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Gefährliche Körperverletzung – Halten eines brennenden Feuerzeugs über der Kleidung des Opfers

Gefährliches Feuerzeug-Spiel: Unteroffizier wegen Körperverletzung verurteilt

Körperverletzung ist eines der schwerwiegendsten Delikte im deutschen Strafrecht. Dabei kann eine Vielzahl an Handlungen zu Verletzungen und Schädigungen des Opfers führen – von physischer Gewalt bis hin zu gefährlichen Tatmitteln. In solchen Fällen ist der Gesetzgeber besonders streng und ahndet diese Taten hart, um die körperliche Unversehrtheit der Bürger zu schützen. Eines dieser Beispiele ist die gefährliche Körperverletzung, bei der der Täter ein besonders gefährliches Werkzeug einsetzt. Im Folgenden soll ein konkreter Gerichtsfall dazu näher betrachtet werden.

[Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 1 Ds 23 Js 6180/23 >>>]

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Unteroffizier wurde wegen gefährlicher Körperverletzung und Misshandlung eines Untergebenen zu einer Geldstrafe von 130 Tagessätzen verurteilt.
  • Er hielt einem Soldaten ein brennendes Feuerzeug auf Höhe des Penis, um einen „Scherz“ zu machen und ihn kurzzeitig zu erschrecken.
  • Dabei entzündete sich die Kunstfaserhose des Opfers und verursachte eine Brandverletzung auf der Haut.
  • Das Gericht sah die Gefahr des Feuerzeugs als gefährliches Werkzeug an und stufte die Aktion als körperliche Misshandlung ein.
  • Strafmildernd wurden das Geständnis, die Absicht eines harmlosen Streichs sowie die Nichtvorbestraften bewertet.
  • Die Tat erfüllte den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung (§224 StGB) sowie der Misshandlung eines Untergebenen (§30 WStG).
  • Die Geldstrafe lag im unteren Bereich des Strafrahmens für den minderschweren Fall der gefährlichen Körperverletzung.

➜ Der Fall im Detail


Scherz mit Folgen – Gefährliche Körperverletzung und Misshandlung von Untergebenen

In diesem Fall stand ein Unteroffizier der Bundeswehr vor Gericht, da er einem Mannschaftsdienstgrad mit einem brennenden Feuerzeug Verletzungen zugefügt hatte.

Mann zündet Feuerzeug - Körperverletzung mit Feuerzeug
Unteroffizier verurteilt: Scherz mit brennendem Feuerzeug endet in Strafe (Symbolfoto: inframe36x24 /Shutterstock.com)

Der Vorfall ereignete sich während eines Ausstands im Juni 2023 auf dem Kasernengelände in Walldürn. Der Angeklagte, selbst Unteroffizier, hatte sich dem Trinkspiel „Bier-Pong“ der feiernden Soldaten angeschlossen. Dabei kam es zu scherzhaften „Befehlen“ des Angeklagten gegenüber den anwesenden Mannschaftsdienstgraden, was diese mit dem Hinweis quittierten, er solle nicht den „Unteroffizier heraushängen lassen“.

Einer der Soldaten, Hauptgefreiter K., forderte den Angeklagten auf, dies zu unterlassen, zumal er selbst länger bei der Bundeswehr sei und diesen sogar in der Ausbildungskompanie eingeführt habe. In diesem Kontext hielt der Angeklagte sein brennendes Feuerzeug in die Nähe des Penis des Hauptgefreiten – in der Absicht, ihm einen kurzen Hitzeschmerz zuzufügen und ihn zu erschrecken. Die Situation eskalierte jedoch, als die Kunstfaserhose des Hauptgefreiten Feuer fing und er eine Brandverletzung erlitt.

Gericht bestätigt gefährliche Körperverletzung

Das Amtsgericht Buchen sah in der Handlung des Angeklagten sowohl eine gefährliche Körperverletzung gemäß § 224 StGB als auch eine Misshandlung von Untergebenen gemäß § 30 WStG. Das Gericht betonte, dass der Angeklagte die Gefährlichkeit des Feuerzeugs als Werkzeug erkannt hatte und dass seine Handlung als „übles, unangemessenes Behandeln“ zu werten sei, was das körperliche Wohlbefinden des Opfers nicht nur unerheblich beeinträchtigt hatte.

Obwohl der Angeklagte die tatsächlichen Brandverletzungen nicht vorhergesehen hatte, nahm er die Möglichkeit eines kurzen, intensiven Schmerzes durch die Hitzeeinwirkung in Kauf. Das Gericht wertete dies als vorsätzliche Körperverletzung. Zusätzlich wurde der Aspekt der erniedrigenden Behandlung berücksichtigt, da der Angeklagte gezielt den Penis des Geschädigten als Ziel ausgewählt hatte.

Strafzumessung und mildernde Umstände

Trotz der Schwere der Tat wurde der Angeklagte zu einer Geldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 60 Euro verurteilt. Das Gericht begründete dies mit mildernden Umständen: Der Angeklagte war nicht vorbestraft, geständig und hatte lediglich einen kurzen Hitzeschmerz hervorrufen wollen. Daher wurde sowohl in § 224 StGB als auch in § 30 WStG ein minderschwerer Fall angenommen. Die Geldstrafe lag somit im unteren Bereich des Strafrahmens.

Rechtliche Aspekte und Konsequenzen

Dieses Urteil verdeutlicht die strenge Rechtsprechung in Fällen gefährlicher Körperverletzung, insbesondere wenn gefährliche Werkzeuge im Spiel sind. Auch die besondere Schutzwürdigkeit von Untergebenen im militärischen Kontext wird betont. Die Verurteilung dient sowohl dem Schutz der körperlichen Unversehrtheit als auch der Wahrung der Disziplin innerhalb der Truppe.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was ist eine gefährliche Körperverletzung?

Eine gefährliche Körperverletzung nach § 224 StGB liegt vor, wenn die Körperverletzung durch bestimmte Tatmittel oder auf besonders gefährliche Art und Weise begangen wird. Dazu zählen laut Gesetz die Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, die Verwendung einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs, ein hinterlistiger Überfall, das gemeinschaftliche Begehen mit einem anderen Beteiligten oder eine das Leben gefährdende Behandlung.

Ein gefährliches Werkzeug ist jeder bewegliche Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und der konkreten Art seiner Benutzung geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen herbeizuführen. Dazu können je nach Verwendung im Einzelfall Messer, Scheren, Feuerzeuge, Laserpointer, Klebeband oder Seile zählen. Entscheidend ist die Art und Weise des Einsatzes. Es kommt nicht darauf an, ob tatsächlich erhebliche Verletzungen eintreten, sondern nur auf die generelle Eignung dazu.

Auch Alltagsgegenstände können gefährliche Werkzeuge sein, wenn sie in einer Weise eingesetzt werden, die erhebliche Verletzungen verursachen kann, wie z.B. das Ausdrücken einer brennenden Zigarette auf der Haut. Ebenso kann festes Schuhwerk beim Tritt gegen empfindliche Körperstellen wie den Kopf als gefährliches Werkzeug gewertet werden.

Die gefährliche Körperverletzung wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft, in minder schweren Fällen mit drei Monaten bis zu fünf Jahren. Auch der Versuch ist strafbar.

Welche rechtlichen Folgen hat die Verwendung von Werkzeugen bei einer Körperverletzung?

Die Verwendung von Werkzeugen bei einer Körperverletzung kann die Tat zu einer gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB qualifizieren und damit die Strafandrohung erheblich verschärfen. Während die einfache Körperverletzung mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe bestraft wird, drohen bei der gefährlichen Körperverletzung 6 Monate bis 10 Jahre Freiheitsstrafe, in minder schweren Fällen 3 Monate bis 5 Jahre.

Entscheidend ist, ob es sich bei dem verwendeten Gegenstand um ein gefährliches Werkzeug handelt. Dies ist der Fall, wenn der Gegenstand nach seiner objektiven Beschaffenheit und der konkreten Art seiner Benutzung im Einzelfall geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich schwere Verletzungen eintreten, sondern nur auf die generelle Eignung des Gegenstands dazu.

Gefährliche Werkzeuge können die unterschiedlichsten Alltagsgegenstände sein, wenn sie in verletzungsgeeigneter Weise eingesetzt werden, z.B. Messer, Scheren, Baseballschläger, Gürtel, Stöcke, Steine, Flaschen, Schraubenzieher oder auch Feuerzeuge. Auch Schuhe können bei Tritten gegen empfindliche Körperregionen wie den Kopf als gefährliche Werkzeuge gewertet werden. Unbewegliche Gegenstände wie Wände sind dagegen keine Werkzeuge im Sinne des Gesetzes.

Durch die Verwendung eines gefährlichen Werkzeugs bringt der Täter zum Ausdruck, dass er auch erhebliche Verletzungen billigend in Kauf nimmt und verschafft sich ein gesteigertes Verletzungspotential. Dies rechtfertigt die Strafschärfung gegenüber der einfachen Körperverletzung. Auch der Versuch der gefährlichen Körperverletzung ist strafbar.

Was bedeutet „vorsätzliche Körperverletzung“ im Strafrecht?

Eine vorsätzliche Körperverletzung liegt vor, wenn der Täter die Verletzung des Opfers willentlich und wissentlich herbeiführt. Der Täter ist sich seiner Tat und der möglichen Konsequenzen bewusst und will diese verwirklichen.

Vorsätzlich handelt auch, wer eine Körperverletzung zwar nicht direkt bezweckt, aber die Verletzung des Opfers billigend in Kauf nimmt (sog. Eventualvorsatz). Das ist der Fall, wenn der Täter erkennt, dass er einen Menschen verletzen wird und es ihm gleichgültig ist bzw. er es als Folge hinnimmt.

Im Gegensatz dazu liegt eine fahrlässige Körperverletzung vor, wenn der Täter die Verletzung nicht willentlich herbeiführt, sondern aus Unvorsichtigkeit, weil er die gebotene Sorgfalt außer Acht lässt. Er will das Delikt nicht verüben, bedenkt aber die möglichen Folgen nicht.

Für eine vorsätzliche einfache Körperverletzung drohen Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren. Eine vorsätzliche gefährliche Körperverletzung, z.B. mittels einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeugs, wird mit 6 Monaten bis 10 Jahren Freiheitsstrafe bestraft. Dagegen wird die fahrlässige Körperverletzung nur mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren geahndet.

Die Abgrenzung zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit ist im Einzelfall oft schwierig und sollte mit einem erfahrenen Strafverteidiger geklärt werden. Entscheidend ist, was zum Tatzeitpunkt im Kopf des Täters vorging.

In welchen Fällen wird eine Körperverletzung als „erniedrigende Behandlung“ gewertet?

Eine Körperverletzung kann als erniedrigende Behandlung gewertet werden, wenn die Tat in einer Art und Weise begangen wird, die das Opfer demütigt, herabwürdigt oder in seiner Menschenwürde verletzt. Dabei kommt es nicht nur auf die Schwere der Verletzungen an, sondern auch auf den Kontext und die Begleitumstände der Tat.

Erniedrigende Behandlung kann vorliegen, wenn der Täter dem Opfer auf besonders entwürdigende Weise Schmerzen oder Leiden zufügt, z.B. durch Auspeitschen, Verprügeln oder andere Formen der Gewaltanwendung, die mit einer Demütigung einhergehen. Auch sexualisierte Gewalt wie Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung haben regelmäßig erniedrigenden Charakter.

Weitere Beispiele für potenziell erniedrigende Begleitumstände einer Körperverletzung sind:

  • Anspucken oder Bespucken des Opfers
  • Zwang zum Verzehr ekelerregender Substanzen
  • Ausziehen und zur Schau stellen des nackten Opfers
  • Fesseln und Knebeln in schmerzhafter, würdeloser Position
  • Zufügen der Verletzungen vor Publikum zur Bloßstellung des Opfers

Besonders schwerwiegend sind Fälle, in denen Täter eine Machtposition gegenüber dem Opfer ausnutzen, z.B. Misshandlungen durch Polizeibeamte, Vollzugsbeamte oder das Anstaltspersonal in Haftanstalten, Heimen oder psychiatrischen Kliniken. Hier wiegt die Erniedrigung besonders schwer.

Ob eine erniedrigende Behandlung vorliegt, ist einzelfallabhängig unter Berücksichtigung aller Umstände zu beurteilen. Maßgeblich sind die Dauer, die physischen und psychischen Auswirkungen auf das Opfer sowie dessen Alter, Geschlecht und Gesundheitszustand. Kinder und Jugendliche bedürfen eines besonderen Schutzes.

Wie werden mildernde Umstände bei der Strafzumessung berücksichtigt?

Bei der Strafzumessung werden neben der Schwere der Tat und dem Verschulden des Täters auch strafmildernde Umstände berücksichtigt, die zu einer Reduzierung der Strafe führen können. Dazu zählen insbesondere:

  • Geständnis und Reue: Wenn der Täter die Tat gesteht, Reue zeigt und versucht, den Schaden wiedergutzumachen, kann sich das positiv auf die Strafzumessung auswirken. Ein frühzeitiges und umfassendes Geständnis wird dabei stärker gewichtet als ein spätes oder nur teilweises Einräumen der Tat.
  • Wiedergutmachung und Täter-Opfer-Ausgleich: Hat der Täter sich ernsthaft bemüht, die Tatfolgen für das Opfer zu beseitigen oder zu mildern, z.B. durch Schadensersatz, Schmerzensgeld oder eine Entschuldigung, kann das strafmildernd gewertet werden. Ein erfolgreicher Täter-Opfer-Ausgleich führt oft zu einer deutlichen Strafmilderung.
  • Keine oder geringe Vorstrafen: War der Täter bisher nicht oder nur geringfügig vorbestraft, insbesondere wenn die Vorstrafen schon länger zurückliegen und einschlägige Vorstrafen fehlen, kann das ebenfalls für eine mildere Strafe sprechen.
  • Besondere persönliche Umstände: Auch schwierige Lebensumstände wie eine problematische Kindheit, Suchterkrankungen, psychische Belastungen oder eine Tatbegehung aus einer Notlage heraus können sich strafmildernd auswirken, ebenso wie eine verminderte Schuldfähigkeit.
  • Verfahrensverzögerung: Hat sich das Strafverfahren ungewöhnlich lange hingezogen, ohne dass der Täter dies zu vertreten hat, kann das bei der Strafzumessung zugunsten des Täters berücksichtigt werden.

Das Gericht muss alle wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände feststellen, gegeneinander abwägen und in der Urteilsbegründung darlegen. Dabei besteht ein Wertungsspielraum. Die Berücksichtigung strafmildernder Faktoren führt aber nicht automatisch zu einer Strafrahmenverschiebung nach § 49 StGB. Dies ist nur in gesetzlich geregelten Fällen möglich, etwa bei verminderter Schuldfähigkeit oder Teilnahme.

Welche Rolle spielt die Schutzwürdigkeit von Untergebenen im Strafrecht?

Das Strafrecht gewährt Untergebenen in Über-/Unterordnungsverhältnissen, wie sie typischerweise im militärischen Kontext vorkommen, einen besonderen Schutz vor Missbrauch der Befehlsgewalt durch Vorgesetzte:

§ 357 StGB stellt die Verleitung eines Untergebenen zu einer Straftat unter Strafe. Damit soll verhindert werden, dass Vorgesetzte ihre Machtposition ausnutzen, um Untergebene zu Straftaten zu veranlassen. Der Vorgesetzte macht sich strafbar, wenn er es für möglich hält und billigend in Kauf nimmt, dass er einen Untergebenen zu einer Straftat verleitet. Die Strafe richtet sich nach der Strafandrohung für die Tat, zu der er verleitet hat.

Hintergrund ist, dass Untergebene aufgrund des Gehorsamsgebots und der Befehlsstruktur in einer besonders verletzlichen Position sind. Sie können sich Anweisungen von Vorgesetzten oft nur schwer widersetzen, selbst wenn diese rechtswidrig sind. Das Machtgefälle und die Abhängigkeit der Untergebenen werden als besonders missbrauchsanfällig angesehen, weshalb das Gesetz hier einen verstärkten Schutz gewährt.

Auch das Völkerrecht trägt dem besonderen Schutzbedürfnis der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten Rechnung. Nach den Regeln des humanitären Völkerrechts genießen Zivilpersonen einen umfassenden Schutz vor den Gefahren von Kriegshandlungen. Sie dürfen nicht angegriffen werden und Angriffe dürfen nicht unterschiedslos erfolgen. Gewalt mit dem Ziel, Schrecken unter der Zivilbevölkerung zu verbreiten, ist verboten. Auch der Missbrauch von Zivilpersonen als menschliche Schutzschilde ist untersagt.

Insgesamt zeigt sich, dass das Recht Personen in schwächeren, unterlegenen Positionen, sei es aufgrund der Stellung in der militärischen Hierarchie oder des Status als Zivilperson, vor Übergriffen und Missbrauch schützt. Dahinter steht der Gedanke, dass das bestehende Machtungleichgewicht nicht zu Lasten der Unterlegenen ausgenutzt werden darf.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB (Gefährliche Körperverletzung): Beinhaltet Straftatbestände bei denen das Opfer verletzt wird durch den Einsatz gefährlicher Werkzeuge, wie in diesem Fall ein brennendes Feuerzeug. Der Angeklagte hat es in gefährliche Nähe zu entflammbarem Material gebracht, wodurch Körperverletzung herbeigeführt wurde.
  • § 30 Abs. 1, Abs. 3 WStG (Wehrstrafgesetz, Misshandlung von Untergebenen): Dies betrifft insbesondere das Verhalten von militärischen Vorgesetzten gegenüber ihren Untergebenen. Der Angeklagte, ein Unteroffizier, hat seine Position missbraucht und einen Untergebenen misshandelt.
  • § 52 StGB (Tateinheit): Bestimmt, dass mehrere rechtswidrige Taten, die in einem Handlungszusammenhang stehen, als eine einzige Tat bewertet werden können. Im vorliegenden Fall wurde die gefährliche Körperverletzung in Tateinheit mit der Misshandlung von Untergebenen verurteilt.
  • § 223 Abs. 1 StGB (Einfache Körperverletzung): Beschreibt die zielgerichtete körperliche Misshandlung oder Gesundheitsschädigung einer Person. Auch wenn der Angeklagte die Brandverletzung nicht direkt beabsichtigt hat, reicht das gefährdende Verhalten mit dem Feuerzeug aus, um diesen Tatbestand zu erfüllen.
  • § 15 StGB (Vorsätzlichkeit): In Bezug auf das Bewusstsein des Angeklagten über die möglichen Folgen seines Handelns. Obwohl der Angeklagte nicht direkt die Folgen seines Handelns beabsichtigte, war ihm bewusst, dass das Halten eines brennenden Feuerzeugs in der Nähe von Kleidung gefährlich ist. Daher könnte eine vorsätzliche Handlungsweise angenommen werden, zumindest aber bedingter Vorsatz.

Diese Paragraphen erklären rechtlich das Fehlverhalten des Angeklagten und seine Verurteilung in dem vorliegenden Fall.


Das vorliegende Urteil

AG Buchen – Az.: 1 Ds 23 Js 6180/23 – Urteil vom 06.12.2023

Der Angeklagte wird wegen Misshandlung von Untergebenen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 130 Tagessätzen zu je € 60.- verurteilt.

Er trägt die Kosten des Verfahrens.

Angewandte Vorschriften: §§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB, 30 Abs. 1, Abs. 3 WStG, § 52 StGB

Gründe

I.

… Der Angeklagte ist Unteroffizier und verrichtet seinen Dienst in Walldürn.

II.

In den Abendstunden des 29.06.2023 feierten zwei Hauptgefreite … auf dem Kasernengelände in Walldürn ihren Ausstand. Zu vorgerückter Stunde kam gegen 22.00 Uhr auch der Angeklagte hinzu. Er spielte mit den Gästen der Veranstaltung das Spiel „Bier-Pong“ (ein Trinkspiel).

Im Verlauf des Spiels „befahl“ (war als Spaß gemeint) er den feiernden Mannschaftsdienstgraden, ihm ein Bier zu bringen. Der Angeklagte erhielt sein Bier, allerdings mit dem Hinweis, dass er dies nicht zu „befehlen“ habe und er sinngemäß nicht den „Unteroffizier heraushängen lassen“ solle.

Nach weiteren mehr oder weniger unterschwelligen Hinweisen auf seinen höheren Dienstgrad ging der Hauptgefreite K. auf ihn zu und verlangte von ihm, dies zu unterlassen, zumal er selbst ja länger bei der Bundeswehr sei, als der Angeklagte und diesen sogar in der Ausbildungskompanie eingeführt habe.

Hierbei legte K. den Arm um die Schulter des Angeklagten. Da K. eine noch nicht brennende Zigarette im Mund hatte, drehte sich der Angeklagte in dessen Richtung und zündete die Zigarette an.

Anschließend entschloss er sich, K. mit einem Scherz zu ärgern. Er führte das noch immer brennende Feuerzeug in die Nähe von dessen Penis und beließ es dort. Sein Ziel war es, dass K. die Hitze an seinem durchaus empfindlichen Körperteil verspürt, einen sehr kurzen, aber intensiven Schmerz empfindet und hierdurch erschrickt. Diese Reaktion sollten die Feiernden zum Lachen bringen. Ihm war dabei durchaus bewusst, dass ein brennendes Feuerzeug auch Kleidung entflammen und dann auch zu gefährlichen Verletzungen führen kann. Er ging aber davon aus, dass er ausreichend Abstand zur Kleidung halten und sich diese daher auch nicht entzünden würde. Dass es zu einer Brandverletzung kommen könnte, erwartete er nicht. Er nahm dies daher auch nicht in Kauf. Dass es sich hierbei aber um eine erniedrigende und unangemessene Behandlung eines Untergebenen handelte, die dessen Wohlbefinden nicht nur unerheblich beeinflusste, wusste er. Es war Teil des Scherzes.

Tatsächlich trug der Hauptgefreite K. aber eine Kunstfaserhose aus 100% Polyester und darunter eine Unterhose aus einem Baumwollgemisch. Durch die Hitze schmolz die Kunstfaserhose. Die Unterhose geriet in Brand. Es entwickelte sich eine kleine Flamme und in beiden Hosen entstand ein Loch. Der Angeklagte bemerkte die Flamme und löschte sie umgehend mit der Hand.

Der Geschädigte erlitt eine Brandwunde, die er allerdings erst einige Minuten später bemerkte. Zu diesem Zeitpunkt verspürte er dann aber starke Schmerzen.

Danach wollte sich der Geschädigte auf den Angeklagten stürzen, um diesen körperlich anzugehen. Dies wurde aber durch Kameraden verhindert. Letztlich konnte die Situation durch das Eingreifen des OvWa aufgelöst werden.

III.

Der Angeklagte räumte das objektive Tatgeschehen ein. Er habe einen Scherz machen wollen. Dass sein Kamerad K. hierbei verletzt werden könnte, habe er dabei nicht vorausgesehen. Das tue ihm leid. Er habe sich auch bei K. entschuldigen wollen. Der sei aber am nächsten Tag nicht in der Kaserne gewesen und wegen des Endes seiner Dienstzeit auch entlassen worden.

1. Der Ablauf des objektiven Tatgeschehens wurde dem Gericht auch durch den Zeugen G. geschildert, der die Darstellung des Angeklagten insoweit bestätigte.

Die Verletzungen, die K. erlitten hatte, ergaben sich aus dessen verlesener Aussage.

2.a. Hinsichtlich des subjektiven Tatgeschehens glaubte das Gericht dem Angeklagten, dass er nicht vorhergesehen hatte, dass die Hose von K. durch das „in die Nähe halten des Feuerzeugs“ in Brand gesetzt werden würde.

Diese Hose bestand zu 100% aus Polyester. Darunter wurde eine Unterhose (wohl aus Baumwolle) getragen. Reine Polyesterfasern sind extrem hitzeempfindlich, beginnen zu schmelzen und tropfen heiß ab (Ortner, Hensler, „Beurteilung von Kunststoffbränden“, S. 14; veröffentlicht unter „www.lfu.bayern.de/luft/doc/kunststoffbraende.pdf“; Zusammenfassend auch „Schnell in Flammen, Brennbarkeit von Kindertextilien“, Stiftung Warentest 2/2009, veröffentlicht unter „www.brand-feuer.de/additional/Brennende_Kinderkleidung.pdf“). Bei Baumwollfasern hängt es davon ab, wie dick der Stoff ist. Schwere Stoffe sind schwer entflammbar, dünne – wie eine Unterhose – dagegen schnell. Hier lag eine ungünstige Kombination beider Materialien vor. Die Hose aus Polyester begann zu schmelzen, entwickelte hierbei eine große Hitze und entflammte die Unterhose. Demzufolge wiesen nach dem Brand beide Kleidungsstücke Brandlöcher im Bereich der Penisregion auf. Das Gericht stellte dies durch die Inaugenscheinnahme der Fotos der Kleidungsstücke (AS 117 – 123) fest. Sie wiesen Schmelz und Brandspuren auf. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die betreffenden Fotos verwiesen.

Durch die hierbei entstandene Hitze kam es zu den vom Geschädigten in seiner verlesenen Vernehmung beschriebenen Brandverletzungen der Haut.

Wie der Angeklagte und beide Zeugen übereinstimmend geschildert haben, hat der Angeklagte im Bereich des Penis von K. eine Flamme gesehen und diese umgehend mit der Hand gelöscht.

Es war für das Gericht naheliegend, dass der Angeklagte diesen Geschehensablauf nicht vorhergesehen hatte. Er hätte ihn aber erkennen können, wenn er sich das Material der Hose näher angeschaut hätte. Im Übrigen ist es offensichtlich, dass eine offene Flamme in der Nähe eines Kleidungsstücks dazu führen kann, dass dieses in Brand gesetzt wird.

b. Der Angeklagte hatte einen (schlechten) Scherz machen wollen. Hierzu war aber erforderlich gewesen, dass K. die Hitze in der Nähe seines Körpers spürt, eine kurzen intensiven Schmerz empfindet und hierauf auffällig reagiert. Hierdurch sollte erreicht werden, dass seine Handlung und die erwünschte heftige Reaktion von den anderen Kameraden wahrgenommen und als „lustig“ empfunden wird.

Der Angeklagte hatte sich den Penis des Geschädigten als Ziel herausgesucht. Dieser ist nicht nur besonders empfindlich auf äußere Reize. Ein gezielter Angriff in dieser Körperregion wird allgemein auch als besonders erniedrigend empfunden. Dies war dem Angeklagten bekannt und das wollte er auch.

IV.

Der Angeklagte hat sich daher wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Misshandlung von Untergebenen strafbar gemacht gem. §§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB, 30 Abs. 1 WStG, § 52 StGB.

1. Der Angeklagte hat das Tatbestandsmerkmal der „körperlichen Misshandlung“ in § 223 Abs.1 StGB vorsätzlich erfüllt:

a. Die tatsächlich eingetretenen Brandverletzungen hatte der Angeklagte zwar nicht vorhergesehen gehabt. Jedoch hatte der Angeklagte das Feuerzeug so lange in die Nähe des Penis des Geschädigten halten wollen, bis dieser die Hitze spürt, einen Schmerz empfindet und irgendeine Reaktion zeigt, die die Umstehenden zum Lachen bringt. Dieser von ihm beabsichtigte Geschehensablauf beinhaltet eine „körperliche Misshandlung“ des Geschädigten. Eine körperliche Misshandlung ist ein „übles, unangemessenes Behandeln, das zumindest das körperliche Wohlbefinden des Opfers nicht nur unerheblich beeinträchtigt“, wobei eine nicht unerhebliche körperliche Auswirkung gefordert wird (u.a. BGH Beschl. Vom 18.08.2015 – 3 StR 289/15). Indem der Angeklagte sein Feuerzeug in die Nähe des Penis gehalten hat, damit der Geschädigte dort einen kurzen, intensiven Schmerz verspürt, hat er den Geschädigten übel und unangemessen behandelt, zumal ein Angriff in dieser Körperregion als besonders erniedrigend empfunden wird.

b. Hierdurch sollte auch das körperliche Wohlbefinden des Geschädigten nicht unerheblich beeinträchtigt werden. Im Rahmen des Vorsatzes ist dafür erforderlich, dass der Täter eine körperliche Auswirkung seines Handelns in seinen Vorsatz aufgenommen hat (BGH aaO). Das war hier der Fall, da die Hitze zu einem vorübergehenden, aber für einen kurzen Augenblick auch intensivem Schmerz bei seinem Opfer führen sollte.

c. Der Angeklagte hat die Tat mit einem in der Nähe der Kleidung seines Opfers gehaltenen, brennenden Feuerzeug und damit einem „gefährlichen Werkzeug“ im Sinn von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB begangen. Damit sein Opfer an seinem Penis die Hitzeeinwirkung spürt, musste zwangsläufig auch die darüber getragene Kleidung erhitzt werden. Hierbei bestand die vom Angeklagten auch erkannte Gefahr, dass die Kleidung in Brand gerät und es hierdurch zu erheblichen Verletzungen des Geschädigten kommt.

2. Neben § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist auch § 30 Abs. 1 WStG erfüllt.

a. Auch hier liegt eine tatbestandsmäßige „körperliche Misshandlung“ vor. Beide Tatbestandsmerkmale in § 223 StGB und § 30 WStG sind inhaltlich weitgehend deckungsgleich, wobei bei § 30 WStG grundsätzlich auch die Erfordernisse des militärischen Dienstes eine Rolle spielen (BGH NStZ 2009, 289, 292). Hier spielte sich das Geschehen aber außer Dienst ab, so dass militärische Erfordernisse hier ausscheiden.

b. Der Angeklagte war als Unteroffizier auch Vorgesetzter des Hauptgefreiten als Mannschaftsdienstgrad. Die Vorgesetzteneigenschaft ergibt sich hier aus § 4 Abs. 3 Vorgesetztenverordnung in Verbindung mit §§ 1 Abs. 4, 72 Abs. 2 Soldatengesetz, da sich das Geschehen innerhalb der Kaserne, also einer umschlossenen militärischen Anlage abspielte. Dass beide Beteiligte hier außer Dienst waren, ist dann ohne Bedeutung.

3. Beide Tatbestände stehen zueinander im Verhältnis der Tateinheit, § 52 StGB.

V.

Bei der Strafzumessung war zunächst zu klären, von welchem Strafrahmen das Gericht auszugehen hatte. Es war derjenige zu wählen, der die schwerste Strafe androht, § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB. Da beide Tatbestände jeweils einen minderschweren Fall vorsehen, war zu klären, ob ein solcher anzunehmen war.

Das Gericht wertete zu Gunsten des Angeklagten, dass dieser nicht vorbestraft und geständig war. Strafmildernd wirkte sich ebenfalls aus, dass der Angeklagte lediglich einen kurzen Hitzeschmerz hatte hervorrufen wollen. Daher nahm das Gericht sowohl in § 224 Abs. 1 StGB, als auch in § 30 Abs. 3 WStG einen minderschweren Fall an. Damit hatte es vom Strafrahmen des minderschweren Falls des § 224 Abs. 1 StGB auszugehen, der einen Strafrahmen von 3 Monaten bis 5 Jahren Freiheitsstrafe vorsieht.

Obwohl die tatsächlich eingetretenen Verletzungen nicht ganz unerheblich waren, konnte die Strafe aufgrund der aufgezeigten strafmildernden Gesichtspunkten im unteren Bereich des Strafrahmens festgesetzt werden. Das Gericht erkannte unter Anwendung von § 47 Abs. 2 Satz 1 StGB auf eine Geldstrafe von 130 Tagessätzen zu je € 60.-, da die Verhängung einer Freiheitsstrafe weder nach § 47 Abs. 1 StGB unerlässlich war, noch die Disziplin der Truppe die Verhängung eines Strafarrestes geboten hätte (§ 10 WStG).

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