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Glaubhaftmachung des Nichterhalts eines Schriftstücks

Das Oberlandesgericht Hamm hat einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzulässig zurückgewiesen, da der Verurteilte keine konkreten Tatsachen vorbrachte, die den Nichterhalt des Schriftstücks glaubhaft machen. Die sofortige Beschwerde wurde auch als unzulässig verworfen, weil sie außerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist eingelegt wurde.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: I-3 Ws 325/23

✔ Kurz und knapp


  • Glaubhaftmachung des Nichterhalts eines Schriftstücks erfordert konkreten Tatsachenvortrag und Glaubhaftmachung, nicht nur Vermutungen.
  • Eigene eidesstattliche Versicherung des Antragstellers ist grundsätzlich kein zulässiges Glaubhaftmachungsmittel.
  • Ausnahme bei eidesstattlicher Versicherung nur, wenn anderweitige Glaubhaftmachung unmöglich und unverschuldet.
  • Fehlende Glaubhaftmachung führt zur Unzulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags.
  • Verspätete Einlegung der sofortigen Beschwerde führt zu deren Verwerfung als unzulässig.
  • Postzustellungsurkunde begründet vollen Beweis der wirksamen Zustellung, sofern keine substantiierten Gegenbeweise vorliegen.
  • Kosten des erfolglosen Rechtsmittels trägt der Verurteilte.

Glaubhaftmachung des Nichterhalts: Hohe Hürden für die Wiedereinsetzung

Es gibt verschiedene Situationen im Rechtsleben, in denen der Nachweis des Zugangs oder Nichterhalts von Schriftstücken von zentraler Bedeutung ist. Häufig geht es dabei um fristgebundene Rechtsmittel, deren Einlegung an die Zustellung eines Beschlusses oder Urteils gekoppelt ist. Gelingt es einer Partei nicht, den Nichterhalt eines solchen Schriftstücks glaubhaft darzulegen, kann dies schwerwiegende Folgen haben – etwa den Ausschluss von Beschwerdemöglichkeiten.

Die hohen Anforderungen, die das Gesetz an die Glaubhaftmachung des Nichterhalts stellt, sollen einerseits die Rechtssicherheit wahren, andererseits aber auch Missbrauch verhindern. Um diese Balance zwischen Rechtsschutz und Rechtssicherheit geht es in der Rechtsprechung immer wieder. Der vorliegende Fall befasst sich mit den konkreten Voraussetzungen, unter denen der Nachweis des Nichterhalts eines Schriftstücks als geglückt anzusehen ist.

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✔ Der Fall vor dem OLG Hamm


Glaubhaftmachung des Nichterhalts eines Schriftstücks im Fokus

Im vorliegenden Fall des OLG Hamm (Az.: I-3 Ws 325/23) steht die Glaubhaftmachung des Nichterhalts eines juristischen Schriftstücks im Mittelpunkt einer rechtlichen Auseinandersetzung. Ein Verurteilter beantragte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil er geltend machte, den Widerrufsbeschluss der Strafaussetzung zur Bewährung, datiert auf den 25. Juli 2023 vom Landgericht Bielefeld, nicht erhalten zu haben. Laut Zustellungsurkunde wurde dieser am 28. Juli 2023 zugestellt. Die sofortige Beschwerde des Verteidigers erfolgte jedoch erst am 21. August 2023, somit außerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verlangt eine detaillierte Darlegung und Glaubhaftmachung von Tatsachen, die eine Nichtzustellung plausibel machen könnten, was hier zentraler Gegenstand der gerichtlichen Prüfung war.

Details und Begründung der gerichtlichen Entscheidung

Das OLG Hamm wies den Antrag auf Wiedereinsetzung als unzulässig zurück und erklärte auch die sofortige Beschwerde für unzulässig. Grund hierfür war die fehlende Einhaltung der Frist für die Einlegung der Beschwerde, die mit der Zustellung des ursprünglichen Beschlusses begann. Das Gericht stützte sich auf die Zustellungsurkunde, die den vollen Beweis der Zustellung am 28. Juli darstellt. Für eine erfolgreiche Wiedereinsetzung hätte der Verurteilte konkrete Tatsachen vorbringen müssen, die den Nichterhalt des Schriftstücks glaubhaft machen. Es reicht nicht aus, lediglich zu behaupten, das Dokument sei nicht im Briefkasten gefunden worden. Insbesondere in Fällen, wo eine Manipulation des Briefkastens durch Dritte oder Diebstahl vermutet wird, bedarf es konkreter und glaubhafter Beweise, wie etwa eidesstattlicher Versicherungen anderer Mieter.

Juristische Grundlagen und Anforderungen an die Glaubhaftmachung

Die juristischen Hürden für eine Wiedereinsetzung sind hoch, insbesondere wenn es um den Nachweis des Nichterhalts von Postsendungen geht. Die Rechtsprechung erfordert detaillierte und substantiierte Angaben, die über allgemeine Vermutungen hinausgehen müssen. Eine bloße Behauptung oder die eigene eidesstattliche Versicherung des Antragstellers sind nicht ausreichend, um die notwendige Glaubhaftmachung zu erbringen. Dies unterstreicht die Bedeutung einer präzisen und fundierten Darlegung in solchen Fällen.

Rechtliche Konsequenzen und Kostenentscheidung

Als Folge der Entscheidung des OLG Hamm sind sowohl die sofortige Beschwerde als auch der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen worden. Die Kosten des Verfahrens werden gemäß § 473 Abs. 1 StPO dem Verurteilten auferlegt. Dieser Fall illustriert die strengen Anforderungen, die das deutsche Rechtssystem an die Glaubhaftmachung von Tatsachen in rechtlichen Verfahren stellt, und die wesentliche Bedeutung der Fristwahrung in der Rechtspraxis.

✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall


Die Glaubhaftmachung des Nichterhalts eines Schriftstücks stellt hohe Anforderungen an den Antragsteller. Eine bloße Behauptung des Nichterhalts genügt nicht. Vielmehr müssen konkrete Tatsachen vorgetragen werden, die den Schluss zulassen, dass das Schriftstück tatsächlich nicht zugegangen ist.

Die Zustellungsurkunde begründet den vollen Beweis für den Zugang des Schriftstücks. Es obliegt dem Antragsteller, diesen Beweis zu erschüttern, indem er substantiierte Gegenbeweise vorlegt. Gelingt dies nicht, wird der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzulässig zurückgewiesen.

✔ FAQ – Häufige Fragen: Glaubhaftmachung von Nichtzustellung


Was bedeutet die Glaubhaftmachung im rechtlichen Kontext?

Die Glaubhaftmachung im rechtlichen Kontext Deutschlands bezeichnet ein reduziertes Beweismaß im Vergleich zum Vollbeweis, das in bestimmten gerichtlichen Verfahren Anwendung findet. Sie ist insbesondere relevant in Verfahren, in denen es auf eine schnelle Entscheidungsfindung ankommt, wie beispielsweise im einstweiligen Rechtsschutz oder bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Im Gegensatz zum Vollbeweis, bei dem das Gericht von der Wahrheit einer Behauptung überzeugt sein muss, reicht bei der Glaubhaftmachung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit aus. Das bedeutet, dass die vorgebrachten Beweise und Argumente so überzeugend sein müssen, dass sie das Gericht dazu bringen, die behaupteten Tatsachen als wahrscheinlich anzusehen, ohne jedoch absolute Gewissheit zu erfordern.

Ein typisches Beispiel für die Anwendung der Glaubhaftmachung ist die Situation, in der ein Schriftstück behauptet wird nicht erhalten zu haben. In solchen Fällen muss der Betroffene glaubhaft machen, dass das Schriftstück tatsächlich nicht angekommen ist, um beispielsweise eine Fristwiedereinsetzung zu erreichen. Hierbei können alle zulässigen Beweismittel verwendet werden, einschließlich der eidesstattlichen Versicherung.

Die Glaubhaftmachung ist nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen zulässig und stellt eine wichtige prozessuale Erleichterung dar, um Rechtsschutz auch in dringlichen Angelegenheiten effektiv gewährleisten zu können.


Welche Rolle spielt die Zustellungsurkunde bei der Glaubhaftmachung?

Die Zustellungsurkunde spielt eine entscheidende Rolle bei der Glaubhaftmachung, insbesondere im Kontext der Glaubhaftmachung des Nichterhalts eines Schriftstücks. Sie dient als offizieller und rechtlich anerkannter Nachweis darüber, dass eine Zustellung eines Dokuments an eine bestimmte Person oder an deren Wohn- bzw. Geschäftsadresse erfolgt ist. Die Zustellungsurkunde wird von dem Zustellenden, beispielsweise einem Postbediensteten oder einem Gerichtsvollzieher, ausgefüllt und enthält wichtige Informationen wie den Zeitpunkt der Zustellung, die Art der Zustellung (z.B. persönliche Übergabe, Einwurf in den Briefkasten) und gegebenenfalls den Namen der Person, die das Dokument entgegengenommen hat.

Im Falle der Glaubhaftmachung des Nichterhalts eines Schriftstücks ist die Zustellungsurkunde von zentraler Bedeutung, da sie als Beweismittel für oder gegen den behaupteten Sachverhalt herangezogen werden kann. Wenn beispielsweise eine Person geltend macht, ein bestimmtes Schriftstück nicht erhalten zu haben, kann die Zustellungsurkunde als Beweis dafür dienen, dass eine Zustellung tatsächlich stattgefunden hat. Umgekehrt kann die Person, die den Nichterhalt glaubhaft machen möchte, versuchen, Unstimmigkeiten oder Fehler in der Zustellungsurkunde aufzuzeigen, um ihre Behauptung zu stützen.

Die Zustellungsurkunde hat somit eine beweisführende Funktion und ist ein wesentliches Element im Prozess der Glaubhaftmachung. Sie ermöglicht es dem Gericht oder der zuständigen Behörde, eine fundierte Entscheidung darüber zu treffen, ob der behauptete Nichterhalt eines Schriftstücks als glaubhaft anzusehen ist oder nicht.


 

Wie kann man den Nichterhalt eines Schriftstücks glaubhaft machen?

Um den Nichterhalt eines Schriftstücks glaubhaft zu machen, sind verschiedene Schritte und Beweismittel erforderlich, die die Wahrscheinlichkeit des Nichterhalts überzeugend darlegen. Hier sind einige wesentliche Aspekte und Methoden, die in Betracht gezogen werden können:

  • Eidesstattliche Versicherung: Eine eidesstattliche Versicherung kann als Beweismittel dienen, um den Nichterhalt eines Schriftstücks zu belegen. In dieser Versicherung erklärt die betroffene Person unter Eid, dass sie das betreffende Dokument nicht erhalten hat.
  • Dokumentation von Zustellproblemen: Falls bekannt, können Probleme bei der Zustellung, wie etwa Beschädigungen oder Unregelmäßigkeiten am Briefkasten, dokumentiert und als Beweis vorgelegt werden. Dies kann durch Fotos oder Berichte von Zeugen unterstützt werden.
  • Analyse der Zustellungsurkunde: Die Zustellungsurkunde, die den Versand und die Zustellung des Dokuments belegt, sollte auf Unstimmigkeiten oder Fehler überprüft werden. Fehler in der Zustellungsurkunde können darauf hinweisen, dass das Schriftstück möglicherweise nicht korrekt zugestellt wurde.
  • Zeugenaussagen: Zeugen, die bestätigen können, dass das Schriftstück nicht erhalten wurde, können ebenfalls zur Glaubhaftmachung beitragen. Dies könnte beispielsweise Nachbarn oder Familienmitglieder umfassen, die zur relevanten Zeit anwesend waren.
  • Vorlage von Kommunikationsnachweisen: Kommunikationsnachweise mit dem Absender, in denen um Klärung oder Nachsendung des nicht erhaltenen Schriftstücks gebeten wird, können ebenfalls hilfreich sein, um den Nichterhalt glaubhaft zu machen.
  • Technische Probleme bei elektronischer Zustellung: Bei elektronisch zugestellten Dokumenten können technische Fehlerquellen, wie Serverprobleme oder Fehler in der E-Mail-Zustellung, relevant sein. Nachweise über solche technischen Probleme können vorgelegt werden.

Diese Beweismittel müssen in einer Weise präsentiert werden, die das Gericht oder die zuständige Behörde davon überzeugt, dass der Nichterhalt des Schriftstücks wahrscheinlicher ist als sein Erhalt. Es ist wichtig, dass alle Angaben präzise und nachvollziehbar sind, um die Glaubhaftigkeit der Darstellung zu stärken.


Welche Beweismittel sind für die Glaubhaftmachung zulässig?

Gemäß § 294 Abs. 1 ZPO kann zur Glaubhaftmachung jedes Beweismittel herangezogen werden. Dazu gehören insbesondere:

Eidesstattliche Versicherungen der Parteien oder anderer Verfahrensbeteiligter über die relevanten Tatsachen, z.B. die Nichterhaltung eines Schriftstücks.

Zeugenaussagen, schriftlich oder mündlich, von Personen, die Kenntnis über die Umstände der (Nicht-)Zustellung haben.

Urkundenbeweis wie Postzustellungsunterlagen, Briefkastenfotografien oder Ähnliches, das Rückschlüsse auf die Zustellung zulässt.

Sachverständigengutachten, z.B. über technische Fehler bei der elektronischen Zustellung.

Augenscheinsobjekte wie beschädigte Briefkästen oder ähnliche Gegenstände.

Die vorzulegenden Beweismittel müssen präsent sein, d.h. unmittelbar verfügbar für die Glaubhaftmachung. Eine spätere Beweisaufnahme ist nicht möglich.

Entscheidend ist, dass die Beweismittel insgesamt eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für den geltend gemachten Sachverhalt – hier den Nichterhalt des Schriftstücks – belegen.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils


  • § 311 Abs. 2 StPO: Dieser Paragraph regelt die Fristen für die Einlegung von Rechtsmitteln. Im vorliegenden Fall wurde die sofortige Beschwerde nicht fristgerecht eingelegt, was zentral für die Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtsmittels war.
  • § 35 Abs. 2 StPO: Bestimmt die Regeln zur Zustellung von gerichtlichen Dokumenten. Die Kenntnis dieser Vorschrift ist entscheidend, da die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oft davon abhängt, ob die Zustellung ordnungsgemäß erfolgte.
  • § 418 Abs. 1 ZPO: Legt fest, dass eine Zustellungsurkunde den vollen Beweis der Zustellung darstellt, sofern nicht das Gegenteil bewiesen wird. Im konkreten Fall stützt sich das Gericht auf diesen Grundsatz, um die Beschwerde als verspätet zu bewerten.
  • § 45 StPO: Erörtert die Anforderungen an die Glaubhaftmachung von Tatsachen. Die richtige Anwendung dieser Vorschrift ist entscheidend, um zu beurteilen, ob der Antrag auf Wiedereinsetzung berechtigt ist.
  • § 473 Abs. 1 StPO: Bestimmt die Kostenentscheidung in strafrechtlichen Verfahren, was besonders relevant ist, da die Kosten des Verfahrens dem Verurteilten auferlegt wurden.


⬇ Das vorliegende Urteil vom OLG Hamm

OLG Hamm – Az.: I-3 Ws 325/23 – Beschluss vom 26.09.2023

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde wird auf Kosten des Verurteilten als unzulässig verworfen.

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Verurteilten (§ 473 Abs. 1 StPO) als unzulässig verworfen.

Gründe

I.

Die 19. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld hat mit Beschluss vom 25. Juli 2023 die Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Gesamtstrafenbeschluss des Landgerichts Münster vom 02. März 2020 (8 KLs – 210 Js 212/18 – 11/18) widerrufen und angeordnet, dass die von dem Verurteilten gezahlte Geldbuße in Höhe von 1.000 Euro mit der Maßgabe auf die Strafe angerechnet wird, dass zwei Wochen als verbüßt gelten.

Dieser Beschluss wurde dem Verurteilten ausweislich der Zustellungsurkunde am 28. Juli 2023 durch Einlegung in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt.

Der Verteidiger hat mit Schriftsatz vom 21. August 2023 per beA, eingegangen beim Landgericht Bielefeld am selben Tag, sofortige Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluss eingelegt und zugleich beantragt, dem Verurteilten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dieser habe erst mit Schreiben der Bewährungshilfe vom 16. August 2023 Kenntnis von dem Beschluss erlangt.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu verwerfen und die sofortige Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

II.

1.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 453 Abs. 2 Satz 3 StPO, § 56f Abs. 1 StGB statthaft, aber nicht innerhalb der Wochenfrist des § 311 Abs. 2 StPO ab Zustellung nach § 35 Abs. 2 StPO eingelegt worden und damit bereits unzulässig. Grundsätzlich begründet die Zustellungsurkunde nach § 418 Abs. 1 ZPO den vollen Beweis, dass der Postzusteller den Brief am 28. Juli 2023 beim Verurteilten in den Briefkasten oder eine ähnliche Vorrichtung eingeworfen hat, sodass die sofortige Beschwerde verspätet beim Landgericht Bielefeld eingegangen ist.

2.

Auch ist dem Verurteilten auf seinen Antrag keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Sein Antrag ist unzulässig. Denn es werden keine konkreten Tatsachen behauptet und glaubhaft gemacht, die den Schluss zulassen, dass der Beschluss – entgegen den Angaben in der Postzustellungsurkunde – nicht oder nicht wirksam zugestellt wurde.

Ein Zustellungsempfänger, der ein Schriftstück nicht erhalten haben will, muss in aller Regel Einzelheiten vortragen und glaubhaft machen, aus denen sich ergeben kann, dass aufgrund der konkreten Umstände ein Abhandenkommen der Sendung ohne Verschulden des Verurteilten möglich erscheint (OLG Hamm, Beschluss vom 6. Oktober 2009 – 3 Ss 425/09 -, juris Rn. 8 m.w.N.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 14. Januar 2010 – 3 Ws 21/10 -, juris Rn. 13). Der Verurteilte hat hier lediglich zusammengefasst ausgeführt, er habe bis zum 16. August 2023 keine Kenntnis vom dem Beschluss erhalten. Diesen habe er nicht in seinem Briefkasten vorgefunden. Unter der Zustelladresse befänden sich mehrere Briefkästen, die von außen zugänglich seien. Sein Briefkasten sei ordnungsgemäß beschriftet. In der Wohnung herrsche allerdings ein reger Durchlauf an Mietern. Es sei auch schon zu Diebstählen von Post und insbesondere Paketen gekommen. Damit werden allerdings keine konkreten Tatsachen behauptet und glaubhaft gemacht – zum Beispiel durch eidesstattliche Versicherung anderer Mieter -, die es ausnahmsweise zum Beispiel als denkbar erscheinen lassen, dass der Beschluss aus dem Briefkasten entwendet wurde, bevor der Verurteilte von diesem Kenntnis nehmen konnte. Die Ausführungen erschöpfen sich letztlich in angedeuteten Vermutungen ohne konkrete tatsächliche Anhaltspunkte.

Darüber hinaus sind gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 StPO die Tatsachen zur Begründung des Antrags glaubhaft zu machen. Die eigene eidesstattliche Versicherung des Antragstellers ist grundsätzlich kein zulässiges Mittel der Glaubhaftmachung (vgl. nur Cirener in: BeckOK, 48. Edition, Stand: 01.07.2023, § 45 Rn. 11 m.w.N.; OLG Hamm, Beschluss vom 6. Oktober 2009 – 3 Ss 425/09 -, juris Rn. 9). Sie ist wie eine schlichte Erklärung zu werten, die grundsätzlich zur Glaubhaftmachung nicht ausreicht (Cirener a.a.O. m.w.N.; Valerius in: Münchener Kommentar zur StPO, 2. Auflage 2023, § 45 Rn. 12 m.w.N.). Zwar kann ausnahmsweise die eigene Erklärung des Antragstellers dann genügen, wenn ihm eine anderweitige Glaubhaftmachung ohne eigenes Verschulden nicht möglich ist (vgl. hierzu Cirener a.a.O. m.w.N.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier aber nicht vor, nachdem es bereits an konkretem Vortrag fehlt und ein solcher zum Beispiel durch eidesstattliche Versicherung anderer Mieter oder Ähnliches hätte glaubhaft gemacht werden können.

3.

Im Übrigen wäre die sofortige Beschwerde auch aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung unbegründet.

4.

Die Kostenentscheidungen beruhen auf § 473 Abs. 1 StPO.

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