LG Saarbrücken – Az.: 3 Qs 20/14 – Beschluss vom 14.02.2014
In dem Strafverfahren wird die Beschwerde der Geschädigten S.T. gegen den Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 13. Febr. 2014 (Az.: 24 Ls 12/14) als unbegründet verworfen.
Gründe
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht seinen Beschluss vom 30. Jan. 2014 auf Zulassung der Nebenklage sowie Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt S. als Beistand unter Abhilfe der Beschwerde der Verteidigerin des Angeklagten aufgehoben und die Geschädigte S. T. nicht als Nebenklägerin zugelassen mit der Begründung, der Angeklagte sei zur Tatzeit Jugendlicher im Sinne von § 1 Abs. 2 JGG gewesen, so dass die Nebenklage daher gemäß § 80 Abs. 3 JGG nicht zulässig sei. Eine Ausnahme dergestalt, dass die Geschädigte durch die Tat der Gefahr einer schweren seelischen oder körperlichen Schädigung ausgesetzt worden sei oder dass sich diese Gefahr in einer solchen Schädigung realisiert habe, sei nicht gegeben.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Geschädigten.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Gemäß § 80 Abs. 3 JGG ist die Nebenklage im Verfahren gegen den zur Tatzeit jugendlichen Angeklagten (vgl. § 1 Abs. 2 JGG) grundsätzlich unzulässig. Der Ausschluss der Nebenklage im Jugendgerichtsgesetz rechtfertigt sich aus dem Erziehungsgedanken des Jugendstrafverfahrens, der – wie sich insbesondere aus § 80 Abs. 1 JGG entnehmen lässt – den Vorrang vor den Interessen des Verletzten oder eines sonstigen Privat- oder Nebenklageberechtigten haben soll, auch wenn dieser selbst noch Jugendlicher ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 1991 – 2 BvR 1733/91 – zitiert nach juris; BGH NStZ 1996, 149, 150 am Ende; OLG Stuttgart NJW 2001, 1588; Eisenberg, JGG, 15. Auflage, § 80 Rdnr. 14; Brunner/Dölling, JGG, 12. Auflage, § 80 Rdnr. 7 jeweils mit weiteren Nachweisen; OLG Stuttgart, Beschluss vom 08. Oktober 2002 – 2 Ws 218/02 -, juris).
Nach § 80 Abs. 3 JGG kann sich der erhobenen öffentlichen Klage als Nebenkläger nur anschließen, wer durch ein Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung oder nach § 239Abs. 3, § 239aoder § 239b StGB, durch welches das Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt oder einer solchen Gefahr ausgesetzt worden ist, oder durch ein Verbrechen nach § 251 StGB, auch in Verbindung mit § 252oder § 255 StGB, verletzt worden ist.
Bezüglich der Schwere ist davon auszugehen, dass (körperliche und) psychische Beeinträchtigungen regelmäßig mit den in Rede stehenden Taten einhergehen. Daraus folgt zwingend, dass die Vorschrift schon insoweit eng auszulegen ist (vgl. etwa zum allgemeinen Strafrecht Fischer, StGB 60. Auflage, § 176 a Rn. 11 und allgemeine Empfehlungen der Ausschüsse bzw. BR-Stellungnahme BR-Drs 550/1/06 v 12. 9. 06, S 13 bzw. 550/06 v 22. 9. 06, S 12). Das Gleiche gilt hinsichtlich der Art des Schadens, wobei Entwicklungsschäden nicht ausreichen, wie schon der Vergleich der Gesetzesfassung mit dem Wortlaut etwa der §§ 176 aAbs. 1 Nr. 3, 177 StGB verdeutlicht. Allgemein verlangt der Begriff der Schwere mehr als eine „nicht nur unerhebliche“ Beeinträchtigung, vielmehr muss diese schon von besonderem Gewicht sein (Eisenberg, a.a.O. § 80 Rn. 18 m.w.N).
Gefahr bedeutet die konkrete Möglichkeit des Eintritts einer Schädigung durch die Tat. Bloße Vermutungen oder auch Anhaltspunkte genügen insoweit nicht, es muss vielmehr eine erhebliche Wahrscheinlichkeit betreffend einer Realisierung der Gefahr bestehen. Sie muss sich aus den Umständen der einzelnen vorgeworfenen Tat bzw. den entsprechenden Tatelementen ergeben, d.h. es müssen Umstände gegeben sein, die zur Verwirklichung des Straftatbestandes erforderlich sind. Ein sonstiger Zusammenhang reicht nicht (vgl. Eisenberg, a.a.O. m.w.N.; LG Oldenburg, Beschluss vom 19. Juli 2010 – 6 Qs 37/10 -, juris).
Gemäß grundsätzlichen Auslegungsregeln ist die Subsumtion von Schwere wie von Gefahr im Unterschied zum allgemeinen Strafrecht nur in seltenen Ausnahmen zulässig (Eisenberg, a.a.O.).
Vorliegend hat das Amtsgericht in dem angefochtenen Beschluss zu Recht darauf hingewiesen, dass die Geschädigte durch die angeklagte Tat keine erheblichen körperlichen Beeinträchtigungen erlitten hat. Zwar hat die Geschädigte vorgetragen, aufgrund der angeklagten Tat unter psychischen Beeinträchtigungen zu leiden. Ob diese allerdings von nicht nur unerheblichem Gewicht sind, konnte mangels Vorliegens eines entsprechenden Attests nicht geklärt werden.
Der Beschwerde musste daher der Erfolg versagt bleiben.