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Gebühr Nr. 4141 VV RVG – zusätzliche Verfahrensgebühr bei Fortsetzungstermin

LG Siegen – Az.: 10 Qs 61/20 – Beschluss vom 03.07.2020

In dem Beschwerdeverfahren hat die zweite große Strafkammer des Landgerichts Siegen auf die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Siegen vom 17.01.2020 – Az: 445 Ls 102/18 – am 03.07.2020 beschlossen:

Die Beschwerde wird als unbegründet verworfen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.

Die weitere Beschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

Durch Urteil des Amtsgerichts Siegen vom 11.12.2018 wurde der Angeklagte pp. wegen Beihilfe zum Diebstahl mit Körperverletzung kostenpflichtig zu einer Geldstrafe i.H.v. 120 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt.

Die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein und beantragte am 08.04.2019, den Angeklagten zu einer angemessenen Freiheitsstrafe ohne Strafaussetzung zur Bewährung zu verurteilen.

Mit Verfügung vom 16.05.2019 wurde Termin zur Verhandlung vor der Berufungskammer auf den 23.08.2019 bestimmt. Geladen wurden drei Zeugen. Die Hauptverhandlung am 23.08.2020 dauerte von 9:06 bis 11:45 Uhr. Die Verhandlung wurde unterbrochen, da der geladene Zeuge pp. nicht erschienen war.

Fortsetzungstermin wurde bestimmt auf Mittwoch, den 04.09.2019. Am 28.08.2019 nahm die Staatsanwaltschaft die Berufung zurück. Der Angeklagte stimmte der Berufungsrücknahme zu. Der Fortsetzungstermin wurde aufgehoben. Das Urteil des Amtsgerichts Siegen vom 11.12.2018 erwuchs in Rechtskraft.

Mit Schriftsatz vom 30.08.2019 beantragte Rechtsanwalt pp. die ihm zustehenden Gebühren und Auslagen mit einem Betrag von insgesamt 1.052,49 € für die Berufungsinstanz festzusetzen. Der Antrag enthielt unter anderem die Gebühr nach 4141 RVG-VV i.H.v. 256 nebst hierauf entfallende Mehrwertsteuer. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgericht Siegen vom 15.10.2019 setzte das Amtsgericht 747,86 fest. Die Befriedigungsgebühr nach Ziffer 4141 RVG-VV wurde nicht zugesprochen. Diese Gebühr entstehe nur, wenn durch die anwaltliche Mitwirkung die Hauptverhandlung entbehrlich werde. Da die Hauptverhandlung vor der Berufungskammer nur unterbrochen gewesen sei und in diesen Fällen der Grundsatz der Einheit der Hauptverhandlung gelte, sei wegen der am 13.08.2019 durchgeführten Hauptverhandlung eine Hauptverhandlung nicht entbehrlich gewesen.

Die dagegen eingelegte Erinnerung hat die Rechtspflegerin nicht abgeholfen. Das Amtsgericht Siegen hat die Erinnerung durch Beschluss vom 17.01.2020 als unbegründet zurückgewiesen und zur Begründung auf den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss und die Nichtabhilfeentscheidung der Rechtspflegerin Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 04.02.2020 und ausführlicher Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, wurde Beschwerde gegen den Beschluss vom 17.01.2020 eingelegt.

Die Bezirksrevisorin hat der Festsetzung der Befriedigungsgebühr widersprochen.

Über die gemäß §§ 56 Abs. 2 Hs. 2, 33 Abs. 3 RVG statthafte und zulässige Beschwerde war gemäß’§§ 56 Abs. 2 RVG i. V. m. § 33 Abs. 8 S. 1 RVG als Einzelrichter zu entscheiden. Da die Sache weder besondere Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, bestand kein Anlass, das Beschwerdeverfahren an die Kammer zu übertragen.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Neben den bereits festgesetzten Gebühren und Auslagen steht dem Beschwerdeführer die weitere Gebühr nach Nr. 4141 RVG-VV nicht zu.

Die Bezirksrevisorin hat dazu wie folgt Stellung genommen:

„Nach der Entscheidung des BGH vom 14.04.2011(IX ZR 153/10 – Rn. 14, juris) ist für die Entstehung der Gebühr Nr. 4141 VV RVG zu unterscheiden, ob eine Aussetzung oder Unterbrechung der Hauptverhandlung vorliegt.

Die Gebühr Nr. 4141 VV RVG kann demnach auch noch entstehen, wenn bereits eine Hauptverhandlung stattgefunden hat.

Dies setzt aber voraus, dass ein vorheriger Hauptverhandlungstermin ausgesetzt wurde und der neue Hauptverhandlungstermin z.B. aufgrund Einstellung, Berufungsrücknahme entbehrlich wird. Es ist somit auf den nächsten Hauptverhandlungstermin abzustellen (vergleiche auch OLG Hamm, Beschluss vom 10.12.2017 – 2 (s) Sbd IX – 155/07-, Rn. 8, juris; OLG Bamberg, Beschluss vom 16.01.2007-1 WF 856/06-, RN. 14, juris).

Vorliegend wurde die Hauptverhandlung jedoch unterbrochen und zugleich ein neuer Hauptverhandlungstermin bestimmt (BI. 409 R d. A.).“

Dieser Rechtsauffassung ist zuzustimmen und wird beigetreten.

Soweit der Beschwerdeführer darauf hinweist, dass auch ein zweiter oder dritter Hauptverhandlungstermin zur Gebühr Nr. 4141 VV RVG führen kann, ist dem beizupflichten. Auch wenn der Beschwerdeführer das anders sehen mag, ist aber auch allgemein anerkannt, dass dies nur für den Fall gilt, dass die Hauptverhandlung ausgesetzt war (vgl. dazu auch Burhoff in: Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 5. Aufl. 2017, Nr, 4141 VV, Rn. 66).

Die umfangreiche Argumentation des Beschwerdeführers verkennt dabei auch den in Rechtsprechung und Literatur anerkannten und bereits benannten Grundsatz der Einheitlichkeit der Hauptverhandlung, der dem Sinn und Zweck der sogenannten Befriedigungsgebühr nicht widerspricht. Honoriert werden soll mit dieser Gebühr, wie der Beschwerdeführer zutreffend ausführt, dass die Hauptverhandlung nicht vorbereitet werden muss. Vorbereitet war die Hauptverhandlung bereits, auch soweit es den Zeugen pp. betraf.

Für den von dem Beschwerdeführer angesprochenen Fall, dass erst zu Beginn des zweiten Hauptverhandlungstermins der Berufungsrücknahme zugestimmt worden wäre, wäre dies mit nur unwesentlich mehr Arbeit für das Gericht verbunden gewesen. Auch dies spricht also nach Sinn und Zweck der Regelung nicht für die Gewährung einer Befriedigungsgebühr.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 56 Abs. 2 S. 2 und 3 RVG.

IV.

Ein Fall der weiteren Beschwerde liegt nicht vor. Das Recht wurde richtig angewendet (§ 33 Abs. 6 RVG). Diesem Fall steht zwar eine abweichende Rechtsauffassung des Beschwerdeführers, aber keine abweichende Rechtsprechung gegenüber.

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