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Interessengegensatz zwischen nichtangeklagtem Elternteil und nebenklageberechtigtem Kind

Ein juristisches Tauziehen vor dem OLG Bamberg stellt die heikle Frage: Darf eine Mutter ihr Kind gegen den Vater als Nebenklägerin in einem Strafverfahren vertreten? Wessen Interessen hier wirklich im Vordergrund stehen, könnte Familienrechte neu definieren.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: OLG Bamberg
  • Aktenzeichen: 2 WF 121/24 e
  • Verfahrensart: Beschwerdeverfahren zur Entscheidung über die Vertretungsbefugnis im nebenklägerischen Strafverfahren
  • Rechtsbereiche: Familienrecht, Strafrecht
  • Beteiligte Parteien:
  • Kindsmutter: Appellantin, die im familiengerichtlichen Beschwerdeverfahren die Vertretungsbefugnis für das 14-jährige Kind beantragt, sich im Strafverfahren als Nebenklägerin anzuschließen.
  • Kindsvater: Vater des Kindes, gegen den im Strafverfahren wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs Anklage erhoben wurde, im erstinstanzlichen Verfahren freigesprochen und gegen dessen Urteil Berufung eingelegt wurde.
  • Kind K: 14-jähriger Pflegling und gemeinsames Kind der Eltern, über dessen Entscheidung zur Teilnahme an der Nebenklage streitig ist.
  • Um was ging es?
  • Sachverhalt: Die Kindsmutter reichte im Rahmen eines erstinstanzlichen Strafverfahrens einen Schriftsatz ein, in dem sie im Namen des 14-jährigen Kindes beantragte, dass das Kind als Nebenklägerin an dem gegen den Kindsvater geführten Strafverfahren teilnimmt. Das Strafverfahren erfolgte wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs, wobei der Kindsvater freigesprochen wurde und gegen das Urteil Berufung eingelegt wurde.
  • Kern des Rechtsstreits: Es wird darüber gestritten, ob die Kindsmutter befugt ist, in Vertretung des Kindes über dessen Entscheidung zur Zulassung der Nebenklage im Strafverfahren gegen den Kindsvater zu entscheiden.
  • Was wurde entschieden?
  • Entscheidung: Die Beschwerde der Kindsmutter gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts vom 27.08.2024 wird zurückgewiesen; die Kindsmutter trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens, der Verfahrenswert wird auf 1.000,00 Euro festgesetzt und es findet keine Rechtsbeschwerde statt.
  • Folgen: Das Verfahren bestätigt, dass die Vertretungsbefugnis der Kindsmutter in diesem Kontext nicht anerkannt wird, womit ihr Antrag auf Zulassung der Nebenklage für das 14-jährige Kind abgelehnt ist und sie die Verfahrenskosten zu tragen hat.

Der Fall vor Gericht


Der Fall: Ein Interessengegensatz im Familiengericht

Mutter diskutiert angespannt rechtliche Dokumente mit ihrem Kind am Tisch in minimalistischer Küche.
Interessengegensatz bei Kinder-Nebenklage | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Dieser Fall, verhandelt vor dem Oberlandesgericht (OLG) Bamberg unter dem Aktenzeichen 2 WF 121/24 e, dreht sich um die Frage, ob eine Mutter ihr 14-jähriges Kind bei der Entscheidung vertreten darf, sich einem Strafverfahren gegen den Vater des Kindes als Nebenklägerin anzuschließen. Im Kern steht die Frage nach einem möglichen Interessengegensatz zwischen dem nicht angeklagten Elternteil (der Mutter) und dem nebenklageberechtigten Kind.

Hintergrund der gerichtlichen Auseinandersetzung

Die Beteiligten sind die Mutter (M), der Vater (V) und ihr gemeinsames Kind (K). Ursprünglich hatten beide Eltern das volle Sorgerecht für K. Die Staatsanwaltschaft hatte den Vater wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs an K angeklagt. Die mutmaßlichen Taten sollen sich in der Zeit von … 2021 bis … 2022 ereignet haben.

In der ersten Instanz des Strafverfahrens vor dem Amtsgericht wurde der Vater freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft legte jedoch Berufung gegen dieses Urteil ein.

Der Streitpunkt: Die Nebenklage des Kindes

Im Rahmen des erstinstanzlichen Strafverfahrens hatte das Kind K, vertreten durch seine Mutter, den Wunsch geäußert, sich dem Verfahren als Nebenklägerin anzuschließen. Dies wurde jedoch vom Amtsgericht abgelehnt, da bei fortbestehender gemeinsamer elterlicher Sorge die Zustimmung des Vaters zur Nebenklage fehlte. Hieraus entstand der Rechtsstreit, der schließlich vor dem OLG Bamberg landete.

Das Verfahrensrecht und die Kindesrechte

Das Problem lag darin, dass bei gemeinsamer elterlicher Sorge grundsätzlich beide Elternteile Entscheidungen für ihr Kind treffen müssen. Eine Ausnahme besteht jedoch, wenn ein Interessengegensatz vorliegt. Hier argumentierte die Mutter, dass ein solcher Interessengegensatz gegeben sei, da der Vater selbst Beschuldigter im Strafverfahren ist und daher nicht die Interessen des Kindes vertreten könne.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts

Das OLG Bamberg wies die Beschwerde der Mutter zurück. Das Gericht argumentierte, dass die Mutter K nicht bei der Entscheidung vertreten darf, ob es sich dem Strafverfahren gegen seinen Vater als Nebenkläger anschließt.

Die Begründung des Gerichts

Die entscheidende Frage war, ob in diesem Fall ein Interessengegensatz vorliegt, der die Vertretung des Kindes durch die Mutter rechtfertigt. Das Gericht führte hierzu aus, dass ein solcher Interessengegensatz dann vorliegt, wenn „vernünftigerweise von einer Beeinträchtigung der Interessen des Kindes durch den grundsätzlich zur Vertretung berufenen Elternteil auszugehen ist“. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn zwischen den Interessen des Kindes und denen des Elternteils ein unüberbrückbarer Konflikt besteht.

Das Gericht stellte jedoch fest, dass die Ablehnung der Nebenklage durch den Vater nicht zwangsläufig bedeutet, dass er die Interessen des Kindes beeinträchtigt. Der Vater könne durchaus Gründe haben, die Nebenklage abzulehnen, die nicht im Widerspruch zum Kindeswohl stehen. Beispielsweise könne er befürchten, dass eine Nebenklage das Kind zusätzlich belasten würde.

Die Rolle des Anwalts für Familienrecht

In solchen Fällen ist es ratsam, sich von einem Anwalt für Familienrecht beraten zu lassen. Dieser kann die Situation rechtlich einschätzen und die bestmögliche Vorgehensweise empfehlen. Insbesondere kann der Anwalt prüfen, ob tatsächlich ein Interessengegensatz vorliegt und ob es im Sinne des Kindeswohls ist, dass das Kind sich dem Strafverfahren als Nebenkläger anschließt.

Die Bedeutung des Kindeswohls

Im Zentrum aller Entscheidungen in Familiengericht steht das Kindeswohl. Das Gericht muss stets prüfen, welche Entscheidung für das Kind am besten ist. Dies gilt auch für die Frage der Nebenklage. Es muss berücksichtigt werden, ob das Kind durch die Teilnahme am Strafverfahren zusätzlich belastet wird oder ob es ihm hilft, das Erlebte zu verarbeiten.

Die Folgen der Entscheidung

Die Entscheidung des OLG Bamberg bedeutet, dass K sich dem Strafverfahren gegen seinen Vater nicht als Nebenkläger anschließen kann, solange die Eltern das gemeinsame Sorgerecht haben und der Vater seine Zustimmung verweigert. Dies kann für K und seine Mutter sehr belastend sein, insbesondere wenn sie das Gefühl haben, dass die Interessen des Kindes nicht ausreichend berücksichtigt werden.

Mögliche weitere Schritte

Trotz der Entscheidung des OLG Bamberg gibt es möglicherweise weitere Schritte, die unternommen werden können. So könnte die Mutter beispielsweise versuchen, das alleinige Sorgerecht für K zu beantragen. Wenn sie nachweisen kann, dass der Vater das Kindeswohl gefährdet, könnte das Gericht ihr das alleinige Sorgerecht übertragen. In diesem Fall könnte sie dann auch ohne Zustimmung des Vaters entscheiden, ob K sich dem Strafverfahren als Nebenkläger anschließt.

Eine weitere Möglichkeit wäre eine Mediation, um mit dem Vater eine einvernehmliche Lösung zu finden. Hierbei könnten die Eltern unter Anleitung eines Mediators versuchen, ihre unterschiedlichen Interessen auszugleichen und eine Lösung zu finden, die dem Kindeswohl am besten entspricht.

Fazit

Der vorliegende Fall zeigt, wie komplex gerichtliche Auseinandersetzungen im Familienkonflikt sein können, insbesondere wenn es um das Wohl von Kindern geht. Es verdeutlicht die Bedeutung des Kindeswohls und die Notwendigkeit, sich von einem Anwalt für Familienrecht beraten zu lassen, um die bestmögliche Lösung für das Kind zu finden. Die Frage nach einem Interessengegensatz zwischen Elternteil und Kind ist dabei ein zentraler Aspekt, der sorgfältig geprüft werden muss.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Gericht entschied, dass bei Strafverfahren gegen einen Elternteil, in denen das Kind als Nebenkläger auftreten könnte, ein neutraler Ergänzungspfleger bestellt werden muss – auch wenn ein Elternteil das Kind unterstützt. Dies gilt besonders, wenn das Kind sowohl aussagen als auch weiterhin Kontakt zum beschuldigten Elternteil haben möchte. Die Entscheidung betont, dass in solchen komplexen Situationen die Interessen des Kindes durch eine unabhängige Person vertreten werden müssen, um mögliche Interessenkonflikte zu vermeiden.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Ihr Kind in einem Strafverfahren gegen den anderen Elternteil als Nebenkläger auftreten könnte, wird das Gericht einen unabhängigen Pfleger bestellen – auch wenn Sie Ihr Kind dabei unterstützen möchten. Dies soll Ihr Kind vor möglichen Loyalitätskonflikten schützen, besonders wenn es weiterhin Kontakt zu beiden Elternteilen wünscht. Als Elternteil müssen Sie akzeptieren, dass in solchen Fällen ein neutraler Dritter die rechtlichen Interessen Ihres Kindes vertritt. Dies bedeutet nicht, dass Ihre Unterstützung für Ihr Kind weniger wert ist, sondern dient dem besonderen Schutz Ihres Kindes in dieser schwierigen Situation.

Benötigen Sie Hilfe?

Klare Perspektiven bei familiären Interessenskonflikten

Wenn es um Konflikte innerhalb des Sorgerechts geht, können sich unterschiedliche Interessen von Eltern und Kind zu einem komplexen juristischen Spannungsfeld entwickeln. Insbesondere, wenn die Interessenvertretung im familiären Kontext kritisch hinterfragt wird, entstehen Fragestellungen, die einer präzisen und fundierten Bewertung bedürfen, um das Kindeswohl langfristig zu sichern.

Unsere Kanzlei unterstützt Sie dabei, Ihre Situation eingehend zu prüfen und die relevanten rechtlichen Optionen zu ermitteln. Mit einer strukturieren und transparenten Analyse schaffen wir eine verlässliche Grundlage, anhand derer Sie Ihre nächsten Schritte sorgfältig abwägen können. Kontaktieren Sie uns, um in einem persönlichen Gespräch zu erörtern, welche Maßnahmen in Ihrem konkreten Fall zielführend sein können.

Ersteinschätzung anfragen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wie unterscheidet ein Gericht, ob ein Interessengegensatz zwischen Eltern und Kind vorliegt?

Ein Interessengegensatz zwischen Eltern und Kind liegt vor, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass der gesetzliche Vertreter das Kindeswohl nicht mit der gebotenen Zielstrebigkeit verfolgen wird.

Prüfung des Interessengegensatzes

Das Familiengericht muss zunächst feststellen, welche konkreten Maßnahmen der vertretungsberechtigte Elternteil in der betreffenden Angelegenheit plant. Ein typischer Interessengegensatz zeigt sich in folgenden Situationen:

  • Wenn bei Sorgerechtsstreitigkeiten um den Aufenthaltsort des Kindes gestritten wird und die Wohnorte der Eltern weit voneinander entfernt liegen.
  • Wenn sich die für das Kindeswohl bedeutsamen Umstände erheblich von den Interessen eines Elternteils unterscheiden, etwa beim Wunsch, mit dem Kind in einem völlig neuen Umfeld einen eigenständigen Lebensmittelpunkt zu begründen.

Verhältnismäßigkeitsprüfung

Ein festgestellter Interessengegensatz führt nicht automatisch zur Entziehung der elterlichen Vertretungsbefugnis. Das Gericht muss stets den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten und prüfen:

  • Ob dem Interessengegensatz durch mildere Maßnahmen Rechnung getragen werden kann.
  • Ob die Entziehung der Vertretungsbefugnis übermäßig und damit rechtswidrig wäre.

Besondere Fallkonstellationen

Bei der Beurteilung eines Interessengegensatzes berücksichtigt das Gericht auch:

Die Erziehungskompetenz der Eltern, insbesondere ihre Bindungstoleranz. Wenn sich keine zu entscheidenden Konflikte der Eltern in wesentlichen Belangen abzeichnen und die Eltern in der Vergangenheit kindeswohldienliche Entscheidungen treffen konnten, spricht dies gegen einen erheblichen Interessengegensatz.

Der Kindeswille wird zwar berücksichtigt, ist aber nicht allein entscheidend. Das Gericht prüft, ob der geäußerte Wille auf einer freien Entscheidung beruht oder durch Beeinflussung zustande gekommen ist.


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Welche Rechte hat ein Kind in einem Strafverfahren als Nebenkläger?

Ein Kind als Nebenkläger verfügt über umfangreiche Beteiligungsrechte im Strafverfahren, die jedoch aufgrund des minderjährigen Alters durch gesetzliche Vertreter wahrgenommen werden müssen.

Vertretung und Prozessfähigkeit

Da Kinder noch nicht prozessfähig sind, werden ihre Rechte durch die Eltern als gesetzliche Vertreter wahrgenommen. Ist ein Elternteil selbst Beschuldigter oder besteht ein Interessenkonflikt, wird ein Ergänzungspfleger bestellt.

Konkrete Verfahrensrechte

Als Nebenkläger stehen dem Kind folgende zentrale Rechte zu:

  • Anwesenheitsrecht während der gesamten Hauptverhandlung
  • Akteneinsicht durch den rechtlichen Vertreter
  • Beweisantragsrecht zur Einbringung relevanter Informationen
  • Fragerecht gegenüber Beschuldigten und Zeugen
  • Recht auf rechtliches Gehör

Besonderheiten bei jugendlichen Beschuldigten

Bei Strafverfahren gegen jugendliche Täter (14-17 Jahre) ist die Nebenklage nur eingeschränkt möglich. Sie ist nur zulässig bei besonders schweren Straftaten, insbesondere bei:

  • Verbrechen gegen das Leben
  • Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung
  • Schweren körperlichen oder seelischen Schädigungen

Der Ergänzungspfleger kann für das Kind eine psychosoziale Prozessbegleitung und anwaltliche Vertretung beantragen. Diese Entscheidungen müssen stets im Interesse des Kindes getroffen werden, wobei das Kind entsprechend seinem Entwicklungsstand in die Entscheidungsfindung einbezogen wird.


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Ab welchem Alter kann ein Kind selbst über seine Nebenklage entscheiden?

Ein Kind kann nicht selbstständig über seine Nebenklage entscheiden. Die Anschlusserklärung eines minderjährigen Verletzten nach § 396 StPO ist nur wirksam, wenn der Personensorgeberechtigte das Kind bei dieser Prozesserklärung vertritt oder der Erklärung des Minderjährigen zustimmt.

Rechtliche Grundlagen der Vertretung

Die Entscheidung über den Nebenklageanschluss liegt bei den Personensorgeberechtigten, also in der Regel bei den Eltern. Dies gilt auch für Jugendliche kurz vor der Volljährigkeit. Eine eigenständige Prozessfähigkeit von Minderjährigen im Strafverfahren existiert nicht.

Besondere Konstellationen

In Fällen, wo die Interessen der Eltern denen des Kindes entgegenstehen könnten, etwa bei innerfamiliären Straftaten, wird dem Kind ein anwaltlicher Beistand beigeordnet. Dies geschieht besonders häufig bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und bei Misshandlung von Schutzbefohlenen, wo Kinder unter 16 Jahren einen gesetzlichen Anspruch auf anwaltlichen Beistand haben.

Praktische Umsetzung

Der minderjährige Verletzte wird in der Praxis durch einen Rechtsanwalt vertreten, der als Nebenklagevertreter die Interessen des Kindes wahrnimmt. Diese Vertretung erfolgt während des gesamten Strafverfahrens und umfasst auch die Begleitung bei Vernehmungen, wo der Anwalt neben dem Kind sitzen und es bei der Aussage unterstützen darf.


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Welche Möglichkeiten haben Eltern ohne Sorgerecht, ihr Kind bei einer Nebenklage zu unterstützen?

Eltern ohne Sorgerecht können ihr Kind bei einer Nebenklage auf mehreren Wegen unterstützen, auch wenn sie nicht direkt als gesetzliche Vertreter auftreten können.

Unterstützung durch Jugendamt und Ergänzungspfleger

Wenn Sie als nicht sorgeberechtigter Elternteil eine Nebenklage für wichtig halten, können Sie sich an das Jugendamt wenden. Das Jugendamt kann beim Vormundschaftsgericht einen Antrag auf Bestellung eines Ergänzungspflegers stellen. Der Ergänzungspfleger übernimmt dann die Rolle des gesetzlichen Vertreters und kann eine Anwältin oder einen Anwalt mit der Durchführung der Nebenklage bevollmächtigen.

Kommunikation mit dem Kind

Das Umgangsrecht ermöglicht es Ihnen, mit Ihrem Kind in Kontakt zu bleiben – unabhängig vom Sorgerecht. Dies umfasst nicht nur persönliche Treffen, sondern auch die Kommunikation durch Briefe, Anrufe und Kurznachrichten. Über diese Kommunikationswege können Sie Ihr Kind emotional unterstützen.

Mitwirkung im Verfahren

Bei Strafverfahren, die das Kind betreffen, wird ein Verfahrensbeistand als „Anwalt des Kindes“ bestellt. Sie können wichtige Informationen an den Verfahrensbeistand weitergeben, der diese im Interesse des Kindes einbringen kann.

Finanzielle Aspekte

Die Nebenklagevertretung verursacht dem Kind keine Kosten, wenn die Voraussetzungen für eine Beiordnung eines Anwalts vorliegen. In diesem Fall trägt die Staatskasse die Kosten. Falls keine Beiordnung erfolgt, besteht die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu beantragen.


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Welche Rolle spielt das Jugendamt bei Interessengegensätzen zwischen Eltern und Kind?

Das Jugendamt nimmt eine Doppelrolle als Leistungsbehörde und Schutzinstanz wahr. Bei Interessengegensätzen zwischen Eltern und Kind steht das Jugendamt als neutrale Vermittlungsinstanz zur Verfügung und hat dabei stets das Kindeswohl im Blick.

Unterstützende Funktion

Die Fachkräfte des Jugendamts vermitteln in Konfliktsituationen und beraten professionell bei Erziehungsproblemen. Sie bieten verschiedene Unterstützungsformen an:

  • Erziehungsberatung und Vermittlung passgenauer Hilfen zur Erziehung
  • Sozialpädagogische Familienhilfe, bei der eine Fachkraft die Familie über längeren Zeitraum unterstützt
  • Konfliktmoderation zwischen Eltern und Kind

Schutzauftrag

Wenn die Interessengegensätze das Kindeswohl gefährden könnten, wird das Jugendamt gemäß § 8a SGB VIII aktiv. Die Fachkräfte müssen dann:

  • Das Gefährdungsrisiko im Team einschätzen
  • Geeignete Hilfen anbieten
  • Bei Bedarf das Familiengericht einschalten

Vermittelnde Position

Das Jugendamt arbeitet darauf hin, die Eltern so zu unterstützen, dass sie mit ihren Kindern auf Dauer glücklich zusammenleben können. Dabei berücksichtigt es die Bedürfnisse aller Beteiligten und versucht, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Die Fachkräfte vermitteln zwischen den unterschiedlichen Interessen und helfen dabei, den Fokus auf die Bedürfnisse des Kindes zu wahren.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Nebenklage

Die Nebenklage ist eine besondere Form der Beteiligung am Strafverfahren, die es dem Opfer einer Straftat erlaubt, aktiv am Prozess teilzunehmen. Der Nebenkläger hat dabei wichtige Rechte wie die Anwesenheit in der Hauptverhandlung, Akteneinsicht und das Recht Fragen zu stellen. Dies ist in den §§ 395 ff. StPO geregelt.

Beispiel: Bei einem Gewaltdelikt kann das Opfer als Nebenkläger auftreten und so seine Interessen im Strafprozess selbst vertreten, statt nur als Zeuge auszusagen.


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Interessengegensatz

Ein Interessengegensatz liegt vor, wenn die rechtlichen Interessen zweier Parteien sich widersprechen oder miteinander unvereinbar sind. Dies ist besonders im Familienrecht von Bedeutung, wo es um die Vertretung minderjähriger Kinder geht. Nach § 1629 Abs. 2 Satz 3 BGB darf ein Elternteil sein Kind nicht vertreten, wenn ein Interessengegensatz besteht.

Beispiel: Wenn ein Kind Ansprüche gegen einen Elternteil geltend macht, kann der andere Elternteil es dabei nicht vertreten, da eigene Interessen die Vertretung beeinflussen könnten.


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Vertretungsbefugnis

Die rechtliche Befugnis einer Person, für eine andere Person rechtlich bindende Handlungen vorzunehmen. Bei minderjährigen Kindern haben grundsätzlich die Eltern die gesetzliche Vertretungsbefugnis gemäß § 1626 BGB. Diese kann aber eingeschränkt oder ausgeschlossen sein, etwa bei Interessenkonflikten oder wenn das Familiengericht einen Ergänzungspfleger bestellt.

Beispiel: Eltern können für ihr minderjähriges Kind Verträge abschließen oder es vor Gericht vertreten, solange kein Interessengegensatz vorliegt.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • §§ 1626 ff. BGB (Elterliche Sorge): Diese Vorschriften regeln die elterliche Sorge für minderjährige Kinder, einschließlich der Rechte und Pflichten der sorgeberechtigten Eltern. Sie bestimmen, wie die Sorge gemeinsam oder allein ausgeübt wird und welche Maßnahmen bei Konflikten zwischen den Eltern ergriffen werden können.
    Im vorliegenden Fall spielt die gemeinsame elterliche Sorge eine zentrale Rolle, da die Zustimmung des Vaters zur Nebenklage der Mutter erforderlich war. Die gerichtliche Entscheidung zur Einschränkung der elterlichen Sorge basiert auf diesen Bestimmungen, um das Wohl des Kindes zu sichern.
  • §§ 57 Abs. 2 Nr. 1, 58 ff. FamFG (Familienverfahrensrecht): Diese Paragraphen des Familienverfahrensgesetzes definieren die Voraussetzungen und das Verfahren für die Einlegung von Beschwerden in Familiensachen. Sie legen fest, wie Entscheidungen von Familiengerichten angefochten werden können und welche rechtlichen Schritte dafür notwendig sind.
    Die Kindsmutter legte gemäß diesen Vorschriften eine Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts ein. Das Oberlandesgericht bewertete die Beschwerde im Einklang mit diesen Bestimmungen und wies sie ab.
  • §§ 70 ff. StPO (Nebenklage im Strafverfahren): Diese Bestimmungen der Strafprozessordnung regeln die Möglichkeit für Geschädigte, sich als Nebenkläger in einem Strafverfahren zu beteiligen. Sie legen fest, unter welchen Voraussetzungen eine Nebenklagezulassung möglich ist und welche Rechte und Pflichten die Nebenkläger haben.
    Im vorliegenden Fall wollte die Kindsmutter, vertreten durch ihre Tochter, sich als Nebenklägerin im Strafverfahren gegen den Vater anschließen. Die gerichtliche Entscheidung zur Ablehnung der Nebenklage verband sich direkt mit diesen Vorschriften.
  • §§ 1809 Abs. 1, 1789 Abs. 2 Satz 4 BGB (Beistandschaft und Ergänzungspflege): Diese Paragraphen befassen sich mit der Bestellung von Beiständen und Ergänzungspflegern zum Schutz der Interessen von minderjährigen Kindern. Sie bestimmen, wann und wie ein Ergänzungspfleger eingesetzt wird, um die elterliche Sorge zu ergänzen oder zu übernehmen.
    Das Gericht entschied, einen Ergänzungspfleger vom Jugendamt zu bestellen, da ein erheblicher Interessengegensatz zwischen den Eltern besteht. Diese Maßnahme sichert die Wahrnehmung der Rechte des Kindes im Nebenklageverfahren.
  • § 1809 BGB (Verrichtung der elterlichen Sorge durch Dritte): Dieser Paragraph regelt die Möglichkeit, dass Dritte – wie Ergänzungspfleger – die elterliche Sorge übernehmen, wenn Elternteile ihre Pflichten nicht erfüllen können oder ein Interessenkonflikt besteht.
    Im vorliegenden Fall ordnete das Gericht die Bestellung eines Ergänzungspflegers an, um die Interessen des Kindes K im Nebenklageverfahren zu vertreten. Dies geschah, weil die gemeinsame elterliche Sorge fortbestand, aber ein Interessenkonflikt zwischen Mutter und Vater nicht ausgeschlossen werden konnte.

Das vorliegende Urteil


OLG Bamberg – Az.: 2 WF 121/24 e


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