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Gnadengesuch im Strafvollzug

Gnadengesuch u. Begnadigungsverfahren – Aussicht auf Strafmilderung?

Das geordnete Zusammenlegen in einer zivilisierten Gesellschaft kann nur funktionieren, wenn die Gesellschaft klar definierte Regeln in Form von Gesetzen aufstellt. Diese Gesetze dienen dem Schutz jedes einzelnen Mitglieds der Gesellschaft und können ihrerseits nur dann funktionieren, wenn jeder einzelne Mensch sich daran hält. Nun ist es jedoch ein Faktum, dass das Verbrechen auch zum Leben gehört. Wer ein Verbrechen begeht und dabei von den Ordnungshütern ertappt wird, der muss mit einem Verfahren und im schlimmsten Fall auch mit einer Freiheitsstrafe in einer Justizvollzugsanstalt rechnen.

Ein deutsches Sprichwort besagt:“ Besser zu viel Gnade als zu viel Strafe!“ und im Grunde genommen ist dieses Sprichwort auch auf den Strafvollzug anwendbar. Ein wesentlicher Aspekt des Justizvollzuges ist die Resozialisierung des Täters, welche sich innerhalb der geschlossenen Mauern des Vollzuges nur sehr bedingt erreichen lässt. Jeder Straftäter, der seine Freiheitsstrafe im Strafvollzug verbüßt, hat auch die Möglichkeit des Gnadengesuches. Mit dem Begriff Gnadengesuch wird ein Ausnahmeverfahren beschrieben, welches die Zielsetzung eines teilweisen oder sogar vollständigen Straferlasses verfolgt. Auch eine Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung gehört zu den Zielsetzungen des Gnadengesuches. Das gegen den Straftäter ausgesprochene Urteil verliert durch das Gnadengesuch nicht seine Rechtswirksamkeit, dem Täter wird lediglich frühzeitiger die Gelegenheit gegeben, ein Leben in der geordneten Gesellschaft zu führen.

Grundsätzlich hat ein Straftäter keinen Rechtsanspruch auf Gnade. Vielmehr handelt es sich hierbei um ein Gesuch an denjenigen, der die Gnadenbefugnis innehat.

Gnadengesuch u. Begnadigungsverfahren
Symbolfoto: Von sakhorn /Shutterstock.com

Die Gnadenbefugnis ist das Recht auf Erteilung von Gnadenerweise. Dies bedeutet, dass die rechtskräftig ausgesprochenen Strafen sowie die Sicherungs- und Maßregel- bzw. Besserungsmaßnahmen erlassen, ermäßigt oder umgewandelt werden können. Die Gnadenbefugnis liegt in der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich bei den jeweiligen Bundesländern. In Ausnahmefällen kann die Gnadenbefugnis auch bei einem Staatsoberhaupt liegen. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Straftäter ein Verbrechen begangen hat, welches die gesamte Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland betroffen hat. In Deutschland ist bei terroristischen Verbrechen auch der amtierende Bundespräsident in der Position, die Gnadenbefugnis auszuüben.

Der Inhaber der Gnadenbefugnis kann seine Entscheidung nach eigenem Ermessen treffen und ist gegenüber dem Antragssteller nicht zu einer Begründung seiner Entscheidung verpflichtet. Ein Rechtsmittel gegen ein abgelehntes Gnadengesuch gibt es nicht, allerdings hat der Antragssteller ein Recht auf eine Anhörung sowie eine ordentliche Prüfung des Sachverhaltes.

Welche Voraussetzungen müssen für ein Gnadengesuch vorliegen?

Das Gnadengesuch kann zwar grundsätzlich von jedem Inhaftierten gestellt werden, allerdings gibt es auch rechtliche Voraussetzungen für dieses Verfahren. Eine zwingende Voraussetzung für ein Gnadengesuch ist, dass das aktuell geltende förmliche Recht nicht zur Gerechtigkeit beitragen kann. Als rechtliche Grundlage für das Gnadengesuch gilt die Gnadenordnung, die von den jeweiligen Bundesländern festgelegt wird. Der Antragssteller ist zwar grundsätzlich ein Stück weit auf das Wohlwollen des Gnadenbefugnisinhabers abhängig, allerdings gibt es in der gängigen Praxis durchaus einige positive Ausgangslagen für den Erfolg des Gnadengesuchs. Beispiele hierfür sind

  • besondere Erkrankungen, welche eine Vollstreckung der Strafe unzumutbar machen
  • Therapieaussichten
  • Betreuungsaussichten
  • schwer erkrankte Familienangehörige, die nicht anderweitig betreut werden können
  • der etwaig zu befürchtende Verlust des Arbeitsplatzes und damit der Lebensgrundlage

In diesen Fällen kann durchaus das Prinzip „Gnade vor Recht“ zur Geltung kommen. Der Grund dafür, dass diese Voraussetzungen bei einem Gnadengesuch durchaus erfolgversprechend sind, liegt in dem Umstand, dass die Freiheitsstrafe nicht den Zweck einer „Bestrafung des Täters“ dienen soll. Vielmehr steht der Gedanke der Resozialisierung, sprich der Besserung des Täters für eine erfolgreiche Wiedereingliederung in die Gesellschaft, eindeutig im Vordergrund. Unter sehr bestimmten Voraussetzungen kann auch eine Therapie anstelle einer Strafe angetreten werden. Dieses Prinzip ist im § 35 des Betäubungsmittelgesetzes festgelegt und kommt vor allen Dingen bei Straftätern mit einer schweren Suchterkrankung, die eine Straftat im Stile der „Beschaffungskriminalität“ begangen haben, zur Anwendung.

Eine weitere, nicht minder wichtige, Voraussetzung für das Gnadengesuch ist die Reue des Täters sowie auch das bisherige Verhalten im geschlossenen Vollzug.

Die Umstände des Gnadengesuches müssen zwingend sehr schwerwiegend sein und überdies auch durch den Täter bewiesen werden. Damit das Gnadengesuch erfolgreich gestaltet werden kann ist es überdies auch erforderlich, dass das Ziel des Gnadengesuchs nicht auch durch andere rechtliche Möglichkeiten erreicht werden könnte. Dies bedeutet, dass der Straftäter vor dem Gnadengesuch sämtliche anderen rechtlichen Möglichkeiten voll ausgeschöpft haben muss.

Mit dem Gnadenantrag wird bereits eine sogenannte Vollstreckungshemmung auf der Grundlage des § 5 Abs. 2 der Gnadenordnung erreicht. Diese Hemmung erwirkt einen Haftaufschub in einer Zeitspanne von 2 bis 6 Monaten.

Wer ist in welchen Fällen zuständig?

In der Bundesrepublik Deutschland hat der Bund die Gnadenbefugnis in denjenigen Strafsachen, die von der Bundesgerichtsbarkeit in der ersten Instanz gem. § 452 StPO abgeurteilt wurden. Gute Beispiele hierfür sind Staatsschutzdelikte oder Straftaten mit terroristischen Hintergründen. In diesem Fall hat gem. Artikel 60 Absatz 2 Grundgesetz der amtierende Bundespräsident die Gnadenbefugnis.

Obgleich die Entscheidung des Bundespräsidenten keiner Kontrolle unterliegt, so muss sie dennoch von einem zweiten Regierungsmitglied gegengezeichnet werden. Für gewöhnlich erfolgt die Gegenzeichnung durch den Bundesjustizminister.

In sämtlichen anderen Fällen obliegt die Gnadenbefugnis den Bundesländern, welche diese Befugnis auf der Grundlage ihrer jeweiligen Landesverfassungen ausüben. In den Stadtstaaten erfolgt die Entscheidung durch den Senat, in den Flächenbundesländern erfolgt die Entscheidung durch den Ministerpräsidenten. Auch diese Entscheidungen müssen durch den jeweiligen Justizsenator bzw. Justizminister gegengezeichnet werden.

Jedes Gnadengesuch ist als Einzelfallprüfung zu betrachten!

Beachtet werden sollte auch, dass es möglich ist, ein erfolgreiches Gnadengesuch zu widerrufen. In der Regel erfolgt dies, wenn die erteilten Bewährungsauflagen bzw. Weisungen nicht eingehalten wurden. Dem Widerruf eines Gnadengesuchs ist jedoch zunächst ein erfolgreiches Gnadengesuch zuvorgestellt. Dieses muss erst einmal erreicht werden, was jedoch ein überaus fundiertes juristisches Fachwissen des aktuell geltenden Strafrechts sowie der jeweiligen Gnadenordnungen der jeweiligen Bundesländer erfordert. Bei der Thematik Gnadengesuch wird sehr tief in die juristische Materie eingetaucht und für einen normalen juristischen Laien ist dies schlechterdings eine unmöglich zu leistende Herausforderung. Allein schon aus diesem Grund ist es überaus empfehlenswert, vor dem Gnadengesuch eine ausführliche juristische Beratung durch einen Fachanwalt für Strafrecht in Verbindung mit der Gnadenordnung einzuholen. Ein prominentes Beispiel dafür, wie hoch die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Gnadengesuchs ohne einen derartigen Rechtsbeistand ist, zeigt der RAF-Terrorist Christian Klar auf. Der verurteilte Straftäter hat aus der Haft heraus über einen sehr langen Zeitraum hinweg Gnadengesuche an die Bundesrepublik Deutschland gestellt, die immer wieder abgelehnt wurden.

Wir als kompetente Anwaltskanzlei verfügen über Fachanwälte, die Ihnen bei Ihrem Gnadengesuch zur Seite stehen können. Wir übernehmen sowohl die rechtliche Überprüfung Ihres Falls und stellen auch ein Gnadengesuch an die zuständige Stelle. Im Bundesland Nordrhein-Westfalen existiert eigens eine sogenannte Gnadenbehörde, welche für derartige Fälle zuständig ist. Die Kommunikation des Gnadengesuchs ist jedoch ein wesentlicher Aspekt für den Erfolg. Ein Gnadengesuch muss auf jeden Fall fundiert und eindeutig formuliert werden, damit es überhaupt Aussichten auf einen Erfolg gibt. Hierfür stehen wir Ihnen sehr gern zur Verfügung.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

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