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Gebrauchs unrichtiges Gesundheitszeugnis – ärztlich ausgestellte Impfunfähigkeitsbescheinigung

Eine Mutter, die eine Online-Impfunfähigkeitsbescheinigung für ihre Tochter nutzte, um die Masernimpfpflicht zu umgehen, sieht sich nun einem Strafverfahren gegenüber. Das Oberlandesgericht Celle entschied, dass die Bescheinigung ohne ärztliche Untersuchung als unrichtiges Gesundheitszeugnis gilt und somit strafbar ist. Der Fall wurde zur erneuten Verhandlung an das Amtsgericht zurückverwiesen, wo der Mutter nun eine Verurteilung droht.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Das Oberlandesgericht Celle musste sich mit der Rechtmäßigkeit einer Impfunfähigkeitsbescheinigung und deren juridische Konsequenzen auseinandersetzen.
  • Die Angeklagte hatte ein Gesundheitszeugnis eingereicht, das auf einer vermeintlichen Impfunfähigkeit ihrer Tochter basierte, ohne dass eine ärztliche Untersuchung durchgeführt wurde.
  • Es bestand Unklarheit über die ordnungsgemäße Erstellung von Gesundheitszeugnissen und deren strafrechtliche Relevanz.
  • Das Amtsgericht hatte die Angeklagte zunächst freigesprochen, was von der Staatsanwaltschaft angefochten wurde.
  • Die Revision stellte fest, dass das Gesundheitszeugnis bereits dann als unrichtig gilt, wenn eine ärztliche Untersuchung nicht stattgefunden hat.
  • Das Gericht wies darauf hin, dass eine falsche Beurteilung des Gesundheitszustands nicht notwendig ist, um die Unrichtigkeit des Zeugnisses festzustellen.
  • Die Entscheidung des Gerichts hebt das frühere Urteil auf und verweist den Fall zur neuen Verhandlung an das Amtsgericht zurück.
  • Die Auswirkungen dieser Entscheidung könnten eine höhere rechtliche Sicherheit bezüglich der Anforderungen an Gesundheitszeugnisse und deren Erstellung mit sich bringen.
  • Es bestehen rechtliche Risiken für Personen, die unzureichend erstellte Gesundheitszeugnisse verwenden, da dies als Umgang mit einem unrichtigen Gesundheitszeugnis gewertet werden kann.
  • Die Urteilsfindung klärt, dass die Garantie einer ordnungsgemäßen Untersuchung vor Ausstellung solcher Bescheinigungen unerlässlich ist.

Missbrauch von Gesundheitszeugnissen: Rechtliche Konsequenzen im Fokus

Missbrauch von Gesundheitszeugnissen
Ein Oberlandesgericht entschied, dass eine Mutter wegen der Einreichung einer fehlerhaften Online-Impfunfähigkeitsbescheinigung strafrechtlich verfolgt wird. (Symbolfoto: – AI gen.)

Im Kontext der öffentlichen Gesundheit spielt das Gesundheitszeugnis eine wichtige Rolle. Es dient als Nachweis über den Impfstatus einer Person und kann bei der Einschätzung gesundheitlicher Risiken oder als Bedingung für verschiedene gesellschaftliche Teilhabeformen, wie etwa Reisen oder den Zugang zu Veranstaltungen, erforderlich sein. Eine ärztliche Bescheinigung, die beispielsweise den Impfstatus bestätigt oder gesundheitliche Einschränkungen dokumentiert, ist hierfür unerlässlich. Insbesondere im Hinblick auf die COVID-19-Pandemie haben sich die Anforderungen an diese Nachweise verschärft, was zu einer intensiven Diskussion über Impfpflicht und gesundheitliche Risiken führt.

Ein zentrales Element in diesem Zusammenhang ist die Impfunfähigkeitsbescheinigung, die Ärzten die Möglichkeit gibt, Patienten von der Impfung auszunehmen, wenn gesundheitliche Gründe vorliegen. Diese ärztlichen Atteste müssen gewissenhaften medizinischen Untersuchungen entsprechen und klar dokumentieren, warum eine Schutzimpfung in diesem Fall nicht empfohlen wird. Fälschungen oder der Gebrauch falscher Gesundheitszeugnisse können nicht nur rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, sondern auch das Vertrauen in das Gesundheitssystem untergraben und letztlich den Gesundheitsschutz gefährden.

Vor dem Hintergrund dieser komplexen Thematik wird ein bemerkenswerter Fall beleuchtet, der die rechtlichen Rahmenbedingungen und die weitreichenden Implikationen eines missbräuchlich verwendeten Gesundheitszeugnisses aufzeigt.

Der Fall vor Gericht


Online-Impfunfähigkeitsbescheinigung führt zu Strafverfahren

Ein Fall von mutmaßlichem Missbrauch einer Impfunfähigkeitsbescheinigung beschäftigte kürzlich das Oberlandesgericht Celle. Eine Mutter hatte sich geweigert, ihre Tochter gegen Masern impfen zu lassen und stattdessen eine umstrittene Online-Bescheinigung beim Gesundheitsamt eingereicht.

Umstrittenes „Ärztliches Gutachten“ aus dem Internet

Die Angeklagte hatte auf der Internetseite eines in Österreich praktizierenden Arztes ein vorformuliertes „Ärztliches Gutachten zur Impffähigkeit“ heruntergeladen. Nach Eingabe der Daten ihrer Tochter reichte sie das Dokument beim Landkreis Nienburg ein, um einem drohenden Bußgeldverfahren wegen Verstoßes gegen die Masernimpfpflicht zu entgehen.

Gutachten ohne Untersuchung als unrichtiges Gesundheitszeugnis

Das OLG Celle stufte die Bescheinigung als unrichtiges Gesundheitszeugnis im Sinne des Strafgesetzbuches ein. Entscheidend war, dass der Arzt die Tochter der Angeklagten weder untersucht noch persönlichen Kontakt zu ihr hatte. Das Gericht betonte, ein Gesundheitszeugnis sei bereits dann unrichtig, wenn die zugrundeliegende ärztliche Untersuchung nicht stattgefunden habe – selbst wenn der attestierte Befund zufällig zutreffend wäre.

Strafbarkeit wegen Gebrauchs eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses

Das Gericht sah den Tatbestand des Gebrauchs eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses als erfüllt an. Die Angeklagte habe das Dokument beim Gesundheitsamt eingereicht, um über das Vorliegen eines Befreiungstatbestandes von der Masernimpfpflicht zu täuschen. Ein vorsätzliches Handeln der Mutter liege nahe, da sie gezielt versucht habe, die Impfpflicht zu umgehen und ein Bußgeld abzuwenden.

Rückverweisung an das Amtsgericht

Das OLG Celle hob den erstinstanzlichen Freispruch auf und verwies den Fall zur erneuten Verhandlung an das Amtsgericht zurück. Das Gericht wies darauf hin, dass bei Vorliegen der festgestellten Tatumstände eine Verurteilung der Angeklagten in Betracht komme. Zudem müsse geklärt werden, ob das Online-Formular vom Arzt vorunterzeichnet war, was für die Einordnung als Gesundheitszeugnis relevant sei.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das OLG Celle hat klargestellt, dass Online-Impfunfähigkeitsbescheinigungen ohne persönliche ärztliche Untersuchung als unrichtige Gesundheitszeugnisse im Sinne des Strafgesetzbuches gelten. Der Gebrauch solcher Dokumente zur Umgehung der Impfpflicht kann somit strafrechtliche Konsequenzen haben. Diese Entscheidung stärkt die Integrität medizinischer Atteste und unterstreicht die Bedeutung der persönlichen ärztlichen Untersuchung für deren Gültigkeit im Rechtsverkehr.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie eine Impfunfähigkeitsbescheinigung benötigen, ist es entscheidend, dass diese auf einer tatsächlichen ärztlichen Untersuchung basiert. Online erworbene Atteste ohne persönlichen Arztkontakt gelten als unrichtige Gesundheitszeugnisse und können strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Selbst wenn Sie von Ihrer Impfunfähigkeit überzeugt sind, ist es rechtlich riskant, solche Bescheinigungen zu verwenden. Stattdessen sollten Sie einen Arzt persönlich aufsuchen, um Ihre individuelle Situation beurteilen zu lassen. Dies schützt Sie vor möglichen rechtlichen Problemen und gewährleistet eine medizinisch fundierte Einschätzung Ihrer Impffähigkeit.


FAQ – Häufige Fragen

In dieser FAQ-Rubrik finden Sie fundierte Antworten auf häufige Fragen rund um das wichtige Thema Gesundheit. Besonders im Kontext des Missbrauchs von Gesundheitszeugnissen ist es entscheidend, Informationen zu den rechtlichen Rahmenbedingungen und möglichen Konsequenzen zu verstehen. Lassen Sie sich von unseren umfassenden Inhalten leiten, um Klarheit und Sicherheit zu gewinnen.

Ist eine online erstellte Impfunfähigkeitsbescheinigung rechtlich zulässig?

Online erstellte Impfunfähigkeitsbescheinigungen sind in der Regel nicht rechtlich zulässig. Diese Art von Bescheinigungen erfüllt meist nicht die gesetzlichen Anforderungen an ein ärztliches Attest und kann als unrichtiges Gesundheitszeugnis im Sinne des § 278 StGB gewertet werden.

Gründe für die rechtliche Unzulässigkeit

  1. Fehlende persönliche Untersuchung: Eine rechtmäßige Impfunfähigkeitsbescheinigung erfordert eine individuelle ärztliche Untersuchung. Bei online erstellten Bescheinigungen findet in der Regel kein persönlicher Kontakt zwischen Arzt und Patient statt.
  2. Mangelnde individuelle Diagnose: Online-Portale erstellen oft automatisierte Bescheinigungen „ins Blaue hinein“, ohne die spezifische gesundheitliche Situation des Einzelnen zu berücksichtigen.
  3. Unzureichende medizinische Grundlage: Ohne Laboruntersuchungen oder eine gründliche Anamnese fehlt die notwendige medizinische Basis für eine fundierte Beurteilung der Impffähigkeit.

Rechtliche Konsequenzen

Wenn Sie eine online erstellte Impfunfähigkeitsbescheinigung verwenden, sollten Sie sich der möglichen rechtlichen Folgen bewusst sein:

  • Ungültigkeit des Nachweises: Arbeitgeber oder Behörden können die Bescheinigung als ungültig zurückweisen.
  • Strafrechtliche Konsequenzen: Die Nutzung einer solchen Bescheinigung könnte als Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses gewertet werden.
  • Arbeitsrechtliche Folgen: Im beruflichen Kontext kann die Vorlage einer ungültigen Bescheinigung zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen.

Alternativen zur Online-Bescheinigung

Wenn Sie Bedenken bezüglich einer Impfung haben, ist es ratsam, einen persönlichen Termin bei einem Arzt zu vereinbaren. Nur ein Arzt kann nach einer gründlichen Untersuchung und unter Berücksichtigung Ihrer individuellen gesundheitlichen Situation eine rechtlich gültige Impfunfähigkeitsbescheinigung ausstellen.

Beachten Sie, dass selbst bei einer ärztlich ausgestellten Bescheinigung die Gültigkeit zeitlich begrenzt sein kann. Beispielsweise spricht die Website „Masern Express“ von einem vorläufigen Gutachten zur Impfunfähigkeit für längstens 6 Monate.

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Welche Konsequenzen hat der Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses?

Der Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses kann erhebliche strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Gemäß § 279 des Strafgesetzbuches (StGB) wird diese Handlung mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe geahndet. Diese Strafe gilt, sofern die Tat nicht in anderen Vorschriften mit einer schwereren Strafe bedroht ist.

Tatbestandsvoraussetzungen

Um sich nach § 279 StGB strafbar zu machen, müssen Sie folgende Voraussetzungen erfüllen:

  1. Sie verwenden ein Gesundheitszeugnis, das unrichtig ist.
  2. Sie tun dies zur Täuschung im Rechtsverkehr.

Es ist wichtig zu verstehen, dass ein Gesundheitszeugnis auch dann als unrichtig gilt, wenn es ohne angemessene Untersuchung ausgestellt wurde – selbst wenn die attestierte Diagnose zufällig zutreffen sollte.

Besondere Fälle und erhöhte Strafen

In bestimmten Situationen können die Konsequenzen noch schwerwiegender ausfallen:

  • Wenn Sie ein unrichtiges Gesundheitszeugnis im Zusammenhang mit einem Impf- oder Testnachweis verwenden, kann die Freiheitsstrafe sogar bis zu zwei Jahre betragen.
  • Bei besonders schweren Fällen, etwa wenn Sie gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handeln, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, kann die Strafe auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren erhöht werden.

Zeitliche Aspekte und rechtliche Änderungen

Beachten Sie, dass die rechtliche Bewertung des Gebrauchs unrichtiger Gesundheitszeugnisse sich in jüngster Zeit verändert hat:

  • Vor dem 24. November 2021 war der Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses nur dann strafbar, wenn es zur Täuschung einer Behörde oder Versicherungsgesellschaft verwendet wurde.
  • Seit dem 24. November 2021 ist der Anwendungsbereich erweitert worden. Nun macht sich auch strafbar, wer ein unrichtiges Gesundheitszeugnis beispielsweise in einer Apotheke oder einem Restaurant vorlegt.

Weitere mögliche Konsequenzen

Neben den strafrechtlichen Folgen können Sie auch mit weiteren Konsequenzen rechnen:

  • Zivilrechtliche Folgen: Möglicherweise müssen Sie Schadensersatz leisten, wenn durch den Gebrauch des unrichtigen Gesundheitszeugnisses jemandem ein Schaden entstanden ist.
  • Berufliche Konsequenzen: Je nach Ihrer beruflichen Situation können disziplinarische Maßnahmen oder sogar der Verlust des Arbeitsplatzes drohen.
  • Soziale Auswirkungen: Der Vertrauensverlust in Ihrem sozialen Umfeld kann erheblich sein, wenn bekannt wird, dass Sie ein unrichtiges Gesundheitszeugnis verwendet haben.

Wenn Sie mit einem unrichtigen Gesundheitszeugnis konfrontiert sind oder den Verdacht haben, eines erhalten zu haben, ist es ratsam, sich umgehend rechtlichen Rat einzuholen, um die möglichen Konsequenzen und Handlungsoptionen in Ihrer spezifischen Situation zu klären.

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Wie wird der Begriff „unrichtiges Gesundheitszeugnis“ juristisch definiert?

Ein unrichtiges Gesundheitszeugnis wird juristisch als ein Dokument definiert, das falsche oder irreführende Angaben über den Gesundheitszustand einer Person enthält. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass der Begriff „Gesundheitszeugnis“ im rechtlichen Kontext weit gefasst wird.

Merkmale eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses

Ein Gesundheitszeugnis gilt als unrichtig, wenn es inhaltlich falsche Angaben enthält oder wenn beweiserhebliche Daten verfälscht oder manipuliert wurden. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn in einem Impfausweis eine nicht durchgeführte Impfung eingetragen wird oder wenn in einer ärztlichen Bescheinigung falsche Angaben über den Gesundheitszustand gemacht werden.

Juristische Relevanz

Die Frage, ob ein Gesundheitszeugnis als unrichtig gilt, ist besonders im Zusammenhang mit dem § 277 StGB (Fälschung von Gesundheitszeugnissen) relevant. Wenn Sie ein unrichtiges Gesundheitszeugnis ausstellen oder gebrauchen, können Sie sich strafbar machen. Dies gilt auch für den Fall einer ärztlich ausgestellten Impfunfähigkeitsbescheinigung, die nicht der Wahrheit entspricht.

Herausforderungen in der Definition

Es ist wichtig zu beachten, dass die juristische Definition des Begriffs „unrichtiges Gesundheitszeugnis“ gewisse Herausforderungen mit sich bringt. Insbesondere im Zeitalter der Digitalisierung ergeben sich neue Fragen:

  1. Digitale Zertifikate: Der Begriff des Gesundheitszeugnisses erfasst nach aktueller Rechtslage rein digitale Zertifikate nicht vollständig. Dies führt zu einer potenziellen Strafbarkeitslücke, die der Gesetzgeber bisher nicht geschlossen hat.
  2. Beweiserhebliche Daten: Es besteht eine Diskussion darüber, inwieweit beweiserhebliche Daten, die nicht in einem klassischen Gesundheitszeugnis verschriftlicht sind, unter den Begriff fallen.

Wenn Sie sich unsicher sind, ob ein bestimmtes Dokument als Gesundheitszeugnis gilt oder ob es als unrichtig einzustufen ist, sollten Sie sich an einen Rechtsexperten wenden. Die genaue Auslegung kann im Einzelfall komplex sein und hängt von verschiedenen Faktoren ab.

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Welche Kriterien müssen für die Ausstellung einer gültigen Impfunfähigkeitsbescheinigung erfüllt sein?

Für die Ausstellung einer gültigen Impfunfähigkeitsbescheinigung müssen folgende Kriterien erfüllt sein:

Medizinische Kontraindikation

Eine Impfunfähigkeitsbescheinigung darf nur ausgestellt werden, wenn bei der zu impfenden Person eine medizinische Kontraindikation gegen die betreffende Impfung vorliegt. Dies kann beispielsweise eine Allergie gegen Bestandteile des Impfstoffs oder eine schwere Immunschwäche sein. Eine allgemeine Skepsis gegenüber Impfungen oder die bloße Sorge vor möglichen Nebenwirkungen reichen als Begründung nicht aus.

Ärztliche Untersuchung

Die Ausstellung der Bescheinigung muss auf Grundlage einer sorgfältigen ärztlichen Untersuchung erfolgen. Der Arzt muss sich ein umfassendes Bild vom Gesundheitszustand des Patienten machen und die individuelle medizinische Situation bewerten. Eine Ferndiagnose oder die Ausstellung ohne persönlichen Kontakt zum Patienten ist nicht zulässig.

Dokumentation

Der Arzt ist verpflichtet, die Gründe für die Impfunfähigkeit ausführlich in der Patientenakte zu dokumentieren. Dies umfasst die Ergebnisse der Untersuchung, die festgestellten Kontraindikationen und die Begründung für die Entscheidung gegen eine Impfung.

Zeitliche Begrenzung

In vielen Fällen sollte eine Impfunfähigkeitsbescheinigung zeitlich begrenzt ausgestellt werden. Dies gilt insbesondere, wenn die Kontraindikation nur vorübergehend besteht, wie etwa bei einer akuten Erkrankung. Nach Ablauf der Frist muss die Situation neu bewertet werden.

Formale Anforderungen

Die Bescheinigung muss bestimmte formale Kriterien erfüllen. Dazu gehören:

  • Vollständiger Name und Geburtsdatum des Patienten
  • Eindeutige Bezeichnung der Impfung, für die die Unfähigkeit bescheinigt wird
  • Begründung der Impfunfähigkeit (ohne Preisgabe sensibler medizinischer Details)
  • Datum der Ausstellung
  • Name, Anschrift und Unterschrift des ausstellenden Arztes

Rechtliche Konsequenzen

Als Arzt sollten Sie sich bewusst sein, dass die Ausstellung einer Impfunfähigkeitsbescheinigung ohne ausreichende medizinische Grundlage strafrechtliche Konsequenzen haben kann. Der Gebrauch einer unrichtigen Bescheinigung kann als Ausstellung unrichtiger Gesundheitszeugnisse nach § 278 StGB gewertet werden.

Wenn Sie als Patient eine Impfunfähigkeitsbescheinigung benötigen, sollten Sie sich an einen Arzt Ihres Vertrauens wenden und offen über Ihre gesundheitliche Situation sprechen. Der Arzt wird dann auf Basis einer gründlichen Untersuchung entscheiden, ob eine medizinische Kontraindikation vorliegt und eine entsprechende Bescheinigung ausstellen.

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Kann ich mich auf die Richtigkeit eines online ausgestellten Gutachtens verlassen?

Die Verlässlichkeit eines online ausgestellten Gutachtens hängt von mehreren Faktoren ab und sollte kritisch betrachtet werden. Grundsätzlich gilt: Ein Gutachten, das ausschließlich online erstellt wurde, ohne persönliche Begutachtung oder Untersuchung des Sachverhalts, kann in seiner Aussagekraft und rechtlichen Belastbarkeit eingeschränkt sein.

Rechtliche Aspekte

Aus rechtlicher Sicht ist die Haftung bei online erstellten Gutachten oft begrenzt. Viele Anbieter schließen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Haftung für die Richtigkeit ihrer Aussagen aus oder beschränken diese erheblich. Dies bedeutet für Sie als Nutzer, dass Sie im Falle eines Schadens, der durch ein fehlerhaftes Online-Gutachten entstanden ist, möglicherweise keine oder nur eingeschränkte Ansprüche geltend machen können.

Qualität und Zuverlässigkeit

Die Qualität eines Online-Gutachtens kann stark variieren. Achten Sie darauf, wer das Gutachten erstellt hat. Handelt es sich um einen anerkannten Sachverständigen oder eine seriöse Institution? Bei medizinischen Gutachten beispielsweise ist eine persönliche Untersuchung in der Regel unerlässlich für eine zuverlässige Diagnose. Ein rein online erstelltes Gesundheitszeugnis oder eine Impfunfähigkeitsbescheinigung ohne vorherige ärztliche Untersuchung kann daher rechtlich problematisch sein.

Verwendungszweck

Der Zweck, für den Sie das Gutachten benötigen, ist entscheidend. Für informelle Zwecke oder als erste Einschätzung kann ein Online-Gutachten durchaus nützlich sein. Wenn Sie jedoch ein Gutachten für rechtliche oder behördliche Zwecke benötigen, sollten Sie sich vergewissern, dass das online erstellte Dokument den erforderlichen Standards entspricht und von der jeweiligen Stelle akzeptiert wird.

Risikominimierung

Um Risiken zu minimieren, sollten Sie folgende Punkte beachten:

  • Überprüfen Sie die Qualifikationen und Referenzen des Gutachters oder der ausstellenden Institution.
  • Lesen Sie sorgfältig die Nutzungsbedingungen und Haftungsausschlüsse.
  • Verwenden Sie Online-Gutachten nur als erste Orientierung und holen Sie bei wichtigen Entscheidungen eine persönliche, fachkundige Beratung ein.
  • Bei rechtlich relevanten Sachverhalten sollten Sie immer einen qualifizierten Experten persönlich konsultieren.

Bedenken Sie stets, dass die Verwendung eines unrichtigen Gutachtens, insbesondere in rechtlichen Kontexten, ernsthafte Konsequenzen haben kann. Im Zweifelsfall ist es ratsam, sich an einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen oder eine anerkannte Fachperson zu wenden, die für ihre Aussagen auch rechtlich einsteht.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Gesundheitszeugnis: Ein offizielles Dokument, das von einem Arzt oder einer anderen approbierten Medizinalperson ausgestellt wird und den Gesundheitszustand einer Person beschreibt. Es kann Informationen über vergangene oder gegenwärtige Erkrankungen, Verletzungen, den aktuellen Gesundheitszustand oder Prognosen enthalten. Im Rechtsverkehr dient es als Nachweis für bestimmte gesundheitliche Zustände oder Fähigkeiten. Die Richtigkeit eines Gesundheitszeugnisses setzt in der Regel eine persönliche ärztliche Untersuchung voraus.
  • Impfunfähigkeitsbescheinigung: Ein spezielles Gesundheitszeugnis, das bestätigt, dass eine Person aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden kann. Es wird von einem Arzt nach gründlicher Untersuchung und Bewertung des individuellen Gesundheitszustands ausgestellt. Diese Bescheinigung kann als Ausnahmegrund von einer gesetzlichen Impfpflicht dienen. Im vorliegenden Fall wurde eine solche Bescheinigung online ohne persönliche Untersuchung erstellt, was ihre Rechtmäßigkeit in Frage stellt.
  • Unrichtiges Gesundheitszeugnis: Ein Gesundheitszeugnis gilt als unrichtig, wenn die darin enthaltenen Angaben nicht der Wahrheit entsprechen oder wenn die zugrundeliegende ärztliche Untersuchung nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Auch wenn der Inhalt zufällig korrekt sein sollte, macht das Fehlen einer persönlichen Untersuchung das Zeugnis unrichtig. Die Verwendung eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses kann strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
  • Vorsatz: Im Strafrecht bezeichnet Vorsatz das Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung. Bei der Verwendung eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses muss der Täter zumindest billigend in Kauf nehmen, dass das Zeugnis unrichtig ist. Im vorliegenden Fall wird der Mutter vorgeworfen, vorsätzlich gehandelt zu haben, da sie bewusst ein online erstelltes Attest ohne vorherige Untersuchung ihrer Tochter verwendete.
  • Verbotsirrtum: Ein Verbotsirrtum liegt vor, wenn der Täter bei Begehung der Tat nicht weiß, dass sein Handeln verboten ist. Im Strafrecht kann ein unvermeidbarer Verbotsirrtum zur Schuldlosigkeit führen. Im vorliegenden Fall könnte die Frage aufkommen, ob die Mutter möglicherweise einem Verbotsirrtum unterlag, wenn sie davon ausging, dass die Verwendung des Online-Attests legal sei. Die Anforderungen an einen unvermeidbaren Verbotsirrtum sind jedoch sehr hoch.
  • Rechtsverkehr: Der Begriff umfasst alle rechtlich relevanten Beziehungen und Handlungen zwischen Personen, Unternehmen und Behörden. Im Kontext von Gesundheitszeugnissen betrifft dies insbesondere die Vorlage solcher Dokumente bei Behörden, Arbeitgebern oder anderen Stellen, die diese zur Entscheidungsfindung heranziehen. Der Schutz der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Rechtsverkehrs ist ein wichtiges Rechtsgut, das durch die Strafbarkeit unrichtiger Gesundheitszeugnisse geschützt werden soll.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 279 StGB (Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse): Dieser Paragraph stellt den Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses unter Strafe. Es ist verboten, ein solches Zeugnis zu verwenden, um über den Gesundheitszustand einer Person zu täuschen. Im vorliegenden Fall wurde das Online-Gutachten als unrichtiges Gesundheitszeugnis gewertet, da es ohne ärztliche Untersuchung erstellt wurde.
  • § 20 Abs. 8 IfSG (Masernimpfpflicht): Dieses Gesetz schreibt vor, dass bestimmte Personengruppen gegen Masern geimpft sein müssen. Es gibt jedoch Ausnahmen, beispielsweise bei medizinischer Kontraindikation. Die Angeklagte versuchte, sich auf eine solche Ausnahme zu berufen, indem sie das Online-Gutachten einreichte.
  • § 278 StGB (Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse): Dieser Paragraph bestraft das Ausstellen eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses. Obwohl die Angeklagte das Zeugnis nicht selbst ausgestellt hat, ist dieser Paragraph relevant, da das Gericht prüfen muss, ob das Online-Formular vom Arzt vorunterzeichnet war. In diesem Fall könnte auch der Arzt strafrechtlich belangt werden.
  • Ärztliche Berufsordnung: Die Berufsordnung für Ärzte regelt unter anderem die Pflichten bei der Ausstellung von Gesundheitszeugnissen. Ein Arzt darf ein solches Zeugnis nur nach persönlicher Untersuchung des Patienten ausstellen. Das Online-Gutachten verstieß offensichtlich gegen diese Pflicht.
  • Datenschutzgrundverordnung (DSGVO): Die DSGVO regelt den Umgang mit personenbezogenen Daten. Bei der Übermittlung von Gesundheitsdaten, wie sie in einem Impfunfähigkeitsgutachten enthalten sind, müssen besondere Datenschutzbestimmungen beachtet werden. Es ist fraglich, ob die Online-Plattform diese Bestimmungen eingehalten hat.

Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Celle – Az.: 2 ORs 29/24 – Urteil vom 09.04.2024


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