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Hehlerei – Tätigkeitsort der Absatzhilfe

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: (2) 53 Ss 148/12 (63/12) – Beschluss vom 13.12.2012

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 7. Strafkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 25. Mai 2012 mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) zurückverwiesen.

Gründe

I.

Das Amtsgericht Fürstenwalde verurteilte den Angeklagten am 14. April 2011 wegen Hehlerei zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten.

Auf die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Frankfurt (Oder) mit Urteil vom 25. Mai 2012 die Vollstreckung der erkannten Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Zur Tat hat das Berufungsgericht folgende Feststellungen getroffen:

„Der Angeklagte übernahm, nachdem er in Polen hierzu angeworben worden war, am 14.3.2011 in den Niederlanden kurz vor der deutschen Grenze einen zuvor in der der Gemeinde B… in den Niederlanden entwendeten Mercedes Benz Sprinter mit dem niederländischen Kennzeichen … von einer unbekannten Person, um für diesen das Fahrzeug für 1.500,00 Zloty nach Polen in die Nähe von Warschau zu verbringen. Ihm war bekannt, dass das Fahrzeug mit einem Wert von etwa 10.000 € aus einem Diebstahl stammte. Er nutzte hierzu einen sogenannten „Polenschlüssel“. Er wollte das Geld verdienen um seine Schwägerin und seinen Vater unterstützen zu können. Am 15.3.2011 wurde er gegen 10:00 Uhr auf der Bundesstraße … in … von der Polizei gestellt.“

Dagegen richtet sich die Revision des Angeklagten. Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts, insbesondere die fehlende Anwendbarkeit deutschen Strafrechts. Er beantragt die Einstellung des Verfahrens.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, das Urteil des Landgerichts aufzuheben und den Angeklagten freizusprechen.

II.

Die Revision ist zulässig und sowohl mit der Verfahrensrüge als auch mit der allgemeinen Sachrüge begründet. Das Urteil war nach §§ 349 Abs. 4, 353 StPO in vollem Umfang aufzuheben und die Sache war gemäß § 354 Abs. 2 StPO zurückzuverweisen.

1. Es fehlt schon an der Verfahrensvoraussetzung der Anwendbarkeit deutschen Strafrechts nach § 3 StGB, da für die zur Verurteilung gelangte Hehlerei ein Tatort in Deutschland nicht belegt ist. Aufgrund der zulässigen Revision hatte der Senat das Verfahrenshindernis zu beachten (vgl. Meyer-Goßner NStZ 2003, 169; Meyer-Goßner, StPO 55. Aufl. § 346 Rn. 11).

Das deutsche Strafrecht findet nach § 3 StGB Anwendung für Straftaten, die im Inland begangen wurden. Die verfahrensgegenständliche Tat wurde nicht im Inland begangen. Ob eine Tat im Inland begangen ist, bestimmt sich nach § 9 StGB. Nach § 9 Abs. 1 StGB ist eine Tat dort begangen, wo der Täter gehandelt hat oder an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist. Handlungsort ist dabei der Tätigkeitsort, das heißt der Ort, an dem ein Täter die auf den Tatbestsandserfolg gerichtete Handlung vornimmt. Die Bestimmung des Tätigkeitsortes richtet sich nach dem jeweiligen Delikt. Hier ist der Angeklagte wegen Hehlerei nach § 259 StGB in der Begehungsform von Absatzhilfe verurteilt worden. Hehlerei ist ein schlichtes Tätigkeitsdelikt (vgl. OLG München StV 1991, 504; KG NStZ-RR 2007, 16; Fischer, StGB 59. Aufl. § 9 Rn. 4 m.w.N.). Absatzhilfe ist dabei jede vom Absatzwillen getragene, vorbereitende, ausführende oder helfende Tätigkeit, die geeignet ist, den Vortäter bei seinen Bemühungen um wirtschaftliche Verwertung der „bemakelten“ Sache zu unterstützen (BGH NJW 1990, 2897). Bei der Absatzhilfe tritt ein Erfolg nicht ein, so dass zur Begründung des Tatortes grundsätzlich das bloße Tätigwerden durch die unterstützende Tätigkeit genügt (vgl. Fischer, StGB 59. Aufl. § 259 Rn. 18 m.w.N.).

Hier soll der Angeklagte nach den Feststellungen die Zusage der Transportübernahme schon in Polen gemacht haben. Bereits die Zusage der Übernahme eines Transportes zum Umsatzort kann eine vollendete Absatzhilfe begründen, wenn sie geeignet ist, den Vortäter zu unterstützen (so BGH NJW 1990, 2897). Die Hehlerei könnte danach schon mit dem Tatort Polen vollendet gewesen sein. Nach neuerer Rechtsprechung soll eine solche Zusage zwar nur als versuchte Hehlerei zu bestrafen sein (vgl. BGH NStZ 2003, 32). Vorliegend wurde der Angeklagte aber jedenfalls tätig, als er das Fahrzeug hinter der niederländischen Grenze als Fahrer übernommen hat. Danach war die dem Angeklagten zur Last gelegte Hehlerei in Form der Absatzhilfe spätestens mit dem Tätigwerden des Angeklagten bei der Übernahme des Fahrzeugs in den Niederlanden vollendet. Der Tatort der Hehlerei lag danach nicht in Deutschland. Die nachfolgende Perpetuierung der rechtswidrigen Besitzposition bei der Fahrt durch Deutschland begründete keinen neuen Tatort.

Der Senat hat das Urteil zwar aufzuheben (vgl. Meyer-Goßner, StPO 55. Aufl. § 349 Rn. 29), kann jedoch nicht selbst in der Sache entscheiden, da der festgestellte Verfahrensmangel nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB behebbar wäre (vgl. BGH NStZ-RR 2012, 247).

Die Tat ist zwar im Ausland begangen. Der Angeklagte ist aber ein im Inland betroffener polnischer Staatsangehöriger. Für seine Tat könnte nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB gleichwohl ausnahmsweise deutsches Strafrecht zur Anwendung kommen, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist und der Angeklagte, obwohl das Auslieferungsgesetz seine Auslieferung nach der Art der Tat zuließe, nicht ausgeliefert wird, weil ein Auslieferungsersuchen innerhalb angemessener Frist nicht gestellt oder abgelehnt wird oder die Auslieferung nicht ausführbar ist. Hierzu hat das Tatgericht jedoch keine Feststellungen getroffen, so dass eine Nachprüfung durch das Revisionsgericht nicht möglich ist (vgl. aaO.). Solche ergänzenden Feststellungen sind durch das neue Tatgericht nachholbar.

2. Das Urteil war nicht nur wegen des behebbaren Verfahrenshindernisses im Straf – und Schuldausspruch, sondern auf die zudem begründete Verfahrens – und allgemeine Sachrüge hin auch insgesamt aufzuheben.

Zum einem tragen die Urteilsfeststellungen die Verurteilung des Angeklagten wegen Hehlerei nicht. Insofern fehlt es nämlich an den notwendigen Feststellungen zur Person des Vortäters der Hehlerei. Es ist nicht dargelegt, dass und woraus die Kammer geschlossen hat, dass der Angeklagte selbst Hehler des Vortäters und nicht nur Unterstützer eines selbstständigen Absatz-Hehlers ist. Im letzteren Fall aber wäre der Angeklagte nicht wegen Hehlerei, sondern wegen Beihilfe zur Tat des Absatz-Hehlers zu bestrafen (vgl. Fischer, StGB 59. Aufl. § 259 Rn. 17f.). Lassen sich sichere Feststellungen zum Vortäter nicht treffen, wäre eine wahlfeststellende Verurteilung zu erwägen.

Zum anderen beruht das Urteil auf einem weiteren Verfahrensmangel. Das Landgericht hat den Angeklagten ausweislich der Urteilsgründe wegen Hehlerei in der Begehungsform der Absatzhilfe verurteilt. Dies steht im Gegensatz zum Anklagevorwurf und zur erstinstanzlichen Verurteilung, die noch von Hehlerei in der Begehungsform des Sich-Verschaffens ausgegangen waren. Es hätte in der Hauptverhandlung eines rechtlichen Hinweises nach § 265 Abs. 1 StPO dahingehend bedurft, dass das Tatgericht bei seiner Entscheidung vom Anklagevorwurf abzuweichen gedenkt (vgl. BGH St 2, 371; Meyer-Goßner, StPO 55. Aufl. § 265 Rn. 12), damit der Angeklagte seine Verteidigung hätte hierauf einstellen können.

 

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