Hanfblütentee und das Betäubungsmittelgesetz: Rechtsprechung und Ausnahmen
Hanfblütentee und seine rechtliche Einordnung sind seit geraumer Zeit Gegenstand kontroverser Diskussionen. Das vorliegende Urteil des BayObLG vom 24.08.2023 hat in dieser Debatte für Aufsehen gesorgt. Im Kern geht es um die Frage, ob Hanfblütentee, der Tetrahydrocannabinol (THC) enthält, dem Betäubungsmittelgesetz unterfällt.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Hanfblütentee, der THC enthält, fällt grundsätzlich unter das Betäubungsmittelgesetz, es sei denn, er erfüllt bestimmte Voraussetzungen bezüglich des THC-Gehalts und des Verwendungszwecks.
- Hanfblütentee mit THC unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz, außer wenn der THC-Gehalt 0,2% (ab 01.01.2023: 0,3%) nicht übersteigt.
- Der Tee darf nur für gewerbliche oder wissenschaftliche Zwecke verkauft werden, die einen Missbrauch zum Rauschen ausschließen.
- Ein Sachverständigengutachten, das von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht, ist rechtsfehlerhaft, wenn es nicht ausreichend begründet ist.
- Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten wegen verschiedener Straftaten, darunter fahrlässiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln.
- Die Angeklagten waren Geschäftsführer von Unternehmen, die Hanfblütentee verkauften.
- Das Gericht stützte sich auf ein Sachverständigengutachten, das besagt, dass der Tee einen Rausch erzeugen kann.
- Die Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln wurde aufgrund von Beweisfehlern aufgehoben.
- Das Urteil und die zugrundeliegenden Feststellungen wurden aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Würzburg zurückverwiesen.
Übersicht
Ausnahmen und Regelungen im Betäubungsmittelgesetz
Das Gericht hat entschieden, dass Hanfblütentee, der THC enthält, grundsätzlich dem Betäubungsmittelgesetz unterliegt. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn der THC-Gehalt 0,2% (ab 01.01.2023: 0,3%) nicht übersteigt und der Verkehr ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken dient, die einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen. Dies ist in Anlage I zu § 1 BtMG festgelegt.
Kontroverse um das Sachverständigengutachten
Das rechtliche Problem und die Herausforderung liegen in der Interpretation und Anwendung dieser Regelung. Ein Sachverständigengutachten, das in Abweichung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dem Ergebnis kam, dass bereits bei einem Konsum von 2 mg THC durch Inhalation ein Rausch erzielt werden könne, wurde als Rechtsfehler angesehen. Das Gericht bemängelte, dass das Gutachten nicht näher darlegte, aufgrund welcher Erkenntnisse die Sachverständige zu ihrer Einschätzung gelangte und warum der Gegenansicht nicht zu folgen sei.
Das Landgericht Würzburg hatte die Angeklagte zuvor wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt. Auf Revision der Angeklagten wurde das Urteil jedoch in Teilen aufgehoben, insbesondere im Schuldspruch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln.
Die Rolle der Angeklagten und die Auswirkungen des Urteils
Die Zusammenhänge sind komplex. Die Angeklagten waren Geschäftsführer einer Firma, die Hanfblütentee vertrieb. Dieser Tee enthielt neben Cannabidiol (CBD) auch THC. Die Frage war, ob der Verkauf dieses Tees als Handeltreiben mit Betäubungsmitteln angesehen werden kann. Das Gericht stützte sich auf ein Sachverständigengutachten, das besagte, dass der Konsum des Tees einen Rausch erzeugen kann, vergleichbar mit dem Rauchen von zwei bis vier Joints, je nach THC-Gehalt des Tees.
Die Entscheidung des Gerichts hat weitreichende Auswirkungen. Sie legt fest, unter welchen Bedingungen der Verkauf von Hanfblütentee legal ist und wann er als Handeltreiben mit Betäubungsmitteln angesehen wird. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die Angeklagten, sondern auch auf andere Unternehmen, die ähnliche Produkte verkaufen.
Schlussfolgerungen und zukünftige Entwicklungen
Das Fazit des Urteils ist klar: Hanfblütentee, der THC enthält, unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz, es sei denn, er erfüllt bestimmte Voraussetzungen. Das Gericht hat auch die Bedeutung von Sachverständigengutachten betont und klargestellt, dass diese Gutachten detailliert und überzeugend sein müssen, um als Beweismittel akzeptiert zu werden. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Entscheidung auf den Markt für Hanfprodukte auswirken wird und ob weitere rechtliche Klarstellungen in dieser Angelegenheit folgen werden.
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Anwendung des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) auf Hanfblütentee
Hanfblütentee, je nach seinem Tetrahydrocannabinol (THC)-Gehalt, kann dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) unterliegen. Laut einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs (BGH) wird Hanftee als ein Betäubungsmittel angesehen, wenn er eine bestimmte Menge an THC enthält. Gemäß § 1 Abs. 1 BtMG wird die Betäubungsmitteleigenschaft eines Stoffes oder einer Zubereitung festgelegt. In Deutschland wird Hanftee aus Nutzhanfpflanzen hergestellt, die den in der EU zulässigen THC-Gehalt von unter 0,2% haben, und ist legal, solange der THC-Gehalt nicht höher als vorgeschrieben ist.
Der Verkauf von Hanftee, insbesondere wenn er THC enthält, kann als Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz betrachtet werden. Sportler sollten besonders vorsichtig mit Hanfprodukten sein, da sie nach dem Verzehr dopingrelevante Substanzen im Urin nachweisen könnten. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Hanfprodukte, die weniger als den festgelegten THC-Gehalt enthalten, in Deutschland legal sind.
Anlage I zum BtMG definiert Cannabis als „Marihuana, Pflanzen und Pflanzenteile der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“. Diese Einstufung betrifft auch das Cannabisharz (Haschisch), das als nicht verkehrsfähiges Betäubungsmittel nach Anlage I eingestuft ist. Strafen für den Erwerb, Import und Besitz illegaler Betäubungsmittel können eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren umfassen, wenn es sich um „geringe Mengen“ handelt, wie in § 29 BtMG festgelegt ist.
Die rechtliche Situation um Hanf und seine Derivate ist komplex und kann sich je nach juristischer Interpretation und Änderungen in der Gesetzgebung ändern. Es ist auch wichtig zu bemerken, dass die Regelungen zum Hanfanbau und zur Verwendung von Hanfprodukten auch von den bundesland-spezifischen Regelungen beeinflusst werden können.
Betäubungsmittelgesetz (BtMG): Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) ist ein in Deutschland geltendes Gesetz, das den Umgang mit Betäubungsmitteln, einschließlich Cannabisprodukten, regelt. Dieses Gesetz unterscheidet zwischen legalem und illegalem Handel, Besitz und Konsum von Drogen wie Cannabis. Es ist wichtig zu beachten, dass der Besitz und Handel von Cannabis in den meisten Fällen illegal ist und strafrechtlich verfolgt wird, es sei denn, es liegen spezielle Ausnahmen vor.
THC-Gehalt und Ausnahmen: THC, oder Tetrahydrocannabinol, ist der psychoaktive Bestandteil von Cannabis, der für die Rauschwirkung verantwortlich ist. Der THC-Gehalt in Hanfprodukten ist in der Regel gesetzlich begrenzt und nur dann zulässig, wenn er unter einem bestimmten Grenzwert liegt (z.B. 0,3%). Es gibt jedoch Ausnahmen für den Handel mit Produkten mit höherem THC-Gehalt zu gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken, solange der Missbrauch zu Rauschzwecken ausgeschlossen ist.
Beweiswürdigung und rechtliche Grenzwerte: Die Beweiswürdigung spielt eine zentrale Rolle im Gerichtsprozess. Sie bezieht sich auf die Beurteilung und Interpretation der Beweise durch das Gericht. In Bezug auf den THC-Gehalt in Hanfblütentee und die Rauschwirkung können Sachverständigengutachten herangezogen werden, um Fakten zu klären und zu bestimmen, ob ein Produkt einen rechtlich zulässigen THC-Gehalt hat. Die rechtliche Festlegung eines Grenzwerts für die Rauscherzeugung durch THC berücksichtigt sowohl die aktuelle Rechtsprechung als auch wissenschaftliche Erkenntnisse. In diesem Fall scheint es Unklarheiten in der Beweiswürdigung zu geben, die zu rechtlichen Fehlern geführt haben könnten.
§ Relevante Rechtsbereiche für dieses Urteil:
- Betäubungsmittelrecht: Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) regelt den Umgang mit Betäubungsmitteln wie Hanfblütentee, insbesondere in Bezug auf den THC-Gehalt und die zulässigen Verwendungszwecke.
- Strafrecht: Das Strafrecht betrifft die strafrechtliche Verfolgung und Verurteilung im Zusammenhang mit Handeltreiben von Betäubungsmitteln, Beleidigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und anderen strafrechtlichen Vergehen, die im Text erwähnt werden.
- Verwaltungsrecht: Das Verwaltungsrecht könnte in Bezug auf die Einbindung von Behörden wie dem Gewerbeaufsichtsamt und der Polizei, die im Text genannt werden, relevant sein. Es betrifft die rechtlichen Beziehungen zwischen Bürgern und Verwaltungsbehörden.
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Das vorliegende Urteil
BayObLG – Az.: 202 StRR 52/23 – Beschluss v. 24.08.2023
Leitsätze:
1. Hanfblütentee, der Tetrahydrocannabinol (THC) enthält, unterfällt grundsätzlich dem Betäubungsmittelgesetz. Eine Ausnahme hiervon besteht nur dann, wenn der THC-Gehalt 0,2% (ab 01.01.2023: 0,3%) nicht übersteigt und der Verkehr ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken dient, die einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen (Anlage I zu § 1 BtMG).
2. Gelangt ein Sachverständigengutachten in Abweichung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die ihrerseits auf wissenschaftlichen Studien beruht, zu dem Ergebnis, dass bereits bei einem Konsum von 2 mg THC durch Inhalation ein Rausch erzielt werden könne, ist es rechtsfehlerhaft, wenn eine nähere Darlegung unterbleibt, aufgrund welcher Erkenntnisse die Sachverständige zu ihrer Einschätzung gelangt und aus welchen Gründen der Gegenansicht nicht zu folgen ist.
I. Es wird festgestellt, dass die Angeklagte durch das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 03.01.2023 wegen Beleidigung rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 50 Euro verurteilt ist.
II. Auf die Revisionen der beiden Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 03.01.2023 mit den Feststellungen aufgehoben
1. im Schuldspruch, soweit sie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in sechs tateinheitlichen Fällen verurteilt wurden;
2. im Ausspruch über die Gesamtstrafen.
III. Auf die Revision der Einziehungsbeteiligten wird das genannte Urteil des Landgerichts Würzburg im Ausspruch über die Einziehung (Ziff. 4 der Entscheidungsformel des Berufungsurteils) mit den Feststellungen aufgehoben.
IV. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.
V. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Würzburg zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten am 14.10.2021 wegen fahrlässigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 6 Fällen, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung in 2 tateinheitlichen Fällen, vorsätzlichen Besitzes einer verbotenen Waffe und Beleidigung zu einer Gesamtgeldstrafe von 220 Tagessätzen zu je 60 Euro. Die Angeklagte wurde wegen fahrlässigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 6 Fällen und Beleidigung zu einer Gesamtgeldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 60 Euro verurteilt. Ferner ordnete das Amtsgericht die Einziehung näher bezeichneter Gegenstände an.
Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht Würzburg mit Urteil vom 03.01.2023 das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben; über die gleichzeitig eingelegten Berufungen der Angeklagten verhält sich die Entscheidungsformel des Landgerichtsurteils nicht. Den Angeklagten hat es wegen vorsätzlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 6 tateinheitlichen Fällen, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung in 2 tateinheitlichen Fällen, vorsätzlichen Besitzes einer verbotenen Waffe und Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Angeklagte wurde wegen vorsätzlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 6 tateinheitlichen Fällen und Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten und 2 Wochen, deren Vollstreckung ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt. Die Einziehungsentscheidung hat die Berufungskammer mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Einziehungsentscheidung gegen die Einziehungsbeteiligte ergeht. Darüber hinaus ordnete das Landgericht die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 118.280 Euro gegen die Einziehungsbeteiligte an.
Gegen das Berufungsurteil wenden sich die Angeklagten und die Einziehungsbeteiligte jeweils mit der Revision, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügen.
II.
Die Verurteilung der Angeklagten wegen Beleidigung ist nicht mit der Revision angegriffen und somit in Rechtskraft erwachsen, weil deren Revision wirksam auf die Verurteilung wegen vorsätzlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 6 tateinheitlichen Fällen beschränkt wurde.
Der weitere Verteidiger der Angeklagten hat in der Revisionsbegründungsschrift vom 24.04.2023 explizit erklärt, dass die Revision auf die Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln beschränkt wird. Allein dies ist maßgeblich. Die Reichweite des Rechtsmittelangriffs bestimmt sich bei der Revision nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung aus der nach Zustellung des angefochtenen tatrichterlichen Urteils abgegebenen Erklärung nach § 344 Abs. 1 StPO; erst hierdurch wird der Umfang der Revision rechtlich bindend festgelegt (vgl. nur BGH, Beschluss vom 22.1.2020 – 2 StR 562/19 = NStZ-RR 2020, 222 = StV 2021, 88 = BGHR StPO § 302 Abs. 2 Beschränkung 3.).
III.
Die Rechtsmittel der Angeklagten und der Einziehungsbeteiligten haben mit der Sachrüge Erfolg, soweit sie die Verurteilung der Angeklagten wegen vorsätzlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 6 tateinheitlichen Fällen und den Ausspruch über die Einziehung betreffen, sodass es auf die Verfahrensrügen nicht mehr ankommt. Die weitergehende Revision des Angeklagten ist offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Die Berufungskammer hat zu der Verurteilung nach dem Betäubungsmittelgesetz im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
Die Angeklagten waren seit dem 26.01.2019 Geschäftsführer der H.-UG (haftungsbeschränkt) und nach deren Umwandlung in eine GmbH zum 16.09.2019 der H.-GmbH, die unter anderem Hanfblütentee in den von ihr betriebenen Ladenlokalen in Würzburg oder über Franchiseunternehmen vertrieb. Der Hanfblütentee enthielt neben Cannabidiol (CBD) auch Tetrahydrocannabinol (THC). Im Zeitraum bis zur staatsanwaltschaftlichen Durchsuchung am 05.11.2019 gaben die Angeklagten mindestens sechs Bestellungen von jeweils mindestens vier Kilogramm CBD-Blüten auf. Die Lieferungen enthielten CBD-Blüten mit einem Gehalt von mindestens 0,10% und höchstens 0,20% THC mit einer Gesamtmenge an THC in Höhe von 20,864 Gramm.
Die sachverständig beratene Strafkammer ist zu der Überzeugung gelangt, dass bei einem Konsum des Hanfblütentees ein Rausch erzeugt werden kann, der durch das Rauchen von zwei dicken Joints (bei einem THC-Gehalt des Tees von 0,20%) oder vier dicken Joints (bei einem THC-Gehalt des Tees von 0,10% THC) erreicht werden könne. Dies entspreche jeweils einer zugeführten Menge an THC von 2 mg. Nach der Überzeugung der Strafkammer handelten die Angeklagten mit bedingtem Vorsatz. Sie rechneten zumindest damit, dass durch den Konsum von Hanfblütentee mit einem THC-Gehalt von unter 0,20% ein Rausch erzielt werden kann und somit ein Missbrauch zu Rauschzwecken im Sinne der Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG nicht ausgeschlossen ist.
2. Die Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln kann deshalb keinen Bestand haben, weil die Beweiswürdigung dazu, dass ein Missbrauch des Hanftees durch Abnehmer zu Rauschzwecken nicht ausgeschlossen ist, nicht rechtsfehlerfrei ist. Die Darstellung der Ausführungen der Sachverständigen ist unklar und lückenhaft.
a) Allerdings ist die Berufungskammer im Ausgangspunkt zutreffend in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Urt. v. 24.03.2021 – 6 StR 240/20 = BGHSt 66, 76 = StraFo 2021, 248 = ZLR 2021, 371 = StV 2021, 440 = NStZ 2021, 549 = LRE 82, 51 = LMuR 2021, 493; Beschluss vom 23.06.2022 – 5 StR 490/21 = NStZ-RR 2022, 376 = StV 2023, 35) davon ausgegangen, dass es sich bei den von den Angeklagten vertriebenen, wegen ihres THC-Gehalts cannabishaltigen Produkten grundsätzlich um Betäubungsmittel im Sinne des § 1 Abs. 1 BtMG in Verbindung mit der Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG handelt. Richtig hat das Landgericht auch zugrunde gelegt, dass nach Buchstabe b) Var. 2 der Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG in der ab 01.01.2023 geltenden Fassung Stoffe nur dann ausgenommen sind, wenn der Gehalt an THC 0,30% (vor dem 01.01.2023: 0,20%) nicht übersteigt und der Verkehr mit ihnen ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken dient, die einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen.
b) Aufgrund des in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachtens der Sachverständigen ist das Landgericht zu der Überzeugung gelangt, dass ein derartiger Missbrauch zu Rauschzwecken bei Abnehmern gerade nicht ausgeschlossen werden könne. Die Sachverständige hat dargelegt, dass zwar eine Rauschwirkung durch Backen „kaum“ erzeugt werden könne, wohl aber durch das Rauchen. Hiernach könnte bereits eine Aufnahme von 2 mg THC durch Rauchen von 2 Joints mit einem THC-Gehalt von 0,20% bzw. 4 Joints bei einem THC-Gehalt von 0,10% erzielt werden.
c) Die diesbezüglichen Darlegungen lassen jedoch nicht erkennen, aufgrund welcher Erwägungen die Sachverständige von einer Rauschwirkung bereits bei einer Inhalation von 2 mg THC ausgegangen ist.
aa) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die zurückgeht auf eine veröffentlichte Studie von Schulz-Wasilewski (Kriminalistik 1971,15; 1979, 13), sind zur Erzielung eines Rauschzustandes durch Rauchen einer Zubereitung von Cannabisprodukten im Durchschnitt 15 mg THC erforderlich (st.Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 18.07.1984 – 3 StR 183/84 = BGHSt 33, 8 = StV 1984, 466 = NStZ 1984, 556 m.w.N.), wobei folgendes Symptomschema entwickelt wurde:
(1) 2 mg THC: Schwellendosis für milde Euphorie;
(2) 7 mg THC: Geringe Veränderungen sensorischer Art mit beeinträchtigtem Zeitempfinden;
(3) 15 mg THC: Deutliche Veränderungen im Körpergefühl, sensorische Störungen, Verkennungen und Halluzinationen;
(4) 20 mg THC: Überwiegen von dysphorischen Wirkungen mit Übelkeit, Erbrechen und unangenehmen Körpergefühlen.
bb) Von dieser Rechtsprechung ist der Bundesgerichtshof bis heute nicht abgerückt. Bis in die jüngste Zeit wird der Grenzwert der nicht geringen Menge im Sinne des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG auf 7,5 g THC bestimmt, der sich aus 500 Konsumseinheiten zu je 15 mg THC errechnet (st.Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 05.07.2022 – 4 StR 61/22 = StV-S. 2022, 130; 28.06.2022 – 6 StR 232/22; 15.12.2021 – 2 StR 491/21, jew. bei juris).
cc) Nachdem die Sachverständige ausweislich des landgerichtlichen Urteils einen Rauschzustand bei der Inhalation von 2 mg THC angenommen hat, hätte das Berufungsgericht sich näher damit auseinandersetzen müssen, worauf diese Einschätzung, der es sich angeschlossen hat, beruht.
Denkbar wäre einerseits, dass die Sachverständige die Schwellendosis für eine mittlere Euphorie (siehe oben Stufe 1 der dort wiedergegebenen Skala) für einen Rauschzustand als ausreichend einschätzt, was mit der gefestigten Rechtsprechung freilich nicht im Einklang stünde, weil sie einen anderen Rausch-Begriff als der Bundesgerichtshof zugrunde legen würde. Andererseits könnte es auch sein, dass die Sachverständige bereits bei einem Konsum von 2 mg THC zu einem der obigen Stufe 3 zuzuordnenden Wirkungsgrad (deutliche Veränderungen im Körpergefühl, sensorische Störungen, Verkennungen und Halluzinationen) gelangt. Dann würde sie sich jedoch in Widerspruch zu den veröffentlichten Studien, auf die sich der Bundesgerichtshof stützt, befinden. Dies wäre zwar nicht von vornherein ausgeschlossen, hätte aber einer eingehenden Auseinandersetzung mit den gegenteiligen fachlichen Einschätzungen und einer ausführlichen Darlegung, aufgrund welcher überlegenen Forschungsmittel die Sachverständige zu ihrem von anderen Studien abweichenden Ergebnis gelangt, bedurft. Hierzu verhält sich die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils nicht.
d) Das Urteil des Berufungsgerichts beruht auf diesem Rechtsfehler (§ 337 Abs. 1 StPO). Zwar hat der Bundesgerichtshof jüngst unter Bezugnahme auf eine vorangegangene Entscheidung (BGH, Beschluss vom 23.06.2022 – 5 StR 490/21 = NStZ-RR 2022, 376 = StV 2023, 35) ausgeführt, dass Aufbereitungsarten von CBD-Blüten, die eine Anreicherung des THC-Gehalts bewirken und daher bei einem Konsum einen Cannabisrausch erzeugen können, allgemein bekannt seien (BGH, Urt. v. 16.01.2023 – 5 StR 269/22 bei juris). Jedoch war in dem in Bezug genommenen Verfahren das Tatgericht aufgrund eines erholten Sachverständigengutachtens zu dem Ergebnis gelangt, durch Erhitzen beim Backen werde zusätzliches THC freigesetzt, das bei einem Konsum einen Cannabisrausch erzeugen könne (vgl. LG Berlin, Urt. v. 07.07.2021 – [510 KLs] 254 Js 38/20 [9/20] bei juris). Da es sich bei der Eignung zur Rauscherzeugung um eine reine Tatsachenfrage handelt und die Sachverständige im vorliegenden Verfahren aber gerade die Möglichkeit des Berauschens durch Konsum von in Backwaren verarbeiteten Hanftee verneint hat, ohne dass diese Einschätzung allerdings im Berufungsurteil näher belegt würde, kann bei dieser diametral entgegengesetzten Auffassung der Sachverständigen in den jeweiligen Verfahren nicht ausgeschlossen werden, dass das Tatgericht zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.
IV.
Nach § 353 StPO sind auch die zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben.
1. Der Senat teilt allerdings die Einschätzung der Generalstaatsanwaltschaft, die beanstandet, dass das Landgericht keine eigenen Feststellungen zu den Handelsmengen getroffen habe und auch die diesbezügliche Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft sei, nicht.
a) Die vermissten Feststellungen sind eindeutig im Berufungsurteil wiedergegeben. Eine Bezugnahme auf die Feststellungen des Ersturteils, die in einem Berufungsurteil im Übrigen zulässig wäre, wenn das Landgericht aufgrund eigener Überzeugung zu den identischen Feststellungen gelangt ist (vgl. nur BayObLG Beschluss vom 23.3.2021 – 202 StRR 30/21bei juris = BeckRS 2021, 14723 m.w.N.), liegt schon nicht vor. Die Ausführungen der Berufungskammer, wonach sich die Feststellungen zu den Mengen und den Verkaufspreisen aus den Feststellungen des Ersturteils ergeben, die insbesondere von den Angeklagten in der Berufungshauptverhandlung eingeräumt worden seien, können nur dahingehend verstanden werden, dass das Landgericht in der Berufungshauptverhandlung aufgrund der Geständnisse der Angeklagten identische Feststellungen getroffen hat.
b) Hiervon zu trennen ist die Frage, ob die vom Landgericht selbst getroffenen Feststellungen zu den Handelsmengen und -preisen hinreichend beweiswürdigend belegt werden.
aa) Dies ist aber schon deshalb der Fall, weil sich das Landgericht auf die Einlassungen der beiden Angeklagten, die die Mengen und die Preise eingeräumt haben, und zusätzlich auch auf die Angaben eines früheren Mitangeklagten stützt. Hiergegen ist aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.
bb) Den Einwand der Generalstaatsanwaltschaft, dass dies nicht ausreichend sei, weil der Angeklagte die im Ersturteil festgestellten Mengen und Preise mit dem Hinweis darauf, dass diese auf den „Unterlagen und Buchführung“ beruhten, nicht aus „eigener Kenntnis“ habe einräumen können, vermag der Senat nicht zu teilen, weil die beiden Angeklagten gemeinsam Geschäftsführer der Gesellschaften, welche die inkriminierten Geschäfte betrieben haben, waren. Die Annahme, dass diesen die Handelsmengen und vor allem die Geschäftsunterlagen nicht bekannt wären, ist lebensfern, sodass das Landgericht dies auch nicht in die Überlegungen einstellen musste. Zumindest musste beiden geläufig sein, ob ihre Buchhaltung entsprechend den gesetzlichen Vorschriften des Handelsrechts ordnungsgemäß und vollständig war. Sie hatten im Übrigen auch über mehrere Jahre, in denen das Verfahren anhängig war, Gelegenheit, die ihnen vorgeworfenen Handelsmengen ohne weiteres auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Von daher gibt es für die Annahme, sie hätten insoweit keine Kenntnisse gehabt, um die Richtigkeit bestätigen zu können, keine Anhaltspunkte. Dies gilt umso mehr, als sich aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe auch hinreichend ergibt, dass die festgestellten Mengen aufgrund dieser Unterlagen ermittelt worden sind. Soweit die Generalstaatsanwaltschaft darauf abhebt, dass in der Erklärung des Verteidigers der Angeklagten einschränkend das Wörtchen „wohl“ verwendet wurde, ist dies schon deswegen nicht durchgreifend, weil sich insoweit bei einer Gesamtschau der Aussagen der beiden Angeklagten, die im Übrigen nach den Ausführungen des Landgerichts durch die Angaben eines früheren Mitangeklagten gestützt wurden, keine vernünftigen Zweifel an den Handelsmengen ergaben.
cc) Soweit die Generalstaatsanwaltschaft der Auffassung ist, eine „Verlesung“ der schriftlichen Unterlagen wäre geboten gewesen, trifft dies aus den genannten Gründen keineswegs zu, sodass von einer Lückenhaftigkeit der Beweiswürdigung nicht die Rede sein kann. Der Angeklagte hat ausweislich des Berufungsurteils explizit erklärt, dass die Feststellungen im Ersturteil auf den Unterlagen und der Buchführung beruhen. Bei verständiger Würdigung dieser Aussage besteht kein Zweifel daran, dass der Angeklagte nicht nur die Richtigkeit der Unterlagen und der Buchhaltung, zu deren ordnungsgemäßer Führung er ohnehin kraft Gesetzes verpflichtet war, bestätigen wollte, sondern auch die den Vorwürfen zugrunde liegenden Verkaufsmengen eingeräumt hat. Im Übrigen wird durch den Hinweis der Generalstaatsanwaltschaft auf das Erfordernis einer Verlesung ein sachlich-rechtlicher Fehler der Beweiswürdigung nicht aufgezeigt, zumal das diesbezügliche Schweigen des tatrichterlichen Urteils hierzu den Schluss zulässt, dass getroffene Feststellungen nicht aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung (§ 261 StPO) geschöpft worden sein.
dd) Der Senat vermag der Generalstaatsanwaltschaft auch insoweit nicht zu folgen, soweit sie die Auffassung vertritt, die Aussage des früheren Mitangeklagten, der nach dem Berufungsurteil ebenfalls die Verkaufsmengen und -preise bestätigt hat, hätte in den Urteilsgründen wiedergegeben werden müssen. Es entspricht gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass die inhaltliche Wiedergabe der Aussagen – von hier nicht vorliegenden Ausnahmen wie etwa einer Aussage-gegen-Aussage-Konstellation abgesehen – grundsätzlich nicht erforderlich ist, weil der Beweiswürdigung nicht die Aufgabe zukommt, das Ergebnis der Beweisaufnahme zu dokumentieren (st.Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 27.04.2022 – 5 StR 18/22 bei juris; 03.03.2022 – 5 StR 228/21 = wistra 2022, 384; Beschluss vom 11.07.2023 – 1 StR 92/23 bei juris; 11.04.2023 – 4 StR 497/22 = NStZ-RR 2023, 256; 23.02.2022 – 2 StR 156/21 bei juris). Die genaue inhaltliche Wiedergabe der Aussagen ist umso weniger geboten, wenn sie – wie hier – nur der Stützung einer geständigen Einlassung dient.
2. Allerdings hat das Landgericht sich – worauf die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend hinweist – nicht zu der Frage eines Verbotsirrtums i.S.d. § 17 StGB verhalten.
a) Hierzu hätte aber Anlass bestanden, weil die beiden Angeklagten nach den Urteilsfeststellungen „begleitend“ zur Eröffnung der Cannabis-Läden im Januar 2019 Informationsabende durchgeführt haben, zu denen auch das Gewerbeaufsichtsamt und die Polizei „geladen“ gewesen seien. Das Landgericht hätte bei dieser Sachlage der Frage nachgehen müssen, ob Behördenvertreter dieser Einladung auch Folge geleistet und wie sie sich gegebenenfalls gegenüber den Angeklagten verhalten haben. Erst aus der Reaktion der zuständigen Behördenvertreter können verlässliche Schlüsse auf das Unrechtsbewusstsein der Angeklagten gezogen werden.
b) Da sich allerdings aus den Urteilsgründen auch ergibt, dass „etwa im April 2019“ der Angeklagte erfahren hat, dass die Polizei bei einem Kunden Hanftee sichergestellt habe, könnte, falls das neue Tatgericht überhaupt zu einem Verbotsirrtum gelangen sollte, sich hierdurch eine Zäsur wegen der damit einhergehenden veränderten Sachlage in subjektiver Hinsicht ergeben. Infolgedessen könnte in einer neuen Hauptverhandlung die Feststellung erforderlich werden, welche Geschäfte mit dem Hanftee im Anschluss hieran durchgeführt wurden. Um der neuen Strafkammer Gelegenheit zu geben, in sich widerspruchsfreie Feststellungen zu treffen, hebt der Senat deshalb auch die an sich rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zu den Verkaufsmengen insgesamt auf.
V.
Die Teilaufhebung des Urteils und der dadurch bedingte Wegfall der insoweit verhängten Einzelstrafen hat zur Folge, dass die Gesamtstrafen keinen Bestand haben können.
VI.
Die aufgezeigten Rechtsfehler erfassen auch den Ausspruch über die Einziehung, sodass die Revision der Einziehungsbeteiligten zu dessen Aufhebung führt (§ 431 StPO).
VII.
Wegen der dargestellten Rechtsfehler ist das Urteil des Landgerichts mit den zugrunde liegenden Feststellungen in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang aufzuheben (§ 353 StPO) und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Würzburg zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO).