berauscht gilt, was rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. THC ist der psychoaktive Wirkstoff von Cannabis. Wenn der gemessene THC-Wert eine festgelegte Grenze übersteigt, kann dies zu Bußgeldern, Führerscheinentzug oder sogar strafrechtlichen Konsequenzen führen. Im vorliegenden Fall wurde der Grenzwert von 1,0 ng/ml auf 3,5 ng/ml angehoben, wodurch der Betroffene nicht mehr strafbar war.
- Entziehung der Fahrerlaubnis: Dies bezeichnet den rechtlichen Vorgang, durch den einem Fahrer die Berechtigung, ein Fahrzeug zu führen, entzogen wird, meist aufgrund schwerwiegender Verkehrsverstöße oder Straftaten. Ein Entzug kann zeitlich befristet oder unbefristet sein und erfordert in der Regel eine behördliche oder gerichtliche Entscheidung. Im Zusammenhang mit Drogen am Steuer ist die Entziehung der Fahrerlaubnis eine häufige Maßnahme, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten.
- Rechtsbeschwerde: Eine Rechtsbeschwerde ist ein Rechtsmittel, das es ermöglicht, bestimmte Entscheidungen eines Gerichts überprüfen zu lassen, um sicherzustellen, dass das Urteil rechtlich korrekt ist. Es geht hierbei nicht um die Überprüfung der Tatsachen, sondern um die Anwendung des Rechts. Im vorliegenden Fall nutzte der Betroffene diese Möglichkeit, um das Urteil des Amtsgerichts Papenburg anzufechten und eine zweite gerichtliche Überprüfung zu erwirken.
- Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Dies ist ein rechtliches Verfahren, das es einer betroffenen Person ermöglicht, eine versäumte Frist nachträglich einzuhalten, wenn die Versäumnis unverschuldet war. Es setzt voraus, dass der Betroffene die Gründe für die Versäumnis glaubhaft macht und diese unverschuldet sind. Im vorliegenden Fall erhielt der Betroffene Wiedereinsetzung, weil die Rechtsmittelbelehrung fehlerhaft war, wodurch seine Rechtsbeschwerde als zulässig akzeptiert wurde.
- Freispruch: Ein Freispruch bedeutet, dass ein Angeklagter in einem Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht für schuldig befunden und daher von den Vorwürfen entlastet wird. Dies kann entweder durch die Feststellung erfolgen, dass die Tat nicht begangen wurde, dass die Beweise nicht ausreichen oder durch eine Änderung der Rechtslage. Im vorliegenden Fall führte eine Gesetzesänderung zur Entlastung des Betroffenen, da der neue THC-Grenzwert nicht überschritten war.
- Erstattung der Verfahrenskosten: Wenn ein Angeklagter freigesprochen wird, trägt in der Regel die Staatskasse die Kosten des Verfahrens, einschließlich der notwendigen Auslagen des Betroffenen, wie Anwaltskosten. Dies ist im deutschen Rechtssystem im Paragraphen 467 der Strafprozessordnung (StPO) geregelt. Durch die Erstattung sollen die finanziellen Belastungen des unschuldigen Angeklagten ausgeglichen werden, so wie es im vorliegenden Fall nach dem Freispruch des Autofahrers geschehen ist.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 24a StVG (Straßenverkehrsgesetz): Dieser Paragraph regelt das Fahren unter dem Einfluss von Alkohol und anderen berauschenden Mitteln, wie z.B. Drogen. Er verbietet das Führen von Fahrzeugen, wenn die Konzentration bestimmter Substanzen im Blut oder Urin eine bestimmte Grenze übersteigt. In diesem Zusammenhang ist der THC-Wert (Tetrahydrocannabinol) im Blut relevant. Im vorliegenden Fall wurde die Rechtsbeschwerde aufgrund des Eintritts des neuen § 24a Abs. 1a StVG erfolgreich, der den relevanten THC-Wert von 1,0 ng/ml auf 3,5 ng/ml anhob. Da der Betroffene einen THC-Wert von 1,3 ng/ml im Blut hatte, lag er nach der Änderung des Gesetzes unterhalb der neuen Grenze und damit nicht mehr im Bußgeldbereich des § 24a StVG.
- § 4 Abs. 3 OWiG (Gesetz über Ordnungswidrigkeiten): Dieser Paragraph besagt, dass das mildere Gesetz anzuwenden ist, wenn sich das Gesetz zwischen der Tatbegehung und der Urteilsverkündung geändert hat. Die Änderung des § 24a StVG durch die Anhebung des THC-Grenzwerts bedeutete eine Milderung der Rechtslage gegenüber dem Betroffenen. Daher fand § 4 Abs. 3 OWiG Anwendung und der Betroffene wurde freigesprochen.
- § 79 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 OWiG (Gesetz über Ordnungswidrigkeiten): Diese Paragraphen regeln die statthafte Rechtsbeschwerde in Ordnungswidrigkeitenverfahren. Sie ermöglichen die Anfechtung eines erstinstanzlichen Urteils durch das Rechtsbeschwerdegericht, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 79 Abs. 1 OWiG erfüllt sind. In diesem Fall ging es darum, ob die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Rechtsbschwerde durch den Betroffenen gegeben waren.
- § 354a StPO (Strafprozessordnung): Dieser Paragraph regelt die Freisprechung im Strafprozess. Die Freisprechung bedeutet, dass der Angeklagte nicht schuldig gesprochen wird. Im vorliegenden Fall führte die Anwendung des § 354a StPO zu einer Freisprechung des Betroffenen, nachdem durch die Anwendung des § 4 Abs. 3 OWiG keine Rechtswidrigkeit mehr festgestellt werden konnte.
- § 467 StPO (Strafprozessordnung): Dieser Paragraph regelt die Kostenentscheidung in Strafverfahren. Er regelt, wer die Kosten des Verfahrens trägt – in diesem Fall wurden dem Betroffenen die entstandenen Kosten erstattet. Die Landeskasse trug die Gerichtskosten und die notwendigen Auslagen des Betroffenen.
Das vorliegende Urteil
OLG Oldenburg – Az.: 2 ORbs 95/24 (1537 Js 37043/23) – Beschluss vom 29.08.2024
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